Donnerstag, 21. August 2025

Realitätsresistenz

Der weltberühmte Historiker und Antisemitismus-Experte Timothy Snyder, just nach Toronto verzogen, bescheinigt Trump ein Problem: Anders als die US-Amerikaner, könne er Putin nicht mit sinnlosem Geschwafel ohne jegliche Faktenkenntnis überzeugen.

[….] Trump glaubt, er könne ausländische Staatsoberhäupter wie Amerikaner behandeln – indem er ihnen fantastische Versprechungen macht und sie in unausstehlicher Weise schikaniert. Aber Fantasterei funktioniert jenseits der Grenzen der USA nicht. Das leere Versprechen einer „wunderbaren“ Zukunft bewegt weder Diktatoren, die Verbrechen begehen, um ihre eigenen Visionen voranzutreiben, noch Menschen, die ihre Familien gegen eine verbrecherische Invasion verteidigen, die ihnen ihr Land und Vermögen stiehlt, ihre Kinder entführt und Zivilisten foltert und ermordet.

Putin hat keinen Grund, Trumps Vision einer wunderbaren Zukunft seiner eigenen vorzuziehen: einer Ukraine mit einer Marionettenregierung, einer durch Gewalt eingeschüchterten Bevölkerung, in Massengräbern verscharrten Patrioten und Ressourcen in russischer Hand.

Wie Trumps Fantastereien funktionieren auch seine Schikanen im Ausland nicht. Gewiss, viele Amerikaner haben Angst vor Trump. Er hat seine eigene Partei einer Säuberungsaktion unterzogen und hält die republikanischen Kongressabgeordneten mit Gewaltandrohungen auf Linie. Er setzt das US-Militär als Polizei ein, zuerst in Kalifornien und jetzt in Washington, D.C.

Zu akzeptieren, dass eine Invasion die Grenzen rechtlich verändern kann, zerstört die Weltordnung

Doch ausländische Feinde nehmen diese Einschüchterungstaktiken anders wahr. Die Maßnahmen, die die Amerikaner schockieren, erfreuen die Feinde der USA. In Moskau betrachtet man den Einsatz des Militärs innerhalb der USA als Zeichen von Schwäche.

Großsprecherei mag in den USA, wo wir Worte mit Taten verwechseln, Anklang finden. Aber in den Augen der russischen Führung verbirgt sich dahinter eine schwache Außenpolitik. Trump hat Russland außerordentliche Zugeständnisse gemacht, ohne dafür etwas zu bekommen. Russland hat sich revanchiert, indem es den Krieg in der Ukraine fortsetzt und Trump im staatlich kontrollierten Fernsehen verhöhnt. [….] Trump hat mit „ernsten Konsequenzen“ gedroht, falls Putin einen bedingungslosen Waffenstillstand nicht akzeptieren würde. Das war Gerede, und bisher waren die Folgen von Trumps Worten für Russland noch mehr Gerede. [….] Trump ist an die Grenzen seiner Fantasiewelt gestoßen. […..]

(Timothy Snyder, 19.08.2025)

Auch wenn die Mechanismen der „Trump-Delusion“ bekannt sind – ungebildetes Volk, Homeschooling, Kirchen, Seth Rogan, FOX News, Presseversagen – staunt man immer wieder, wie bereitwillig die 80 Millionen Trumpanzees auch die offensichtlichsten Lügen schlucken. Was hat der debile Orange nicht alles gebetmühlenartig versprochen, das aber nie eintrat: Obamacare abschaffen, Mexiko für die Mauer zahlen lassen, am Tag Eins den Ukrainekrieg beenden.

Blitzartig wollte er auch durch seine Zollpolitik die Lebensmittelpreise drastisch senken, obwohl jeder Drittklässler weiß, daß Zölle de facto eine Verbrauchersteuer sind und die Preise steigen lassen. Aber die lästige Realität erscheint völlig irrelevant. Während die neuralgischen Eierpreise in astronomische Höhen schossen, phantasierte TACO tagtäglich „EGGS ARE WAY DOWN“. Um 92% wären die Eierpreise schon gesunken.

Nun kann nicht jeder Wähler täglich die mexikanisch-amerikanische Grenze abgehen und aus eigener Ansicht den Stand des Mauerbaus beurteilen. Sie haben auch keine Ahnung, was im Donbass oder Gaza läuft, wenn ihr Haussender FOX, Netanjahu und Putin stets als Helden preist.

