Mittwoch, 30. September 2020

Biden-Trump TV-Duell Nummer 1

Die passendste Zusammenfassung der gestrigen Fernsehdebatte in Ohio stammt von BuzzFeed: „The Great American Shitshow!“

 Es war eine Aneinanderreihung von Tiefpunkten. Der staubtrockene aus Deutschland stammende CNN-Nachrichtenmann Wolf Blitzer, 72, befand direkt nach dem Ende des Kandidaten-Clashs:

"Embarrassment for the United States."

CNN-Staranalystin Dana Bash nannte es “a shit show” und ihr berühmter Kollege Jake Tapper sagte “hot mess, inside a dumpster fire, inside a train wreck. That was the worst debate I have ever seen.”

 Den Faktenprüfern rauchten wieder einmal die Köpfe, weil fast alles, das  Trump hinausposaunte gelogen war.

CNN-factchecker Daniel Dale belegte eindrücklich….

[……] Joe Biden was "largely accurate" during tonight's presidential debate, "we had an avalanche of lying from President Trump."  He says at points during the debate, "almost every single thing (Trump) said ... was inaccurate" […..]

(The Week, 30.09.2020)


Soweit die Stellungnahmen der „neutralen Berichterstatter“. Im Meinungsteil der amerikanischen großen Newssender ging es hoch her.

Auf FOX feierten die Ultrakonservativen den Sieg ihres Idols Trump, der wie ein Bulldozer über Biden gerauscht wäre.

Don Trump Jr., führte einmal mehr vor, daß er ein ernstes Drogenproblem hat, das sich nicht mehr verbergen lässt, offenbar in Vaters Adderall-Schublade gegriffen hatte, während sein Vater aber Bidens Sohn für dessen frühere Drogenprobleme attackierte und vorher immer wieder behauptete auch Joe Biden werde unter Drogen gesetzt für die Debatte.

Auf CNN hingegen gab es ehrliche und engagierte Empörung darüber wie Trump wieder einmal seine faschistische Rassisten-Basis elektrisierte, sich nicht nur nicht von ihnen distanzieren wollte, sondern der faschistoiden hate-group „proud boys“ gleich noch ein neues Kampagnenmotto ersann, welches sie sofort begeistert aufgriffen und in den sozialen Medien als neues Logo – made by Trump – verbreiteten: „PB – Stand back and stand by!"


Diese Shitshow hatte also immerhin einen klaren Sieger – die gewalttätigen paramilitärischen Nazigruppen – und einen klaren Verlierer; nämlich das amerikanische Volk, welches sich wieder einmal in Grund und Boden schämen muss für den peinliches Rüpel an der Staatsspitze.

Gewinner sind aber natürlich auch die politischen Satireformate, denen IQ45 mal wieder Steilvorlagen kostenlos zur Verfügung stellte.



Was ist nun der Einfluss der Debatte auf die Wahlen?


[…..] Die meisten Wähler haben sich längst entschieden. Sie sind entweder für Trump, weil sie Trump großartig finden, oder für Biden, weil sie Trump fürchterlich finden. Insofern ist es wahrscheinlicher, dass die Debatte die Gräben zwischen den Lagern vertieft, als dass sie Wähler dazu verleitet, die Seiten zu wechseln.   Der Washingtoner Journalist Mike Allen jedenfalls, einer der Besten seiner Zunft, zog nach dem Schlagabtausch eine eher hilflose, aber vielleicht deswegen sehr ehrliche Bilanz. "Was das alles bedeutet? Wer zu Hölle weiß das schon", schrieb er in einer E-Mail. "Diese Debatte war so wie das ganze Land: Alle reden. Niemand hört zu. Nichts wird gelernt. Es ist ein Schlamassel." […..]

