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Donnerstag, 28. August 2025

Wieso ich mich so sehr für Deutschland schäme

Zeitgeschichte, die NS-Zeit, der Holocaust sind schon seit meiner Teenagerzeit neben der Religion, die großen Themen für mich.

Themen, die auf gruselige Weise immer aktueller werden, da die Nazis zurückkommen. Der Antisemitismus in Deutschland wird gewalttätiger, Israel-Kritik immer ätzender und beide C-Parteivorsitzende leisten sich antisemitische Stunts, die Jahrzehntelang in Deutschland undenkbar gewesen wären:

Söder hält öffentlich zu seinem antisemitischen, Hitler-imitierenden Vizeministerpräsidenten, Merz sucht xenophobe Mehrheiten mit den Nazis im Parlament.

Erstaunlich, auch 80 Jahre nach Kriegsende, werfen nicht nur die meisten Bürger berechtigte Israel-Kritik, scharfe Attacken auf Bibi Netanjahu und indiskutablen Antisemitismus wild durcheinander.  Nein, auch die Top-Regierungsmitglieder und Parteivorsitzenden sind, bis an die totale Verdummung grenzend, ahnungslos.

Merz plappert bar jeder Grundkenntnis antisemitische Codes von der „Judenfahne“ nach.

[….] Totalausfall von Friedrich Merz: [….]

Der CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hat mit gleich mehreren Äußerungen in seiner letzten Wahlkampfrede für Empörung gesorgt. Unter anderem bezeichnete er die israelische Fahne als „Judenfahne“ und verbreitete Lügen über die Demonstrant:innen, die gerade im ganzen Land gegen rechts auf die Straße gehen. Nicht nur in den sozialen Medien hagelte es Kritik.

Wörtlich stelle Merz in seiner Rede bei der Wahlkampf-Abschlussveranstaltung in München die rhetorische Frage, wo der „Aufstand der Anständigen“ geblieben sei, „als in diesem Land Palästinenserflaggen geschwenkt wurden, ‚From the River to the Sea‘ gesungen wurde, als Judenfahnen, als Fahnen des Staates Israel verbrannt wurden?“ [….] Die Berliner Grünen-Politikerin Bettina Jarasch kommentierte das am Wahlsonntag auf X: „‚Judenfahnen‘, Herr @FriedrichMerz? Echt jetzt? Noch alle Tassen im Schrank?“, schrieb die Spitzenkandidatin ihrer Partei bei der vergangenen Landtagswahl in der Hauptstadt. Sie bezog sich damit auch auf Merz' Äußerung, dass die CDU eine Politik für „die Mehrheit“ mache, also für jene, die noch „alle Tassen im Schrank“ hätten.

Der Soziologe Jules El-Khatib, ehemaliger Linken-Politiker und bei der Landtagswahl 2022 Spitzenkandidat der Partei, schrieb: „Die Gleichsetzung von Israel und Judentum stellt Antisemitismus dar. Stellt euch vor, so etwas hätte Mohammed gesagt, es gäbe einen Aufschrei, doch wenn Friedrich von der CDU es sagt, ist es kein Problem.“

Laut der International Holocaust Remembrance Alliance stellt es eine Form von Antisemitismus dar, den Staat Israel mit dem Judentum gleichzusetzen. In rechtsextremen Kreisen ist es weit verbreitet, die israelische Fahne als „Judenfahne“ zu bezeichnen. [….]

(Daniel Bax, 23.02.2025)

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer, der Mann, der sich von Amtswegen auskennen sollte, debakuliert sogar noch peinlicher als sein Herr.

 […] Kulturstaatsminister Weimer [lässt] in einem Post auf Instagram diese seine Worte verbreiten: „Wer die Kultur eines Volks zerstören will, zielt auf seine Seele.“ Weimer will damit an den Jahrestag des Warschauer Aufstands von 1944 erinnern, so die Unterzeile.

Unterlegt ist sein Zitat von einem Foto, das eine Gruppe Zivilisten mit erhobenen Händen in Begleitung eines Wehrmachtsoldaten zeigt. Das Foto ist in der polnischen Hauptstadt Warschau entstanden. Flüchtig betrachtet könnte man meinen, Weimer setze damit die so dringend notwendige Erinnerung an die Nazi-Verbrechen fort.

Bei der Auseinandersetzung mit der Geschichte genügt es freilich nicht, mit gutem Gewissen die moralisch richtigen Ansprüche zu vertreten. Es ist schon notwendig, diese Geschichte und ihre Fakten auch zu kennen. Sonst kann es passieren, dass sich eine gut gemeinte Aussage just in ihr Gegenteil verkehrt. So wie bei dem Zitat Weimers mit dem Bild aus Warschau.

Dieses Bild ist nämlich mitnichten im Rahmen des Warschauer Aufstands entstanden, bei dem die Polnische Heimatarmee vom 1. August 1944 an versuchte, die Stadt von der NS-Herrschaft zu befreien. Der Aufstand endete in einem Blutbad, Zehntausende polnische Zivilisten wurden dabei ermordet.

Das Bild zeigt in Wirklichkeit eine Szene aus dem Warschauer Ghetto-Aufstand vom April 1943, bei dem todesmutige jüdische Aktivisten verzweifelt versuchten, sich der vollständigen Vernichtung ihres Volkes zu erwehren. Auch wenn die Nazis den Aufstand niederschlugen, so gilt er doch bis heute als ein Symbol dafür, dass sich die Jüdinnen und Juden keineswegs wie die Lämmer zur Schlachtbank führen ließen, sondern kämpften.

Weimers Behörde hat aber nicht nur zwei historisch höchst wichtige Ereignisse in der polnischen und jüdischen Geschichte vertauscht. Es hat auch Nazi-Propaganda verbreitet, ohne diese in einen Kontext zu setzen. Das Bild von den Zivilisten mit erhobenen Händen stammt nämlich nicht von einem unabhängigen Reporter. Die gab es damals gar nicht.

Es ist vielmehr Teil des sogenannten Stroop-Reports, benannt nach dem Warschauer SS- und Polizeiführer Jürgen Stroop. Der war für die Unterdrückung des Aufstands verantwortlich und stellte ein Album über dessen Niederschlagung mit den entsprechenden Fotos zusammen.

Das bedeutet: Dieses Foto ist ein Bild aus der Täterperspektive. Es zeigt die Opfer so, wie es sich die deutsche NS-Propaganda wünscht. Die Aufständischen werden abgeführt (und ermordet, aber das ist hier nicht zu sehen). Der Wehrmachtsoldat steht seinen Mann. Die Situation ist bereinigt, die Nationalsozialisten haben gesiegt. […]

(Klaus Hillenbrandt, 04.08.2025)

Damit wandelt Weimer auf den Spuren des peinlichen und völlig zu Unrecht verehrten Bundespräsidenten Herzog.

(….) Als Martin Walser am 11.10.1998 in seiner skandalösen Paulskirchenrede verkündete, die Juden seien schuld, wenn er leide, blieben Ignatz und Ida Bubis, geschockt und versteinert sitzen. Sie hatten es nicht für möglich gehalten so öffentlich als Juden wieder gedemütigt zu werden.

Roman Herzog, der nur zwei Plätze weiter saß, hatte natürlich nicht im Geringsten die Brisanz der Walser-Keule begriffen und sprang begeistert applaudierenden von seinem Sitz.

Man möge sich das gerade gestern in der ARD gelaufene „Letzte Gespräch“ Ignatz Bubis‘ noch einmal ansehen, um diese entsetzliche Kaltherzigkeit des Bundespräsidenten noch mal vor Augen zu halten.

Unfassbar peinlich auf Herzogs Fauxpas bei seinem Staatsbesuch 1994 in Polen, als er, ausgerechnet der DEUTSCHE Präsident scheinbar gar nicht den Unterschied zwischen dem Aufstand im Jüdischen Ghetto Warschaus und dem Warschauer Aufstand kannte.   Der Warschauer Aufstand fand statt vom 01. August bis 03. Oktober 1944, als die deutschen Truppen die gesamte Polnische Hauptstadt dem Boden gleichgemacht, 20 % aller Polen getötet und dabei noch nie dagewesene Grausamkeiten begingen.

[….] Himmler hatte im Sinne Hitlers bereits Tage zuvor den Befehl gegeben, sämtliche nichtdeutschen Einwohner Warschaus ohne Ansehen von Alter, Geschlecht oder Beteiligung am Aufstand zu töten und die Stadt dem Erdboden gleichzumachen. Durch diese Anordnung wollte er den Widerstand des polnischen Volkes gegen die NS-Herrschaft ein für alle Mal brechen. Infolgedessen endete der Angriff der „Kampfgruppe Reinefarth“ gegen den westlichen Stadtteil Wola mit einem Massaker an der Zivilbevölkerung. Schätzungen zufolge töteten die deutschen Einheiten zwischen 20.000 und 50.000 polnische Zivilisten. Die Einheiten vermieden es sogar, den Kampf gegen die Heimatarmee aufzunehmen. Der Kommandeur der in Wola liegenden AK-Einheiten bezeichnete seine Verluste an Soldaten mit 20 Toten und 40 Verwundeten. Reinefarth beschwerte sich unterdessen bei seinen Vorgesetzten, dass die ihm zugeteilte Munition nicht ausreiche, um alle gefangenen Zivilisten zu erschießen. [….]

