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Freitag, 10. Januar 2025

Männer ohne Impulskontrolle

Damit hatte die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton völlig Recht.

"A man you can bait with a tweet is not a man we can trust with nuclear weapons." —Hillary, 29. Juli 2016

Ein Typ, der sich so wenig unter Kontrolle hat und von jedem zu einer Reaktion getriggert werden kann, darf nicht US-Präsident sein.

Kamala Harris führte das Prinzip meisterhaft bei ihrer einzigen TV-Debatte mit Trump am 10.09.2024 vor, als sie ihn immer wieder Selbstentlarvung zwang, indem sie bestimmte Trigger-Worte setzte, bei denen er völlig unfähig war, sich zu beherrschen und mit abstrusen sexistischen Lügenschwalls antwortete.

Bestes Beispiel: “Donald Trump was fired by 81 million people, so let’s be clear about that, and clearly he is having a very difficult time processing that” Anschließend brauchte sie sich nur noch zurücklehnen, um zu genießen, wie er sich selbst demontierte. Die gesamte amerikanische Presse kennt natürlich das Phänomen und spricht dann von „he just cannot help himself“; fälschlicherweise davon ausgehend, ein Mann, der sich derartig zuverlässig selbst coram publico zum Idioten mache, könne unmöglich eine Stimmenmehrheit bekommen.

Schön wäre es. Aber dafür bräuchte es eine Wählerschaft, die nicht zu großen Teilen moralisch und intellektuell demoliert ist.

Solche leicht entflammbaren Pseudo-Alphamännchen, die stets Beleidigungen wittern; sich chronisch für zu wenig gewürdigt und umschmeichelt halten, haben in der Realpolitik viele Nachteile, da sie sich auf Nebenkriegsschauplätze treiben lassen, sinnlos Energie verplempern und schlecht Allianzen bilden können. Westerwelle, Lindner, Merz und Söder sind/waren auch solche Kaspar.

Merkelscher und Scholzischer Stoizismus scheint eindeutig überlegen. Damit bringt man es bis ins Kanzleramt. Markus Söder läßt es zwar anders aussehen, spielt immer den starken Max und hackt auf dem schwächelnden Scholz herum. Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß er selbst bloß Landespolitiker ist und es nicht mal zum Unionskanzlerkandidaten brachte, während Scholz es bis nach ganz oben in der deutschen Politik schaffte. Ausgerechnet der aus seiner Sicht so dröge kleine Hanseat zieht ihm auf der Karriereleiter davon! Noch schlimmer: Ein Grüner; ein GRÜNER; amtiert als deutscher Vizekanzler und rangiert ebenfalls deutlich vor Söder, spricht mit den wichtigen Regierungschef der Welt auf Augenhöhe, während der CSU-Chef bayerische Landespolitik machen muss.

Das kann und will der fränkische Strauß-Jünger einfach nicht ertragen und so verfällt er in hyperaktive Überkompensationsmechanismen, arbeitet sich manisch schimpfend aus der bayerischen Provinz, Wurst-fressend, singend und polternd an den Rotgrünen ab. He just can’t help himself. Zu allem Übel schnappte ihm erst Armin Laschet und nun Friedrich Merz die Unions-Kanzlerkandidatur vor der Nase weg. Söder hat natürlich keine Zweifel daran, daß er 2021 an Laschets Stelle Scholz besiegt hätte und hält sich zweifellos auch im Vergleich zum unerfahrenen Merz für hochüberlegen. Sich selbst in die zweite Reihe einzuordnen, ist im Söderschen Selbstbild nicht vorgesehen. Und so lodert jede Minute ein Feuer in ihm, welches ordentlich Dampf in seinem Bumskopf erzeugt. Dampf, der regelmäßig abgelassen werden muss, wenn es ein Unterling wagt, Söder nicht ausreichend zu lobpreisen, oder ihn gar zu kritisieren.  Letzteres ist in den Augen des Nürnberger Foodbloggers nichts anderes als übelste Blasphemie. Stammen diese majestätsbeleidigenden Flegeleien auch noch aus dem so verachteten Norddeutschland, quillt oranger Rauch aus Söders Ohren und er geht in den full Trump-mode.

[….] Markus Söder begreift Kritik als Majestätsbeleidigung[….] Zwei Ministerpräsidenten der Unionsparteien zoffen sich auf offener Bühne. Die politische Konkurrenz kann ihr Glück kaum fassen. Daniel Günther, der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, hat seinem bayerischen Kollegen Markus Söder empfohlen, in der Schwarz-Grün-Debatte „einfach den Mund zu halten“. Das ist genau das, was Söder am wenigsten kann. Er hat umgehend zurückgekeilt. Und das in einer Form, die zeigt, wie brutal arrogant der CSU-Chef sein kann. [….] Söder hätte nun inhaltlich hart dagegen halten können. Aber er hat Günthers Meinung als „irrelevant“ abgetan. Und er hat sich bemüßigt gefühlt, im gleichen Atemzug das ganze Bundesland Schleswig-Holstein als „sehr kleines, sehr, sehr hoch verschuldetes Land mit vielen Skandalen“ abzutun. Er verzichtete auch nicht auf den Hinweis, dass Schleswig-Holstein „den Länderfinanzausgleich aus Bayern“ wolle. [….] Inhaltliche Kritik an ihm hält er inzwischen für eine Majestätsbeleidigung, auf die er brachial reagiert. Es ist armselig, dass es in der CSU niemanden gibt, der Söder dabei auch mal in den Arm fällt. [….]

(Robert Roßmann, 09.01.2025)

Söders Ego scheint gleichermaßen gewaltig groß und fragil zu sein. Lieber schadet er der CDUCSU insgesamt, so wie er auch schon im Herbst 2021 CDU-Chef Laschet kontinuierlich Knüppel zwischen die Beine warf. Der Mann hat sich nicht unter Kontrolle. Er can’t help himself. Natürlich ist es menschlich zutiefst unanständig und politisch verwerflich, wie sich die bajuwarische Ozempic-Bitch auf Günther stürzt.


Aber als Sozi, der sich nichts sehnlicher wünscht, als Merz vom Kanzleramt fernzuhalten, bin ich natürlich begeistert von dem CSU-Psychopathen. Möge er Merz gewaltig die Tour versauen!

Freitag, 3. Januar 2025

Reale Außenpolitik

Als Guido Westerwelle 2009 zum Vizekanzler und Außenminister erkoren wurde, platzte er vor Stolz. Endlich die Anerkennung, von der er schon immer fand, sie stünde ihm zu – obwohl er keinerlei Regierungserfahrung mitbrachte.

Das Außenamt erschien dem notorischen faulen Blender als ein bequemes Sahnehäubchen. Ein Posten zum Glänzen; schließlich standen frühere Außenminister – Genscher, Fischer – immer an der Spitze der Beliebtheitsskala.