(SZ, H. Wetzel, 30.09.20)

Es lohnt sich fast gar nicht auf die inhaltlichen Punkte der Debatte einzugehen; Die Debatte wurde selbst zur Debatte. Braucht man so etwas überhaupt noch?
Ein überforderter Moderator, ein Präsident, der lügt, wenn er den Mund aufmacht und keine Beleidigung auslässt, so daß der Herausforderer ohnehin nicht zu Wort kommt?

Blitzer befand, es wäre möglich, wenn man nach diesem New Low der amerikanischen Wahlkampfgeschichte die nächsten TV-Debatten absagt.

Das wird natürlich nicht geschehen, weil beide Kandidaten wissen, daß sich in einer Blase aus ihnen freundlich gesinnten Menschen leben. Die stimmen ihnen alle zu, aber so lassen sich keine zusätzlichen Wähler gewinnen.

Nur beim Aufeinandertreffen beider Blasen in den großen TV-Debatten gibt es die Möglichkeit ausführlich auf die Anhänger des anderen einzuwirken. Das ist eine große Gelegenheit – sofern man selbst nicht so versagt, daß die eigenen Leute abgeschreckt werden.

Das ist in diesem Fall aber nicht geschehen.

Trump hatte einen seiner Adderall-Tage erwischt, wirkte nicht so müde und fahrig, wie es ihm gelegentlich passiert, wenn er sinnlose Satzungetüme aufbaut, laut durch die Nase schnauft und die Aussprache einfacher Worte verballhornt.

Biden wirkt auf mich sehr alt für einen 77-Jährigen. So könnte auch ein 87-Jähriger aussehen. Sich zu verhaspeln, gehört aber schon immer zu ihm. Obwohl er streckenweise abwesend den Blick auf sein Pult richtete, leistete er sich keine gewaltigen Patzer.

Ich mutmaße, daß in dieser Form keiner von beiden Wähler verloren oder hinzugewonnen hat.

Das ist eine gute Nachricht für Biden, denn er führt in allen Umfragen.

Für Trump wäre es wichtiger gewesen außerhalb seiner Hardcore-Basis um zusätzliche Stimmen zu werben.

Das wäre aber nur möglich gewesen, wenn er sich anders als üblich präsentiert hätte. Anständig, höflich, mitfühlend, informiert, kurz: Präsidentiell.

Damit hätte er möglicherweise die Gruppen bei denen er schwächelt, also Frauen, durchschnittliche Vorstadtfamilien, Latinos; anzapfen können und die ein oder andere zaudernde Wählerin auf seine Seite ziehen können.

Das scheint er aber nicht zu können oder nicht zu begreifen.

Biden hat nicht gewonnen, aber Trump hat verloren.

Die Rechtsextremen, Nazis und hate-groups feiern ihn jetzt. Das missversteht der orange Clown als Sieg.

Das ist aber für den Wahlausgang irrelevant, weil die ungebildeten Weißen, die Erzkonservativen, die Rassisten, die weißen Männer, die Superreichen, die Evangelikalen ihn ohnehin wählen. Dadurch gewinnt er keine einzige weitere Stimme.

Biden brauchte nur anwesend sein und keinen blamablen Blackout erleiden, um seinen Vorsprung zu halten.

Das dürfte geklappt haben.

Ich halte Biden immer noch für den falschen Kandidaten, aber immerhin wirkt er offensichtlich weniger abschreckend auf Linke als Hillary Clinton, weil er aufgrund seiner bekannten Geschichte von den meisten gemocht wird.

Clinton ist mit Sicherheit viel intelligenter und qualifizierter für das Präsidentenamt als Biden, aber darum geht es nicht, sondern um die Wahlchancen.

Auch um Biden geht es kaum bei der Wahl, sondern nur um Pro oder Contra Trump. Das Contra-Lager ist offenbar größer.

Ich habe letzte Woche schon per Absentee Ballot gewählt. Das ist als Amerikaner so einfach. Genau wie 2016 ist es für mich irrelevant, welche Namen bei der demokratischen Partei stehen, wenn der Gegenkandidat Trump lautet.