(Das Massaker von Wola)

Wieso ausgerechnet der 03.10. später zum deutschen Nationalfeiertag erhoben wurde, weiß wohl nur der Historiker Helmut Kohl.

Der Aufstand des Jüdischen Ghettos in Warschau fand zwischen dem 19. April 1943 und dem 16. Mai 1943 statt. Die Warschauer Bevölkerung hatte damals noch relativ teilnahmslos zugesehen wie die deutschen Besatzer das gesamte Ghetto zerstörten und alle Juden umbrachten.

Roman Herzog kannte aber den Unterschied gar nicht so genau.

Er verkündete er werde „am 1. August 1994 aus Anlass des 50. Jahrestages im Warschauer Ghetto" nach Polen reisen.  Er hätte zurücktreten müssen. (….)

(Elitenverachtung, 11.01.2017)

Ich schäme mich in Grund und Boden für Deutschland. Konservative hingegen kennen gar keine Scham mehr.

Es ist ein Jammer, solche peinlichen Deppen in den Top-Regierungspositionen zu sehen, denn es gibt durchaus auch kluge wortgewandte Deutsche. Deswegen zitiere ich so gern Michel Friedman.

(….) In seinem neuen Buch „Judenhass“ (Berlin Verlag 2024) dröselt Michel Friedman die Situation auf und erklärt in leicht verständlichen Worten, was judenfeindliche linke Akademiker und Kunstschaffende bedenken sollten.

[….] Die Documenta in Kassel  hat in aller Deutlichkeit gezeigt, dass BDS* auch ein eliminatorisches Prinzip formuliert. Selbst die bekanntesten Wissenschaftler, Künstlerinnen, Musiker sollen nicht mehr auf­treten dürfen, bekommen also ein lebenslanges Berufsverbot, nur weil sie israelische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger sind. Selbst wenn sie sich gegen die Regierung auflehnen, ihre Politik also verurteilen und für eine Zweistaatenlösung kämpfen, ändert das nichts an dem Bann. Sie sind Juden und als solche verdächtigt, angeklagt. Verurteilt. Eine Kollektivstrafe, die der Einzelne nicht aufheben kann. Diese autoritäre, größenwahnsinnige Haltung, die auch von vielen Nichtjuden aus unterschiedlichen Gründen als mutig und konsequent angesehen wird, ist Antisemitismus. Boykott ist immer undifferenziert. Wenn also wie bisher israelische Musiker, Wissenschaftlerinnen und Künstler nicht mehr auftreten dürfen, nur weil sie Israelis sind, und dies als gerecht empfunden wird, ist das für mich ein Ausdruck blinder Selbstgerechtigkeit.  [….]

(M. Friedmann, zitiert aus dem SPIEGEL, 27.01.2024)

* Boycott, Divestment and Sanctions ist eine transnationale politische Kampagne, die den Staat Israel wirtschaftlich, kulturell und politisch isolieren will. (….)

Wenn man öffentlich Friedman zitiert, kann man gewiss sein, im Internet hämische Kommentare von rechts zu bekommen, die mit unappetitlichen Erinnerungen an sein Skandälchen von 2003 erinnern und meinen, ihn damit für immer desavouieren zu können. Der Mann, der fast seine gesamte Verwandtschaft im Holocaust verloren hat, steckte damals in einer Depression.  Er war als Anwalt, Publizist, CDU-Politiker, Talkmaster und durch seine Positionen im Zentralrat der Juden in Deutschland und als Präsident des Europäischen Jüdischen Kongresses medial äußerst präsent.

Nach 2003 durchlief er eine extreme Karthasis, trat von allen Ämtern und Jobs zurück. Ja, er wandte sich sogar von seiner akademischen Profession, der Juristerei ab und begann völlig neu. Der Einser-Abiturient hatte zunächst Humanmedizin studiert, das Physikum erfolgreich absolviert. Dann wechselte er zu Jura und wurde 1994 an der Universität Mainz zum Dr. iur. promoviert.

2006 begann er ein Studium der Philosophie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main und wurde 2010 bei Klaus-Jürgen Grün mit der Dissertation Schuldlose Verantwortung. Vorgaben der Hirnforschung für Ethik und Strafrecht zum Dr. phil. promoviert.

Seit 2016 wirkt Friedman als Honorarprofessor an der Frankfurt University of Applied Sciences. Zudem war er von 2016 bis 2022 einer von vier Direktoren des Center for Applied European Studies (CAES), eines Forschungszentrums für Europafragen dieser Hochschule.

Die akademische Mehrfach-Qualifikation des Intellektuellen ist ein Glück für uns Normalos, da wir von seiner Weisheit profitieren können. Soeben erscheint sein neues Buch „Mensch“. Insbesondere wirkt Friedman, der im Januar 2025 aus Protest gegen Friedrich Merz die CDU verließ, als wortmächtiger Streiter wider des Rechtsextremismus‘ in Deutschland.

[….] SZ: „Mensch!“ ist nun ein Buch geworden, in dem Sie vieles mischen: Biografisches, Gegenwartsanalyse, Mahnung und fast schon Pep-Talks für die Demokraten. Konnten Sie sich für keine Variante entscheiden?

MF: Nein, das war eine bewusste Entscheidung. Weil am Ende solche Sachbücher natürlich auch eine subjektive Seite haben, habe ich versucht, von Anfang an Ehrlichkeit reinzubringen. Und einen Text zu schreiben, in dem wir Ursachen und Wirkungen erkennen können, aber auch, wer da aus welcher Motivation spricht.

[….] Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit ist mir wichtig. Ich bin ein Handelsvertreter der Demokratie und will meine Sache an die Menschen bringen.

[….] Leidenschaftliche Demokraten brauchen mich nicht, und leidenschaftliche Hasser haben von mir ohnehin genug. Es geht um die Unentschiedenen.  […..]

(Michel Friedman, 28.08.2025)

In der Tat. Alice Weidel, Spahn, Dobrindt, Söder, Klöckner und ähnliche Zündler wird er nie erreichen. Genauso sicher (und somit sinnlos) hat Friedman Menschen wie mich ohnehin an seiner Seite. Da ist nichts zu gewinnen; nichts zu verlieren.

Aber es lohnt der Versuch, nicht noch mehr im Denken Schwächelnde nach rechts abkippen zu lassen. Der 69-Jährige will sich nicht auf toxischen Plattformen der Jugend tummeln, weil er dort nicht zu Hause ist. Daher ist es wieder ein Buch. Richtig so! Schuster bleib bei deinen Leisten.

[….]  Ich bin in keinen sozialen Medien, sie sind ein brutales Instrument des Kapitalismus. Algorithmen machen aus allem, was wir inhaltlich beschreiben können, eine kommerziell zugespitze Ware. Sie verkaufen uns, denn sie haben nichts dagegen, dass Mächte wie Russland, aber auch China, mit ihnen unsere Demokratien angreifen. Tiktok ist eine Plattform, die primär Propaganda und Lügen verbreitet. Sie lässt ihre Konsumenten manipulieren und verdummen. Für Tiktok oder Instagram werde ich nicht anfangen zu singen oder zu tanzen.

[…] Bei allem, was ich eben sagte, hoffe ich natürlich dennoch, dass meine Inhalte ihren Weg dahin finden. Meine Rede im hessischen Landtag haben auf Youtube Hunderttausende Menschen gehört – und das sind junge Menschen.  […..]

(Michel Friedman, 28.08.2025)

Aber in einem Punkt weiche ich von Friedmans Ansicht stark ab. Er warnt, ruft entschieden zu Engagement auf. Er hat noch Hoffnung. Ich nicht. Ich bin Pessimist.

[….] Nach einer Umfrage haben über 60 Prozent der Deutschen gesagt, dass sie damit rechnen, dass im nächsten Jahr ein AfD-Ministerpräsident gewählt sein wird. Das klingt, als hätten sie bereits aufgegeben, das ist unaufhaltsam. Was für ein Offenbarungseid. Jetzt schon? Alles aufgeben? Und man muss es aussprechen, die Demokratie ist in Ostdeutschland strukturell von autoritären Rechtsextremisten, Antidemokraten und ihren Wählerschichten bedroht. Die Demokratie in Deutschland ist noch nicht zusammengewachsen. Natürlich mit vielen Ausnahmen.  […..]

(Michel Friedman, 28.08.2025)

Mittwoch, 27. August 2025

Perfidie in Habit und Kutte

OK, daß katholische UND protestantische Kirche weltweit hunderttausendfachen sexuellen Missbrauch an Kindern begehen, vertuschen und Myriaden geistliche Täter schützen, während sie die Opfer weiter drangsalieren, darf man als allgemein bekannt voraussetzen.

Deswegen erlitten die Kirchisten einen so erheblichen Imageverlust und einen Massenexodus der zahlenden Mitglieder. In Presse und Bundestag sind die Kirchenfürsten noch hochangesehen und bestens vernetzt. Daher sprudeln auch die Einnahmen der multimilliardenschweren Bistümer immer noch so erfreulich.

In der Masse der Bevölkerung kommen die alten Männer im Kleid aber nicht mehr so uneingeschränkt positiv konnotiert durch. Da werden auch schon mal unangenehme Fragen nach dem Signatur Move, dem Kinderfi**en, der Kleriker gestellt, Untersuchungen verlangt. Woelki und Co werden sogar vor den Kadi gezerrt, wenn sie sich allzu hartnäckig weigern, Schuld einzugestehen. 