So würde es ihm sicherlich auch gehen, befand der Mann, der mit maximaler Überheblichkeit schon am Tag Eins das gesamte diplomatische Corps gegen sich aufbrachte, indem er bekundete, sich nicht auf dieses mindere Amt zu beschränken. Er werde sich nicht „nur ein paar schöne Tage im Außenministerium machen“, sondern auch weiterhin in der richtigen Politik mitmischen. Sprach der Krawattenmann des Jahres, dessen einzige politische Agenda „Steuersenkungen, Steuersenkungen, Steuersenkungen“ war. Der noch nie in Washington oder Paris war. Der dachte, Außenminister wären nur eine Art Grüßaugust und es reiche allemal aus, sich im Landeanflug auf Peking von einem Referenten „in fünf Minuten alles was man zu China wissen muss“ erklären zu lassen. 

Mit dieser ekelhaften Geringschätzung brachte er nicht nur das gesamte Auswärtige Amt gegen sich auf, sondern zeigte auch mustergültig den Unterschied von gelben und grünen Ministern: Als Joschka Fischer nach der Bundestagswahl 1994 Fraktionschef wurde und ahnen konnte, daß er angesichts der Kohl-Dämmerung womöglich vier Jahre später selbst Außenminister werden konnte, bereitete er sich wie besessen vor, knüpfte Kontakte, las ununterbrochen außenpolitische Fachliteratur, studierte vier Jahre lang intensiv jedes internationale Problemfeld, verfasste selbst konzeptionelle Bücher, so daß er 1998 von Tag Eins an in jedem Thema zu Hause war. Wie man erst später erfuhr, war Fischer kein sehr angenehmer Chef. Er raunzte Untergebene an, hatte schlechte Laune und verlangte allen alles ab. Geschätzt wurde er in seinem Haus aber trotzdem, weil er rund um die Uhr arbeitete und sich enorme Expertise aneignete. Fischer wurde international zu einem entscheidendem Faktor, wurde in den Hauptstädten der Welt geschätzt; man hörte ihm zu. Gerade in dem für Deutschland besonders heiklem Spannungsfeld zwischen Israel und seinen muslimischen Nachbarstaaten, schaffte er das nahezu Unmögliche: Er wurde von Juden und Arabern gleichermaßen ernst genommen und als Gast gern gesehen.

Joschka Fischer wurde zum mit Abstand beliebtesten Politiker seiner Zeit. Nachnachfolger Westerwelle zum Unbeliebtesten. Offenkundig spielt Fachkompetenz also doch eine Rolle. Umso erstaunlicher, wie Linocchio wieder auf das Modell Westerwelle setzte und bar jeder Erfahrung, bar jeder Expertise, bar jeder Vorbereitung annahm, er könne eins der wichtigsten Regierungsämter aus dem Handgelenk erledigen, indem er jeden Tag einmal „Schuldenbremse“ sage und im Übrigen „Geringverdiener“ demütige.

Eine zweite fatale Fehleinschätzung des gelben Guidos von 2009, war seine großspurig angekündigte Homo-Politik.

Die ersten offen schwulen Spitzenpolitiker Beck, Beust und Wowereit hatte er noch schnöde im Regen stehen gelassen. Als er aber nach einigen Jahren feststellte, offen Schwule sind beliebt und werden mit absoluten Mehrheiten gewählt, inszenierte er 2004 zusammen mit Springers Hetzblatt BILD sein eigenes Outing.

Das könnte ihm schließlich noch ein paar Stimmen einbringen und so forderte er im üblichen Guido-Lautsprech, den Nationen, die Homosexualität kriminalisieren, die Unterstützung zu entziehen. Natürlich werde er mit seinem Mronz-Mann als Begleitung in arabische Länder reisen; die hätten sich eben Deutschland anzupassen.

Keine Frage, ich würde mir wünschen, die Welt funktioniere so: Fortschrittliche Länder geben den Takt vor und dann legen alle andere Nationen ihre Vorurteile ab!

Aber auch in der christlichen Nation Deutschland war Homosexualität die längste Zeit verboten; Westerwelles CDUCSU-Wunschpartner kämpften noch während seiner Amtszeit, erbittert gegen die volle rechtliche Gleichstellung. Eine Partei, die ebenfalls gegen die, von Roten und Grünen immer wieder in den Bundestag eingebrachte „Ehe für alle“ stimmte, war übrigens eine gewisse hasenfüßige FDP des Guido Westerwelle, die lieber an der CDU klebte, statt für Werte einzutreten.

Aber den Arabern wollte er es zeigen; die hätten nun gefälligst Homosexualität zu akzeptieren, da es dem Paar Mronz-Westerwelle gerade politisch in den Kram passte.

Aber, Überraschung, so einfach läuft es nicht in der großen Welt: Hobbypolitiker der reichen Nationen formulieren ihre Wunschvorstellungen und die Ärmeren folgen artig. Wie sich herausstellte, war die echte Außenpolitik doch etwas komplexer, als es sich der Krawattenmann in seinem quitschegelben Bad Honnefer „Guidomobil“ vorgestellt hatte. Riad und Teheran ließen nicht nur nicht alle homophoben Gesetze fallen, sondern es stellte sich heraus, daß der beleidigte Westerwelle Länder ohne Homorechte nicht einfach auslassen konnte.

Im Gegenteil. Diplomatische Anstrengungen sind insbesondere da notwendig, wo es ideologische Unterschiede und politische Differenzen gibt. Immer nur auf Fun-Trips im Regierungs-Airbus in die Länder, mit denen man ohnehin völlig einer Meinung ist? Hart in der Realität aufgeschlagen, begriff langsam auch Westerwelle, daß sein Job keine reine Wohlfühlveranstaltung war. Ihm dämmerte, daß Real-Politik mühsam ist und man als Außenministern mit lauter Ausländern zu sprechen hat, die völlig andere Ideologien vertreten und radikal unterschiedliche Interessen verfolgen.

Sein Plan, mit Alexander Mronz Hand in Hand die arabische Liga auf Homo-Kurs zu zwingen, wurde ganz schnell fallen gelassen. „Herr Mronz“ blieb fürderhin zu Hause.

Disclaimer: Selbstverständlich plädiere ich für ein Ende jeder Diskriminierung überall auf der Welt. Schwule, Transmenschen, Frauen, People of Color, Atheisten, Behinderte, Lesben sollten in jeder Hauptstadt gleichermaßen respektvoll behandelt werden. Der Wunschzustand wird erreicht, wenn derartige Dinge völlig irrelevant werden und nicht mehr erwähnt werden müssen. Aber so weit sind wir in Deutschland noch nicht und in den meisten anderen 200 Ländern der Erde erst Recht nicht.