Selbstverständlich bekam Joe Biden meine Stimme und ich fordere alle Amerikaner auf es mir gleich zu tun.

Trump scheint mir immerhin noch so weit rational, daß er auch annimmt nach 2016 erneut die absolute Stimmenmehrheit klar zu verpassen.

Er ist aber so kriminell, skrupellos, amoralisch und schamlos, daß er plant die Verfassung mit Hilfe seiner erbärmlichen Epigonen im SCOTUS und DOJ und Senat einfach niederzutrampeln.

Er wird im Amt bleiben und jedes anderslautende Ergebnis als Betrug diffamieren – stets mit den 65 Millionen bis an die Zähne bewaffneten weißen fanatischen Fans im Rücken.

Dienstag, 29. September 2020

Outing – Teil II

Es ist immer schade, wenn Angehörige einer Minderheit aufgrund eigener Diskriminierungserfahrungen nicht daraus lernen.

Oft ist das zwar der Fall; daher gelten schwule Männer allgemein als etwas liberaler als der Durchschnitt ihrer Gesellschaft. Sie haben selbst erlebt wie es ist schief angesehen zu werden wegen einer Sache, die man sich nicht ausgesucht hat.

Unterdrückung, Missbrauch und Diskriminierung in jungen Jahren führen aber leider manchmal auch dazu später selbst zu diskriminieren unterdrücken und zu missbrauchen.

Ein Beispiel dafür ist das berüchtigte brutale Großvater-System "Djedowschtschina" in der russischen Armee.

(…..)  Homo-Vergewaltigungen werden auch immer wieder aus der russischen Armee berichtet. Dort führt das berüchtigte und ultra-brutale Großvater-System unter den Wehrpflichtigen zu mehren Suiziden jeden Tag.

[Um] Andrej Sytschow […..das] Leben zu retten, mussten die Ärzte beide Beine und seine Genitalien amputierten.    Gewalt unter Kameraden gehört zur russischen Armee wie Gleichschritt und Schießübungen. Erpressung, Prügel, Folter und Vergewaltigung sind an der Tagesordnung. Die Soldaten sind sich selbst die größten Feinde.  Der Volksmund nennt die Misshandlungen von Rekruten durch ältere Soldaten "Djedowschtschina", "Herrschaft der Großväter". Wer Erniedrigung und Schmerz im ersten Dienstjahr übersteht, gibt diese Grausamkeiten an nachfolgende Rekruten weiter. [….] Das Komitee der Soldatenmütter, eine Menschenrechtsorganisation, die gegen die Missstände kämpft, registriert jedes Jahr etwa 2000 Todesfälle in der Armee - in Friedenszeiten. Ein großer Teil lasse sich auf Misshandlungen zurückführen. Im vergangenen Jahr haben nach Angaben der Militärstaatsanwaltschaft 341 Soldaten ihrem Leben freiwillig ein Ende gesetzt.   Auslöser soll nach Expertenmeinung auch hier in den meisten Fällen die brutale Quälerei gewesen sein. Die Dunkelziffer der Gewaltfälle dürfte noch weit höher liegen. [….]

 (O. Bilger, SZ vom 11.11.2008)

In Deutschland gibt es "Djedowschtschina" vermutlich nicht in dieser extremen Form und in Amerika bringen sich die Soldaten statt während der Grundausbildung, überwiegend erst nach den Militäreinsätzen selbst um. […..]

(Anal-Soldaten, 20.03.2017)

Die jüngsten Soldaten werden gequält, vergewaltigt und wer nicht in den Suizid getrieben wird, quält und vergewaltigt zwei Jahre später als erfahrener Rekrut wiederum die Neulinge.

Opfer werden zu Tätern. Oft sind Sadisten, die Kinder quälen selbst als Kind Opfer geworden und traumatisch gequält worden.

Wer von seinem Vater geschlagen wurde und täglich erlebte, wie seine Mutter ebenfalls misshandelt wurde, behandelt später als Erwachsener mit höherer Wahrscheinlichkeit auch seine Frau und seine Kinder schlecht.

