Montag, 18. November 2013

Heute mal was ganz Privates.



Ja, ja, ja, natürlich möchte ich gerne die doppelte Staatsbürgerschaft haben und drücke insofern eifrig die Daumen dafür, daß Sigmar Gabriel die dicken Eier behält, die ihm am Wochenende gewachsen sind.

"In diesem Koalitionsvertrag muss klar sein, dass wir einen Mindestlohn von 8,50 Euro flächendeckend in Deutschland bekommen", sagte der SPD-Chef. "Ich werde der SPD keinen Koalitionsvertrag vorlegen, in dem die doppelte Staatsbürgerschaft nicht drin ist", fügte [Gabriel] hinzu.
(RP online 16.11.13)

Für Merkel dürfte dieses Anliegen ein Problem sein, denn einerseits gibt es keinen inhaltlichen Grund, der gegen den Doppelpass spräche, so daß sie in der Sache gar nicht mit der SPD diskutieren kann.
Andererseits ist die Ablehnung der der doppelten Staatsbürgerschaft eins der wenigen Alleinstellungsmerkmale der CDU. Da kann sie noch einmal so richtig schön ihrer Xenophobie frönen und sich einbilden als letzte Verteidigungslinie vor der Machtergreifung Erdogans in Deutschland zu stehen.
Wieso sich Rechte so viel auf ihre möglichst exklusive Staatsbürgerschaft einbilden, werde ich nie verstehen.
Interessanterweise kommen aber auch die dem nationalen Reinheitswahn Verfallenen ins Grübeln, wenn ich ihnen meine Geschichte erzähle.
Das ist eben der Unterschied: Der gemeine Konservative konnotiert „Amerika“ diametral anders als „Türkei“.
Amerikaner werden gemocht und niemand würde annehmen, daß Amis hier einfielen, um als Schmarotzer am deutschen Sozialstaat zu hängen
Rassismus und Islamophobie spielt dabei eine entscheidende Rolle.
Würde sich das Gewähren der doppelten Staatsbürgerschaft auf hellhäutige Christen beschränken, hätten wir längst so ein Gesetz.

Der Unterschied zwischen den Deutschen und mir ist der, daß ich Amerikaner nicht mag.
Das Volk ist mir höchst unsympathisch.

Dazu sei an dieser Stelle bemerkt, daß ich mir darüber bewußt bin, wie absurd solche Pauschalisierungen sind. Wenn ich im Weitergang dieses Postings „DIE Amerikaner“ schreibe, möge man sich immer eine große Minderheit dazu denken, für die mein Urteil nicht gilt.