Denen kann man viel erzählen. Aber Supermarktpreise? Benzin?

Müssten nicht ALLE Amerikaner, außer der Dementen, Kleinstkindern und Superreichen, im täglichen Leben bemerken, daß genau wie zu erwarten und wie prognostiziert, durch Zölle und die Jagd auf Migranten, die Preise massiv ansteigen?


Wenn Trump aus Wut auf Brasilianische Richter, die seinen hochkriminellen Kumpel Bolsonaro anklagen, den wichtigsten Kaffee-Lieferanten mit 50% Sonderzöllen belegt, steigen – total überraschend – die Kaffeepreise.


Amerikanische Medien sprechen von FOODFLATION, weil die Lebensmittelpreise unter Trump derartig explodieren.

Besonders extrem trifft es Obst und Gemüse, weil da gleich drei Trump-Faktoren zusammenkommen.

·        Die Klimaerhitzungspolitik. Es herrscht Dürre im mit Abstand wichtigsten Erzeugerstaat Kalifornien.

·        Die Migrationspolitik. ICE-Agenten verjagen die dringend benötigten Erntehelfer.

·        Die Zollpolitik. Importgemüse wird zusätzlich besteuert.

Alles drei zusammen ergibt fast 40% Preisanstieg.

[…..] Den meisten Amerikanern dürften die warnenden Rufe von Wirtschaftsexperten und deren Modelle egal sein. Für sie zählt: Wird das Leben unter Trump besser und erschwinglicher oder nicht?

Diese Frage lässt sich noch nicht abschließend beantworten, doch zumindest eine gesunde Ernährung wird auf absehbare Zeit wohl teurer. Denn wie neue Zahlen des US-Bureau of Labor Statistics zeigen, sind die Produktionspreise für frisches Gemüse im Juli explodiert. Im Schnitt legten sie 38,9 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat zu. Ein gewaltiger Sprung, der ein erstes Anzeichen der Folgen von Trumps Zoll- und Migrationspolitik sein könnte. […..] Da sind die Zölle, die den Import von Produkten verteuern. Dass sich das zunächst bei Gemüse zeigt, ergibt Sinn. Denn einige Unternehmen haben bereits ihre Bestände aufgefüllt, bevor die meisten Zölle in Kraft traten, also noch zu niedrigen Preisen importiert. Bei frischem Gemüse ist das schwierig – längere Lagerzeiten sind nicht möglich.

Und noch etwas könnte den Preissprung beeinflusst haben: die massive Abschiebepolitik der Trump-Regierung. Denn um die hohen Abschiebequoten zu erreichen, hat die Abschiebe-Behörde ICE nicht davor zurückgeschreckt, auch bei Razzien auf landwirtschaftlichen Betrieben nach Arbeitsmigranten zu suchen und diese des Landes zu verweisen. Weniger Arbeiter bedeuten weniger Produktion. […..] Mehrere Experten rechnen mittelfristig mit steigenden Preisen in den USA. [….]

(Hamburger Abendblatt, 21.08.2025)

Schlechte Wirtschaftsdaten bekämpft Trump, indem er die Statistiker feuert, die sie errechneten.

Schlechte Approvalratings bekämpft Trump, indem er die sie veröffentlichenden Journalisten als „Fake-News“ beschimpft und sie verklagt.

Schlechte Wahlergebnisse bekämpft Trump, indem er sie nicht akzeptiert und einen wütenden Mord-Mob gegen die gewählten Vertreter losschickt.

Was aber, wenn immer mehr Trumpanzees im Supermarkt merken, wie extrem teuer alles wird, sich daraus Unzufriedenheit entwickelt und viele seiner Fans bei den Midterms zu Hause bleiben?

Nun, dafür lässt er mit großem Eifer Wahlgesetze verabschieden, die es potentiellen Demokraten erschweren überhaupt zu wählen und zwingt seine loyalen GOP-Gouverneure zu massiven Gerrymandering, um mehr republikanische Sitze rauszuholen.





Diese Farce könnte durch eine massive Wahlbeteiligung oder sehr hohe demokratische Zugewinne aber kompensiert werden. Daher stellt sich die Frage, ob es überhaupt noch Wahlen geben wird.