Hurra, am Freitag, den 09.10.2015 ist
es wieder soweit – es gibt einen Friedensnobelpreis.
Friedensnobelpreise
werden ja aus sehr unterschiedlichen Gründen verliehen. Zum Beispiel um die
Wandlung eines Falken zur Taube zu würdigen.
Oder auch, um
einer Privatperson, die eher im Stillen wirkte Publicity zu geben.
Gelegentlich
sind Friedensnobelpreise auch unstrittig, weil sie für jeden ersichtlich
wirklich verdient waren.
Albert
Schweitzer (1952), Martin Luther King (1964), Willy Brandt (1971), Anwar
as-Sadat (1978), Elie Wiesel (1986), Michail Sergejewitsch Gorbatschow (1990),
Nelson Mandela (1993) und Jitzchak Rabin (1994) waren, bzw sind solche
Ausnahmemenschen.
2009 wollte
Oslo sich offensichtlich in dem Glanz des eben erst gewählten Barack Obama
sonnen. Das war in vielerlei Hinsicht großer Mist. Oslo blamierte sich, Oslo
schadete Obama enorm, indem es seine Gegner von der GOP aufstachelte und Oslo
wählte einen, dessen spätere Taten als Potus das Gegenteil von friedlich waren.
2012 war ich
von der Entscheidung über den Friedensnobelpreis zunächst überrascht, ließ mich
dann überzeugen. (.........)
Für mich
sind die schönsten Friedensnobelpreise die, die jemand anders richtig wehtun.
Das war 1971 sicher der Fall, nachdem CDU und CSU Willy Brandt 20 Jahre lang
als ehrlos attackiert hatten, weil er a) unehelich zur Welt kam und b) kein
Nazi war, sondern während der Hitlerzeit ins Exil ging.
Nobelpreis-beschwerte
Dissidenten sind für die jeweiligen Regime natürlich auch immer eine Schmach.
Solche Fälle gab es schon häufiger:
Liu Xiaobo 2010, Schirin Ebadi 2003, Aung San Suu Kyi 1991, Dalai Lama 1989, Desmond Tutu 1984, Adolfo Pérez Esquivel 1980, Andrei Dmitrijewitsch Sacharow 1975, Martin Luther King 1964, Albert John Luthuli 1960, Carl von Ossietzky 1935.
In
diesem Sinne würde ich es begrüßen, wenn nächste Woche wieder ein unterdrückter
Dissident in Lebensgefahr den Preis bekäme.
Angeblich
sind der saudische Blogger Raif Badawi, Mussie Zerai vor der Nowaja Gaseta (Oppositionszeitung
in Russland), Edward Snowden und Chelsea Manning Favoriten. Allen würde ich den
Preis gönnen. Am meisten steckt vermutlich Badawi in der Patsche. Aber auch ein
geteilter Preis an Snowden und Manning wäre eine Riesenklatsche für die USA und
Obama. Ganz geschickt könnte Oslo damit auch ausdrücken, daß der Preis von 2009
eine doofe Idee war.
Aber
vermutlich wird es eher wieder ein „Ermutigungs-Nobelpreis“, der einen
Mächtigen animieren soll noch aktiver zu werden.
Angesichts
der dramatischen Weltlage wäre auch das eine nachvollziehbare Begründung. Viel
genutzt hat sowas bisher allerdings nicht.
In der
verfahrenen Lage der Levante und der Ostukraine bedürfte es wieder eines
dynamischen und engagierten Staatsmannes mit Charisma.
Theoretisch
steht dafür der Friedensnobelpreisträger Barack Obama zur Verfügung.
Aber praktisch
ist es wohl so, daß sich die fünf Mitglieder des Osloer Nobelpreis- Komitees
jeden Tag seit ihrer Entscheidung von 2009 in Grund und Boden schämen.
Guantanamo-Todesstrafen-Drohnenkrieger-Obama hält sich bei internationalen
Friedensbemühungen demonstrativ zurück. Er unternimmt nichts, sondern heizt im
Zweifelsfall mit verbalen Attacken Konflikte weiter an.