Unter dem Radar fliegen aber viele andere kirchliche Institutionen: Schulen, Kitas, Klöster. Da wird noch eisern geschwiegen. Die Omertà hält. Bistümer setzen Kommissionen ein. Klöster blocken konsequent. Mönche sind zu 100% Team Täter.

[….] Gudrun Müller [….] sagt, sie sei Betroffene sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche. Der Mann, dem sie sexuellen und geistlichen Missbrauch vorwirft, war ein Ordensmann. Er ist längst tot. Aber sein Orden weigert sich bis heute, eine mögliche Mitverantwortung anzuerkennen. Während viele Diözesen die Taten ihrer Priester aufarbeiten lassen, halten sich viele Ordensgemeinschaften immer noch zurück. Nicht wenige von ihnen sind unabhängig und oft direkt dem Papst unterstellt. Deshalb liegen ihre Archive in Rom, unzugänglich für Betroffene aus Deutschland.

In Deutschland gibt es rund 400 Orden. 2020 hat der Dachverband der Ordensgemeinschaften, die Deutsche Ordensobernkonferenz (DOK), eine Mitgliederbefragung zu sexualisierter Gewalt durchgeführt. 100 Gemeinschaften berichteten von Vorwürfen gegen Angehörige des eigenen Ordens, 200 gaben an, es habe keine Vorwürfe gegeben, und von rund 100 Orden kam gar keine Antwort. In der Befragung waren 1412 Betroffene benannt worden. Von allen Betroffenen im Raum der Kirche sind etwa 20 Prozent aus dem Ordenskontext.

Die deutschen Diözesen hatten sich Ende 2010 auf ein Verfahren geeinigt, wie Betroffene sexualisierter Gewalt Zahlungen „in Anerkennung des erlittenen Leids“ erhalten können. Zugesprochen werden diese Summen von der Unabhängigen Anerkennungskommission (UKA). Aber nur 73 Ordensgemeinschaften haben sich dem Verfahren angeschlossen. Und die Summen, die von den Orden ausgezahlt werden, sind wesentlich geringer als die Leistungen der Bistümer. „Wer im Orden missbraucht wurde, hat Pech gehabt.“ So drückt es Wilfried Fesselmann aus. Er ist selbst Missbrauchsbetroffener und berät im Verein „Eckiger Tisch“ andere, die sein Schicksal teilen. [….] Auch die heute 62-jährige Heidi Schmidt erzählt, wie sie in die Fänge eines manipulativen Ordenspriesters geraten sei, [….] Schon im ersten Gespräch habe der Pater von dem jungen Mädchen gefordert, ihr Leben ganz Gott zu übergeben. „Ich fühlte mich davon aber sehr bedrängt“, erinnert sich Heidi Schmidt heute. „Er umarmte mich, eigentlich war es mehr ein Umklammern, dann küsste er mich auf den Mund und erzwang einen Zungenkuss. Dabei konnte ich deutlich spüren, dass er sexuell erregt war.“ Danach soll er zu ihr gesagt haben: „Damit will ich dir zeigen, wie sehr Jesus dich liebt.“ Heidi Schmidt empfindet Ekel und Scham. Doch zugleich hat die tief gläubige junge Frau Zweifel: Er ist doch ein Mann Gottes. Kann das, was er tut, Unrecht sein? Und so tut sie, was von außen nur schwer nachvollziehbar erscheint: Sie geht auch zum nächsten Treffen. Und zu dem danach. Immer habe der Pater Gelegenheiten gefunden, mit ihr allein zu sein, auch wenn Schmidt versucht, diese Situationen zu vermeiden, sagt sie. Die Übergriffe hätten an Intensität zugenommen, der Pater habe seine Hand in ihre Unterwäsche geschoben, sich an ihr gerieben, sie geküsst. Irgendwann sei es ihm gelungen, sie zum Geschlechtsverkehr zu zwingen. [….]

(Annette Zoch, 17.08.2025)

Da ist noch viel öffentliche Konnotations-Arbeit zu tun. Noch begreift die breite Masse nicht, daß freundlich lächelnde Nonnen und bodenständige Mönche als Kolumnisten der TV-Zeitschriften keine netten Menschen sind, sondern für ein sehr perverses sadistisches Unrechtssystem stehen. Das so kuschelige Kirchentags-Christentum des Frère Roger, gewaltige Jugendtreffen in Taizé sind eine Farce. Von den Typen muss man sich fernhalten.

[….] Am 16. August 2005 hat eine psychisch kranke Frau den 90-jährigen Ordensgründer Frère Roger Schutz während des Abendgebets in Taizé, einem Dorf im französischen Département Saône-et-Loire, erstochen. Tausende weltweit trauerten um einen Mann, der für ein glaubwürdiges, menschenfreundliches Christentum stand, gerade aus der Sicht von Jugendlichen. Die kommen seit den 70er Jahren zu großen internationalen Treffen nach Taizé. [….] Dass in den Würdigungen die sexualisierte Gewalt nicht zur Sprache kam, die Taizé-Brüder begingen, als Schutz die Gemeinschaft leitete, kritisieren nun Betroffene. [….] Erst im Juni hatte ein ausgetretenes Mitglied der Taizé-Gemeinschaft Anzeige gegen zwei Brüder erstattet, wegen Vorfällen 1970 und 1971. „Wenn ich mich nicht verteidigt hätte, ich wäre vergewaltigt worden“, zitiert die Lokalzeitung Le Journal de Saône-et-Loire den Mann, [….] 2019 hatte die Taizé-Gemeinschaft von sich aus erste Fälle sexualisierter Gewalt durch Brüder der Gemeinschaft öffentlich gemacht, es folgten weitere Meldungen. Von 14 beschuldigten Brüdern spricht die Gemeinschaft heute, sechs von ihnen seien tot.

2024 wurde ein von der Gemeinschaft ausgeschlossener Bruder von einem französischen Gericht wegen des massenhaften „Erwerbs von Missbrauchsdarstellungen“ schuldig gesprochen. [….] Die taz hat zwei ehemalige Brüder zur Leitungsrolle von Schutz angefragt, aber keine Antwort erhalten. Im Buch „Danke, Freré Roger“ des ausgetretenen Bruders Klaus Hamburger aber findet sich folgende Passage: „Frère Roger konnte mit nichts alles sagen. Er sah Grenzen, die er nicht überschritt, schon gar nicht in der Öffentlichkeit. Er hatte Takt, konnte verschwiegen sein, zurückhaltend und rücksichtsvoll.“

Für Betroffene sexualisierter Gewalt klingt das wie Hohn. Eine von ihnen, die anonym bleiben möchte, sagt: „Das gefährliche Harmoniebedürfnis von Frère Roger ist nicht ansatzweise aufgearbeitet. Für mich als Betroffene ist das eine Farce.“ [….]

(taz, 27.08.2025)

In welcher Form auch immer sie daher kommen – christliche Institutionen gehören persönlich gemieden und politisch geächtet.

Ich bin tolerant genug, um Gläubige glauben zu lassen und würde jederzeit ihr Recht verteidigen, sich zu Gottesdiensten zusammenzurotten.  

Aber natürlich erst ab 18 Jahren. Kinder haben in Kirchen nichts zu suchen.

Samstag, 23. August 2025

Wenn die Richtigen sterben – Teil II

Na schön, besonders freundlich ist es nicht. Aber es gibt Menschen, die durch ihre Bösartigkeit so einen extrem zerstörerischen Einfluss auf den Rest der Bevölkerung haben, daß ihr Tod zum Wohle aller, eine Erleichterung darstellt.

Ich will keine Namen nennen, aber ich denke da beispielsweise an eine bekannten Politiker von Übersee. Ich meine, der golft gern und hat einen gewissen Faible für Herren-Makeup.

(….) Aber möglicherweise setzt ja selbst bei Gott derzeit ein kleiner Erkenntnisprozess ein. Es werden doch auffällig viele prominenten Rassisten und Nazis einkassiert.

Jean-Marie Le Pen starb im Januar 2025.

Der ultrakonservative britische Thatcher-Helfer Norman Tebbit gab am 08.07.2025 den Löffel ab.

Am 16.07.2025 folgte der ultrakonservative Wirtschaftsweise und langjähre IW-Chef Gerhard Fels Tebbit ins Grab.

Felix Baumgartner krachte am 17.07.2025 final auf den Boden, am selben Tag tat auch Udo Voigt, langjähriger NPD-Chef seinen letzten braunen Atemzug

Nur einen Tag später sattelte der erzreaktionäre schwulenhassende Pariser Kardinal Vingt-Trois die Hühner.

Am 19.07.2025 fuhr Edwin Feulner, der rechtsextreme langjährige Chef und Gründer der Heritage Foundation, in die Hölle hinab.

Hulk Hogan starb am 24.07.2025.

Heute kratzte der Neonazi und Holocaustleugner Horst Mahler ab.

So kann es weitergehen. (…..)

(Wenn die Richtigen sterben, 27.07.2025)

Nun kann ich fröhlich den Namen des evangelikalen James Dobson dieser Liste hinzufügen, ein ultrafanatischer, rechtsradikaler, heuchlerischer Schwulenhasser, der in diesem Blog schon ewig bekannt ist. Seit Jahrzehnten bespielt er zusammen mit seinem homosexuellen Kumpel George Rekers die radikal homophobe Szene.

