Mittwoch, 28. März 2018

Polizistenhohn


Im heutigen „Mopo-Standpunkt“ streiten sich heute die Grüne Landesparteichefin Anna Gallina und der GdP-Vorsitzende Gerhard Kirsch über die Kennzeichnungspflicht für Politzisten.

Die Grüne hatte als offizielle Beobachterin unter anderen an den Anti-G20-Demos teilgenommen und befürwortet eine individuelle Kennzeichnung der Beamten.
Das bauche die Polizei nicht zu fürchten, schließlich ginge es um eine anonyme Nummer.


Kirsch, als offizieller Vertreter der Polizei bebt vor Empörung.
Die Leute mögen die Polizei, sie vertrauen der Polizei. Daher sei es gar nicht nötig irgendwas zu unterstellen.


Die Gegenüberstellung der Mopo ist reizvoll, da sie sehr konfrontativ ist.
Allerdings handelt es sich hier um einen klaren Fall von Frösche fragen, bevor der Sumpf trocken gelegt wird.
Natürlich ist der Hamburger Senat für so eine Frage zuständig. Die Bürgerschaft vertritt nämlich wie der Name schon sagt, die Hamburger Bürger.
Sie unterhalten und bezahlen die Polizei und entscheiden daher auch, ob eine anonyme Nummernkennzeichnung erfolgen soll, oder nicht.
Wenn ein Finanzminister Unternehmer vorher befragt, ob er die Unternehmenssteuern erhöhen soll, ist die Antwort vorhersehbar, nämlich „nein“.
Wenn ein Schulsenator die Lehrer fragt, ob er deren Wochenarbeitszeit erhöhen soll, ist die Antwort vorhersehbar, nämlich „nein“.

[….] Dass Polizisten Namensschilder oder Nummern tragen sollen, wird immer wieder diskutiert und ist in anderen Bundesländern sowie in manchen Nachbarstaaten Praxis. Auftrieb bekommen hat die Diskussion durch die vielen Beschwerden über die Polizei wegen ihres Einsatzes beim G20-Gipfel. Überdies hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) im November 2017 Deutschland verurteilt, weil behelmte Polizisten bei einem Einsatz in München keine Namensschilder trugen.
Der Gerichtshof kritisierte, dass die Anschuldigungen gegen die Polizisten nicht in angemessener Weise untersucht wurden: Diese hätten keine individuellen Erkennungszeichen getragen. Die Strafverfolger hätten sich aber auch nicht bemüht, diesen Mangel durch besondere Ermittlungsanstrengungen zu beheben.
Sowohl die FDP als auch die Linke beziehen sich in ihren Anträgen auf dieses Urteil. […..]
(taz, 27.03.2018)

Frau Gallina sollte wie alle Politiker nicht nur auf die Lobbyisten einer bestimmten Gruppe, also beispielsweise der Polizeigewerkschaft hören, sondern alle Interessengruppen berücksichtigen und das hat sie in diesem Fall offensichtlich getan.
Sarah Nothdurft, die Frau, der beim Trump-Besuch von einem Polizisten ein Arm gebrochen wurde, sieht Polizisten in einem anderen Licht als Herr Kirsch.

[….] G20-Ermittlungen: 138 Ermittlungsverfahren gegen Polizisten
Laut einem Bericht sind nach dem G20-Gipfel zahlreiche Ermittlungsverfahren gegen Polizisten eröffnet worden. Mehr als 100 Beamten wird Körperverletzung vorgeworfen. [….]
(Die ZEIT, 16. März 2018)

So weit, so normal. Politiker verschiedener Parteien werten Meinungen unterschiedlicher Lobbygruppen verschieden stark.

Etwas merkwürdig ist allerdings wieder einmal der unkritische Umgang der Presse, in diesem Fall der Mopo, mit der Polizeigesellschaft, die ganz selbstverständlich als Vertreter aller Polizisten dargestellt wird.

Das erinnert ein wenig an die DİTİB, die vom damaligen Innenminister Schäuble als Vertreter „der“ Muslime oder „der Moscheen“ zur Islamkonferenz geladen wurde.
Es gibt aber keine einheitliche Vertretung der Muslime in Deutschland.

Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e. V. (türkisch Diyanet İşleri Türk İslam Birliği, abgekürzt DİTİB) ist einer von vielen Verbänden.
Es gibt schätzungsweise 4,4 bis 4,7 Millionen muslimische Menschen in Deutschland, die in etwa 2350 Gemeinden engagiert sind.
Die größeren Verbände sind neben der DİTİB der Zentralrat der Muslime, der Verband der Islamischen Kulturzentren und der Islamrat.
Alle Verbände zusammen repräsentieren also gerade mal 900.000 Muslime in Deutschland.

Bei den rund 280.000 deutschen Polizisten ist es ebenfalls sehr unübersichtlich.

1.   Die GdP (Gewerkschaft der Polizei, 185.000 Mitglieder) ist die Polizeigewerkschaft im Deutschen Gewerkschaftsbund. Vorsitz: Oliver Malchow

2.   Die DPolG (Deutsche Polizeigewerkschaft, 94.000 Mitglieder) ist die Polizeigewerkschaft im Beamtenbund. Vorsitz: Rainer Wendt

3.   Der BDK (Bund Deutscher Kriminalbeamter, 15.000 Mitglieder) ist unabhängig und ist  nur für die Angehörigen der deutschen Kriminalpolizei zuständig. Vorsitz: André Schulz

4.   PolizeiGrün  Vorsitz: Armin Bohnert.

5.   Die DPolG Bundespolizeigewerkschaft, 12.000 Mitglieder) ist die Polizeigewerkschaft für Beschäftigte bei der Bundespolizei und ihren Spezialeinheiten und dem Bundesinnenministerium. Vorsitz: Ernst G. Walter

6.   Die Polizei-Basis-Gewerkschaft e.V. war gemäß Eigenbezeichnung eine Fachgewerkschaft für den Bereich der Polizei. Befindet sich in Auflösung, Vorsitzender: Dieter Uekermann

Darüber hinaus gibt es auch grüne, linke oder ganz rechte Polizisten, die sich keiner Gewerkschaft verbunden fühlen.

(….) Der Berliner Polizist Oliver von Dobrowolski, der als Beamter des Anti-Konflikt-Teams (AKT) beim Hamburger G20-Einsatz dabei war, schreibt:

[…..] Welche öffentlichen Aussagen waren an Schrägheit kaum zu überbieten?
Da gab es einiges zu vermelden:
Ein Gewerkschafts-Zombie entsteigt den Sümpfen und wagt sich erneut ins Rampenlicht. Ob Print, Online oder TV, plötzlich gerierte sich wieder ein Rainer Wendt von der DPolG als "Experte" und tat u.a. kund, wie sehr er mangelnde Fehlerkultur bei den (seines Erachtens) Verantwortlichen vermisst und forderte Rücktritte.
Angesichts der bigotten Vita dieses Herrn wirkt das alles wie knallharte Satire. Ist sie aber nicht, sagt mein Hirn und will daraufhin angesichts dieses paradoxen Bullshits implodieren.
Ganz oben auf der Liste verorte ich auch Wolfgang Bosbach, langjähriger Ausschussvorsitzender Inneres im Bundestag. Dass er sich unmittelbar nach den Krawallen in Hamburg auf n-tv derart in Rage redet, nur weil er von der Interviewerin nach einer möglichen falschen Polizeitaktik gefragt wird, spricht nicht eben für eine realitätsbezogene Wahrnehmung der Dinge. Vielmehr mag man hier dem eigenen Lager entsprechen und um Himmels willen nur nicht am Gewaltmonopolisten Polizei Zweifel anbringen. Aber hieße das dann statt „Auch Mensch“ nicht eher „unfehlbarer Polizeiroboter“?
Viele andere Politiker standen dem aber nicht viel nach. Wer Vergleiche der kriminellen Krawallmacher mit Terroristen anstellt, kann nicht bei Sinnen sein und verhöhnt gleichzeitig die Opfer und Hinterbliebenen tatsächlicher terroristischer Gewalt.  [….]

BDK-Chef Schulz ist also keineswegs wie von der Mopo dargestellt ein Vertreter „der“ Polizei, sondern einer der vielen Polizeivertreter, die untereinander eine herzliche Abneigung pflegen.
Dafür, daß es sich bei Polizeigewerkschaftsführern um „Gesetzeshüter“ handelt, nehmen sie es übrigens erstaunlich locker mit Gesetzen. Im Privatleben.