Mein Blick auf Amerika war zunächst einmal sehr persönlich. Meine Geschwister, mein Vater und ich leben schon lange in Deutschland. Als Kind erinnere ich mich vor allem daran, daß meine Mutter sich immer sehr nach Amerika sehnte. Sie liebte New York abgöttisch. Und außerdem kamen regelmäßig Pakete aus Amerika. Darin fand man die coolsten Spielsachen.
Irgendwann im Teeangeralter schlug alles um. Natürlich hatte ich auch diese rebellische emanzipatorische Phase, blieb sehr viel weg, engagierte mich politisch gegen die Nachrüstung und für die Friedensbewegung.
Meine Eltern hätten es gern gesehen, wenn ich zumindest mal für ein Jahr als Austauschschüler in die Staaten gegangen wäre. Meine deutschen Cousins und Cousinen hatten das alle getan und da ich nun schon mal den amerikanischen Pass hatte, sollte ich erst Recht diesen Schritt tun.
Als ich 16 wurde stand die Frage im Raum, ob ich die Staatsbürgerschaft wechseln sollte, da ich erstmalig zum Ausländeramt mußte, um eine Aufenthaltserlaubnis zu beantragen.
Gegen das staatsbürgerliche Eindeutschen sprach aber die damalige ernsthafte Angst vor einem Atomkrieg. Der kalte Krieg war nämlich schon ganz schön warm geworden und für den Fall, daß er noch heißer würde, wollten wir die Gewissheit haben uns in die USA in Sicherheit bringen zu dürfen, wenn das Mittelstreckenraketen-Atomarsenal in Europa aktiviert würde.
Klingt leicht bizarr, aber wie man heute weiß, gab es tatsächlich einige internationale Zwischenfälle, die beinahe einen Atomkrieg ausgelöst hätten. Und Nordamerika ist nach wie vor außer Reichweite der SS20.
Ich hatte aber KEINEN BOCK AUF AMERIKA! Die USA waren für mich Ronald Reagan, Rambo, illegale CIA-Tötungsoperationen und natürlich Pershings.
Und was meine Mutter wollte, tat ich schon aus Prinzip nicht.
In dem Alter interessierte ich mich für Drogen und Unzucht. Warum hätte ich da in  ein prüdes Land gehen sollen, in dem ich noch nicht mal Bier trinken durfte?
Der 40. US-Präsident war ein derartiger Alptraum für mich, daß selbst Kohl dagegen erträglich wirkte. Ein kriegslüsterner und religiotischer Ex-Schauspieler, der sich weigerte den Begriff „AIDS“ auch nur auszusprechen und seine Entscheidungen offenbar in Abhängigkeit von Astrologen fällte, die seine knitterige Nancy laufend befragte.
Eine schlimmere Fehlbesetzung in dem Amt konnte es gar nicht geben – so viel war sicher. (Auch das war ein Irrtum, wie man später schmerzlich erfahren mußte. Es ging noch deutlich schlimmer.)
Tatsächlich entwickelte ich einen politischen Antiamerikanismus, der umso schlimmer wurde je mehr ich mich mit Außenpolitik beschäftigte und nachforschte welche Rolle die CIA und die US-Armee in so vielen Ländern der Erde gespielt hatte.
Meine amerikanische Familie IN Amerika konterkarierte dieses Bild auf seltsame Weise.
Was sind das also für Typen, mit denen ich mir die Gene teile?
Ende des 19. Jahrhunderts wanderten meine Vorfahren aus Osteuropa nach Pennsylvania aus und krochen dort beim Kohleabbau unter Tage herum.
Mein Urgroßvater war der erste, der einen anderen Job hatte und stolz in einem sauberen Anzug herumlief.
Die Generation meines Vaters war dann die erste, die eine Universität von innen sah.
Das Kaff in Pennsylvania wurde nun von vielen verlassen. Meine Oma zog in den 1940er Jahren nach NY. Heute lebt ein Großteil meiner Familie im Großraum NY, einen Familienzweig hat es nach L.A. verschlagen und eine dritte Gruppe lebt wieder in Pennsylvania.
Während einer meiner deutschen Cousins ein Ferienhaus auf Hawaii besitzt, regelmäßig in Kalifornien arbeitet und eine deutsche Tante sich in Florida niedergelassen hat, sind wir echten Amerikaner in Deutschland ziemlich eingedeutscht. Keiner denkt daran „zurück“ zu gehen. Keiner vermisst Amerika.
Dabei ist der Kontakt zur New Yorker Familie recht eng. So lange ich mich zurückerinnere wurde wöchentlich telefoniert und seit es das Internet gibt, sind wir noch ein Stück näher gerückt. Völlig ironiefrei kann ich sagen, daß ich die NYer wirklich sehr gerne mag. Das sind nette liebe Menschen.
Aber es sind eben auch Amis. Sie gehen dauernd in die Kirche, lassen zu Weihnachten kitschige Familienbilder drucken, die als Karte mit immer den gleichen Worten an mindestens 200 Menschen verschickt werden. Sie gucken Super-Bowl, begehen Thanksgiving, Halloween und den 4. Juli. Einen Disput über die verschiedenen Methoden einen Feiertag zu zelebrieren, beschied mein Onkel Frank mit dem Satz „WE DO THINGS RIGHT!“
Das wurde als Totschlagsargument bei den Hamburgern zu geflügelten Wort.
Erst durch Facebook bekam ich einen genaueren Einblick in meine Kalifornische Familie und das Grüppchen in PA.
Donnerschlach. Die Höflichkeit verbietet es mir näheres über die „CCC“ auszuplaudern (Familieninternes Kürzel: Creepy Californian Cousins).
Dort findet man alle antiamerikanischen Vorurteile in Reinkultur: Sagenhafte Ignoranz, entwaffnende Arroganz und das Ganze gepaart mit der Amerika-typischen Hypervigilanz.