Nationale kulturelle Eigenarten können in den Augen anderer Länder amoralisch abartig und ästhetisch verstörend sein. Man denke nur an die weibliche Genitalverstümmlung in Nordafrika, die Stierhatz von Plamplona, das kollektive Blutbad an Delphinen und Kleinwalen auf den Färöern, Schuhplattlern in Bayern, Kugelböllerschlachten in Berlin oder das Frauen verprügeln auf Borkum.

Unter Freunden kann man darauf hinwirken, derartige Auswüchse zu überdenken, aber man kann nicht von außen eine Abschaffung befehlen.

 Deswegen hat man sich in fremden Kulturen immer zu einem gewissen Grad anzupassen. Käßmann kann nicht in Hose und modischem Kurzhaarschopf durch Kabul latschen, um mit den Taliban zu beten. Man betritt den Petersdom nicht im Stringtanga, zeigt als Frau nicht seine bloßen Brüste auf Zuckerbergs Republikaner-Plattformen, ich kann nicht im „Mohammed ist doof“-T-Shirt um die Kaaba laufen und meine Wohnung darf nicht in Baggyshorts und Sandalen betreten werden. Mehr Toleranz wäre allgemein wünschenswert, aber soweit ist Homo Sapiens im Jahr 2025 nicht.

Daher ist es auch völlig idiotisch, wie sich rechte grünophobe Hetzplattformen über den Damaskus-Besuch Baerbocks echauffieren.

[….] Das für seinen islamistischen Umsturz von deutschen Kartellpolitikern und ihren Medien gefeierte neue Syrien sorgt für erste Schlagzeilen: Beim Staatsempfang im Volkspalast in der syrischen Hauptstadt Damaskus hat der neue Machthaber Ahmed al-Scharaa der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock den Handschlag verweigert. Eine erneute Demütigung für eine Unbelehrbare.  [….]

(David Berger, 03.01.2025)

Ja, liebe Nazis, Annalena Baerbock wäre es auch lieber, wenn in Damaskus eine liberale Regierung amtierte, die keine kulturellen Vorurteile hegt. Aber man kann sich seine Gesprächspartner nicht aussuchen. Gerade in dem Pulverfass Syrien, in dem zum ersten Mal nach Jahrzehnten, eines von Katholiken unterstützten Horror- und Folterregimes, mal so etwas wie Hoffnung aufkeimt, ist es immanent wichtig, diplomatische Kanäle zu installieren und Hilfe anzubieten. Das genau ist der Job einer Außenministerin. Daß Frauen nicht überall auf der Welt völlig gleichberechtigt sind, ist eine Binse.

[….] Annalena Baerbock und ihr französischer Amtskollege Jean-Noël Barrot sind als erste Außenminister aus der EU nach dem Sturz des Assad-Regimes zu Besuch in Syrien. Dort hat De-facto-Herrscher Ahmed al-Sharaa die beiden Politiker nun empfangen. Eine bemerkenswerte Szene ereignete sich gleich zu Beginn des Treffens. Sharaa, Anführer der islamistischen Rebellengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS), empfing Baerbock und Barrot auf dem roten Teppich am Eingang des alten Assad-Präsidentenpalastes. Dort reichte der Islamist Barrot die Hand, nicht aber Baerbock. Die deutsche Außenministerin nickte Sharaa mehrfach zu. Der streckte seine Hand Barrot entgegen. Der französische Außenminister legte sich seine Hand zunächst auf die Brust, dann streckte er Sharaa die Hand aber auch entgegen, die beiden berührten sich an den Fingerspitzen[….] Außenministerin Baerbock wurde von dem nicht angebotenen Handschlag aber nicht überrascht. Baerbock und Barrot war schon vor der Reise aus Damaskus signalisiert worden, dass Sharaa und die neuen männlichen Machthaber Frauen nicht per Handschlag begrüßen. Schon die beiden Männer vom syrischen Protokoll am Freitagmorgen hatten Baerbock bei der Begrüßung nach der Landung nicht die Hand gegeben. [….] Aus Delegationskreisen war zu hören, dass Sharaa am Ende des Gesprächs Baerbock doch noch die Hand ausstreckte. Im Gewirr des Aufbruchs sei es aber nicht mehr zu einem Handschlag gekommen.

»Wir beide haben sehr klargemacht, dass die Frage von Frauenrechten nicht nur Frauenrechte betrifft. Frauenrechte sind ein Gradmesser, wie frei eine Gesellschaft ist«, sagte Baerbock über das Gespräch von Barrot und ihr mit Sharaa. »Für uns war daher wichtig, deutlich zu machen, wir als EU stehen bereit, alles dafür zu tun, dass die Menschen in Syrien endlich wieder frei leben können. Darüber haben wir sehr, sehr lange und sehr, sehr deutlich gesprochen. Und da hat man sich am Ende gewundert, dass selbst ein Handshake da nicht mehr so schwierig ist, wie es am Anfang eines Gesprächs vielleicht noch geschienen hat.« [….]

(Christoph Schult, 03.01.2025)

Man kann nicht und man darf nicht, nicht mit Damaskus reden, nur weil der neue Machthaber andere Wertvorstellungen und eine andere Kultur verkörpert, als das Grüne Parteiprogramm. Ich habe Annalena Baerbock oft kritisiert, aber in diesem Fall hat sie alles richtig gemacht.

[….] Der Diktator Baschar al-Assad ist endlich weg. Einer, der Menschen quälen ließ. Der Giftgas gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt haben soll. Vor vier Wochen kam diese wirklich gute Nachricht, die Hoffnung macht.

Es wäre so wichtig, dass diese Hoffnung nicht enttäuscht wird. Vor allem für die Menschen in Syrien, aber auch für die gesamte Region und für Europa. Deswegen ist es richtig, dass die Außenministerin nach Damaskus gereist ist.

[….] Mit Islamisten reden? Mit Rebellen, die auf der Terrorliste der Vereinten Nationen stehen? Die Außenministerin könnte es sich einfach machen und sagen: Das geht auf gar keinen Fall und wäre moralisch fein raus. Aber wäre es wirklich besser, nicht zu reden? Nein! Denn egal, wie klein die Hoffnung ist, sie ist da. Und wenn Deutschland oder die EU jetzt Türen zuschlagen, kommen andere. Russland und China haben da keine Berührungsängste. [….] Die deutsche Außenpolitik muss sich ehrlich machen. Anerkennen, dass man sich Gesprächspartner nicht aussuchen kann. Das heißt im Zweifel: Wenn es sein muss, auch mit Islamisten in Syrien zu reden, wenn es am Ende Frauen oder Minderheiten hilft. Niemand kann versprechen, dass das gut geht. Aber: Es nicht zu versuchen, wäre ein Fehler. [….]