[….] Oberster Polizeigewerkschafter: Wendt soll mehr als 120.000 Euro verdienen. [….]
Der Gewerkschafter hat offenbar nicht nur ein Beamtengehalt bezogen, obwohl er nicht mehr als Kommissar arbeitete, sondern auch Einkünfte für diverse Gremienposten. Besonders ein Versicherer zahlte gut. [….] Das nordrhein-westfälische Innenministerium wird nach Informationen von „Spiegel Online“ ein Disziplinarverfahren gegen Rainer Wendt, den Bundesvorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), einleiten. Grund dafür sei nach einem Bericht des Magazins „Der Spiegel“, dass Wendt 77.721,13 Euro brutto für fünf verschiedene Gremienposten bekommt. Allein für seinen Posten im Aufsichtsrat des Versicherungskonzerns Axa erhalte er eine Aufwandsentschädigung von 50.000 Euro im Jahr.
Weiter ginge aus einem Papier von Wendts Anwalts hervor, dass der Gewerkschafter insgesamt Einkünfte in Höhe von 124.145,29 Euro brutto erhalte. Als Polizeihauptkommissar habe er demnach 3348,68 Euro brutto im Monat erhalten, von seiner Gewerkschaft eine Aufwandsentschädigung in Höhe von monatlich 520 Euro brutto.  Insgesamt würden sich die Einkünfte auf 124.145,29 Euro brutto belaufen.  Laut „Spiegel Online“ hatte Wendt diese Bezüge weder angegeben noch die Nebentätigkeit angezeigt. [….]


 [….] Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, soll ohne jede Rechtsgrundlage bei fortlaufender Bezahlung vom Dienst freigestellt worden sein. Zu diesem Schluss sollen die Sonderermittler des Landes Nordrhein-Westfalen in ihrem Abschlussbericht zu der Affäre gekommen sein, schreibt die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ).
Wendt habe seit 2006 keinen Dienst mehr als Polizist geleistet und soll zudem Anfang 2010 rechtswidrig auf eine neu geschaffene Stelle der höheren Besoldungsgruppe A12 beim Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD) in Duisburg befördert worden sein. [….]

[….] Affäre um BDK-Chef [….]Wurde Schulz, der Chef des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) ist, über Jahre von der Hamburger Polizei entlohnt, ohne dafür eine Leistung zu erbringen? Und, falls diese Frage bejaht werden kann: Wer trägt dafür die Verantwortung?
[….] Papiere, die NDR Info vorliegen, zeichnen ein Bild, das auch die Behörde selbst in einem kritischen Licht erscheinen lassen könnte. Das eine Dokument trägt das Siegel der Behörde für Inneres, datiert vom 6. Dezember 2013. Es bestätigt, dass der Hamburger Kripo-Beamte Schulz in Zukunft nur noch zur Hälfte von der Hansestadt Hamburg beschäftigt wird. Relevant ist das deshalb, weil in diesem Papier ausdrücklich vermerkt ist, dass die Ausübung des gewerkschaftlichen Amtes "grundsätzlich im dienstlichen Interesse liegt".
[….] Das zweite Dokument, das NDR Info vorliegt, gibt einen deutlichen Hinweis: Es ist ein Schreiben des früheren Polizeipräsidenten Wolfgang Kopitzsch vom 18. März 2014. Geregelt ist darin, in welcher Weise Schulz nach seiner Wahl zum Bundesvorsitzenden des BDK künftig für die Polizeibehörde Hamburg tätig sein soll. Es sei vereinbart worden, dass Schulz eine "dienstliche Verwendung erhält, die keine durchgängige Anwesenheit in Hamburg erfordert". [….] Mehrfache Anfragen von NDR Info wollte die Polizeibehörde in der Hansestadt nicht konkret beantworten. Zur Begründung wurde auf laufenden Prüfverfahren verwiesen. Sicher ist: Die Angelegenheit wird auch in Zukunft für Aufmerksamkeit sorgen. Denn mittlerweile ist auch die Staatsanwaltschaft Hamburg involviert. [….]

[…..] Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat nach Informationen des "Spiegel" am Montagmorgen im Betrugsverfahren gegen André Schulz, Chef des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), eine Razzia veranlasst. Demnach durchsuchten Ermittler zunächst das Privathaus des Beschuldigten in Hamburg und später die Geschäftsstelle des BDK in Berlin. Zuständig sei das Dezernat Interne Ermittlungen, eine Spezialdienststelle in Hamburg. Schulz wird seit Januar 2014 zu 50 Prozent von der Hamburger Polizei bezahlt. Der Erste Kriminalhauptkommissar arbeitet aber zu 100 Prozent für die Gewerkschaft, wie er bei Bekanntwerden der Affäre im vergangenen März erklärte. [….] Anfang November vergangenen Jahres hatte Oberstaatsanwältin Nana Frombach dem Abendblatt bestätigt, dass gegen Schulz "und weitere Personen" ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Betrugs eingeleitet wurde. [….]