(…..) Ein schönes Beispiel für so einen Megaheuchler ist mein Christ des Tages XXII.
Es handelt sich um Prof. George Alan Rekers.
In den USA ist er bekannt als Mitbegründer des schwulenfeindlichen 'Family Research Council', sowie als Mitbegründer der 'National Association for Research and Therapy of Homosexuality' (Narth), die sich der 'Heilung' Homosexueller verschrieben hat.


Seit Jahrzehnten ist George Alan Rekers ein General im Kulturkrieg, auch wenn seine Arbeit meist hinter den Kulissen stattfand. 1983 gründet er mit James Dobson, dem bekanntesten Homophoben Amerikas, den Familienforschungsrat, eine in Washington D.C. situierte, fanatisch christliche und vehement antischwule Lobbygrupe, die zum Bannerträger der extremen Rechten der Nation wurde. Ihr jährlich stattfindendes Werte-Gipfeltreffen wird als Bewährungsprobe für Hoffnungsträger der republikanischen Präsidentschaftsanwärter angesehen.
Er beeinflusste auch die US-Regierung, indem er eine Beraterrolle beim Kongress, dem Weißen Haus und dem Bundesministerium für Gesundheit einnahm und sich als Kronzeuge für das Adoptionsverbot für Homosexuelle in Florida aussprach. Als ehemaliger Forscher der Harvard University und angesehener Professor für Neuropsychiatrie an der University of South Carolina, hat Rekers Hunderte von Papieren und Büchern publiziert, die Titel tragen wie „Wer bin ich? Der Herr und heterosexuell aufwachsen: Was Familien über Homosexualität wissen sollten.“
(hpd)


Ihm ging es wie so vielen, homophoben GOP-Politikern („Gay Old Party“) und prominenten evangelikalen Moral-Aposteln: Er flog damit auf, daß er genau das, was er am meisten bekämpfte selbst am eifrigsten betrieb.  (….)

(Der Christ des Tages XXII, 18.11.2010)

Man kann es nicht anders sagen; Dobson war schon ein besonders perfides mieses Arschloch, das bedauerlicherweise 89 Jahre Zeit hatte, sein Gift auf der Erde zu versprühen. Das tat er leider nicht im stillen Kämmerlein, sondern war extrem einflussreich.

[….] Dobson was a fixture in conservative US politics for decades and most recently served on Donald Trump's advisory board for evangelical affairs.

The ministry he founded, Focus on the Family, is one of the largest in the world, with a presence in nearly 100 countries.  As well as Trump, Dobson advised three other Republican presidents: Ronald Reagan, George H W Bush, and George W Bush.

Born in Louisiana in 1936, Dobson founded Focus on the Family in 1977, with the stated mission of affirming "the God-ordained institution of the family".

His radio program was eventually broadcast by 4,000 radio stations across North America.  He published his first of more than 70 books - Dare To Discipline, which advocated for strict parental authority and corporal punishment - while working as an associate clinical professor of paediatrics at the University of California School of Medicine.

Gary Bauer of the Dr James Dobson Family Institute described the organisation's founder as a "pioneer" and "a man of deep conviction whose voice shaped the way generations view faith, family and culture".

While he never ran for public office, Dobson was considered extremely influential in conservative political circles in the US.

He founded the Family Research Council in 1981, a think-tank that advocates for socially conservative causes, and coordinated state-level lobbying organisations across the country.  Following news of his death, Family Research Council president Tony Perkins said that Dobson's "legacy will be lasting".   [……]

(BBC, 21.08.2025)

Man kann gar nicht ermessen, wie viel Leid und Unglück der Christ Dobson über die Welt brachte, wie viele Familien er zerstörte. Vermutlich hat er Myriaden queere Menschen in Depressionen und Suizid gestürzt.

[….] Queer­feindlicher Aktivist James Dobson gestorben.

Trump-Berater James Dobson machte jahrzehntelang Stimmung gegen queere Menschen. Er warf ihnen etwa vor, Kinder zu missbrauchen und für Massenschießereien verantwortlich zu sein. [….] Der einflussreiche evangelikale US-Aktivist James Dobson stellte queere Menschen jahrzehntelang als moralisch minderwertig sowie als Gefahr für die Gesellschaft und das Wohlergehen von Kindern dar. [….] Dobson bezeichnete Homosexualität regelmäßig als "unnatürlich", "abnormal" und "Sünde". In seinen Büchern und Radiobeiträgen warnte er Eltern, dass Kinder durch "falsche Erziehung" oder "verwirrte Geschlechterrollen" homosexuell werden könnten. Er warnte auch davor, dass die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtlicher Paare "die Familie vernichten" und "die Gesellschaft ins Chaos stürzen" würde. [….] Dobson machte Homosexuelle für viele negative gesellschaftliche Entwicklungen verantwortlich.  So behauptete er mehrfach, dass Massenschießereien in den USA eine Folge der Akzeptanz queerer Menschen seien. Der Grund: Schwule und Lesben würden erstens die Familie "vernichten" und zweitens den christlichen Gott erzürnen. 2012 sagte er etwa, dass eine Schießerei an der Sandy-Hook-Grundschule in Connecticut eine göttliche Strafe seien, weil Homosexuelle heiraten dürften. Beim dem Amoklauf starben 28 Menschen, darunter 20 Kinder. [….]

(Queer.de, 22.08.2025)

„Queer-feindlicher Aktivist“ erscheint mir als erheblich zu euphemistische Beschreibung für so einen destruktiven Sadisten.

Sonntag, 10. August 2025

Bruderhass

Das ist wirklich eine groteske Interessen-Zwickmühle, in die sich Fritze Merz am Wochenende hineinmanövrierte.

Seine Wende bringt Deutschland nun wieder d’Accord mit der Weltgemeinschaft.

[….] Scharfe Kritik an Israel im UN-Sicherheitsrat

Die Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats zur geplanten Ausweitung des israelischen Militäreinsatzes im Gazastreifen hat begonnen. Zum Auftakt warnte der beigeordnete UN-Generalsekretär Miroslav Jenca vor "einer weiteren Katastrophe", sollte Israel wie geplant die Stadt Gaza einnehmen. Die Pläne würden "wahrscheinlich zu einer weiteren Katastrophe in Gaza führen, mit Auswirkungen auf die ganze Region und weiteren erzwungenen Vertreibungen, Tötungen und mehr Zerstörung", sagte Jenca.  […..]

(Tagesschau, 10.08.2025)

Beantragt hatten das Treffen die europäischen Sicherheitsratsmitglieder Dänemark, Frankreich, Griechenland, Großbritannien und Slowenien. Bei der harschen Israel-Kritik herrschte Einigkeit; lediglich Trumps amerikanische UN-Botschafterin Dorothy Shea hielt noch zu Bibi. Die beiden kriminellen Rechtsradikalen mögen sich.

Eine extrem wichtige Rolle für die Israel-Fixierung der Trump-Regierung spielen aber die Evangelikalen.

(….)  Mehr noch als in Deutschland, gehört die nahezu bedingungslose Unterstützung Israels, zur DNA der US-Politik.

Der Antisemit Konrad Adenauer führte es, ganz in Tradition der NSDAP-Vorgänger der CDU, auf den großen Einfluss „der Juden“ auf Washington zurück.

Man unterstütze Israel nicht, weil es richtig ist, sondern weil der CDU-Held und Gründer, genau wie Hitler von einem „internationalen Finanzjudentum“ ausging, dessen Reaktion er fürchtete.

Das passt zu dem Mindset der konservativen Christen, die sich nicht etwa selbstverständlich aus altruistischen Gründen moralisch und gut verhalten, sondern rein egoistisch, weil sie sich davon Vorteile nach dem Tod versprechen und die Strafen Gottes bei Zuwiderhandlung annehmen.

Die offiziellere Erklärung für die starke US-Unterstützung Israels, lautet hingegen „Demokratieförderung“. Israel als der einzige demokratische Staat des Nahen Ostens, verdiene als Garant der Freiheiten seiner Bürger, inmitten lauter Monarchien und Diktaturen, das Wohlwollen des „Land of the Free“. Das ist nicht ganz von der Hand zu weisen, denn Frauenrechte, queere Rechte, unabhängige Justiz oder Pressefreiheit, sind wahrlich nicht die Stärken Saudi-Arabiens, Irans oder Omans.

Dennoch dürfte der „Demokratie-Grund“ eher eine nachgeordnete Rolle spielen. Kuwait und Saudi-Arabien, die brutalsten Antagonisten der Menschenrechte, sind traditionell die engsten Freunde der US-Politik. Die politischen Verbindungen zum absolutistischen Horror-Regime in Riad sind so stark, daß noch nicht einmal 19 Saudis unter den 9/11-Attentätern, Washington auf Distanz gehen ließ.

Zwei andere Gründe dürften eher die große Israel-Vorliebe Washingtons erklären.

Erstens die Feindschaft der arabischen und muslimischen Welt zum „großen Satan USA“, die historisch wohlbegründet ist und zum antiamerikanischen islamistischen Terror führte. Israels Lage, mitten im Nahen Osten, ist von unschätzbaren geostrategischen Wert für Washington.