Dazu sei an dieser Stelle bemerkt, daß ich mir darüber bewußt bin, wie absurd solche Pauschalisierungen sind. Ich schreibe jetzt aber nicht bloß über Beobachtungen meiner Familie, sondern nenne Verhaltensweisen, die mir seit Jahren auf allen Kanälen aus Amerika übermittelt werden. Sie sind eben so, die Amis.

Immer öfter höre ich ein zischendes „We don’t talk politics“, wenn ich solchen Themen anspreche. Wenn ich einen Ani um seine Meinung zu Obamacare bitte, reagiert der so, als ob ich ihm gerade in den Schritt gefasst hätte. Nicht gut, jedenfalls.
Es wird als persönlicher Insult aufgefasst, wenn man aus dem Ausland (womöglich auch noch kritisch!) amerikanische Methoden hinterfragt.

Mein Lieblingsonkel und seine Frau, beide 80 Jahre alt, leben auf Long Island in so einer typischen gated community, in die niemand unter 65 reingelassen wird.
Das Nachbarschaftsklima ist so, wie man es aus Fernsehserien kennt. Niemand braucht abzuschließen und wenn einer mal krank ist, kommen automatisch die Nachbarn angerast, mähen den Rasen und bringen etwas zu Essen vorbei.
In Ermangelung eines funktionierenden Sozialsystems wird die Nachbarschaftshilfe und die Kirchengemeinde extrem groß geschrieben.
Unglücklicherweise sind die Nachbarn meines Onkels alle Republikaner, während er eingefleischter liberaler Demokrat ist.
Die Angst, seine Vorliebe könnt entdeckt werden, ist gar groß.
Dann wäre es vorbei mit dem entspannten Rentnerdasein; sie würden nur noch gedizzed werden.

Das ganze Land ist tatsächlich, genau wie es so viele Auslandskorrespondenten beschreiben, total gespalten. Man hasst entweder die Liberals oder die Teabagger. Die Risse gehen quer durch die Familien und sind nur durch strenges Ausklammern aller politischen Themen vor der endgültigen Zerstörung zu retten.

Dieses Verhalten, sich gegen die anderen zusammen zu rotten, beobachte ich überall in Amerika.

Als Illustration dieser amerikatypischen Hypervigilanz, also des Zustandes der extrem überhöhten Aufmerksamkeit und des Empörungswillen über noch so leise geäußerte Kritik, zitiere ich einige Sätze aus der 1300-Mann-starken Facebook-Diskussionsgruppe „Germany versus America“
Eigentlich sollte es dabei um einen vorsichtigen Blick auf die kulturellen Unterschiede der beiden Nationen gehen.
Aber sobald es nur im Entferntesten von deutscher Seite zu einer Äußerung kommt, die in Zweifel zieht, daß Amerika die größte und großartigste Nation der Erde ist, sehen die Amis rot. Sie fangen entweder an zu weinen, beginnen zu schimpfen oder entziehen einem in CCC-Manier das Recht überhaupt etwas zu sagen – wahlweise wegen der Nazivergangenheit, wegen der zu großen Entfernung oder des grundsätzlich falschen Bildes, welches man in Europa habe.
Die Verunsicherung darüber nun eine „Nation in decline“ zu sein, nachdem die Amerikaner über viele Jahrzehnte gewöhnt waren, immer die Besten, Reichsten und Mächtigsten zu sein, muß bitter an ihnen nagen.

Hans C.:
Viele Deutsche/Europäer legen doch öfter mal ein besserwisserisches, belehrendes oder herabschauendes Verhalten an den Tag wenn es um die USA oder die Amerikaner geht. Auch ich fühle mich dadurch häufig auf der persönlichen Ebene angegriffen. Und ich bin der Meinung dass insbesondere Deutsche eigentlich keine Veranlassung haben dürften, Amerikaner zu kritisieren oder schlecht dastehen zu lassen. Weil sie eigentlich ihr Leben lang nur vom Einfluss der USA profitiert haben und sich in vielen Punkten die sie kritisieren eigentlich genau gleich verhalten (z.B. Fast Food) oder sich zumindest so verhalten würden wenn nicht Dinge wie z.B. der eigene Geldbeutel dazwischen stehen würden (z.B. große Autos fahren). Ich finde ein solches Verhalten oft heuchlerisch, selbstgerecht und völlig unangebracht.

