Wie
schrecklich, wie schrecklich – da ich heute Vormittag zu Hause war, habe ich
mir im TV tatsächlich die Bundestagsdebatte zum sogenannten dritten Hilfspaket für
Griechenland reingezogen.
Ich bin
bekanntlich ein echter Politjunkie und gucke schon seit 30 Jahren alle
Parlamentsdebatten, die ich zu fassen bekomme.
Danke
Phoenix – auch wenn der stramm rechte CSU-Fan Gerd-Joachim von Fallois eher als
Comedy taugt, wenn er seinem Widerwillen gegen alles Linke freien Lauf lässt.
Vor
Beginn der Debatte befragte er den Griechenhasser und Schäuble-Schwiegersohn
Thomas Strobl („Der Grieche hat jetzt lang genug genervt“) und Katja Kipping.
Das war schon lustig, wie von Fallois noch nicht mal versuchte den Anschein von
Neutralität zu erwecken, sondern klipp und klar auf Strobls Seite stand und
Kipping scharf angriff.
Nun ja,
in der Sache ist wenig zur Debatte zu sagen.
Es wird für Geld gebürgt, das wie bei einem Durchlauferhitzer durch Griechenland gejagt wird. Es bleibt nichts im Land, sondern fließt direkt an die Banken zurück, so daß sich deutsche Anleger über hohe Zinsgewinne freuen können.
Es wird für Geld gebürgt, das wie bei einem Durchlauferhitzer durch Griechenland gejagt wird. Es bleibt nichts im Land, sondern fließt direkt an die Banken zurück, so daß sich deutsche Anleger über hohe Zinsgewinne freuen können.
Griechenland
selbst werden dabei all die Harakiri-Konzepte aufgezwungen, die den
dramatischen Wirtschaftseinbruch von 30% erst verursacht haben.
Jeder
weiß, daß es einen Schuldenschnitt geben MUSS – so wie ihn auch andere Länder
immer wieder gewährt bekamen – vor allem Deutschland nach den Kriegen!
Nur
Merkel will das partout nicht einsehen und steht nun vor dem Dilemma sich auf
zwei Dinge festgelegt zu haben, die sich gegenseitig ausschließen:
IWF-Beteiligung und striktes Nein zum Schuldenschnitt.
Der IWF
besteht aber inzwischen auch auf einen Schuldenschnitt und wird anderenfalls
nicht in ein neues Hilfspaket einzahlen.
Bitter Witz
am Rande: Tsipras hätte ganz gerne den vermeidlich harten Hund IWF an Bord –
also die Institution, die Merkel im Jahr 2010 holte, um Härte gegen Griechenland
zu demonstrieren – weil der IWF bei weitem nicht so exorbitant hohe Zinsen wie
die EU-Institutionen vom griechischen Staat abgreift.
Willkommen
in Schilda.
Ich
halte es bekanntlich mit Egon Bahr. Politik muß nicht übertrieben ehrlich sein,
aber es muß gelten:
„Nicht alles was wahr ist muß gesagt werden, aber alles was gesagt wird, muß wahr sein!“
An diesem Anspruch scheiterten heute alle drei Regierungsparteien grandios.
Anton
Hofreiter ist ein so grottenschlechter Redner, daß man ihm einfach nicht
zuhören kann, so blieb, wieder einmal, NUR Gregor Gysi, der heute hörenswert war.
Es geht um 86
Milliarden Euro, davon erstens für Altschulden 54 Milliarden Euro. Das heißt,
man macht neue Schulden, um alte Schulden zu begleichen, und aus diesem
Kreislauf kommt man nicht mehr heraus. Zweitens. Für Pleitebanken - statt
Insolvenzen von Banken mit Erstattung der Guthaben hinzunehmen - stellen wir,
nein, nicht wir, sondern die entsprechenden europäischen Einrichtungen wieder
25 Milliarden Euro zur Verfügung. Das Dritte - das stimmt, was Herr Schäuble
gesagt hat -: 11 Milliarden Euro dienen dazu, offene Rechnungen des
Staatsapparates zu begleichen, Löcher zu stopfen. Für die dringend notwendigen
Investitionen wird von diesen Euros nicht einer verwendet. Nicht einer!
Aber es könnte ja auch
Positives geben. Ich komme zum Ersten.
Griechenland hat ja aus anderen Fonds bis zum Jahre 2020 Anspruch auf 36
Milliarden Euro, die man tatsächlich für Investitionen verwenden könnte. Das
Problem ist nur: Bisher hat Griechenland davon keinen Euro bekommen, weil es
die Eigenmittel nicht aufbringen kann, die dafür gefordert sind. Da geht es
Griechenland so wie unseren armen Kommunen, die nicht an Fördergelder
herankommen, weil sie die Eigenmittel nicht aufbringen. Das ist dieselbe
Struktur.
[….] Erstens.
Deutschland hat bisher in der Krise keinen einzigen Euro an Griechenland
gezahlt. Diese Tatsache müssen wir immer wieder benennen.
Zweitens. Die
Bundesregierung hat gegen unseren Willen allerdings unterschrieben, für 27
Prozent der während der Krise aufgenommenen Schulden von Irland, Spanien,
Portugal, Zypern und Griechenland zu haften. Das gilt auch für die jetzt
geplanten 86 Milliarden Euro.