Zweitens der kaum zu unterschätzende Einfluss der zig Millionen radikal fanatischen Evangelikalen in den USA, die aus biblischer Endzeit-Verblendung an der Heimat ihres bevorzugten Nazareners hängen. Stichwort „Evangelikaler Zionismus“.

[…..] Sie sehen im Gaza-Krieg die Vorboten des Jüngsten Gerichts: Niemand unterstützt Israel so kompromisslos wie die amerikanischen Evangelikalen. […..] Die treuesten Freunde Israels in den USA sind die Evangelikalen; das zeigt sich gerade jetzt wieder angesichts der Ereignisse im Nahen Osten. Oft ist ihre Loyalität sogar noch stärker als diejenige der amerikanischen Juden. Das hat vor allem theologische Gründe. Die Evangelikalen verstehen die Bibel wörtlich: Die Juden sind Gottes auserwähltes Volk, und er hat ihnen Israel als Heimat versprochen. Die Gründung des modernen Staates Israel im Jahr 1948 und die Einwanderung von Millionen von Juden waren für die Evangelikalen die Erfüllung von Gottes Versprechen. […..] Laut einer Umfrage des amerikanischen Pew-Instituts sind 80 Prozent der weissen amerikanischen Evangelikalen der Ansicht, dass es Gott selbst war, der den Juden ihr Land (zurück)gab; unter den amerikanischen Juden selbst glauben nur 40 Prozent an diese religiöse Lesart der Geschichte. Dieselbe Diskrepanz gibt es in Hinblick auf die Unterstützung Israels. Während 31 Prozent der amerikanischen Juden der Ansicht sind, die USA unterstützten Israel nicht genug, sind es bei den Evangelikalen 46 Prozent. Unter den amerikanischen Juden glauben 60 Prozent, dass ein friedliches Zusammenleben in Form einer Zwei-Staaten-Lösung möglich sei. Unter den Evangelikalen glauben nur 42 Prozent daran.

Kriege im Nahen Osten interpretieren Evangelikale oft als Vorboten von «Harmaggedon», der endzeitlichen Entscheidungsschlacht, wie sie in der Johannes-Offenbarung geschildert wird. Nach diesem Kampf zwischen Israel und den «Königen des Ostens» sowie dem Jüngsten Gericht soll Frieden einkehren und Jesus Christus tausend Jahre lang herrschen. […..]

(NZZ, 14.11.2023)

Der evangelikale Wahnsinn verquickt antimuslimischen Hass und messianische Verehrung des orangen kriminellen Propheten, vortrefflich zu einer enormen politischen Macht. (…)

(Die Achse Washington-Jerusalem, 14.03.2014)

Es ist schon erstaunlich, wenn sich proisraelische, christlich-Konservative Kräfte nun ausgerechnet mit dem Verweis auf den Antisemiten Adenauer gegen den Christen-Kanzler Merz wenden.

[…] Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter rügt in der ARD die mangelnde Solidarität Deutschlands mit Israel […] Israel militärisch nicht zu unterstützen, wäre »dramatisch«, so Kiesewetter. Das hülfe nur Kräften wie dem Iran und der Hamas, die den jüdischen Staat vernichten wollten. Deshalb dürfe Deutschland auch bei Rüstungsexporten jetzt nicht wackeln.

Roderich Kiesewetter und Anna Planken im »ARD-Morgenmagazin«

Schon gar nicht aus innenpolitischem Druck heraus und weil »Nachbarstaaten, die innenpolitisch durch mangelnde Integration erheblich unter Druck sind« – gemeint war wohl Frankreich – »palästinensische Narrative verbreiten«, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete. Die Vereinten Nationen schalt er, sie würden in Gaza die Verteilung der Lebensmittel nicht richtig ermöglichen.

Und auch sein Parteichef Friedrich Merz erntete Kritik: Konrad Adenauer und Helmut Kohl, behauptete Kiesewetter, würden sich »im Grabe umdrehen angesichts der jetzigen Entwicklung«. Deutschland müsse sich »eindeutig an die Seite Israels stellen«.  [….]

(JA, 03.08.2025)

Offensichtlich überkompensiert die Xeno- und Islamophobie der Rechten – CDUCSU, David Berger, Welt, AfD – inzwischen ihren eigentlich originären Antisemitismus.

Wenn die rechtsradikalen Juden im Netanjahu-Kabinett viele muslimische Palästinenser töten lassen, freut es die rassistischen weißen Christen in den USA und Deutschland, die sich vor zu vielen arabisch aussehenden Menschen und Moscheen fürchten.

Die linken Kräfte hingegen, die 1933-1945 als einzige auf der Seite der Juden standen und gegen den allgemeinen christlichen und konservativen tödlichen Antisemitismus opponierten, sind heute diejenigen, die sich solidarisch mit den Palästinensern zeigen.

Tatsächlich haben Rechte und Linke in Deutschland nicht etwa die Seiten gewechselt. Die Linken zeigten, damals wie heute, Mitgefühl für die Schwachen und standen gegen die Mächtigen auf. Die Rechten, damals wie heute, standen/stehen zu den mächtigen Unterdrückern.

Der Israelische Staat aber vollzog einen Seitenwechsel – VERSTÄNDLICHERWEISWE! Nach dem Holocaust wollte man nie wieder schwach sein und sich den antisemitischen Killern widerstandslos ausliefern.

Ich bin wahrlich kein Freund des Militärs, aber wenn ich eins nachvollziehen kann, dann ist es die enorme Rolle der Armee im Staat der Israelis.

Wer könnte besser als Juden wissen, wie wenig man sich auf Freunde verlassen kann und selbst wehrhaft sein muss?

Seit David Ben Gurion am 14. Mai 1948 die Unabhängigkeit Israels ausrief, gab es ungezählte Attacken auf Israel, in der sich die Armee als Gold wert erwies.

Am 07.10.2023 aber versagte Netanjahus Armee. Zumindest „der Westen“ stand in der Folge wie ein Mann hinter Israel. Zu Recht. Überall wurde betont, daß Israel nicht nur wehren dürfe, sondern auch müsse und dabei Unterstützung verdiene. Von mir gab es dazu keinen Widerspruch.

Aber ebenso besteht nahezu Konsens, daß die Situation im August 2025 eine völlig andere ist, daß Israel maßlos überzogen hat, aus sinisteren Gründen eine Art Vernichtungskrieg führt.

Weltweit gibt es kaum noch Fürsprecher, außer in der rechtsradikalen autokratischen Trump-Regierung und – leider – bei den deutschen konservativen Christen, die ihr neoliberales Idol Merz hart, wie nie attackieren. Nun heißt es, anders als 1933: Christen für Juden.

[….] Aber in den eigenen Reihen der Union ist die Empörung groß. „Es ist ganz offensichtlich, dass diese Entscheidung des Kanzlers bei vielen in der Union auf erheblichen Widerstand stößt“, sagte der bayrische CSU-Landtagsfraktionsvorsitzende Klaus Holetschek am Wochenende der Augsburger Allgemeinen. Auch er selbst halte „den Waffenstopp für einen Fehler mit fatalen Folgen“.

Der niedersächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Carsten Müller verurteilte auf „Instagram“ die Entscheidung der schwarz-roten Regierung „aufs Schärfste“. Sein nordrhein-westfälischer Kollege Matthias Hauer, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesforschungsministerium, bezeichnete sie auf der Plattform „X“ als „ein verheerendes Signal“.

Die Hamas habe das schreckliche Leid in Gaza zu vertreten und müsse „nachhaltig vernichtet werden“, so Hauer. Von einem „schweren politischen und strategischen Fehler Deutschlands“ sprach der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter. Mit der Aussetzung von Rüstungsexporten nach Israel „beugt man sich einem antisemitischen Mob der Straße, der jüdisches Leben auch in Deutschland bedroht“, wetterte er auf „X“. Und der Vorsitzende der Jungen Union und CDU-Bundestagsabgeordnete Johannes Winkel ätzte auf „X“: „Israel macht ab heute die Drecksarbeit für uns, nur ohne deutsche Waffen.

Als „enttäuschend“ bezeichnete Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, die Mitteilung von Merz. „Dieser Kurswechsel läuft allen Solidaritätsbekundungen und Versprechen zuwider, die der Bundeskanzler seit seinem Amtsantritt vertreten hat“, erklärte Schuster. „Die Bundesregierung sollte ihren eingeschlagenen Weg schnellstmöglich korrigieren“, forderte er. [….]

(Pascal Beucker, 10.08.2025)

„Nachhaltige Vernichtung“ der Hamas, der Palästinenser – so gefällt es den Muslim-feindlichen CDUCSU-Christen.

Ausgerechnet der Ursprung des religiösen Antisemitismus und der Islamophobie, die Katholische Kirche mit ihrem „extra ecclesiam nulla salus“, der viele Jahre die Ermordung Andersgläubiger, inklusiver regelrechter Genozide rechtfertigte, entdeckt nun ihr Herz für arabische Kinder.

