Gut
möglich, daß ich die Vergangenheit idealisiere.
Aber gab
es nicht mal Zeiten, in denen bei Katastrophen aller Art zunächst neutral berichtet,
anschließend von Experten analysiert und schließlich von Klugen kommentiert
wurde?
Inzwischen
sind aber die Reaktionen auf die Nachricht die eigentliche Nachricht.
In
TV-Nachrichtenstrecken unterläßt man es eigene journalistische Kompetenz zu zeigen
und blendet stattdessen Tweets relevanter und noch mehr irrelevanter Personen
ein.
Beispielsweise
auf sueddeutsche.de gibt es zwar noch einen Artikel „Was wir über die Tat wissen und was nicht“,
aber ich muß das eigentlich gar nicht mehr anklicken. Mir reicht das, was ich
in den Überschriften aufgeschnappt hatte: Berlin, Weihnachtsmarkt, LKW in
Menge, 12 Tote.
Mehr
Fakten braucht niemand. Während die Einsatzkräfte noch zwischen den Leichen und
Verletzen knien, fährt die „wie schlage ich daraus Kapital?“-Maschine blitzschnell
auf 100% Leistung.
Ja,
natürlich haben die paar Extrarationalen vollkommen Recht, die 12 Tote durch
einen mutmaßlichen Anschlag in Relation zu anderen, größeren Todeszahlen
setzen. So viele Menschen sterben jeden Tag im deutschen Straßenverkehr; es
sterben sogar weit mehr Menschen in Deutschland täglich durch Ärztepfusch und
noch mehr durch Hygienemängel in Krankenhäusern, weil die Politik vor der Lobby
eingeknickt ist. Bekanntlich kann man MRSA-Infektionen, also das myriadenfache
Sterben durch multiresistente Krankenhauskeime auch verhindern – das zeigt
Holland. Aber das würde Geld kosten, mehr Personal erfordern und somit die Milliardengewinne von Typen wie Bernd große Broermann
schmälern.
Die Oma
von nebenan, die nach einer Knie-OP an Wundinfektionen stirbt, weil im
Asklepios-Krankenhaus siffiges OP-Besteck benutzt wurde, ist aber politisch
schlecht auszunutzen.
Terrortote
in Berlin (Hauptstadt! Merkel!) zur Weihnachtszeit (Christlich! Friedlich!) in
Zusammenhang mit einem Flüchtling (Muslim! Asylantenflut!) sind wesentlich
wertvollere Leichen. Damit kann man etwas anfangen.
Lange Partynacht:
Anwohner von AfD-Parteizentrale beschweren sich über Ruhestörung
Berlin (dpo) - Was war
da denn los? Die Berliner Polizei hat in der Nacht von Montag auf Dienstag um
kurz nach 22 Uhr mehrere Anrufe wütender Anwohner erhalten, die sich über
lauten Partylärm aus der AfD-Parteizentrale in der Schillstraße beschwerten.
Die Polizei musste mehrfach anrücken und löste die Feierlichkeiten schließlich
in den frühen Morgenstunden auf.
"Ich wollte mich
gerade schlafen legen, da höre ich plötzlich diesen Krach, als wenn einer mit
einem Maschinengewehr rumballert", erzählt uns ein Anwohner. "Nach
einer kurzen Schrecksekunde wurde mir bewusst: Das sind Sektkorken! Dann wurde
Musik laut aufgedreht und herumgegrölt. Ich habe dann die Polizei
alarmiert."
Im Laufe des Abends
erhielt die Polizei weitere Anrufe von Anwohnern, die sich über Jubelgeschrei,
lautstarkes Gelächter und ohrenbetäubende Musik aus der AfD-Parteizentrale
beschwerten. Die Beamten müssen mehrfach ausrücken und die Feierwütigen dazu
ermahnen, die Musik leiser zu stellen – vergeblich. [….]
Die
üblichen Verdächtigen recken ihre kotbraunen Twitterfingerchen und legen los.
Längst
sind es nicht mehr nur oppositionelle Fascho-Populisten, die genüsslich ihre
demagogischen Werbesprüche in die Welt ballern.
Der zukünftige
US-Präsident handelt genauso, ist für diese Methoden sogar gewählt worden.
Zehn
Etagen unter dem menschlichen Mindestanstand agitieren aber auch Politiker der
in Bayern mit absoluter Mehrheit gewählten CSU.
Deutsche
Profipolitiker anderer Parteien versagen aber auch bei ihren öffentlichen Reaktionen.
Bis auf wenige.
Ulrich
Schulte: Auf eine solche Tat haben die
Rechtsextremen gewartet?
Konstantin
von Notz: Diejenigen, die unsere liberale
und offene Gesellschaft spalten und den Rechtsstaat beschädigen wollen, werden
versuchen, den Anschlag zu instrumentalisieren. Sie versuchen es jetzt schon.
Islamisten und Rechtsextreme kochen dabei übrigens dieselbe Suppe. Sie
versuchen, aus Angst Profit zu schlagen.
Ulrich
Schulte: Der nordrhein-westfälische
AfD-Landeschef Marcus Pretzell twitterte kurz nach dem Attentat, dies seien
„Merkels Tote“. Sollte man solche Provokationen ignorieren – oder verurteilen?
