Wir als Bundesrepublik sitzen auf einem gewaltigen Haufen Probleme, die sich zu nahezu unlösbaren Bergen auftürmten, weil sie so lange sehenden Auges nicht angegangen wurden. Über die Existenz der deutschen Megaprobleme gibt es keine zwei Meinungen.
Probleme: Bröselnde Infrastruktur, 15 Jahre Rückstand bei der Digitalisierung, marode Schulen, hanebüchene Steuergesetze, Fachkräftemangel, Sanierungsfall Bundeswehr, überbordende Bürokratie, Kollaps der Pflegebranche, millionenfacher Mangel an günstigem Wohnraum, Rechtsradikalismus/Demokratiezerfall, Überalterung, Bahn-Desaster, Energiewende, Klimaschutz.
Die angestauten Infernos kamen nicht auf tragische Weise, wie eine Naturkatastrophe über uns, sondern es gibt klare Verantwortliche.
Verursacher: 16 Jahre Merkel-Schlafwagenpolitik, radikal unfähige C-Minister des Schlages AKK, Scheuer, Spahn, Dobrindt, Glos, Schavan, Altmaier, Seehofer, Ramsauer, Oettinger. Getoppt noch von den gelben Fanatikern der Regierungsjahre 2009-2013, die den ökologischen Umbau umdrehten, Solar- und Windstrom verbannten und stattdessen wieder auf Atom, Verbrenner und Putin-Gas setzten. Mittäter dabei war stets der Urnenpöbel, der Reformblockade – „sie kennen mich“ belohnte und schreckhaft Politangebote, die etwas anpacken wollten (Peer Steinbrück, Trittin) ablehnte. Zweimal in jüngster Vergangenheit; 2009 und 2021; machte der Urnenpöbel die garstig-gelbe Gurkentruppe anlasslos so stark, daß ohne sie nicht regiert werden konnte. Damit wurde jede sinnvolle Politik unmöglich.
[….] Ausgerechnet die FDP, die sich als liberale, aufgeklärte Partei der Möglichkeiten verstehen sollte, die für eine moderne Wirtschaft und dynamische Gesellschaft stehen könnte, hat sich verrannt im Dogma der innovationsfeindlichen Schuldenbremse. Über die liberalen Ideen der sozialen Mobilität und der europäischen Vielfalt hat sich eine Festung-Europa-Rhetorik gelegt, für die nationalistisch gesinnte Parteien durchaus Argumente in ihren Programmen finden können, aber eben nicht eine Partei, deren Tradition immer eine der offenen, globalisierten Welt war. Aus einer ins optimistische Gelingen verliebten Partei der Freiheit ist eine verhärtete, pessimistische Partei des Bangemachens und Verhinderns von Zukunft geworden.
Ausgerechnet die CDU, die sich als verantwortungsbewusste Partei der Bewahrung von Wohlstand und Sicherheit verstehen sollte, ist vor lauter Anti-Klimaschutz-Dogma unwillig oder unfähig, die notwendigen Bedingungen der Energie- oder der Verkehrswende zu erkennen. Die fehlenden politischen Vorgaben und Anreize verhindern genau das, was die marktfreundlichen Konservativen eigentlich für sich beanspruchen: internationale Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum.
In der New York Times von Dienstag dieser Woche analysiert der Kolumnist Robinson Meyer die Amtszeit von Donald Trump als folgenreiche Schwächung des Wirtschaftsstandorts USA: Amerika sei nicht einfach zufällig hinter China zurückgefallen, nachdem der damalige Präsident Trump die Klimapolitik vernichtet habe. Sondern Amerika sei zurückgefallen, weil Trump die Klimapolitik zerstört habe. [….]
Sicherlich wollen viele Ampellaner den Giga-Reformstau anpacken, auflösen und möglichst zukunftsweisend lösen. Es geht nur nicht, weil die Wähler ihnen keine eigenständigen Mehrheiten geben und stets dafür sorgen, daß nur MIT FDP und/oder Union regiert werden kann, so daß ein Ende der Zweiklassenmedizin, Tempolimit, „Reichensteuer“ oder die gerechtere Besteuerung von leistungslosem Wohlstand ausgeschlossen sind.
Blockierer: Mit der NJET, NJET, NJET-FDP und der Pöbel-Union, die jede vernünftige Finanzpolitik unmöglich macht, können die verzwergten Rotgrünen nicht effektiv handeln.
[….] die Klimakrise gab dem grünen Zeitgeist Auftrieb und Kraft. Er war europafreundlich, liberal und ökologisch, aufgeklärt, grundrechtsbewusst und minderheitenorientiert. Aber: In der Ampelregierung kamen die Grünen nicht mehr auf einen grünen Zweig, sie wurden vom Image als Verbotspartei bemakelt; sie schnitten im Ukrainekrieg ihre pazifistischen Wurzeln radikal ab, das hat ihren Ruf als Friedenspartei zerstört. Der Zeitgeist trollte sich – und die Parteiführung ist konsterniert ratlos und hat deshalb soeben aufgegeben. Die FDP ist ähnlich konsterniert; sie kommt aber offenbar nicht auf die Idee, dass die zwanghaften Sparverdikte ihres Vorsitzenden und der nervige Militarismus ihrer Spitzenpolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann jedenfalls im Osten am dortigen Sturz der Partei ins Bodenlose schuld sein könnten.
