Vorgestern erschien Hillary Clintons neues Buch „Hard Choices“, welches allgemein als Bewerbungsschrift für ihre Präsidentschaftskandidatur 2016 interpretiert wird.
Es hängt
an ihr. Wenn sie kandidiert, wird ihre eigene Partei mit hoher Wahrscheinlichkeit
anders als 2008 keinen Gegenkandidaten aufstellen.
Man
akzeptiert allgemein, daß sie jetzt „dran“ ist, daß eine Frau das Amt
übernehmen sollte.
Sie hat
Geld und Verbindungen.
Der
politische Gegner kann zwar durch „sichere Wahlkreise“ relativ einfach mit
seinen Teebeutel-Fanatikern das „House“ dominieren.
Aber bei
einer Präsidentschaftswahl dürfte es der GOP von heute schwer fallen genügend
Wahlmänner zusammen zu bekommen, da ihre ultraextremistischen Kandidaten für
weite Teile der bunter werdenden US-Gesellschaft unwählbar sind.
Der stramm
rechte GOP-Teebeutel Eric Cantor schmiss soeben sein Amt als Mehrheitsführer
der Republikaner im US-Repräsentantenhaus hin, da er bei den Vorwahlen gegen
einen noch ultrafundamentalistischeren Extremisten unterlag.
Cantor,
der eigentlich starke Mann des US-Kongresses konnte John Boehner mehrfach
während dessen Verhandlungen mit Barack Obama um die US-Finanzen die Hoden
abklemmen.
Und nun
warf ihn im Kreis Richmond im US-Staat Virginia ein Nobody namens Dave Brat aus
dem Rennen. Mit solchen Brat-Beuteln müßten die Demokraten auf nationaler Ebene
eigentlich leichtes Spiel haben. Weg frei für Hillary Clinton.
Zweifellos ist die qualifiziert und aufgrund
ihres Alters und ihrer Erfahrung vielleicht nicht so zaudernd und zögerlich wie
Barack Obama.
Die
Frage ist nur:
Warum zum Teufel sollte sie das wollen?
Warum zum Teufel sollte sie das wollen?
Sie muß
doch wirklich wissen was für ein mieser und unterbezahlter Job das ist!
Der
enorme Präsidentielle Nimbus innerhalb Amerikas ist längst weg. Man hat keine
Ehrfurcht mehr vor dem Weißen Haus oder der Air Force One; im Gegenteil; jeder
dahergelaufene von FOX-news anal aufgeladene Redneck kritisiert an einem rum.
Bundespolitik
läuft mit der total fanatisierten GOPer Mehrheit im Kongress ohnehin nicht.
Verglichen mit der neuen Teebeutel-Generation war Osama bin Laden ein
umgänglicher und kompromissbereiter Mann.
Die
verarbeitende Industrie ist weg, Amerika ist total abhängig von chinesischen
Importen, weil es längst verlernt hat einen Staubsauger oder einen Kugelschreiber
selbst herzustellen.
Selbst
das US-Vorzeigeunternehmen überhaupt; Apple, läßt seine i-Dinger in China zusammenschrauben.
Arbeitsplätze
für die ungebildeten ehemaligen Blue-Collar-Workers zu generieren ist ein Ding
der Unmöglichkeit.
Die
gesamte US-Infrastruktur ist marode und das Bildungssystem hat
Dritte-Welt-Niveau.
Hinzu
kommen diverse weitere Zeitbomben. Die Amerikaner sind das fetteste Volk der Welt
und wenn kaum noch einer unter drei Zentner wiegt, wird das Gesundheitssystem
irgendwann unbezahlbar, weil alle deprimiert, adipös und kardiologisch prekär
in Richtung Arbeitsunfähigkeit gleiten.
Dafür
ballern sie sich aber alle gegenseitig die Köpfe weg. Trotz der jährlich 35.000
Toten durch Schusswaffengewalt und einem Amoklauf nach dem nächsten kann man
den Amis nicht abgewöhnen sich bis an die Zähne zu bewaffnen.
Oder
denken wir an die rasant zunehmenden Umweltkatastrophen, weil Dürren,
Feuersbrünste und Hurrikane durch den aberwitzigen US-Energieverbrauch immer
dramatischer und teurer werden.
Last but
not Least:
Die Außenpolitik!
Weitgehende durch US-Fehler verursacht ist der Nahe Osten zu einem noch schlimmeren Pulverfass geworden.
Die Außenpolitik!
Weitgehende durch US-Fehler verursacht ist der Nahe Osten zu einem noch schlimmeren Pulverfass geworden.
Selbst
die konservative FAZ gratuliert Osama bin Laden zu seinem Erfolg.
(BTW –
ich schließe mich denjenigen an, die den Tod des FAZ-Feuilletonisten und Herausgebers Schirrmacher
bedauern. Er war ein Guter.)
Bin Ladins Traum ist
wahr geworden
Abu Bakr al Baghdadi
ist es gelungen, in Syrien und im Irak ein riesiges islamistisches Kalifat
unter seiner Kontrolle zu errichten.
[……]
Seit der Eroberung der
zweitgrößten Stadt des Irak, Mossul, durch die Dschihadisten am Dienstag und
der Einnahme der Geburtsstadt Saddam Husseins, Takrit, am Mittwoch, sorgt die
2012 gegründete Terrorgruppe international für blankes Entsetzen.
