Freitag, 9. August 2024

Die Apotheose des Ossi-Unsympathen

Die Ossis mochte ich; so kommt es mir a posteriori vor, noch nie.

Natürlich wollte ich ihnen 1989 unbedingt positiv begegnen und hatte vollstes Verständnis für Ossi-Eigenarten. Denn die völlig entgegengesetzte Sozialisation von 1945 bis 1989 war offenkundig. Meine relativ schnell entstandenen Vorurteile, schob ich auf einige rein zufällig negative persönliche Begegnungen und versuchte, diese nicht zu verallgemeinern.

Lange Zeit schleppte ich nur ein latentes Unbehagen mit mir herum, das ich ab Pegida 2014 auch verbalisierte. Aber da traute ich mich noch nicht, es einfach mal klar auszusprechen: „Ich mag die Ossis nicht!“
Aber wieso sollte man das eigentlich nicht sagen? Ein „Vorurteil“ ist ja eben kein fundiertes Urteil.
Pauschalurteile kann man schließlich nie ganz ernst nehmen; das liegt in der Natur einer „Pauschalisierung“. Ich mag auch die Bayern nicht. Die Amis auch nicht. Und die Inder finde ich besonders doof. So eine reduzierte Aussage über Millionen, Hunderte Millionen, oder im Fall der Inder, über 1,4 Milliarden Individuen zu fällen, impliziert automatisch, daß nicht jeder einzelne gemeint sein kann.

Selbstverständlich gibt es ganz tolle Amis und Bayern.

Entsprechendes gilt für positive Diskriminierung. Ich mag Hamburger, Holländer und Iraner sehr gern. Dennoch gibt es unter den drei Volksgruppen natürlich miese Typen.

Bei „den Ossis“ wollte ich aber vor ein, zwei Jahren aus meinem Herzen keine Mördergrube mehr machen und mich ganz offen vor der Welt dazu bekennen, diese Typen nicht ausstehen zu können.

Nach 33 Jahren ist auf meine persönliche Schonzeit mit „den Ossis“ vorbei.

(….) Nach den rund zwei Billionen Euro, also ZWEITAUSEND MILLIARDEN EURO, zwei Millionen Millionen Euro, die seit 1990 gen Osten flossen, reagieren immer mehr Westdeutsche empfindlich auf das Gejammer der Ex-DDRler, die sich auch noch unterstehen, zu behaupten, sie hätten es nun so schwer, daß es verständlich wäre, aus Rache völkische Faschisten zu wählen. 17 Millionen DDRler, die nie in die westdeutsche Rentenkasse eingezahlt hatten, kamen in den Genuss, auf Kosten anderer eine Alterssicherung zu erhalten, die ein Vielfaches der DDR-Mark-Kaufkraft hat und beklagen sich auch noch.

[….] Als ich das letzte Mal in Zwickau war, das Büro der damaligen Firma besuchen, schwor ich mir, nie wieder einen Fuß auf Neufünfland zu setzen, so lange ich dies irgendwie vermeiden kann. Flugzeugabstürze und Bahnevakuierungen  ausgenommen. Wie einige Kommentatoren wohl zurecht anmerken: das ist von oben herab und mag zu der Stimmung beitragen. Nur habe ich die Stimmung und Ressentiments die mir als gefühlter Vertreterin der bösen „Urban Elite“ entgegengebracht wurde jahrelang erlebt. Und geschluckt. Ausgeschluckt. Mag man mich als Wessi-Bitch oder elitist bezeichnen, gerne doch. Ich bin aus Erfahrung Ostphobikerin geworden, dazu stehe ich. Und sollte der Osten mitsamt seinem widerwärtigen „wir sind das Volk“ Gegröle auch nur in die Nähe einer Machtergreifung kommen, bin ich weg. […]  im Gegensatz zu uns hatten die DDRler die Möglichkeit, über die Wiedervereinigung zu entscheiden. Hat mich irgendwer gefragt ob ich das will? Für uns hat sich nichts verändert? Wie arrogant ist denn diese Geschichtsklitterung, wo ist denn hier die ach so oft vom Osten eingeforderte Empathie? Selbstverständlich hat sich für uns Wessis einiges geändert. Angefangen vom Soli für ein Land, das wohl den meisten meiner Generation fremder als die USA, Australien und Island war. Und zumindest mich weniger als Neufundland interessierte. Ich habe es damals angenommen, mich für die Menschen gefreut. Nicht für irgendwelche Deutsche, sondern für Menschen, die jetzt reisen konnten. Habe mich 91 durch eine DDR Tour gequält, mir das Land angeschaut. Was ich sah, war größtenteils erschreckend. Dann kam Rostock. Kohl wurde mit Ost-Stimmen zementiert. Wir zahlten weiter. Das Gejammer exponierte sich mit jeder Transferbillion. Im Westen verrottete die Infrastruktur, im Osten blühten Gewerbeparks im Nirgendwo.