(Gabor Halasz, Tagesschau, 03.01.2025)

Montag, 12. August 2024

Die unerklärliche gelbe Todessehnsucht

So kann man sich irren: Als FDP-Chef Westerwelle 2002 im quietschegelben Guidomobil durch den Bundestagswahlkampf zog, mit Kumpel Möllemann antisemitische Kampagnen lancierte, mit den geistig Unterbelichteten im RTL2-BigBrother-Container hockte und sich auf das einzige Thema „Steuersenkungen für Superreiche“ fokussierte, dachte ich, „die Partei der Besserverdienenden“ wäre am politischen Tiefpunkt angekommen.



Aber damals, vor rund einem Vierteljahrhundert, begeisterte Gaga-Guido eine Post-Popper-Witzfigur, die mit Kuhkrawatte 16-Jährig in die FDP eintrat, 2000 im Alter von 21 Jahren in den NRW-Landtag einzog, 2004 Landesgeneralsekretär wurde und 2009 als größter Guido-Fan ein Bundestagsmandat bekam, sowie als neuer FDP-Bundesgeneralsekretär eifrig dabei half, das 15%-Rekordergebnis in der praktischen Regierungsarbeit der schwarzgelben Koalition auf unter 5% bei der folgenden Bundestagswahl 2013 zu drücken. Direkt von der Regierungsbank ins Parlamentarische Aus.

Die eigene Partei durch peinliche Desavouierung aus den Landtagen und dem Bundestag zu treiben, kristallisierte sich inzwischen als Superpower des raffgierigen Porsche-Fans heraus.

Heute blamieren die Regierungsmitglieder Stark-Watzinger, Lindner, Buschmann und Wissing die FDP genauso effektiv, wie es vor 15 Jahren Rösler, Bahr, Westerwelle und Brüderle vermochten.

Es gibt aber auch gravierende Unterschiede, weil die Welt heute wesentlich gefährlicher ist und Lindner zusätzlich zur Westerwelleschen Doofheit, eine nie dagewesene Destruktivität in das Kabinett bringt. Es genügt ihm nicht mehr, Partei und Regierung zu Fall zu bringen. Er will unbedingt die EU und am liebsten die globale Menschheit mit in den Abgrund reißen.

Mit satanischer Lust am Chaos, talibanisieren die FDP-Minister EU-Entscheidungen auf allen Ebenen. Dabei zerstören sich nicht nur Deutschlands Ruf in Brüssel, schaden der Europäischen Bevölkerung, sondern diskreditieren den gesamten demokratischen Nationenblock.

Das eigentliche Kernthema „Steuersenkungen“ musste Lindner ausgerechnet als Finanzminister fallen lassen. Der arme Irre hatte sich das zweitmächtigste Regierungsamt in dem durchaus zutreffenden Glauben geschnappt, damit die gesamte politische Richtung der Ampel bestimmen zu können. Nicht bedacht hatte er dabei allerdings, daß durch seinen Posten auch zwangsläufig enthüllt wurde, nicht die geringste Ahnung von Finanzpolitik zu haben, generell politisch unfähig zu sein und sich jeder Ökonom fassungslos die Augen reibt, wenn der FDP-Chef gegen jeden Sachverstand entscheidet.

Die Leerstellen in der Finanz- und Wirtschaftspolitik, überkompensiert der neue Signature-Move der Hepatitisgelben: Radikale Klimafeindlichkeit.

[….] Hitze ist teuer, also macht endlich mehr Schulden: fürs Klima

Der grüne Umbau von Wirtschaft und Alltagsleben kostet. Sehr viel Geld sogar. Aber mal andersherum gefragt: Wie viel kostet das Nichtstun? 38 000 000 000 000 Dollar – pro Jahr wohlgemerkt.

Dies ist ein Sommer der Rekorde. In Deutschland bringen Gewitter zwar zwischendurch immer mal wieder Erleichterung, aber die Welt als Ganzes ist heiß. Zu heiß. In Athen schloss die Akropolis, damit keine Touristen den Hitzetod sterben. Im amerikanischen Death Valley schmolz einem Belgier die Fußsohle weg, weil er bei mehr als 50 Grad seinen Flipflop verloren hatte. Der Rettungshubschrauber konnte nicht landen, die Luft war wegen der Hitze zu dünn. Und trotz aller Rekorde wird dieser Sommer kühler sein als alle oder fast alle Sommer der Zukunft. Was uns jetzt unerträglich erscheint, wird bald Normalität. Schuld ist eindeutig – der Klimawandel. Die Politiker der Welt sollten diese Hitze, die ja auch sie am eigenen Leib spüren, als infernalische letzte Warnung verstehen: Es eilt. Klimaschutz, koste er, was er wolle, ist die wichtigste und dringendste politische Aufgabe unserer Zeit.

Stichwort Kosten, dies ist auch der Sommer, in dem der Klimawandel eine Rechnung schickt. Auf der werden mehrere Milliarden Euro stehen, denn Hitze ist teuer. Die Volkswirtschaft verliert, weil Menschen krank werden und behandelt werden müssen und weil sie weniger oder schlechter arbeiten. Weil Ernten ausbleiben und Flüsse austrocknen, die man als Transportwege braucht. Weil Straßen neu geteert werden müssen und Klimaanlagen Strom fressen. Hinzu kommen Überschwemmungen, Waldbrände und Hagelstürme, wegen der die Amerikaner inzwischen nicht mehr nur von global warming, sondern von global weirding sprechen, weil die Wetterphänomene immer seltsamer werden. Nach jedem Desaster muss man aufräumen. Das kostet. Selbst wenn die CO₂-Emissionen von heute an drastisch gesenkt würden, schrumpft die Weltwirtschaft wegen des Klimawandels bis 2050 um fast ein Fünftel, so besagt es eine neue Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. Die volkswirtschaftlichen Schäden des Klimawandels: gigantische 38 000 000 000 000 Dollar. Pro Jahr wohlgemerkt. Damit sind diese sechsmal höher als die Kosten, die anfallen, um die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. [….]

Die Bundesregierung hat die Dringlichkeit entweder bisher nicht erkannt, oder sie schafft es nicht, ihre Erkenntnisse in Politik umzusetzen. Mit der Schuldenbremse spart sie das Klima kaputt. Überall fehlt das Geld: Deutschland ist längst nicht mehr Vorreiter in Sachen erneuerbare Energien. Die Deutsche Bahn ist eine Lachnummer im Ausland. Es fehlen Elektroautos und die Ladeinfrastruktur. Der Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft wird ohne Investitionen des Staates nicht funktionieren. Wenn man die Schuldenbremse nicht abschafft, dann wird man sich anderweitig behelfen müssen, mit einem Sondervermögen oder Krediten für Klimainvestitionen etwa. [….]

(Kathrin Werner, 12.08.2024)

Hitze ist nicht nur aberwitzig teuer, sondern sehr konkret tödlich.