Hunderttausende sind auf der Flucht vor den Extremisten, die mit ihrer
Hit-and-Run-Taktik die Armee des irakischen schiitischen Ministerpräsidenten
Nuri al Maliki mit einer Leichtigkeit überrannt haben, die selbst
Militärfachleute überrascht.
[……] Das berüchtigte Gefängnis von Abu
Ghraib musste Malikis Regierung im April räumen lassen, weil es mitten im
Kampfgebiet steht. Weder Falludscha noch die Provinzhauptstadt Ramadi sind noch
in der Hand der staatlichen Einheiten. Und die Erfolge der vergangenen Tage
stärken Baghdadi weiter: In Mossul plünderten seine Männer das Hauptquartier
des dritten Armeeregiments, von den erbeuteten Waffen kann die Truppe noch
lange zehren.
[……]
Und ein klares ideologisches Ziel
verfolgt die Terrorgruppe auch: Nicht nur mit Anschlägen, sondern mit gezielten
Operationen, die die Möglichkeit zum taktischen Rückzug lassen, strebt die
Isis-Führung die Herrschaft über die historische Levante an, das Gebiet, das
von Palästina über Libanon bis Syrien reichte, und in den Irak hinein. Ganz
bewusst weckt Al Baghdadi mit seinem Kampfnamen Erinnerungen an die Blütezeit
des Islam: Abu Bakr war ein Kampfgefährte des Propheten Mohammed und nach
dessen Tod der erste Kalif. Ihm eifert er nach. [……]
Ob nun
Obama, Clinton oder Supermann im Oval Office hocken – der Schlamassel ist kaum
lösbar.
Der Irak
und ganz Syrien in Flammen. Mit ein paar Drohnenangriffen läßt sich das nicht
stoppen und wie nachhaltig erfolgreich US-Bodentruppen im Jahr 2003 waren,
haben wir alle noch in Erinnerung.
Mehr als ein Jahrzehnt
nach der US-geführten Invasion im Irak rächen sich nun die fundamentalen
Fehler, die damals von der Regierung unter US-Präsident George W. Bush begangen
wurden. Der bedrohliche Vormarsch der radikalislamistischen Terrormiliz Isis
bringt nicht nur den Staat Irak an den Rand des Scheiterns.
Da Isis auch die
virulenteste Kraft im benachbarten Syrien ist, entsteht ein riesiger
staatenloser Raum, den die Gotteskrieger zum Training, zum Schmuggel von Waffen
und zur Rotation von Kämpfern an beiden Fronten nutzen können. Die Geiselnahme
von Dutzenden türkischen Staatsbürgern kommt obendrein einem Angriff auf das
Nato-Land Türkei gleich, dessen Ministerpräsident Erdogan sich als eiserner
Schutzpatron türkischer Interessen präsentiert. Die Hinnahme einer Demütigung
kann sich Erdogan politisch nicht leisten.
[…] Grundlegende Ursache des Chaos ist die
spektakulär verfehlte Irak-Politik von Bush. Die neokonservative
US-Administration hatte den Irak in eine Modelldemokratie umwandeln wollen –
als Teil des unfassbar überambitionierten Projekts "Greater Middle
East", mit dem diese gesamte Weltregion zu Amerika-kompatiblen Systemen
mutieren sollte. Der Kardinalfehler im Irak war die Entscheidung des
amerikanischen Prokonsuls Paul Bremer, die regierende Baath-Partei sowie die
starke Armee kurzerhand aufzulösen. Damit zerbrachen die beiden Hauptsäulen,
auf denen der irakische Staat ruhte. Tausende gut ausgebildete sunnitische
Soldaten, ihrer Perspektiven beraubt, liefen zu Radikalen über. Und indem die
USA die von Saddam unterdrückten Schiiten an die Macht brachten und
Ministerpräsident al-Maliki nichts Vordringlicheres zu tun hatte, als
seinerseits die Sunniten zu demütigen, gossen sie Öl in das schwelende Feuer
des sunnitisch-schiitischen Schismas. […]
Daß die
geisteskranke Hybris-Politik GWBs die Hauptschuld an dem Desaster trägt ist
genauso wahr wie irrelevant.
Falls
Hillary Clinton in zweieinhalb Jahren US-Präsidentin werden sollte, ist es IHR
Problem.
Ich
befürchte, daß auch einer der intelligentesten Politiker der Welt, nämlich Bill
Clinton*, dabei ratlos sein wird, wenn er seiner Frau dann Tipps geben soll.
Den Job
möchte ich ums Verrecken nicht haben.
Natürlich
würde ich den Wahlkampf Hillary Clintons unterstützen und sie auch wählen.
Aus dem
einfachen Grund, daß eine Alternative in jedem Fall schlimmer wäre. Ein GOPer
mit den „Nuclear Codes“ in der Hand könnte das Ende der Welt bedeuten, wenn
Israel in die ISIS-Zange gerät, der NATO-Partner Türkei angegriffen wird, sich
der Atomwaffenstaat Pakistan auflöst und womöglich auch noch die kraftstrotzenden
neoautoritären Staaten Russland und China ínvolviert werden.
*vergl. Joe Klein: „Das Naturtalent“