Gut, dachte ich, braucht eben etwas. Die Nuller kamen, Merkel, das Geseier, die AfD, NSU, national befreite Regionen, die Bräsigkeit kam wie Mehltau übers Land.

Pegida machte mir zum ersten Mal in meinem Land wirklich Angst, zum ersten Mal war ich am überlegen, die Koffer zu packen - nicht weil ich will sondern muss.

Wir sind das Volk Geschrei vom Idioten, die keinen geraden Satz schreiben können. Thomas Brauner, der Kraft durch Freunde Kackbratzen, Björn Banane obendrauf. Passiv-aggressives Gejammer von Kolleg:innen in Sachsen, Verkäufer mit offener Swastika-Tattoo im Yormas in Zwickau. Ganze Bundesländer am Rande der faschistischen Machtübernahme, geritten von permanenter Unzufriedenheit.

Und wir mussten nichts ändern? Doch, mehr als genug. Wir hatten ein Land, das durchaus ok war, sicher nicht ohne Fehler, ich hatte genügend Grund auf die Straße zu gehen und ich tats das auch. Aber haben wir den Anschluss gesucht? Haben wir uns ungefragt an den großen Bruder gehängt, nachdem wir unser eigenes Land verkackt haben?

Nein haben wir nicht.

Und ja, schon damals wurden alle über einen Kamm geschert. Leider. Ob mit der lächerlichen Währungsunion und surrealen Kursen für Aluchips. Wer hat das wohl gezahlt? Wessen Renten hängen im Limbo wegen Rentnern die keinen Cent eingezahlt haben?

Der Osten hat Solidarität gefordert und bekommen. War aber wohl nicht genug. Die Ossis haben die DDR verkackt und jetzt wollen sie wohl auch die BRD verkacken. Brauchst nur mal die Kommentare zum grandiosen Durchmarsch und Anfang der Zeitenwende in dem gottverlassenen Kaff Sonneberg lesen.

Aber für uns hat sich nichts geändert, gell?

Genau wegen solchen Positionen wäre eine Spendenaktion zum Wiederaufbau der Zonengrenze ein umwerfender Erfolg.  [….]

(Sarah J., 25.06.2023)

Online habe ich schon viel Ost-Kritik gelesen; eins ist immer gleich: Auch die „guten Ossis“, die nie AfD gewählt haben, fühlen sich kollektiv angegriffen und nehmen ihre braunen Brüder in Schutz.

Dieser sprungbereite „ich bin beleidigt“-Modus ist mir vollkommen fremd.  (….)

(Die Ossis schaffen sich ab, 03.07.2023)

Gegenwärtig manifestieren sich die Anti-Ossis-Vorurteile nicht nur an den schockierend demokratiefeindlichen demoskopischen Daten vor den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg, sondern auch daran, daß in allen drei Ländern die Topwahlkämpfer aller Parteien ungeniert und wider besseres Wissen die rechtspopulistischen Putin-affinen Narrative nachplappern. Sie weisen die abscheuliche Propaganda Höckes und Wagenknechts nicht kollektiv zurück, sondern kopieren sie.

