Wenn man sich die Menschenrechtssituation in
verschiedenen Ländern ansieht, kann es fast nicht schlimmer als im
Horror-Regime von Saudi Arabien kommen.
Der Blogger Raif Badawi wird 20 Wochen lang jeden
Freitag 50 Peitschenhiebe erhalten, also insgesamt 1000 Hiebe, 200.000 Euro
Geldstrafe und zehn Jahre im Zuchthaus sitzen - wegen Beleidigung des Islams.
Sein Anwalt, der es gewagt hatte Badawi zu vertreten, bekam gleich 30 Jahre Gefängnis.
(Raif Badawi) |
Die Frau des islamkritischen Bloggers Raif Badawi, Ensaf Haidar, hat an
deutsche Politiker appelliert, sich für die Freilassung ihres Mannes
einzusetzen: „Ich hoffe, dass die deutsche Politik mich nicht im Stich lässt.“
Der 30-jährige Raif Badawi habe „niemanden angegriffen. Wer meint, dass
Raif Religion oder Autoritäten verletzt hat, soll das beweisen“, sagte Haidar
in der Talksendung Shabab Talk zum Thema „Meinungsfreiheit in Saudi-Arabien“,
die am Dienstag (20.1.) in Berlin produziert und auf DW (Arabia) ausgestrahlt
worden war. Sie wolle den saudischen König Abullah bitten, ihren Mann „sofort
freizulassen“. Ihre drei Kinder hätten „sehr darunter gelitten, als sie in
Kanada im Fernsehen gesehen haben, wie mein Mann ausgepeitscht wurde“.
Die deutsche Opposition fordert die Regierung auf
aktiv zu werden, aber Merkel hat offensichtlich den Hosenanzug gestrichen voll
und traut sich nicht etwas zu unternehmen.
Ich appelliere an die Bundesregierung und insbesondere an Außenminister
Steinmeier, sich für den in Saudi Arabien wegen seiner Kritik an der
Islam-Polizei zu 1000 Peitschenhieben und zehn Jahren Haft verurteilten Blogger
Raif Badawi einzusetzen und seine unverzügliche Freilassung zu erwirken. Dieses
Urteil ist bestialisch und gehört zivilisatorisch ins Mittelalter. Kein Staat
dieser Welt hat das Recht, seine Bürgerinnen und Bürger Folter oder anderen
grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Formen der Behandlung
auszusetzen. Ich sehe den Verzicht auf jede Form von Folter auch als
entscheidende Voraussetzung dafür, dass die Staaten ihre moralische Autorität
im Kampf gegen jede Form von Terrorismus zurückgewinnen.
Badawi ist natürlich kein Einzelfall.
Die Saudische Religionspolizei ist zu unfassbaren
Grausamkeiten fähig.
Am 11. März starben 15 Mädchen, die versuchten, aus einer brennenden Schule
in Mekka zu entkommen. Mitglieder der saudi-arabischen Tugendkommission hatten
die Mädchen am Verlassen des Gebäudes gehindert und Rettungskräfte mit Gewalt
von der Arbeit abgehalten. Der Grund: Die Mädchen trugen nicht die
vorgeschriebenen "Abayas", schwarze Ganzkörper-Schleier ähnlich den
in Afghanistan getragenen Burkas. Die westlichen Medien ignorierten den Vorgang
weitgehend, während die arabischen Medien ungewohnt deutlich berichteten. […]
Wer zum Christentum konvertiert, wird gesteinigt,
Frauen werden bei „Ehebruch“, nach Saudischen Verständnis also auch nach einer
Vergewaltigung, geköpft. Schwule werden erhängt.
Nach Bagatelldelikten erfolgen Verstümmelungen.
Die Behörden schränkten die Rechte auf freie Meinungsäußerung,
Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit 2012 empfindlich ein. Andersdenkende
wurden rücksichtslos unterdrückt. Regierungskritiker und politische Aktivisten
befanden sich ohne Anklageerhebung in Haft oder wurden nach äußerst unfairen
Gerichtsverfahren verurteilt. Frauen wurden nach wie vor durch Gesetze und im
Alltag diskriminiert. Sie waren außerdem nur unzureichend vor häuslicher Gewalt
und anderen Übergriffen geschützt. Ausländische Arbeitsmigranten wurden von
ihren Arbeitgebern ausgebeutet und misshandelt. Gerichte verhängten
Auspeitschungsstrafen, die auch vollstreckt wurden. Hunderte Menschen saßen
Ende 2012 in Todeszellen, und mindestens 79 Personen wurden hingerichtet.
Während wir uns aber ganz fürchterlich über Russland
aufregen, findet Saudi Arabien fast gar nicht statt. Niemals würden Gauck oder
Merkel das Königshaus in Riad bepöbeln, wie sie es mit Putin machen.
Dabei sind die Saudis unbezweifelbar Financiers des
international-gewalttätigen Islamismus. Im Gegensatz zu Putin.
Aber die Saudis sind eben auch reich und kaufen unsere
schön Waffen, um damit ihre Opposition nieder zu machen.
Geschäft kommt für Pfarrer Gauck und Pfarrerstochter
Merkel, die just wieder beklagte, das Christentum sei zu wenig bekannt, immer
VOR Moral.
Politische Beziehungen
Die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Saudi-Arabien sind
freundschaftlich und spannungsfrei. Sie wurden durch den Freundschaftsvertrag
zwischen dem Deutschen Reich und dem Königreich Hedjaz, Najd und der
zugehörigen Gebiete bereits 1929, das heißt drei Jahre vor der Proklamation des
Königreichs Saudi-Arabien, formalisiert. Deutschland unterhält seit 1954
diplomatische Beziehungen zum Königreich Saudi-Arabien. Wie auch in anderen
arabischen Ländern genießt Deutschland Sympathie; vielfach wird eine größere
deutsche Rolle in der Weltpolitik gewünscht, insbesondere bei der Lösung des
Nahost-Konflikts, aber auch anderer Regionalkonflikte.