Drittens. Wenn eines -
oder mehrere - dieser Länder in die Pleite getrieben und zahlungsunfähig wird,
dann also haften wir dank Ihrer Unterschrift, Frau Merkel und Herr Schäuble,
und zwar im Umfange von 27 Prozent.
Viertens. Wenn ein
Staat pleitegeht, bedeutet dies für die dortige Bevölkerung eine schlimme
Verarmung, Massenarbeitslosigkeit, Obdachlosigkeit, ein Netz von Suppenküchen,
also eine Katastrophe. Es bedeutet für unsere Bevölkerung, dass wir dann in
Milliardenumfang zahlungspflichtig werden. Das heißt, auch bei uns leitete sich
ein weiterer Verarmungsprozess ein.
Fünftens. Also müssen
wir doch genauso wie die irische, spanische, portugiesische, zypriotische und
griechische Bevölkerung für einen Auf- und nicht für einen Abbau dieser Länder
streiten.
Dann ginge es sowohl
den Menschen dort als auch bei uns besser. Für Griechenland bedeutete das
endlich Investitionen in Bildung, Solarindustrie, Tourismus und
Schiffsindustrie. Wenn Sie die anderen zerstören, zerstören Sie auch unser
Land. Diese Tatsache müssen wir verdeutlichen.
(Lothar Binding
(Heidelberg) (SPD): Wenn, aber das ist ja nicht so!)
Aber Sie bauen dennoch
weiter und schlimmer ab.
Ganz
ganz übel: Thomas Oppermann, der direkt nach Gysi sprach.
Was ist
nur mit dem passiert? Zwischen 2009 und 2013 war er der einzige richtige
Lichtblick in der SPD-Fraktion, fleißig, gut informiert und immer Schwarzgelb
fordernd.
Seit er
Chef einer Regierungsfraktion ist, mutierte Oppermann hingegen zu einem
behäbigen selbstzufriedenen Sprechautomaten, der auch noch – siehe Causa Edathy
– unprofessionell ist.
Zu
Gregor Gysi hatte er inhaltlich NICHTS zu entgegnen, sondern verwarf von oben
herab seine gesamte Rede als schwach und misslungen, weil Gysi illoyal und
seiner Schwesterpartei Syriza in den Rücken gefallen wäre!
Also ob das irgendeine ökonomische Bedeutung hätte, ob man ein Paket, zu dem das griechische Parlament GEZWUNGEN wurde auch absegnet.
Also ob das irgendeine ökonomische Bedeutung hätte, ob man ein Paket, zu dem das griechische Parlament GEZWUNGEN wurde auch absegnet.
Ganz
ganz schlecht Oppermann.
So
schlecht, daß ich von den noch viel schlechteren Typen – Kauder, Schäuble und
Hasselfeldt gar nicht erst anfange.
Merkel selbst
hat sich ausgeschwiegen.
Dadurch
wurden ihr 83 Stimmen aus der CDU/CSU-Fraktion verweigert (63 Nein-Stimmen, 3
Enthaltungen, 17 waren gar nicht erst angereist, um sich vor der Entscheidung
zu drücken.)
Da sich
Merkel am Wochenende ausdrücklich hinter Kauders Drohungen gestellt hatte,
Abweichler zu bestrafen, ist das kein schönes Ergebnis für sie.
Und es
kommen noch einige Griechenland-Abstimmungen.
[….]
Das neue Hilfspaket für Griechenland ist
bewilligt, die Eurofinanzminister haben die erste Kreditrate freigegeben. Doch
mit dem Geld werden vor allem alte Schulden bedient. Für Investitionen in die
Zukunft des Landes bleibt kaum etwas übrig.
[….]
Maximal 86 Milliarden Euro erhält das
hochverschuldete Griechenland in den kommenden drei Jahren. Die erste Tranche
von 23 Milliarden Euro soll noch am Donnerstag fließen, wie eine Sprecherin der
EU-Kommission am Mittwoch erklärte.
Zehn Milliarden davon
sollen die griechischen Banken mit neuem Geld versorgen, 13 Milliarden gehen
direkt an die Regierung in Athen. Und das keinen Tag zu früh: Ebenfalls am
Donnerstag muss Griechenland 3,2 Milliarden Euro plus Zinsen an die Europäische
Zentralbank zurückzahlen. Auch die Begleichung der letzten Brückenfinanzierung
von 7,16 Milliarden Euro, die Griechenland bis zum Start des neuen
ESM-Programms über Wasser hielt, wird fällig.
Weitere drei
Milliarden sollen bis November ausgezahlt werden. Sie sind allerdings an die
Erfüllung von Reformauflagen gebunden. Und von denen gibt es einige. So muss
Athen die öffentliche Verwaltung modernisieren. Auch das teure Rentensystem
soll stark reformiert werden: Anreize für Frühverrentung sollen abgeschafft und
das normale Renteneintrittsalter auf 67 Jahre erhöht werden. Auch der
Finanzsektor und der Arbeitsmarkt sollen modernisiert werden.
[….]
Kreditrückzahlung hat Vorrang vor
Investitionen. [….]