Dennis J:
After seeing the pro gay social agenda earlier in another post I felt like leaving this group and concentrating on my own group called Kultur und Politik. to me this group is supposed to be a bit light hearted considering I found it through the You Tube videos highlighting the differences between Germany and the USA in a friendly competitive way. What do I mean by pro gay agenda? An earlier post made a point about so called 'enlightenment". It gave me the impression that there was to be only one view here that was acceptable. And if that is the case be it gays, or any other topic that only one view is to be acceptable, then you might not be that far from another Germany.
That of the DDR.

Tammox:
I don’t think it is possible to separate political and cultural stuff, because American culture is the reason for the political system and vv.
The huge skepticism towards American culture has its roots in the deep mistrust in the foreign policy of the White House.
I guess there are round about 17.000 Americans living in Hamburg and I never met one of them who were not ashamed of the GWB-administration. You simply cannot live in Europe with all the information you get besides FOX and agree with GOP-politics.
For me, as an American citizen living abroad, I recognize Americans at home becoming more and more sensitive.
My relatives in the states react quite aggressive nowadays, when it comes to politics.
I guess the reason is Americans had become more and more insecure, because they feel for the first time in history the whole nation is in decline.
America isn’t the world’s role-model any longer. America owes China two trillion dollar, cannot pay its own bills and is losing wars.
It is easier to laugh about critical voices, when you are fully convinced of what you are doing.
But now, having a ridiculous congress, which is unable to do its work, Americans have all reasons to be ashamed of their country.
 I remember when I was young playing in our garden. Once I left an American flag-towel, crumpled up on the grass.
My father became really angry.
“This is not the way you can treat our flag!”
He was proud on his nation and felt very comfortable being an American in Europe.
Today, when people ask him where he comes from, because he has an accent, he tells them he comes from Canada or Netherlands, because he doesn’t want to responsible for his country.

Olaf D:
I'm a very political person. But the reason for me to be in this group is and was the cultural exchange. Sometimes you can't avoid politics in such an exchange, but it
shouldn't take over the whole group.

Syl V:
Yes, I agree, even if the general atmosphere is becoming darker and more frustrating, we have to relize that most of our American friends are not at all happy about the NSA stuff or what the government decides.

Sam:
 I guess there is nothing "wrong" about criticizing America, but when many of the posts are negative jabs at the States and sometimes Americans themselves it gets annoying.

TAMMOX:
Während man in Deutschland bei jeder Gelegenheit seinen politischen Unmut rauslässt und beim Friseur über Merkel lästert, ist das in Amerika oft ein "I Gitt-Thema", das man besser nur innerhalb der Familie erörtert.
Das kann durchaus als very rude empfunden werden, wenn man von sich aus anfängt politische Fragen zu stellen, oder womöglich - DAS IST DAS ALLERSCHLIMMSTE: öffentlich in Frage stellt, daß Amerika die großartigste Nation der Erde ist.

Amerikaner, die länger in Europa gelebt haben, merken diesen Unterschied natürlich noch viel deutlicher und ecken dann umso mehr an, wenn sie mit anderen Amis sprechen, weil ihnen diese Selbstbeschränkung auffällt und missfällt.

Susie:
This is not a political group and what the NSA did is not the fault of the American people. We should try to seperate politics and people.  I agree this group should be about culture and not about politics!

Greta:
That's exactly the kind of political stuff I was talking about...

Olaf:
I agree, Greta... It's a strange way of making fun tbh. And just because you are an American doesn't mean that you constantly spam anti-american stuff here. Excuse my language, but it pisses me off. I'm getting closer and closer to leave the group.
No need to start personal insults, whatever your name is.
And if you really can't see that the mood in this group has changed drastically (and in my opinion to the worse) then it's not my problem.