Naja, die
Norweger haben etwas westliche Schlagseite, wenn man sich die Verteilung der
Friedensnobelpreise nach Nationen ansieht:
USA: 21, GB:
12, Frankreich: 9,…,.. Deutschland immerhin noch: 4, am Ende liegen Russland
(inkl Sowjetzeit) mit ZWEI Friedensnobelpreisen und China mit einem.
Zuhause in
Washington rockern die bellizistischen GOPer dermaßen rum, daß man es Obama
schon hoch anrechnen muß, wenn er nur schmollend im Oval Office sitzt und
nichts tut.
Deutsche
Zeitungen orakeln derweil über die Chancen von Angela Merkel.
Privatpersonen
dürfen zwar keine Nobelpreiskandidaten nominieren, aber im treuen
Kanzlerwahlverein CDU finden sich natürlich immer genügend Speichellecker, die
den eigenen Kanzler in Oslo vorschlagen. Helmut Kohl war über zig Jahre
kontinuierlich nominiert.
[….] Der
Direktor des Osloer Friedensforschungsinstituts Prio räumt Angela Merkel gute
Chancen auf den diesjährigen Friedensnobelpreis ein.
[….] Seien es die US-Präsidenten Theodore
Roosevelt, Woodrow Wilson und Barack Obama, PLO-Chef Jassir Arafat und Israels
Premier Yitzhak Rabin oder vor drei Jahren die Europäische Union - nicht immer
stießen die Entscheidungen des Komitees auf ungeteilte Zustimmung.
Angeblich könnte die
Liste der umstrittenen Preisträger dieses Jahr um einen Namen ergänzt werden:
Angela Merkel. Diverse Medien küren die Kanzlerin zu einer der Favoritinnen und
attestieren ihr "gute Chancen". Als Grundlage für die Spekulation
gelten die "Meinungen von Experten".
Tatsächlich ist es ein
Experte, der sich als Merkels Fürsprecher hervortut: Kristian Berg Harpviken,
der Direktor des Osloer Friedensforschungsinstituts Prio. Die Bundeskanzlerin
habe in der Flüchtlingskrise "moralische Führungsstärke" gezeigt,
sagt Harpviken. Damit habe sie "in einer kritischen Zeit"
Verantwortung übernommen, um die sich andere Politiker gewunden hätten. Merkel
"duckt sich vor konkreten und schwierigen Diskussionen nicht weg",
lobt Harpviken. "Und wir wissen, dass sie nominiert ist - sie könnte den
Preis also bekommen." [….]
EXPERTE!
Merkel "duckt sich vor
konkreten und schwierigen Diskussionen nicht weg."
Harpviken
kennt die Kanzlerin offenbar ganz genau! Das sind ja exakt ihre
Charaktereigenschaften: Führungsstärke, konkret sein, Entscheidungen treffen,
Kurs vorgeben, Klartext.
Wie groß
die Chancen der Kanzlerin wirklich sind, kann ich nicht beurteilen.
Aber die
SZ weist deutlich daraufhin, daß Harpviken bisher noch nie richtig lag.
Zu entscheiden
haben es nur fünf Personen, wovon eine, nämlich Ytterhorn, ultrarechts ist:
Vorsitzender:
Kaci Kullmann Five (Konservativen Partei)
Thorbjørn
Jagland (sozialdemokratische Partei)
Inger-Marie
Ytterhorn (Fortschrittspartei)
Berit
Reiss-Andersen (Rechtsanwältin)
Henrik Syse (Senior Researcher am Peace Research
Institute in Oslo)
Einstimmigkeit
ist ebenso wenig gefordert wie Begründungen oder ein bestimmter Wahlmodus.
Vielleicht
also tatsächlich Merkel als nächste Friedensnobelpreisträgerin?
Toller
Plan, die Frau, die massiv den Irakkrieg unterstützte, die so viel Waffen in
Krisengebiete exportiert wie nie zuvor, die 0,7%-Entwicklungshilfezusage nie
einhält, welche die Flüchtlings-Killeraktionen im Mittelmeer mit zu
verantworten hat, die gleich zu Anfang ihres CDU-Vorsitzes eine
Anti-Ausländer-Unterschriften-Kampagne initiierte, deren Partei beispielsweise
in Sachsen klar xenophobe Politik macht, soll den Friedensnobelpreis bekommen.