[….]  Mehr als 47.000 Hitzetote in Europa

Auch in Deutschland gab es 2023 Tausende Todesfälle wegen hoher Hitze. Es starben deswegen bereits mehr als durch den Straßenverkehr […..]  Das Jahr 2023 war laut dem EU-Klimabericht eines der heißesten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Mit zunehmend gravierenden Folgen, wie eine Studie des „Barcelona Institute for Global Health“ zeigt: Demnach gab es im vergangenen Jahr 47.690 hitzebedingte Todesfälle in Europa – wobei „Europa“ hier nicht die Europäische Union bedeutet, sondern 35 geographisch europäische Länder.

Für die im Fachblatt Nature Medicine veröffentlichte Studie verwendeten die Forschenden die Mortalitätsdaten des Europäischen Statistikamtes. Deren Auswertung ergab, dass Griechenland mit 393 Todesfällen pro eine Million Einwohner die höchste hitzebedingte Sterberate in Europa hatte. Bulgarien (229), Italien (209) und Spanien (175) folgen. In Deutschland lag diese Rate bei 76 Todesfällen pro eine Million Einwohner.  […..]

(Nick Reimer, 12.08.2024)

Die gelbe Pest scheint geradezu besessen von der Idee zu sein, den Hitzekollaps zu forcieren.

Kategorisch weigert sich Verkehrsminister Wissing die Klimaziele für sein Haus umzusetzen und setzt wider jede Vernunft auf mehr Verbrennungsmotoren, mehr Emissionen, mehr Klimaschaden.

[….] Man kann Bundesverkehrsminister Volker Wissing ja viel vorwerfen. [….]  Eine Sache aber kann man dem FDP-Politiker gewiss nicht anhängen: dass er Deutschlands Autobesitzer vernachlässigt.

Unermüdlich erinnert er die EU-Kommission daran, dass Verbrenner auch nach 2035 noch zugelassen werden sollten, sofern sie mit E-Fuels fahren; besorgt schreibt er einen Brief an Ursula von der Leyen, in dem er vor der „Außerbetriebsetzung“ von Millionen Dieselfahrzeugen warnt. Auch ist es nicht so, als hätten Autofahrer in diesem Land keine Lobby. Und trotzdem fühlt sich die FDP-Spitze bemüßigt, einen Fünf-Punkte-Plan für eine bessere „Politik für das Auto“ aufzustellen – im Alleingang, ohne das Verkehrsministerium.

Dass die Experten in Wissings Haus an dem Papier nicht mitgewirkt haben, zeigen die Inhalte überdeutlich. Sie ergeben wenig Sinn. Begleitetes Fahren ab 16, damit Jugendliche früher mobil sind? Ein Bekenntnis zur Formel 1, weil sie den Tourismus stärkt? [….]

(Vivien Timmler, 12.08.2024)

Was Guidos einfältige Epigonen derzeit aufführen, ergibt auch in keinem Paralleluniversum politischen Sinn. Es lässt sich nur hochdebiler Todeskult verstehen.

[….]  Ist das die Rettung für den deutschen Einzelhandel? In einem neuen Modellversuch will die FDP das Konzept der menschenfreien Innenstadt erforschen lassen. Dazu soll das Zentrum einer deutschen Großstadt maximal auf Autos zugeschnitten werden – Fußgänger müssen draußen bleiben.

"Stellen Sie sich das nur einmal vor", schwärmt FDP-Politiker Horst Mordmax "Straßen, Parkplätze, Autos, wohin man auch schaut! Keine störenden Menschen, keine unnötige Begrünung. Nur Blech und Asphalt."

Das Konzept der Liberalen sieht vor, dass sämtliche Läden in der menschenfreien Innenstadt über einen Drive-In-Schalter verfügen. Wohnhäuser sind mit Tiefgaragen ausgestattet. Öffentliche Verkehrsmittel, Bürgersteige und Fahrradwege existieren nicht. So soll gewährleistet sein, dass niemand im öffentlichen Raum je seinen Pkw verlassen muss – oder kann. "Nach unseren Berechnungen müssten wegen der besseren Erreichbarkeit aller Geschäfte die Umsätze im Einzelhandel vor Ort um mindestens 700 Prozent steigen", so Mordmax. "Im Modellversuch wollen wir das nun nachweisen." Derzeit werde noch nach einer Stadt gesucht, die das zweijährige Experiment wagen soll.  [….]

(dpo, 12.08.2024)

Ein Segen, wenn die FDP wirklich eine reine Satirepartei/Spaßpartei wäre.

Unglücklicherweise sind die Hepatitisgelben bitterer Ernst, die ihre radikale Menschenfeindlichkeit in praktische Politik umsetzen. Sie lieben es, auf Schwächeren – in ihrem perfiden Jargon „Geringverdiener“ – herum zu trampeln.

[…..] „Mehr Autos in die Städte“: Die FDP mutiert zur Satire-Partei

583 Autos pro 1000 Einwohner gibt es in Deutschland. Und wenn es nach der FDP geht, ist das nicht genug. Die Partei hat ein „Pro-Auto-Programm“ ausgeheckt, garantiert frei von grünen Lastenrad-Muttis, Zweirad-Pendlern, Fußgängern und anderen aufmüpfigen Randgruppen, die sich der Freiheit in Form der omnipräsenten Blechlawine in den Weg stellen. Meine Güte, muss diese angeblich liberale Partei verzweifelt sein, wenn sie sich solch einen Murks ausdenkt.

Nun muss man Christian Lindners hemdsärmeliger Truppe zugutehalten, dass sie wirklich ums Überleben kämpft. Da kommt man schon mal auf komische Ideen. Und die potenzielle Zielgruppe ist groß: Selbst im rot-grün-versifften Hamburg gibt es ja 813.000 Pkw, die irgendwem gehören. All diese anständigen Autofahrer, da ist sich die FDP sicher, werden von einer dunklen Macht gegängelt und bedrängt: den Grünen.

„Wir brauchen keine Anti-Auto-Politik“, trötet daher Generalsekretär Bijan Djir-Sarai munter drauflos. [….] Klingt wie AfD oder Satire, ist aber ernst gemeint. [….]

(Mathis Neuburger, 12.08.2024)

Dienstag, 16. August 2022

Kein politischer Anstand bei den Gelbschwarzen

Britta Ernst ist zweifellos eine der intelligentesten SPD-Politikerinnen Hamburgs in den letzten 30 Jahren. Die 61-Jährige Bildungsexpertin, Diplom-Volkswirtin und Diplom-Sozialökonomin, wurde schon mit 17 Jahren in der SPD aktiv, lernte das politische Geschäft von der Pike an. Sie war Bezirksabgeordnete, persönliche Referentin (unter anderem bei dem legendären SPD-Finanzgenie Senator Thomas Mirow) und zog 1997, während der Runde-Zeit in das Hamburger Landesparlament ein. Dort profilierte sie sich insbesondere ab 2001 in der Beustschen CDU-Schreckensherrschaft so sehr, daß jeder in ihr eine künftige Senatorin sah – sofern die SPD eines Tages wieder die Regierung stellen würde. Dann aber hatte sie Glück und Pech.

Endlich, 2011, nach 14 Jahren als Landesabgeordnete kam der sensationelle SPD-Wahlsieg. Es reichte zur absoluten Mehrheit. Alle Senatorenposten konnten von der SPD besetzt werden. Als Qualifizierteste und Talentierteste, die zudem über die besten Beziehungen zum Parteichef und künftigen Bürgermeister verfügte, hätte sie sich in vielen anderen Ländern den Traumjob aussuchen können. Stattdessen war ihre Hamburger Karriere aber schlagartig zu Ende, denn die neue starke Figur war nicht nur Parteivorsitzender und Regierungschef, sondern auch ihr Ehemann.  Für das Ehepaar Ernst-Scholz gab es kein Zögern: Man kann nicht seine eigene Ehefrau mit Posten versorgen. Als Top-Politikerin blieb ihr nur übrig, Hamburg zu verlassen.  Sie war am 20.02.2011 ebenfalls wieder in die Hamburger Bürgerschaft gewählt worden, gab ihr Mandat aber Ende August 2011 freiwillig ab, zog nach Berlin, um für die Bundestagsfraktion zu arbeiten und wurde schließlich 2014 Ministerin in Kiel.

Scholz und Ernst sind ein im besten Sinne modernes Paar. Beide sind Vollblutpolitiker, hochintelligent, extrem belesen und zeigen keinerlei Interesse an Glamour oder Protz.

Der öffentlich so kontrollierte Olaf Scholz kann richtig wütend werden, wenn er gefragt wird, ob seine Frau wegen seines neuen Amtes ihren Job aufzugeben gedenke, um als First Lady an seiner Seite zu stehen. Selbstverständlich nicht! Sie sind gleichberechtigte Partner und keinesfalls ordnet sich einer für die Karriere des anderen unter. Viel mehr erfährt man allerdings auch nicht über das Eheleben des Kanzlers. Sie machen keine Homestories mit der BUNTEN, verbreiten keine Puddingrezepte oder Urlaubsbilder, sie halten sich konsequent fern vom Boulevard, tauchten nie in der Yellow Press auf.

Das diametrale Gegenteils dieses Paar-Models exerzieren Lindner und Lehfeld vor. Es käme sicher niemand auf die Idee, ihn als Aktenfresser oder Intellektuellen zu beschreiben. Als Minister fällt er mit hanebüchener Unkenntnis auf.

Für ihn ist der Boulevard alles; darin unterscheidet er sich keinen Deut von seinem Vorvorgänger Westerwelle oder seinem Kumpel Spahn, die jeden Donnerstag hechelnd die Registerseiten von GALA und BUNTE studier(t)en, um sich selbst bei „Events“ zu bewundern. Es gibt kaum einen Roten Teppich, auf dem Lindner sich nicht blicken lässt. Er posiert für die Klatschmedien mit Porsche, mit Rolex, als Jäger, im Rennwagen-Outfit, als Soldat, im T-Shirt, in Schwarzweiß, mit Brusthaar, ohne Brusthaar.
Spahn heiratete konsequenterweise gleich einen BUNTE-Chef und Lindner entsprechend eine RTL-Klatschreporterin, die als Instagrammerin mit 117.000 Followern ihr eigene Hochzeit mit dem feschen Lindi, gleich selbst vermarktet und unter sympathischen Hashtags zu Geld macht.

Wenig verwunderlich, daß eine Klatschbase mit so exzellenten Verbindungen in die Bundesregierung, beruflich schnell weiter aufstieg und Chefreporterin der ultrakonservativen WELT-Gruppe wurde, die ungeniert gemeinsam mit den Brüdern von der BILD, Hochberichterstattung von der Lindner-Lehfeld-Glamour-Hochzeit auf Sylt fabrizierte. Eine Hand wäscht die andere.


Bei Springer kennt man das schon; auch Lindners erste Frau, Dagmar Rosenfeld, arbeitet als WamS-Chefredakteurin bei dem Hetz-Verlag.

Anders als Ernst und Scholz, kennen L&L selbstverständlich keinerlei Schamgefühl und setzen das Crosspromoting ungeniert fort.

Sie kann ihren Insta-Kanal lukrativ mit Regierungs-Insider-Infos bespielen; er bekommt Hofberichterstattung von Poschardt und Co.

[…] Wie schön, könnte man meinen, Christian Lindner und seine Inzwischen-Ehefrau Franca Lehfeldt vereint auf einem Vorschaubild auf Youtube. Nur handelt es sich bei dem Video dahinter vom 22. Juni 2022 nicht um einen Mitschnitt ihrer Promi-Hochzeit auf Sylt, sondern um ein Nachrichtenvideo des Fernsehsenders "Welt". Christian Lindner hebt mahnend den Finger, Franca Lehfeldt hält ein Mikrofon mit "Welt"-Aufschrift in den Händen. […] Seit Mai 2022 ist Franca Lehfeldt "Chefreporterin Politik" des Fernsehsenders "Welt", eine Stelle, die es vorher so nicht gab. […] Auch in ihrem neuen Job kommentiert sie Waffenlieferungen der Bundesregierung an die Ukraine - der Bundesregierung, der ihr Ehemann angehört - und interviewt den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz - der nicht nur Gast auf der Lehfeldt-Lindner-Hochzeit war, sondern als Oppositionsführer ein politischer Konkurrent von Lindner ist. […] In den […]  "Leitlinien der journalistischen Unabhängigkeit", die man auf der Homepage von Springer herunterladen kann, steht unter der Überschrift "Private und geschäftliche Interessen" Folgendes: "Die Journalisten bei Axel Springer berichten grundsätzlich nicht über nahestehende Personen, insbesondere Familienangehörige, es sei denn, es liegt ein mit dem jeweiligen Vorgesetzten abgestimmter sachlicher Grund vor." […] "Auch wenn sich gelegentlich Überschneidungen nicht vermeiden lassen, können wir hier keinen Interessenkonflikt erkennen." Kein Handlungsbedarf also bei der von Chefredakteur Ulf Poschardt geführten Welt. […] Besonders bemerkenswert: Lehfeldts Berichterstattung über einen Eklat im Verteidigungsausschuss. […] Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass man im Springer-Verlag wegen Christian Lindner ein Problem mit Interessenkonflikten hat: 2017 kassierte die Zeitung Welt eine Missbilligung des Presserates, weil Lindners damalige Ehefrau, Dagmar Rosenfeld, über ihren Mann berichtet hatte. […]

(SZ, 16.08.2022)

Dienstag, 17. Mai 2022

Lindners Déjà-vu

Das war was, als Spaßparteichef Guido Westerwelle im Jahr 2009 den erst 30-Jährigen Christian Lindner zum Bundesgeneralsekretär machte. Immerhin hatte die FDP gerade erst fast 15% bei der Bundestagswahl geholt, stellte fünf Minister in der schwarzgelben Koalition und war nun Regierungspartei der viertgrößten Wirtschaftsmacht der Welt. Klein Lindi schien zwar eben erst dem geliehenen Mercedes und der Kuh-Krawatte entwachsen, war aber schon als 16-Jähriger der Partei der Besserverdienenden beigetreten, von 1996 bis 1998 Landesvorsitzender der Liberalen Schüler NRW, ab 2001 Landtagsabgeordneter in NRW, sowie ab 2004, 25-Jährig, FDP-Landesgeneralsekretär.

Mit 18 Jahren arbeitete der Schrecken der Schwiegermütter als selbsternannter „Unternehmensberater“, kaufte mit 19 Jahren seinen ersten Porsche, stieg in den privaten Stromhandel ein und gründete die Internetfirma Moomax GmbH.

Unternehmerisch gab er den Trump ohne reichen Papi. Alles was er anfasste, ging Pleite, es fehlte nur der Milliardär-Papi, der ihn raushaute.

Im Jahr 2000 setzte er Millionen mit seiner Totgeburt-Firma MOOMAX in den Sand und brummte die Schulden einfach der KfW-Bank auf.

Daher das zweite Standbein Politik, in der er das Großsprechertum der Guidomobil-Ikone Westerwelle schon als Teenager perfekt adaptiert hatte: „Probleme sind nur dornige Chancen“ und er wolle im Gespräch überzeugen „durch Kompetenz, die nicht akademisch domestiziert ist“. Welcher gestandene Unternehmer würde nicht liebend gerne seine Firma in die Hände eines Schülers in Leih-Limousine mit solchen Sprüchen legen? Absolut eigenartig, daß Lindi nicht zum zweiten Roland Berger aufstieg.

Solche Typen kommen natürlich an, in der Partei der hepatitisgelben Besserverdiener. Akademische Bildung ist dort ohnehin nicht notwendig, da es nur um Populismus und Rudimente von Wirtschaftspolitik geht.

Der Markt regelt alles, Steuern senken, Transferleistungen abschaffen, freies Unternehmertum, Trickle Down und das tun, was die 100 reichsten Männer der Republik von einem wünschen. Sozial- oder Klimapolitik ist nur was für Memmen.

Lindner musste sich nie ändern. Als Teenager mit Kuhkrawatte, als Generalsekretär-Twen und als über 40-Jähriger Bundesparteichef setzte er konstant auf die Westwellesche Voodoo-economics: Steuern senken, Verschuldung senken und gleichzeitig den Etat sanieren.

Der kleine Schönheitsfehler ist nur: In der echten Realität funktioniert es nicht, mehr wegzugeben und gleichzeitig mehr übrig zu behalten.

Die oppositionelle Politik der Forderungen und Versprechen, ohne zu erklären, wo das Geld herkommen soll, funktioniert in der Regierungsverantwortung natürlich nicht.  Da gibt es immer brutale Kollisionen mit der Wirklichkeit.

Aber für den Fall entwickelte Lindner die Strategie des Schnell-Wegrennens. So wie er sich aus dem Staub machte, als seine Firmen pleitegingen, macht er sich auch stets aus dem Staub, wenn die FDP regierte oder kurz vorm Regieren stand. Offenbar ist er klug genug, um zu verstehen, daß die FDP-Voodoonomics für den Wahlkampf taugen, aber in der praktischen Politik nutzlos und kontraproduktiv sind.

(….) Lindner wollte die Sondierungen [2017 zu Jamaika] von vorn herein gegen die Wand fahren lassen; suchte nur nach einem Vorwand.

[….] So wirkte es in der Tat. Christian Lindner hatte ein vorgeschriebenes Statement parat, es gab Sharetags im Internet, die quasi zeitgleich mit dem Abbruch der Gespräche verbreitet wurden. Aber es ist jetzt auch egal, ob die FDP am Sonntagabend oder schon vor drei Wochen entschieden hat, Jamaika scheitern zu lassen. [….]

(Robert Habeck in der FAZ, 20.11.17)

32% der Bundesbürger geben laut ARD-Umfrage Christian Lindner die Schuld. Noch mehr sind es laut SPON-Umfrage. Mehrheit sieht FDP-Entscheidung kritisch. Eine eigentümliche Koalition aus CSU, Grünen und CDU, die mit wütend bebenden Fingern auf die FDP zeigt. Das sei eine gut vorbereitete Spontanität, mit der die FDP sich vom Acker gemacht habe, merkte CDU-Vizin Klöckner an. Linders Flucht vor der Verantwortung wächst sich zu seinem Hauptcharaktermerkmal aus. Schon im Jahr 2000 nach seiner Moomax-Pleite lief Lindner weg und stand nicht für sein finanzielles Desaster gerade.

 [….] Unter dem Motto „Leistung muss sich wieder lohnen“ hatte der blutjunge Lindner nach seinem Landtagseinzug 2000 mit seinem Bekannten Hartmut Knüppel am 29.Mai 2000 die Internet-Firma „Moomax“ gegründet.   Das Internet boomte und der schlaue Lindner wollte ein großes Stück vom Kuchen.  Er brachte 30.000 Euro Eigenkapital auf  und holte sich weitere 1,2 Millionen Euro von der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau. Der Erfolg war rekordverdächtig.  In nur 18 Monaten hatte Lindi das gesamte Kapital verbrannt.

[….] Das ganz dolle Team "von Informatikern, Drehbuchautoren, Psychologen, Linguisten, Journalisten und Betriebswirten" wird sich jetzt wohl was anderes suchen müssen, weil der Markt für Avatare, offen gesagt, ziemlich tot ist. [….]

(boocompany.com14.12.2001)

Knüppel und Lindner wurden gefeuert. Der Staat blieb auf den 1,2 Millionen Linder-Miesen sitzen, für seine Eselei blecht nun der Steuerzahler und Lindner machte Karriere in der Marktwirtschaftspartei FDP.  [….] Lindner gründete noch die zunächst als knüppel lindner communications gmbh firmierende Unternehmensberatung Königsmacher GmbH, die er auch sofort in den Sand setzte.

[….] Was Parteichef Andreas Pinkwart als "Achterbahnfahrt der New Economy" beschrieb, ist für Lindner peinlich. Seine Internet-Firma Moomax GmbH ging nach 17 Monaten mit dem Neuen Markt unter. Dabei verflüchtigten sich weit über eine Million Euro öffentlicher Fördergelder. Andere Lindner-Firmen, wie die Unternehmensberatung "die Königsmacher GmbH", kamen erst gar nicht gut genug in Gang, um so viel Geld verbrennen zu können.