[….] Die katholische Kirche bezieht nur selten und meist sehr zögerlich Stellung in laufenden Konflikten. Das macht die Ankündigung des prominenten Kardinals Matteo Zuppi umso ungewöhnlicher. Der Erzbischof von Bologna und Vorsitzende der italienischen Bischofskonferenz plant die öffentliche Verlesung der Namen aller Kinder, die am und seit dem 7. Oktober 2023 in Israel und Gaza getötet wurden. Und das am Ort eines berüchtigten SS-Massakers, bei dem 1944 unter anderem 213 Kinder von Deutschen ermordet wurden.

Die Wahl des Ortes Marzabotto gibt der als Friedensgebet »im Namen der unschuldigen Opfer im Heiligen Land« bezeichneten Verlesung einen Kontext, der dazu gedacht ist, den Druck auf die involvierten Parteien zu erhöhen. Und weil dabei Opfern beider Seiten gedacht wird, soll das offenbar auch die Täter auf beiden Seiten in diesen Kontext stellen.

»Eine ungewöhnliche Form des Protests« nennt das die Katholische Nachrichtenagentur KNA vorsichtig, ohne dabei Matteos deutlichste Begründungen wiederzugeben: In Gaza, sagte Matteo der italienischen Zeitung »La Stampa«, werde »das Leben mit Füßen getreten«.

Deshalb wolle er am 14. August, dem Vorabend von Mariä Himmelfahrt, die Namen aller getöteten Kinder verlesen: »Wir wollen uns an jeden einzelnen Namen erinnern, um jeden von ihnen zu ehren und aus der Anonymität zu holen. Niemand ist eine Nummer. Jeder Mensch hat einen Namen, eine Identität. Alle haben die gleiche Würde.« [….] Als Ort für sein Friedensgebet wählte Matteo Zuppi das in seiner Diözese liegende Marzabotto aus. Dort hatten am 1. Oktober 1944 SS-Truppen als vermeintliche »Strafaktion« gegen Partisanen mehr als 770 Zivilisten erschossen, darunter 213 Kinder unter 13 Jahre. […]

(SPON, 10.08.2025)

Möglicherweise dämmert dem Vatikan auch, daß nicht alle Araber in Gaza und Israel Muslime sind, sondern auch viele Christenseelen mit abgeschlachtet werden.

 Johannes Winkel, Roderich Kiesewetter und die CSU stellen sich mit ihrer bedingungslosen Bibi-Unterstützung, nun nicht mehr nur gegen die Weltgemeinschaft und ihren Kanzler, sondern auch gegen den Vatikan.

Samstag, 9. August 2025

Harter Realitätscrash

Das hat er nicht kommen sehen. Wer hätte auch ahnen können, daß Realpolitik und Regieren doch etwas anspruchsvoller sind, als aus der Opposition heraus zu pöbeln und anderen „Versagen“ vorzuwerfen? Wer hätte denn ahnen können, daß Putin, Netanjahu, oder Trump nicht brav die Ansagen eines Sauerländer Greenhorns aus dem fernen Berlin umsetzen?

Daß die Lage im Nahen Osten doch etwas komplizierter ist und sich nicht mit zackigen Solidaritätsbekundungen für Bibi beruhigen lässt?

Wie in fast allen Politikfeldern, mangelt es Merz aber an Intellekt, um sich ein vollständiges Bild zu machen und die Folgen seiner markigen Sprüche abzuschätzen. Nicht zu handeln kann für einen Bundeskanzler dabei genauso fatal, wie aktives Eingreifen sein. Der CDU-Chef lässt aber nicht nur den Genozid an den Palästinensern geschehen, guckt zu, wie Myriaden Kinder abgeschlachtet werden, sondern blockiert auch noch die EU.

[….] Die Katastrophe in Gaza nimmt ihren grausigen Lauf, aber die EU findet keine gemeinsame Antwort. Friedrich Merz müsste den Weg für Sanktionen gegen Israel frei machen.

Israel hat den Krieg gegen die Hamas als gerechten Krieg begonnen, aber dieser Krieg ist längst nicht mehr gerecht, sondern gefährdet langfristig Sicherheit und Identität des jüdischen Staates. Das ist der Kern eines Briefes, den mehr als 500 ehemalige israelische Spitzenleute von Geheimdienst und Militär an US-Präsident Donald Trump geschickt haben. Ihre Bitte: Er möge darauf hinwirken, dass die israelische Regierung ihren Gaza-Feldzug nicht noch ausweitet, sondern so schnell wie möglich beendet. Überflüssig ist die Frage, warum dieser Brief nicht nach Brüssel geschickt wurde.

Die Europäische Union ist zwar ein wichtiger Waffenlieferant und Wirtschaftspartner Israels, aber im Ringen um eine Lösung im Nahost-Konflikt ein Totalausfall. Sie hat sich gerade verhakt bei der absurd anmutenden Frage, ob es „angemessen und verhältnismäßig“ ist, Israel wegen des Todes von Zehntausenden Zivilisten und des Hungers in Gaza von einem europäischen Forschungsprogramm auszuschließen. Das Versagen hat rufschädigende Züge angenommen. [….] Ende Juni stellte die Kommission schon fest, Israel verletze im Gazastreifen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht. Ende Juli schlug sie den Mitgliedsländern Sanktionen gegen israelische Firmen vor, doch eine schnelle Einigung scheiterte vor allem am Widerstand Deutschlands und Italiens. [….]  Der französische Präsident Emmanuel Macron und der deutsche Kanzler Friedrich Merz taten zuletzt aber genau das Gegenteil. Macron kündigte mit großer Geste an, er werde einen Staat Palästina anerkennen. Merz erteilte der Idee mit ebenso großer Geste eine Absage und erfand für sich selbst eine Sonderrolle: als eine Art Vermittler zwischen Israel und der EU. Damit hat er sich erkennbar übernommen. [….]

(Josef Kelnberger, 05.08.2025)

Brüssel zu schwächen, ist das Dümmste, das Deutschland in dieser Zeit machen kann. Aber die EU lahm zu legen, erweist sich jetzt schon als Merzens Signature Move.

Viel zu spät erkannte Merz, wie unpopulär die deutsche Unterstützung für die Israelische Armee mittlerweile geworden ist, daß auch eine Mehrheit der Israelis, große Teile der Militärs selbst, die Politik ihres Premiers vehement ablehnen. Es gibt Massenproteste gegen Netanjahu in Israel. Rabbis in New York demonstrieren für ein Ende des Gaza-Krieges. Der Massenmord, das völkerrechtswidrige Agieren dient nur noch zwei Zwecken: die perversen Phantasien der Rechtsradikalen werden befriedigt und Bibi entgeht dem Knast, indem er sich an sein Amt klammert. Die bittere Erkenntnis für alle politischen Freunde Israels lautet: Netanjahu schadet seinem Land mittlerweile mehr als die Hamas. Nie war das internationale Ansehen Israels auf so einem Tiefpunkt. Das wäre für jeden Staat eine Katastrophe, trifft aber eine so kleine Nation, mit nur 10 Millionen Menschen, umgeben von feindlich gesinnten Ländern umso fataler.

Nun rudert Merz also hektisch zurück. Ein bißchen.

[….] Es ist passiert. Viel, viel zu spät. Weit über 60.000 getötete Menschen, 1,9 Millionen Binnenvertriebene, eine ganze Generation tief-traumatisierter Kinder zu spät. Aber es ist endlich passiert: Als Antwort auf Benjamin Netanjahus Gaza-Besetzungspläne schränkt die Bundesregierung die Rüstungsexporte nach Israel ein – und kommuniziert dies auch noch offen. Die CSU stellte sich bis zuletzt noch dagegen.

Der Schritt ist zweifellos richtig. Viel zu lange – schon zu Ampelzeiten – hat die deutsche Bundesregierung Benjamin Netanyahu nur gebeten, gemahnt und gefordert, sich an das Völkerrecht zu halten. Er musste nur beteuern, keine Kriegsverbrechen mit deutschen Waffen zu begehen, und schon wurde weiter exportiert. Zu lange hielt Deutschland (vor allem aus Eigennutz) an der Illusion fest, man könne auf den israelischen Ministerpräsidenten einwirken, wenn man genug Nähe wahrt, nicht zu scharf verurteilt und diplomatische Unterstützung signalisiert.

Zu lange folgten keine Konsequenzen darauf, dass Israels ultrarechte Regierung ganz offensichtlich kein Interesse daran hatte, ihre genozidale Kriegsführung in Gaza zu ändern oder gar zu stoppen. Mit seinem Nichtstun machte sich Deutschland nicht nur lächerlich, sondern mitschuldig.

Die Einschränkung der Waffenlieferungen darf aber nur ein Anfang sein. Deutschland muss weitere Schritte gehen und alles in seiner Macht Stehende tun, um den Besetzungs- und Vertreibungsplänen der israelischen Regierung Einhalt zu gebieten. [….] Insbesondere Friedrich Merz wird nicht als derjenige in Erinnerung bleiben, der endlich gehandelt hat – sondern als Bundeskanzler, der bis zum letztmöglichen Zeitpunkt gezögert hat, etwas zu tun. Und als Oppositionsführer, der zu Ampelzeiten jeden kleinsten Kurswechsel-Versuch mit großem Nachdruck durch Frontalangriffe gegen Scholz und Baerbock zu verhindern versuchte. [….]

(Pauline Jäckels, 08.08.2025)

Weil Merz aber Merz ist, schafft er es nicht einmal, in die richtige Richtung zu gehen, ohne Chaos auszulösen. Der Mann ist einfach zu dumm, um zu antizipieren, was für Folgen sein Handeln hat.