Und die SPD: Sie ist Kanzlerpartei, sie weiß das aber ebenso wenig für sich zu nutzen wie der Kanzler; im Gegenteil. Gewiss ist es ungerecht, wenn die gesammelten Defizite und Desaster bei ihm und seiner Ampel abgeladen werden; wenn alles, was nicht funktioniert, der Regierungskoalition angelastet wird: Es war die Regierung Merkel, die die Migration nicht in den Griff gekriegt hat; und die Probleme der Verkehrsinfrastruktur haben die CSU und ihre Verkehrsminister verursacht; das Chaos bei der Bahn, das nicht nur die Pendler in den Wahnsinn treibt, haben sie angerichtet. Die desolate Situation an den Schulen, der grassierende Mangel an Pädagogen, die personelle Unterbesetzung der Kitas und Kindergärten – das alles ist älter als die Ampel. Und dass ein Kassenpatient mit Verdacht auf Darmkrebs zwei Monate auf ein MRT warten muss – das ist nicht erst seit gestern so. Aber all das, zusammen mit dem Mickern der Wirtschaft, fügt sich zu einem Frust-, Wut- und Zornpuzzle zusammen. […..]
Gehen wir nun endgültig unter? Ist das Schicksal der deutschen Nation ausgemacht? Was kommt jetzt noch, außer den beiden Möglichkeiten postapokalyptische Nuklear-Wüste oder entrechteter primitiver Vasallenstaat Chinas?
[….] Den Kanzlerkandidaten der Union als einen Mann von gestern zu bezeichnen, ist nicht neu, bleibt aber zutreffend. Seine politischen Ideen sind durchweg rückwärtsgewandt: Die Zukunft ist die Elektromobilität, Merz will den Verbrennungsmotor weiter laufen lassen. Nur folgerichtig, denn Klimaschutz hält er für überbewertet. Die Zukunft sind erneuerbare Energien, Merz will sich die Option auf Atomkraft offen halten. An deutschen Grenzen will er Flüchtlinge zurückweisen, sollen sich doch die anderen EU-Staaten kümmern. Die Wirtschaft will er deregulieren, die Cannabisfreigabe zurücknehmen und Abtreibungen bis zur zwölften Woche illegal halten. Als Antwort auf das Problem des Rechtsradikalismus thematisiert Merz den Kampf gegen Clankriminalität. Um die Wähler der AfD zurückzugewinnen, übernimmt er deren Ressentiments.
Friedrich Merz macht all jenen ein Angebot, die sich zurücksehnen in eine vermeintlich gute alte Zeit, in der alles wohl geordnet schien, Vati noch das Sagen hatte und die Kinder brav musizierten. Das mag Menschen attraktiv erscheinen, denen die immer schnellere Veränderung unserer Welt unangenehm ist. Progressiven graut vor diesem Ritt in die Vergangenheit. [….]
(Der SPIEGEL-Leitartikel von Stefan Kuzmany, 20.09.2024)
Abhilfe: Notwendig ist ein personeller Neustart, der bedauerlicherweise
ausgerechnet bei den noch am meisten lösungsorientierten Grünen anfing.
Esken, Klingbeil und Mützenich müssten auch in Rente gehen. Kühnert soll in den
Parteivorsitz aufrücken und die Rest-Linken (Reichinnek, Korte, Gürpinar, Pau,
Renner) endlich in die SPD aufnehmen. Die neue Bundestagsfraktionsführung
sollte aus Jan Dieren, Metin Hakverdi, Tim Klüssendorf (als Vorsitzendem),
Helge Lindh, Robin Mesarosch, Rasha Nasr und Gülistan Yüksel bestehen.
Noch viel wichtiger wäre aber politische Rente für die gesamten Parteivorstände von FDP, CDU und CSU. Mit diesen AfD-nachplappernden Wachstumsbremsenfetischisten werden alle deutschen Probleme nur verschlimmert.
[….] Es braucht einen Befreiungsschlag. Dieser besteht zuallererst in der Demontage der Schuldenbremse. Die dringend notwendigen Reformen kann man mit ihr nicht finanzieren. Die Schuldenbremse ist eine Problemlösungsbremse, eine Problemverschärfungsapparatur, ein Frustrationsbooster, ein Politikvertrauenskiller. Sie spart die Zukunft kaputt – und sie verhindert den Stimmungswechsel in der Gesellschaft.. […..]
Mein Lösungsvorschlag klingt leider reichlich unwahrscheinlich.
Aber es läge in der Macht des Wählers, das zu erzwungen. Der Urnenpöbel will aber nicht.