Missbrauch und Diskriminierung werden vererbt.

Aber auch ohne eine Generation weitergereicht zu werden, können Diskriminierungserfahrungen dazu führen andere zu diskriminieren.

Einen noch Schwächeren zu suchen, an dem man den Frust auslassen kann, der sich ansammelte, als man von Stärkeren misshandelt wurde, kann ein psychologisches Ventil sein.

Ein groteskes Beispiel für diese Ventilfunktion ist die legendäre kalifornische „Proposition 8“ am 4. November 2008. In der Volksabstimmung wurde beantragt die gleichgeschlechtliche Ehe NICHT der Hetero-Ehe gleichzustellen.

    Absatz 1. Titel

        Dieses Gesetz soll als „Eheschutzgesetz Kaliforniens“ bezeichnet und zitiert werden.

    Absatz 2. Artikel 1, Absatz 7.5 wird der Verfassung Kaliforniens mit folgendem Inhalt hinzugefügt:

        Absatz 7.5. Nur die Ehe zwischen einem Mann und einer Frau ist in Kalifornien gültig bzw. wird in Kalifornien anerkannt.

(Proposition 8)

Im sehr liberalen und LGBT-freundlichen Kalifornien war bei dieser Volksabstimmung durchaus eine Ablehnung erwartet worden. Der heutige kalifornische Gouverneur und damalige Bürgermeister von San Francisco hatte schon begonnen Männer mit Männern und Frauen mit Frauen zu verheiraten.

Alle schienen begeistert.

Tatsächlich wurde die Proposition 8 aber mit 7 zu 6,4 Millionen Stimmen (52%:48%) angenommen.

Der Grund war die gleichzeitig stattfindende Präsidentschaftswahl Obama gegen McCain.

Die Aussicht erstmals in der US-Geschichte einen nicht weißen Mann als US-Präsidenten zu bekommen, hatte die schwarzen Kalifornier so elektrisiert, daß sie sich stärker als je zuvor an der Wahl beteiligten. Ausgerechnet unter Afroamerikanern, die auch religiöser als der Bevölkerungsdurchschnitt sind, waren aber die Vorbehalte gegen die gay marriage am größten.

Offensichtlich ist es für die selbst Diskriminierten überdurchschnittlich wichtig selbst wiederum auf eine andere Minderheit herabgucken zu können.

Es gibt ähnliche empirische Befunde über New Yorker Juden, die wiederum überdurchschnittlich kritisch auf Schwarze herabblickt.

Juden, Schwule, Schwarze – ein Elend; statt sich als Minderheiten zusammen zu schließend und den Kreislauf der Diskriminierung zu durchbrechen, diskriminieren sie sich noch gegenseitig, um das eigene Selbstbewußtsein etwas zu heben.

Glücklicherweise gilt das nicht für jedes Individuum; alle diese Minderheiten neigen politisch eher den Demokraten zu und unterstützen daher eine liberalere Ausrichtung der Gesellschaft, in der niemand diskriminiert wird.

Wer selbst aus Lust und Überzeugung diskriminiert, weil er „white supremacist“ oder Rassist oder Nazi oder Evangelikaler ist, fühlt dich besser bei den Republikanern und ihrem offen rassistischen und hetzenden Donald Trump wohl.

Bei den Trump-Rallys findet man daher auch kaum Schwarze, wenig Juden und sehr wenig offen Schwule.

Letztere können allerdings ungeoutet und unerkannt unter homophoben Konservativen leben. Man sieht es nicht jedem an.

Bei einigen „steht es allerdings drauf“; da braucht es kein besonders entwickeltes gaydar.

Marcus Bachmann, Ehemann der legendären Michele und Betreiber mehrerer Homo-Hetero-Umpolungskliniken:

Dieser bekannte Religionsführer:



Die garstige Lindsey:

Queen Mike:

 



Überrascht war ich allerdings vom Outing der kleinen Erica: