Freitag, 28. April 2017

99 Tage

Zum morgigen 100-Tage-Jubiläum der schlechtesten US-Präsidenten aller Zeiten; soviel kann man gewiss schon sagen; erscheinen natürlich weltweit Bilanzen.
Unnötig also an dieser Stelle eine eigene Auflistung zu eröffnen.
Inhaltlich dürfte alles klar sein. Trump brach alle seine Versprechen und konnte trotz seiner Mehrheiten in Senat und House bisher überhaupt noch kein einziges Gesetz durchbringen.
Ein Negativ-Bilanz, die immerhin mit seinen Auslandsreisen (bisher Null) und Tagen auf dem Golfplatz (30 von 100) korrespondiert.

Seine bisherige Präsidentschaftsbilanz entspricht in vielerlei Hinsicht genau dem, was man nach seiner anderthalbjährigen Selbstpräsentation im Wahlkampf erwarten konnte.

Das erratische Lügen zeichnet #45 nach wie vor aus.

Er lügt nicht taktisch, nicht rational, nicht absichtsvoll.
Er lügt einfach grundsätzlich. Zudem lügt er sehr schlecht, indem er sich ununterbrochen selbst widerspricht.

[….] Trump does not simply have “a running war with the media,” as he so indecorously and disrespectfully spouted off while standing on the hallowed ground before the C.I.A. Memorial Wall. He is in fact having a running war with the truth itself. [….]
Donald Trump is a proven liar. He lies often and effortlessly. He lies about the profound and the trivial. He lies to avoid guilt and invite glory. He lies when his pride is injured and when his pomposity is challenged.
Indeed, one of the greatest threats Trump poses is that he corrupts and corrodes the absoluteness of truth, facts and science. [….]

Der Fakten-Check der Washington Post dokumentiert inzwischen beeindruckende 452 Lügen des US-Präsidenten.

Throughout President Trump’s first 100 days, the Fact Checker team will be tracking false and misleading claims made by the president since Jan. 20.
Trump has been in office for 99 days. As of our latest update on day 98, we’ve counted 452 false or misleading claims. (…..)
(100 days of Trump Claims)

Beim Lügen also nichts Neues. Hier liefert Trump fleißig und zuverlässig.

Nicht überraschen kann mich Trumps Erfolglosigkeit bei der Umsetzung seiner Wahlkampfversprechen. Natürlich hatte er nie Pläne, um den IS zu besiegen oder das Gesundheitssystem zu reparieren.
Hier erfüllt Trump ebenfalls die Erwartungen, die er als Reality-TV-Depp ohne irgendwelche politischen Erfahrungen geweckt hatte.
Wieso sollte auch ein Vielfach-Pleitier, der in einem grotesk geschmacklosen Goldturm haust und beruflich Titten beurteilt, mal eben so ein Problem lösen können, an dem sich über Jahrzehnte intelligente Fachpolitiker die Zähne ausgebissen haben?

Ebenfalls wie erwartet laufen die Programmpunkte Selbstbereicherung und Nepotismus.
Trump läßt sich und Staatsgäste auf Kosten des Steuerzahlers in seinen eigenen Hotels und Resorts verköstigen. Ungeniert bindet er seine eigene Familie in Staatsgeschäfte ein.
Die vorgestern von ihm vorgestellte Steuerreformblaupause, dürfte eher eine Nebelkerze sein, um die peinlichen Russland-Enthüllungen zu überdecken.
Ein Konzept kann man es schwerlich bezeichnen; es ist lediglich eine halbe Din A4-Seite lang, selbstverständlich nicht gegenfinanziert und wird so niemals durch den Kongress kommen. Eins ist aber sicher; der größte Profiteur wäre er selbst.

Statt wie bisher würden Gewinne seines Firmenkonglomerats nicht mehr mit knapp 40% persönlicher Einkommensteuer belastet, sondern könnten pauschal als Körperschaft betrachtet werden und dann nur noch mit 15% zu Buche schlagen.
Den chronisch defizitären US-Etat würde das Vorhaben mit etwa 2.600 Milliarden Dollar in den nächsten zehn Jahren belasten – aber bei den Mitgliedern der Trump-Familie klingeln die Kassen.

[…..]  Trump will durch eine drastische Senkung des Körperschaftsteuersatzes von derzeit 35 auf 15 Prozent die heimischen Unternehmen entlasten.
Der neue niedrigere Satz soll auch für die zahlreichen kleineren Betriebe und Familienunternehmen gelten, die bislang mit dem persönlichen Einkommensteuersatz des Inhabers (maximal 39,6 Prozent) belastet werden. Zu dieser Gruppe gehört auch Trumps Immobilienimperium. Der Präsident würde also selbst massiv von der Reform profitieren. […]

Die US-Demokraten sagen mit Recht, daß sie erst die Tax-Returns des Präsidenten sehen müssen und beurteilen wollen wie sehr er persönlich von den Plänen profitiert, bevor sie solche Pläne diskutieren.
Natürlich ist auch hier keine Überraschung zu erwarten – Trump wird sein Versprechen nach der Wahl seine Tax-Returns zu veröffentlichen niemals einlösen.

Ein kleines bißchen immerhin verblüfft mich wie schnell Trump seine populistischen Wahlsprechen nicht nur nicht einhält, sondern das Gegenteil tut.

NAFTA kündigen, Iran-Deal zurücknehmen, NATO obsolet, China abstrafen?

Im Wahlkampf nannte Donald Trump das Freihandelsabkommen Nafta den "schlechtesten Deal aller Zeiten". Er versprach, den Vertrag zu kündigen. Dann zeigte ihm einer seiner Minister eine Landkarte der USA. [….]

Die absoluten Wahlkampfhits, die er hundertfach schwor sofort umzusetzen, interessieren nun gar nicht mehr.

Ernsthaft verblüfft bin ich nach 99 Tagen Trump davon, daß Trumps Anhänger diese diametralen Wenden ihres Idols überhaupt nicht stören. Sie bejubeln ihn noch genauso wie vorher. Angesichts der desaströsen Nicht-Bilanz sind 44% Zustimmung noch gewaltig hoch – auch wenn es der niedrigste Wert aller anderen Präsidenten nach 100 Tagen ist.

Insbesondere erstaunt mich aber auch die gelegentliche entwaffnende Ehrlichkeit, mit der Trump einräumt ein völlig ungebildeter Idiot gewesen zu sein.
Wer hätte geahnt, daß Gesundheitspolitik so kompliziert ist? Wer hätte gedacht, daß China Kim Jong Un nicht einfach befehlen kann seine Atombomben abzugeben und demokratische Wahlen abzuhalten?
Trump ahnte offenbar gar nicht, daß Politik kompliziert sein kann, verstand das gesamte amerikanische System nicht. Er dachte wirklich als Präsident könne er wie ein Firmenchef einfach alles anordnen.
Unfassbar, Isha Sesay spielte gestern auf CNN einen Clip vor, in dem Trump sich überrascht gibt, daß man als Präsident viel arbeiten muß und er daher nun sein altes Leben vermisse.
Ich glaube ja, daß er so unfassbar dumm ist, wirklich nicht geahnt zu haben was auf ihn zukommt, aber ich kann kaum glauben, daß er so dumm ist, das einfach so in die Kamera auszuplaudern.


Und schlussendlich kann ich doch auch eine gewisse Überraschung dafür aufbringen, wie ungeniert #45 alle moralischen und ethischen Regeln ignoriert. Er gibt sich keine sichtbare Mühe damit wenigstens wie ein halbwegs zivilisierter Mensch zu erscheinen.

Norman L. Eisen, früherer US-Botschafter in Prag und „Ethik-Zar“ (Special Counsel for Ethics and Government Reform) unter Obama staunt immer noch über Trump.

[….] The president and his Cabinet are heading for a train wreck of a magnitude unseen since Watergate.
[….]  President Trump and his administration are flagrantly violating ethics laws. Unless they correct course, the consequences will be disastrous — for the president, his team and the country.
The problem starts with tone deafness at the top. Trump’s hotels, golf courses and other enterprises continue to do business with foreign and domestic entities that have interests before the government he heads. This raises serious conflicts and legal concerns, including under the Foreign Emoluments Clause of the Constitution, which prohibits U.S. government officials from receiving foreign government payments or benefits “of any kind whatever.”
[….] This unprecedented situation is exacerbated by the fact that we do not yet know the full extent of Trump’s conflicts. That is because he has failed to disclose his tax returns, as we were just reminded when two pages of his 2005 returns turned up. [….] Trump’s assault on ethics has also permeated his Cabinet. Many of his nominees have confronted ethics challenges of their own, including Betsy DeVos and Tom Price. The two ultimately made it through the nomination process, but others did not, among them Labor secretary nominee Andrew Puzder and two Pentagon service secretaries. Sonny Perdue, Trump’s nominee for Agriculture secretary, is the latest to bring ethics baggage with him. [….][….]