Zunächst einmal schmäht sein Kumpel Bibi ihn nun als denjenigen, der „die Hamas belohne“, offenbar herrscht keinerlei Kommunikation und Vertrauen.

[….] Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hat Deutschland vorgeworfen, mit dem Beschluss für einen teilweisen Waffenexportstopp die islamistische Hamas zu belohnen. Er habe seine Enttäuschung in einem Gespräch mit Bundeskanzler Friedrich Merz ausgedrückt, teilte sein Büro mit.

"Anstatt den gerechten Krieg Israels gegen die Hamas zu unterstützen, die den schrecklichsten Angriff auf das jüdische Volk seit dem Holocaust verübt hat, belohnt Deutschland den Terrorismus der Hamas durch ein Waffenembargo für Israel", hieß es in der Mitteilung.  [….]

(Tagesschau, 09.08.2025)

Wieder einmal konnte Merz sein Handeln nicht erklären, wieder einmal, wie bei seinem gemeinsamen Januar-Coup mit der AfD oder seinen unsäglichen Äußerungen zur „Judenfahne“, schlägt er jüdischen Menschen und Vereinen in Deutschland vor den Kopf.

[….] Der heutige Tag, der 8. August 2025, wird in die Geschichte dieses Landes als ein historisches Datum eingehen. Als ein Tag, an dem ausgerechnet Unionskanzler Friedrich Merz die Staatsräson – das Versprechen, dass Deutschland für Israels Sicherheit einstehen wird – beerdigt hat. Die beiden Motive, aus denen sich die Staatsräson bislang speiste – als Konsequenz aus dem Holocaust die immerwährende Verantwortung für das jüdische Volk und ihre Heimstatt Israel sowie die gemeinsame Wertebasis beider Länder –, existieren offenkundig nicht länger.

Man möchte dem Kanzler seine eigenen Worte vom Oktober 2024 zurufen, als der Oppositionsführer Merz die damalige Ampel-Koalition kritisierte: »Was sind Ihre Solidaritätsbekundungen für den Staat Israel eigentlich wert, wenn Sie dem Land zugleich wesentliche Teile der Hilfe in seiner so prekären Situation verweigern?« [….] Und noch im Januar dieses Jahres versprach Merz: »Was Israel zur Ausübung seines Selbstverteidigungsrechts benötigt, wird Israel auch bekommen. Der Begriff ›Staatsräson‹ wird sich wieder an Taten und nicht nur an Worten messen. Es muss wieder unmissverständlich klar werden: Deutschland steht nicht zwischen den Stühlen, sondern Deutschland steht fest an der Seite Israels. Daran wird es künftig keinerlei Zweifel mehr geben.«

Die bittere Pointe: Ausgerechnet Friedrich Merz und seine neue Bundesregierung setzen mit dem Waffenembargo nun fort, was Annalena Baerbock und Robert Habeck begonnen hatten und nur durch Ex-Kanzler Scholz (SPD) gestoppt wurde. Es ist ein Trauerspiel. Und es ist beschämend, mitansehen zu müssen, wie sich Kanzler Merz einmal mehr von der SPD und Umfrageergebnissen treiben lässt – erneut komplett gegen die DNA seiner Partei sowie entgegen den Überzeugungen in der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. [….] Man muss es so klar sagen: Der Bundeskanzler ist seiner Verantwortung nicht gerecht geworden. Merz handelt erratisch und lässt sich treiben. Er ist eingeknickt ob der massiv israelfeindlichen Stimmung im Land. Er irrlichtert durch nahöstliches Terrain, ohne das Thema wirklich zu durchdringen. [….] Sein Außenminister ist zusätzlicher Ballast. »Wir werden uns nicht unter Druck setzen und in eine Position bringen lassen, dass wir zu einer Zwangssolidarität gezwungen werden«, hatte Johann Wadephul (CDU) Ende Mai in Berlin betont. Waffenlieferungen an den jüdischen Staat könnten fortan durchaus wieder ausgesetzt werden.

Berlin im Würgegriff von Jerusalem also? Plötzlich klang der CDU-Politiker wie eine Mischung aus Björn Höcke (es müsse doch mal Schluss sein mit dem »Schuldkult«) und jenen linksradikalen Demonstranten, die vor dem Auswärtigen Amt seit Monaten »Free Palestine from German Guilt« skandieren. [….]

(Philipp Peyman Engel, 08.08.2025)

Man kann durchaus erklären, wieso die Unterstützung von Bibis Gaza-Feldzug eben nicht im Interesse Israels liegt. Die Mehrheit der Israelis sieht es auch so. Man kann das kommunizieren. Merz kann das nicht, weil er nun einmal zu doof ist.

Merz schafft es noch nicht einmal seinen eigene Laden zusammen zu halten.

Wie beim gescheiterten ersten Kanzlerwahlgang. Wie bei der gescheiterten Wahl von Frauke Brosius-Gersdorf. Wie jetzt wieder. Große Teile der Union, insbesondere CSU und JU, schäumen vor Wut über Merz‘ Kurswechsel.

[….] Die Entscheidung von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), keine Rüstungsgüter mehr nach Israel zu liefern, die im Gazastreifen eingesetzt werden können, hat in seiner Partei heftigen Widerspruch ausgelöst. Auch aus der CSU kommt deutliche Kritik. Die beiden Unionsparteien galten bisher als vehemente Unterstützer von Waffenlieferungen an Israel.

Merz habe den CDU-Bundesvorstand nicht in den Kurswechsel einbezogen, er habe das Gremium noch nicht einmal vorab erläuternd informiert, sagte ein Vorstandsmitglied der SZ. Dabei hätten die Anhänger von Merz vor dessen Wahl an die CDU-Spitze immer versprochen, mit ihm als Vorsitzenden würde in der Partei endlich wieder diskutiert werden. Doch davon sei nichts zu spüren. Ausgerechnet Merz, der Angela Merkel Führungsschwäche und eine zu große Distanz zu ihrer Partei vorgeworfen habe, führe jetzt nicht richtig. Wenn der Kanzler so weiter mache, sei „die Regierung zu Weihnachten am Ende“. [….] Ein anderes CDU-Bundesvorstandsmitglied sagte, Merz könne froh sein, dass der Bundestag in der Sommerpause sei. Ansonsten hätte er sich jetzt auf eine heftige Sitzung der Unionsfraktion einstellen müssen. Es gebe unter den Abgeordneten auch die Befürchtung, dass Israel jetzt für Deutschland wichtige Lieferungen von Rüstungsgütern stoppen und die Geheimdienst-Zusammenarbeit einschränken könne.

Mehrere CDU-Bundestagsabgeordnete übten am Freitag sogar offen heftige Kritik an der Entscheidung des Kanzlers. Johannes Winkel, er ist auch Bundesvorsitzender der Jungen Union, schrieb sarkastisch auf der Plattform X: „Israel macht ab heute die Drecksarbeit für uns, nur ohne deutsche Waffen.“ Winkel bezog sich damit auf eine Äußerung von Merz, der Mitte Juni zu israelischen Angriffen auf Atomanlagen in Iran gesagt hatte: „Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht für uns alle.“

Der CDU-Abgeordnete Carsten Müller bezeichnete den Stopp von Waffenlieferungen an Israel als „erhebliche Fehlentscheidung“, die er „aufs Schärfste“ verurteile. Der Obmann der Unionsfraktion im Auswärtigen Ausschuss, Roderich Kiesewetter, äußerte sich ähnlich. „Die Aussetzung von Waffenlieferungen an Israel halte ich persönlich für einen schweren politischen und strategischen Fehler Deutschlands“, schrieb Kiesewetter. [….] Auch der parlamentarische Staatssekretär im Forschungsministerium, Matthias Hauer (CDU), kritisierte den Kurswechsel bei den Waffenlieferungen als „einen schweren Fehler und ein verheerendes Signal“. Die Hamas habe das schreckliche Leid in Gaza zu vertreten und müsse „nachhaltig vernichtet werden - sonst wird es dort nie Frieden geben“.

Aus der CSU kam ebenfalls heftiger Widerspruch zum Stopp von Waffenlieferungen. [….]

(Robert Roßmann, 09.08.2025)

100 Tage Merz-Kleiko und die eigene Fraktion befindet sich in Auflösung.

Dienstag, 5. August 2025

Kuschen vor Kirchen.

Das ist schon merkwürdig mit den sehr christlich geprägten Nationen.

In den geradezu fundamental christlichen USA wurde „schon“ in den 1990er Jahren in einigen Bundesstaaten (Massachusetts, Hawaii, etc) die „Ehe geöffnet“.

Lange bevor sich in Deutschland jemand traute, das auch nur öffentlich im Bundestag auszusprechen.

Der US-Kongress wehrte sich 1996 mit dem  Defense of Marriage Act (DOMA), die so geschlossenen Ehen in anderen Bundesstaaten anzuerkennen. 2013 verwarf der Supreme Court DOMA und öffnete schließlich am 26.06.2015 die gleichgeschlechtliche Ehe in der gesamten USA.

Die Kirchen und Republikaner laufen bis heute Sturm gegen diese Entscheidungen, aber davon ließen sich die Richter 2015 nicht einschüchtern.