(SPIEGEL13.12.2004)

Immerhin brachte es der Porsche-fahrende Zivildienstleistende durch seine politischen Verbindungen bis zum Luftwaffen-Hauptmann der Reserve! 

[….] Die Beförderung zum Hauptmann erfolgte im September 2011 durch den Verteidigungsminister de Maiziere persönlich.  Freunde muß man haben. Politisch war Lindner bekanntlich ähnlich erfolgreich! Unter seiner inhaltlichen Führung als FDP-Generalsekretär surrte die FDP von 15% auf 4% zurück. [….]

(Des Wahnsinns fette Beute, 08.04.2012)

2011, als die schwarzgelbe Bundesregierung strauchelte, die er 2009 mitorganisiert hatte, lief er weg, warf sein Generalsekretäramt hin.

Als die FDP bei der Nordrheinwestfälischen Landtagswahl am 14.05.2017 in Lindners Heimatbundesland sagenhafte 12,6% errang und sich zur allgemeinen Überraschung eine komplette Ablösung von RotGrün ergab, lief Lindner wieder weg, wollte als Landtagsfraktionsvorsitzender keinesfalls ein Ministeramt übernehmen oder der Regierung angehören.

Landtagswahl in Niedersachsen am 15.10.17, die SPD schneidet überraschend gut ab, aber ganz knapp reicht es nicht für Rotgrün. Um die verhasste Groko zu vermeiden, möchte die amtierende rotgrüne Minderheitsregierung eine Ampel mit der FDP bilden. Lindners Jungs laufen wieder weg, entziehen sich der Verantwortung, wollen um keinen Preis in eine Regierung eintreten.

Und nun, am 19.11.17 kurz vor Mitternacht, man hatte sich fast mit Union und Grünen geeignet, steht Lindner wortlos auf und läuft weg. Der Hepatitisgelben mutieren von der Partei der Besserverdienenden über den Status der Null-Themenpartei zur Eskapismuspartei.

 Lindner geht es um - Lindner

FDP-Chef Christian Lindner hat sich aus der Verantwortung gestohlen und leichtfertig mit Grundsätzen deutscher Politik gebrochen. […..]

 (Antje Sirleschtov, Tagesspiegel, 20.11.17)

(FDP, die Eskapisten, 20.11.2017)

Weglaufen macht Sinn, wenn man nicht regieren kann. Es ist wenig überraschend, daß einer konzeptlosen Altherren-Klientelpartei, deren Beitrag zu den Koalitionsverhandlungen eine einzige Njet-Orgie war (kein Tempolimit, kein Bürgergeld, keine Maskenpflicht, keine Impfpflicht, kein Ende der Privatversicherungsprivilegien, keine Vermögenssteuer, keine höhere Erbschaftssteuer, kein höherer Spitzensteuersatz), das Regieren nicht bekommt.

Saarland 2009: FDP gewinnt 9,2%, geht ein Jamaika-Bündnis ein, scheitert in der Regierungsarbeit so katastrophal, daß CDU-MP Kramp-Karrenbauer, die Koalition vor dem nächsten Wahltermin aufkündigt. Bei den Neuwahlen 2012 pulverisiert sich die FDP auf 1,2%.

Bund 2009: FDP gewinnt 14,6%, geht ein schwarzgelbes Bündnis ein, scheitert in der Regierungsarbeit so katastrophal, daß Chef Westerwelle abtritt, General Linder hinwirft. Bei den nächsten Wahlen 2013 pulverisiert sich die FDP auf 4,8%.

Schleswig-Holstein 2017: FDP gewinnt starke 11,5%, geht ein Jamaika-Bündnis ein, scheitert in der Regierungsarbeit so katastrophal, daß sie bei den nächsten Landtagswahlen 2022 pulverisiert bei nur noch 6,4% aufschlägt und nicht mehr gebraucht wird.

NRW 2017: FDP gewinnt starke 12,6%, geht ein schwarzgelbes Bündnis ein, scheitert in der Regierungsarbeit so katastrophal, daß sie bei den nächsten Landtagswahlen 2022 pulverisiert bei nur noch 5,9% aufschlägt und die alte Koalition Geschichte ist.

Es ist deutlich ein Muster: Die FDP hat außer lauten Sprüchen nichts zu bieten. Für die Opposition und Wahlsiege reicht das. Wenn sie sich aber in praktischer Politik als Regierungspartei beweisen soll, geht es ganz schnell drastisch hinab, weil der Urnenpöbel nun doch bemerkt, was für windige Hallodris die Hepatitisgelben sind. Christian Lindner war daher auch kein Fand der Ampel. Er ahnte; wenn erst einmal der Focus der Öffentlichkeit auf dem Handeln ihrer Minister liegt, geht es bei den nächsten Wahlen wieder drastisch bergab. Regieren bekommt der FDP ganz und gar nicht.

[…] Am Montagmittag, nach der Wahl, meldet sich Johannes Vogel. Auf die Frage, wie es so geht, sagt der FDP-Parteivize am Telefon: "Politisch gab's geilere Tage." Dass seine Partei 100 000 Wähler an die Grünen verloren hat, beschäftigt ihn, genau wie die Frage, warum die FDP zuletzt so schlecht abschnitt, egal in welcher Regierungskonstellation.  […]

(Constanze von Bullion und Henrike Roßbach, 17.05.2022)

Viele Beobachter, auch ich, wunderten sich, als die FDP 2021 bei der Bundestagswahl zweitstärkste Kraft bei den Erstwählern wurde. Was finden 18-Jährige an Lindner und seinen Seifenblasensprüchen, die so offensichtlich substanzlos sind?

Die Antwort ist, daß die ganz Jungen mangels Erfahrung alle Parteien für gleich glaubwürdig halten. Sie wissen noch nicht, daß Lindner nur ein politisches Soufflee ist, welches sich in der Hitze des Wahlkampfs fürchterlich aufbläst, dem aber sofort alle Luft einweicht, wenn man einmal anpikst.

Lindner kennt das Drama  schon aus der Bundesregierungszeit von 2009 bis 2013. Mal sehen, wann er wieder die Beine in die Hand nimmt und sich aus dem Staub macht.

[….] Die Beteiligung an der Bundesregierung, so argumentierten Parteistrategen, werde den Liberalen genug öffentliche Aufmerksamkeit bescheren. Und Wählerinnen wie Wähler würden solide Regierungsarbeit honorieren - in der Finanzpolitik, vor allem aber bei der gesellschaftspolitischen Modernisierung des Landes.  So lautete der Plan, von dem sich Parteichef Christian Lindner auch bei der Wahl der Ressorts in Berlin leiten ließ. Drei Landtagswahlen später aber ist die FDP krachend in einer Realität aufgeschlagen, in der sie wieder gefährlich nahe an der Fünf-Prozent-Hürde liegt (Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen) oder nicht mal ins Parlament einzieht (Saarland).  [….]

(Paul-Anton Krüger, 16.05.2022)