Konstantin
von Notz: Politische Widerlichkeit ist
wählbar und heißt AfD. Pretzell macht nicht mal den Versuch, seine abgründigen
Interessen zu kaschieren. Das spricht für sich selbst. Demokratische Parteien
dürfen sich die Debatten nicht von der AfD aufzwingen lassen, aber eben auch
nicht schweigen, wenn sich Rechtsextreme im Leid der Opfer und der Angst der
Menschen suhlen.
Lügenminister
de Maizière, der schon seit anderthalb Jahren Flüchtlingen genauso pauschal wie
faktenwidrig alles Negative unterstellt, verkündete zunächst einmal, er bete
für die Opfer.
Das ist
an Schwachsinnigkeit kaum zu unterbieten. Schließlich ist Religion mit ihrer
rechthaberischen und jenseitsgläubigen „wir sind besser als die“-Haltung die
Ursache der Gewalt.
Der
deutsche Innenminister will nun also das Übel mit mehr Übel bekämpfen.
Mit Beterei,
also der Ausrede von Menschen, die nicht tatsächlich helfen wollen.
Einen Tag
später schrieb de Maizière doch tatsächlich "Herr, gib ihnen die
Kraft..." in das Kondolenzbuch. Dem Mann ist nicht mehr zu helfen.
Mein
nachbarlicher SPD-Ortverein Eppendorf verbreitete auf Facebook schwarzen
Trauerfloor mit dem Hashtag #PRAYFORBERLIN.
Auch bei
denen also intellektuelle Schlichtheit. Sie preisen das Gift als Medizin,
welches den Schaden angerichtet hat. Wir brauchen nicht mehr Gebete, sondern
weniger.
Eigentlich
unnötig zu erwähnen, aber da sie nun mal die deutsche Regierungschefin ist:
Merkel blamiert sich selbstverständlich, wenn sie es menscheln lassen soll.
Von ihr
kommen kryptische Sätze, auch wenn man gutmeinend ahnen könnte, daß sie es eben
nicht so mies und populistisch wie Kollege Seehofer machen wollte:
Sollte sich
bestätigen, dass es sich bei dem Täter um einen Flüchtling gehandelt habe, wäre
es nach Merkels Worten "für uns alle besonders schwer zu ertragen".
"Dies wäre besonders widerwärtig gegenüber den vielen Deutschen, die
tagtäglich in der Flüchtlingshilfe engagiert sind", sagte Merkel,
"und gegenüber den vielen Menschen, die unseren Schutz tatsächlich
brauchen und sich um Integration in unser Land bemühen."
Gilt das
auch für die Verletzten und Angehörigen der Opfer?
Wären
die fröhlich und erleichtert, wenn sich herausstellen sollte, daß sie nur von
einem normalen Irren und keinem Muslim massakriert wurden?
Das dachte
sich vermutlich auch die in Berlin die U-Bahntreppe heruntergetretene Frau mit
dem gebrochenen Arm, als sie erfuhr von einem CHRISTEN attackiert worden zu
sein: „Habe ich ein Glück gehabt!“
Fairerweise
will ich nicht verschweigen, daß es auch kluge und besonnene Reaktionen gibt.
Aber das
sind weitgehend wieder nur die paar offiziell bekannten Atheisten, die nur in
sehr wenigen FACEBOOK-Bubbles wahrgenommen werden. Michael Schmidt-Salomon passiert die meisten Facebook-Filter gar
nicht erst.
[….] Die
Nachricht von der Tragödie auf dem Berliner Weihnachtsmarkt war gerade erst
über die Ticker gelaufen, da wusste der Landeschef der AfD in
Nordrhein-Westfalen Marcus Pretzell bereits, wer die Schuld daran trägt. Via
Twitter verkündete Pretzell zu einem Zeitpunkt, als nicht einmal ansatzweise
klar war, ob es sich bei den dramatischen Ereignissen an der Gedächtniskirche
um einen Unfall, einen apolitischen Amoklauf oder einen terroristischen
Anschlag gehandelt hatte: "Wann schlägt der deutsche Rechtsstaat zurück?
Wann hört diese verfluchte Heuchelei endlich auf? Es sind Merkels Tote!"
Dabei übersah der AfD-Politiker allerdings, dass gerade er und seinesgleichen
den Terroristen in die Hände spielen. Denn Rechtspopulisten zählen – wenn auch
unfreiwillig – zu den wichtigsten Verbündeten der Islamisten im globalen
Dschihad.
Die islamischen
Gotteskrieger verfolgen eine perfide und bislang sehr wirkungsvolle Strategie,
die in zahlreichen, u.a. im Internet verbreiteten Schriften nachzulesen ist: Da
sie nicht die Mittel besitzen, die westlichen Demokratien militärisch ernsthaft
zu gefährden, sollen viele terroristische Einzelaktionen die Bürgerinnen und
Bürger in Angst und Schrecken versetzen und entsprechende Aversionen gegen
"die Muslime" wecken, was wiederum zu einer weiteren Radikalisierung
unter Muslimen führen soll.
Den Masterplan für
diese Strategie hat der einflussreiche Islamist Abu Musab al-Suri in seiner
1.600-seitigen Propagandaschrift "Aufruf zum weltweiten islamischen
Widerstand" dargelegt. Darin heißt es: "Wenn wir zwölf Angriffsteams
in der gesamten islamischen Welt bilden könnten und jedes dieser Teams würde
eine Operation im Jahr ausführen, dann gäbe es jeden Monat einen Angriff. Wenn
sie zwei Operationen schaffen, wäre das alle fünfzehn Tage ein Angriff." [….][….][….]