Bundeskanzlerin Merkel reiste im Februar 2007 und im Mai 2010 nach
Saudi-Arabien. König Abdallah besuchte im November 2007, Außenminister Prinz
Saud al-Faisal 2008 und im Februar 2011 Deutschland. Die Beziehungen zwischen
dem Deutschen Bundestag und der Beratenden Versammlung (Schurarat) haben sich
in den letzten Jahren ebenfalls vertieft (Besuch einer Delegation des
Schurarats in Berlin auf Einladung des Deutschen Bundestages im Mai 2011).
Zuletzt besuchten der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen
Bundestages, Bundesminister a.D. Norbert Röttgen im April 2014 und der
Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Energie,
Bundesminister a. D. Peter Ramsauer im Mai 2014 Saudi-Arabien.
Wirtschaftsbeziehungen
Saudi-Arabien ist dank der hohen Öleinnahmen in der Lage, deutsche Produkte
und Dienstleistungen in nennenswertem Umfang einzuführen, und tut dies auch mit
steigender Tendenz. 2013 betrug das bilaterale Handelsvolumen ca. 11 Mrd.
Euro, etwa so viel wie im Vorjahreszeitraum.
Angesichts der auch weiterhin zu erwartenden hohen staatlichen Investitionen
in Infrastruktur, Energie- und Wasserversorgung, Bildung und Gesundheit wird
Saudi-Arabien für deutsche Unternehmen ein interessanter Markt bleiben.
Saudi-Arabien bietet über die staatliche Investitionsagentur SAGIA und über die
Organisation zur Ansiedlung von produzierendem Gewerbe MODON verschiedene
Anreize für ausländische Firmen, im Land zu investieren und hier Arbeitsplätze
zu schaffen. Auch in ausländischen Firmen und Joint Ventures wird eine
bestimmte Quote der Beschäftigung saudischer Staatsangehöriger gefordert.
Noch
peinlicher als die Bundesregierung in der Causa Raif Badawi verhält sich der
FC Bayern, der mit Dollarzeichen in den Augen genau jetzt während Badawi
ausgepeitscht wird nach Riad reist und dort Werbung für das Regime macht.
Bestgelaunt
lag sich Merkels Lieblingsspieler Bastian Schweinsteiger mit seinem Trainer Pep
Guardiola nach dem 4:1 im PR-Spiel gegen den Saudischen Verein Al-Hilal in den
Armen. Als ob sie die 30.000 politischen Gefangenen extra demütigen wollten,
amüsierten sich die Bayern-Fußballer sichtlich und lobten ihre Gastgeber wo sie
nur konnten.
Es liegt keine Ehre darin,
ein Testspiel in Riad durchzuführen, wenn sozusagen neben dem Stadion dem
Blogger Badawi mit 1000 Peitschenhieben die Haut vom Rücken gezogen wird. Dem
Verein wäre es ein Leichtes gewesen auf die Gagen zu verzichten und ein starkes
Signal für Demokratie und Menschenrechte zu setzen. Es ist sehr bedauerlich,
dass diese Gelegenheit ausgelassen wurde. Und wir sehen leider wieder: Im
Profisport schlägt Geld jede Moral.
Aber so
ist das wohl in Bayern und insbesondere im FC Bayern. Dort wo der kriminelle
Honeß bejubelt wird.
Moral und Anstand haben sich dem Mammon
unterzuordnen.
Ist es vertretbar,
deutsche Panzer nach Saudi-Arabien zu liefern? Mit dieser Frage schlägt sich
die Politik seit Jahren herum, in ihr bündeln sich all die widerstrebenden
Interessen politischen Handelns: Wirtschafts- und Sicherheitsfragen auf der
einen Seite, moralische Erwägungen auf der anderen. Der FC Bayern München,
Deutschlands berühmtester Fußballklub, hat am Wochenende ein Flugzeug voll mit
Fußballprofis nach Saudi-Arabien geliefert: für ein lukrativ vergütetes
Freundschaftsspiel in Riad gegen den Klub Al-Hilal. […]
Auch hinter der
Fußball-Reise ins autokratische Königreich stehen wirtschaftliche Interessen –
die des Bayern-Sponsors Volkswagen, für den es offenbar nachrangig ist, dass
Frauen in Saudi-Arabien weder ins Stadion noch hinters Steuer dürfen. VW
verkauft seine Autos dann eben einfach den Männern. […] Dass der Sport nicht per se moralischer ist als andere
Wirtschaftszweige, hat man schon gut bei den Winterspielen in Sotschi
beobachten können, wo das von dem Deutschen Thomas Bach geleitete
Internationale Olympische Komitee sich Wladimir Putin zu Füßen warf – während
etwa der Umweltaktivist Jewgenij Witischko zu Lagerhaft verurteilt wurde, weil
er gegen das Sportfest protestiert hatte. Der Sport verdient einen Haufen Geld
mit der Vermarktung des Fairplay-Gedankens, wirft ihn aber rasch über Bord,
wenn es ohne Fairplay mehr zu verdienen gibt.
[…] In Saudi-Arabien dürfen
Juden gar nicht erst einreisen. Bei den Menschenrechten sieht es düster aus. […]
Und was sagte Bayern-Trainer Pep
Guardiola in Riad zu diesem Land? „Es ist eine Ehre, hier zu sein.“
[…]
Die Bayern sind halt überall dabei – wo
es sich lohnt.
(Claudio
Catuogno, SZ vom 21.01.2015)