Die christlichsten, bzw genauer gesagt, katholischsten Nationen Europas sind Polen (92%), Irland (89%), Italien, Malta (96%), Spanien und Portugal (85%).

Vorreiter bei der „Ehe für alle“ waren selbstverständlich die säkularen liberalen Benelux-Länder und Skandinavien. Aber auch einige der superkatholischen Nationen waren erstaunlich früh dran, während sich die Konservativen in Deutschland so fest im Griff der im Bundestag akkreditierten Prälaten befanden, daß das "Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts" erst am 01.10.2017 in Kraft trat. 

[….] In Europa haben diese 22 Staaten die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet:

    Niederlande 2001 durch Gesetz. Die Niederlande haben 1998 für gleich und verschiedengeschlechtlich Paare die „geregistreerd partnerschap“ eingeführt.

[….]     Spanien 2005 durch Gesetz. [….]

    Portugal 2010 durch Gesetz. [….]

    Frankreich 2013 durch Gesetz. [….]

    Irland 2015. Das irische Volk hat die für eine Öffnung der Ehe notwendige Verfassungsänderung am 22.05.2015 in einem Referendum gebilligt. Das "Ehegesetz" ist am 01.11.2015 in Kraft getreten. [….]

    Malta durch Gesetz, das vom Parlament am 12.07.2017 verabschiedet worden ist. [….] Außerhalb Europas haben diese sechzehn Länder die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet:

[….]     Argentinien 2010   Brasilien 2013 [….]     Uruguay 2013

[….]  Kolumbien 2016 durch eine Entscheidung des Verfassungsgerichts [….]

(LSVS)

Offensichtlich muss man sich also nicht von dem Geschrei der Katholiban einschüchtern lassen. In Deutschland stellen die Konfessionsfreien mittlerweile sogar die Mehrheit der Bevölkerung. Nur noch rund 23% der Bürger Deutschlands sind Katholiken: 19,8 von 84 Millionen. Es spricht für den deutschen Drang, sich gängeln zu lassen und gegenüber Obrigkeiten zu kriechen, sich hierzulande von so wenigen Bischöfen ins Bockshorn jagen zu lassen.

In anderen Themenbereichen gibt es eine ähnliche Schieflage. So haben wir zwar seit gerade mal einem Jahr das Konsumcannabisgesetz, aber die Regelungen sind extrem restriktiv und lebensfremd. Wer einfach mal zwischendurch einen Joint rauchen will, ist de facto weiterhin auf illegale Quellen angewiesen und steht mit einem Bein vorm Amtsgericht. Auch hier sind ausgerechnet die beiden superkatholischen iberischen Staaten Meilen voraus.

[….] Vollständig legalisiert ist Cannabis in Kanada und Uruguay sowie in einzelnen Bundesstaaten und Überseegebieten der USA. Grundsätzlich kann in diesen Ländern legal Cannabis verkauft, besessen, konsumiert und angebaut werden.

[….] Cannabis ist in verschiedenen Ländern entkriminalisiert: Derzeit haben Portugal, die Niederlande, Spanien, die Schweiz, Russland, Tschechien, Belgien und Jamaika Regelungen getroffen, die Konsum, Besitz und Anbau von Cannabis in kleinen Mengen höchstens als Ordnungswidrigkeit ahnden. [….] Ferner planen aktuell mehrere Staaten, Cannabis in Zukunft entweder vollständig zu legalisieren oder zumindest zu entkriminalisieren. So gibt es Entkriminalisierungsbestrebungen in Italien (geplant sind maximal vier Pflanzen für den Eigenkonsum) und Legalisierungsbestrebungen in Israel, Mexiko und Südafrika. Mexiko und Südafrika stellen Sonderfälle dar, da Konsum (Mexiko) bzw. Besitz in Privaträumen (Südafrika) durch die Verfassungsgerichte bereits als zulässig anerkannt wurde. [….]

(Luther)

Als drittes Beispiel nenne ich Schwangerschaftsabbrüche.

[….] In Frankreich sind Abtreibungen bis zur zehnten Schwangerschaftswoche seit 1975 straffrei. Mittlerweile dürfen Schwangere bis zur 14. Woche abtreiben, die Kosten übernimmt die Krankenkasse. Ein psychosoziales Beratungsgespräch ist nur für Minderjährige verpflichtend. Angesichts der Verschärfungen von Abtreibungsregelungen anderswo auf der Welt in den vergangenen Jahren hat Frankreich sich dazu entschieden, das Abtreibungsrecht zu stärken und vor möglichen zukünftigen Beschneidungen zu schützen.

Vor gut einem Monat stimmte das Parlament dafür, die "garantierte Freiheit", eine Abtreibung durchzuführen, in die Verfassung aufzunehmen. Paris zufolge ist Frankreich [56% Katholiken – T.]  das erste Land, das das Abtreibungsrecht in der Verfassung verankert hat. [….] Die Iren [89% Katholiken – T.]  stimmten 2018 in einem Referendum für die Legalisierung von Abtreibungen. Seit dem 1. Januar 2019 dürfen Abtreibungen in den ersten zwölf Wochen einer Schwangerschaft vorgenommen werden. Falls Leben oder Gesundheit der schwangeren Frau gefährdet sind oder es wahrscheinlich ist, dass das Baby noch im Mutterleib oder in den ersten vier Wochen nach der Geburt stirbt, ist dies auch später noch möglich.

Die Frist von maximal 84 Tagen Schwangerschaft gilt ab dem ersten Tag der letzten Periode der Frau. Eine Ärztin oder ein Arzt muss bestätigen, dass die zwölf Wochen noch nicht vorbei sind. Drei Tage später kann die Abtreibung durchgeführt werden. Diese gesetzlich vorgeschriebene Zeitspanne soll der schwangeren Frau die Möglichkeit geben, sich ihrer Sache sicher zu sein.   [….]

(Tagesschau, 15.04.2024)

Eine interessante Meldung gibt es heute aus einem anderen ultrakatholischen Staat; nämlich Kolumbien. Mehr als 45 Millionen Kolumbianer, das entspricht 94% der Bevölkerung, sind Mitglied der katholischen Kirche.

Die politische Kultur ist also tief katholische geprägt.

Der katholische Kolumbianer Juan Carlos Florián, 42 Jahre alt dürfte gerade in Vatikanischen Kreisen kein Unbekannter sein, weil er, ausgestattet mit einem riesigen Gemächt, auf eine Karriere als Hardcore-Darsteller in schwulen Pornofilm-Produktionen zurückblicken kann und außerdem im französischen Exil als schwuler Callboy, sowie vor der Webcam sein Geld verdiente. 

Florián wurde am Freitag von Staatspräsident Gustavo Petro als Minister ins Kabinett berufen. Kirchliche und konservative Kreise sind außer sich vor Empörung, aber Petro hält die Hand über ihn.

[….] . Im katholischen Kolumbien löst die Berufung von Juan Carlos Florían Kritik aus. Das südamerikanische Land ist tief religiös und konservativ. [….] Aber in einem Land wie Kolumbien – traditionell, tief katholisch und gläubig – ist die Nominierung von Juan Carlos Florián als neuem Gleichstellungsminister wahlweise eine Frechheit, ein schlechter Scherz, blasphemisch oder schlicht: ein veritabler Skandal. [….] Florián, der bisher im Gleichstellungsministerium Vizeminister für Diversität war, löst den Anthropologen Carlos Rosero ab, der erst seit fünf Monaten im Amt war. [….] Ehemalige Darsteller aus der Erwachsenenindustrie gelten in dem südamerikanischen Land als nicht vorzeigbare Schmuddelkinder. Alles, was von der angeblich traditionellen Norm abweicht, stößt noch immer vor allem außerhalb der Großstädte auf Ablehnung. Es ist noch nicht so lange her, da wurden die Häuser von bekannten Homosexuellen in Kolumbien noch angezündet. [….] Jedenfalls ist Petro von den politischen Fähigkeiten seines neuen Ressortchefs überzeugt. „Wäre es nach mir gegangen, hätte ich ihn schon eher nominiert.“ [….] 

[….] „Ich bin Politikwissenschaftler, ich war Politiker, Manager, Menschenrechtsverteidiger, stellvertretender Minister und vor allem ein Sohn des Volkes, der nicht vergisst, woher er kommt“, schrieb er in einem Instagram-Post. „Ich komme von der Straße, vom Kampf, vom echten Aktivismus. Ich war Sexarbeiter, ich habe Inhalte für Erwachsene gemacht, ich bin HIV-positiv, und ich war Migrant“, fügte er hinzu. [….] Florían studierte Politikwissenschaften an der Elite-Universität Javeriana in Bogotá und verfügt über mehrere Jahre Erfahrung in Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit wie „Save the Children“ und „Ärzte ohne Grenzen“. Es hat in Petros Kabinett schon sehr viele Ressortchefs gegeben, die für ihr Amt deutlich weniger geeignet waren als Juan Carlos Florián.  [….]

(HH Abendblatt, 05.08.2025) 

Juan Carlos Florián zeigt deutlich, wie rückständig und kleingeistig die Klöckner-Reiche-Merz-Regierung gestrickt ist. Obwohl Deutschland erheblich säkularer und atheistischer als Kolumbien ist, würde der Kanzler niemals auch nur auf die Idee kommen, einen schwulen Aktivisten im Kabinett zu dulden.