[….] Er ist einer der einflussreichsten Hamburger Gewerkschafts-Bosse, vertritt die Interessen von rund 5000 Polizisten. Jetzt wird gegen Gerhard Kirsch, den Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), ermittelt – wegen mittelbarer Falschbeurkundung. Hintergrund der Ermittlungen: Die Vereinssatzung der GdP Hamburg wurde im Juni vergangenen Jahres auf dem Delegiertentag verabschiedet. Diese regelt alle internen Strukturen, wie zum Beispiel Wahlen abzulaufen haben und welche Gremien in der Gewerkschaft welche Aufgaben übernehmen. Ein GdP-Mitglied suchte kürzlich das Amtsgericht auf und nahm Einsicht in die dort hinterlegten Vereins-Akten. „Ich konnte es kaum fassen, als ich die Satzung sah. Denn diese war nicht die von uns auf dem Delegiertentag verabschiedete, sondern eine geänderte“, sagt der Polizist. Zum Beispiel soll der Paragraf, der die Aufgaben des Landesbezirksvorstands regelt, gestrichen worden sein. „Dieser Vorstand steht Herrn Kirsch kritisch gegenüber und er hat dort keine Mehrheit. Dadurch, dass es diesen Paragrafen nicht mehr gibt, hat das Gremium keine Entscheidungsgewalt. Somit hat Herr Kirsch seine Kritiker vorübergehend ausgeschaltet“, so der Beamte, der anonym bleiben möchte. Aus den Reihen der Gewerkschaft wurde vor einigen Wochen Anzeige erstattet.
Oberstaatsanwältin Nana Frombach bestätigte, dass gegen den GdP-Boss ermittelt wird. Im Falle einer Verurteilung könnten ihm wegen mittelbarer Falschbeurkundung bis zu drei Jahre Haft drohen. [….]

[….] Er jammert über Denunzianten, sieht sich in Ehre und Würde verletzt und will bis zuletzt kämpfen: In markigen Worten hat sich jetzt der umstrittene Chef der Gewerkschaft der Polizei, Gerhard Kirsch (51), erstmals ausführlich öffentlich geäußert.
Mit Handy am Ohr und unangeschnallt war der leitende Verkehrspolizist auf der Stresemannstraße in den „Blitzer“ gerast. Dann kam raus, dass er wutentbrannt eine Tür in der Polizeischule aufgebrochen hatte. Gegen Kirsch wird ermittelt. Auf MOPO-Nachfragen gab er sich einsilbig, bat nur sehr eindringlich über die Vorfälle nicht zu berichten.
Nun äußert er sich bei „Facebook“: „Ich bin nur ein Mensch, und ich bin nicht frei von Fehlern.“ In seinem dienstlichen Leben sei er immer für seine Fehler eingestanden und habe sich auch konsequent vor Untergebene gestellt, die Fehler begangen haben. „Das war nicht immer einfach, aber es war so – weggelaufen bin ich nie.“
[….] Dass die MOPO über die Vorfälle berichtete, führt er auf „Denunzianten“ zurück, „die meine Person mit allen Mitteln und feige erledigen wollen“. Und weiter: „Sollen sie mich angreifen, sollen sie sich an ihrer Gemeinheit ergötzen, sollen sie meine Ehre und Würde verletzen, sollen sie mich weiter denunzieren, beleidigen und verraten: Aufgeben werde ich nicht!“ […..]

 [….]Wird Gerhard Kirsch nach seinen Fehltritten abgesetzt?
Kirsch fuhr unangeschnallt und mit Handy am Ohr in Radarfalle und beschädigte eine Gebäudetür. Reaktion darauf nennt er "Verleumdung".
Hamburg.  Es war keine gute Woche für "Kirsche", wie sie ihn im Präsidium rufen. Wegen gleich zweier Fehltritte ist Gerhard Kirsch, 51, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), derzeit Ziel von Spott und Kritik. Mit einer Verteidigungsrede im Internet will er sich nun Luft verschaffen, im Konflikt mit internen Feinden und der konkurrierenden Gewerkschaft. [….]
(HH Abla, 22.09.2015)