[….] Das BSW gibt beim Thema Frieden schon jetzt scheinbar den Takt im Wahlkampf vor. Wagenknecht bedient mit schlichten Slogans im Osten vorhandene Sehnsüchte. „Krieg oder Frieden“, so ein BSW-Plakat. Es insinuiert, dass Frieden mit Putin möglich ist – wenn der Westen nur will.

Das Spitzenpersonal von CDU, SPD und Linkspartei im Osten, der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer, Bodo Ramelow in Erfurt und der SPD-Ministerpräsident von Brandenburg Dietmar Woidke, blicken schon länger eher skeptisch auf die militärische Unterstützung der Ukraine. Doch derzeit ist die Taktung von friedenspolitischen Ideen bei ihnen auffällig hoch.

CDU-Mann Kretschmer fordert eine Volksbefragung über die 2026 geplante Stationierung von neuen US-Mittelstreckenraketen in Deutschland. Bodo Ramelow begrüßte erst die Moskauvisite des Putinfreundes Victor Orbán und fordert nun einen Nichtangriffspakt in Europa. Dietmar Woidke mahnte am Wochenende in Schwedt noch dringlicher als sonst, dass „dieser Krieg so schnell wie möglich beendet werden muss“. Der SPD-Mann erwartet, dass „die Bundesregierung alle diplomatischen Bemühungen ergreift, die möglich sind“. [….] US-Raketen in Deutschland und immer mehr Waffen für Kyjiw sind für den Wahlkampf von CDU und SPD im Osten derzeit ein toxischer Cocktail. [….] Ein paar Bürgerrechtler um Marianne Birthler und Markus Meckel werfen Wagenknecht nun vor, russische Propaganda zu verbreiten. Als russisches Militär ein Kinderkrankenhaus in Kyjiw angriff, habe Wagenknecht den Ukrainern unterstellt, zu lügen. Solche „Desinformation sei in der DDR eine wohlbekannte Praxis“ gewesen, heißt es in dem Brief. Deshalb sollten die demokratischen Parteien, vor allem an die CDU, nicht „mit derartigen Lügnerinnen und Lügnern“ regieren. [….] Ist der Hagel von Friedensbotschaften von Woidke, Ramelow und Kretschmer ein Erfolg des BSW? Gar vorauseilende Anpassung? Wagenknecht hat ja vollmundig erklärt, das BSW werde sich nur „an einer Landesregierung beteiligen, die bundespolitisch klar Position für Diplomatie und gegen Kriegsvorbereitung bezieht“. [….]

(Stefan Reincke, 06.08.2024)

Ein so klare Positionierung pro Putin gibt es eben nur im Osten.

Es schmerzt, zu sehen, wie Linke und Sozis von dem antihumanistischen Virus anstecken lassen. Aber der CDU-Ministerpräsident von Sachsen sticht klar als Widerlichster der Populisten-Ossis hervor. Michael Kretschmer vereint in seiner Person alles, das ich an den Ossis verachte. Er ist die Apotheose des Dunkelossitums. Seine abstoßende Roter-Gnom-Physiognomie unterstreicht seine charakterliche Hässlichkeit noch zusätzlich.


[…..] Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer fordert auch mit Blick auf den Bundeshaushalt eine Kürzung der Waffenhilfe an die Ukraine. „Wir können nicht länger Mittel für Waffen an die Ukraine in die Hand nehmen, damit diese Waffen aufgebraucht werden und nichts bringen. Es muss alles im Verhältnis stehen“, sagte der CDU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Unterstützung ja, aber wir merken doch, dass wir an unsere Grenzen stoßen.“

Kretschmer reagierte damit auf die Frage, ob er für ein Ende der deutschen Waffenhilfe an die Ukraine sei, um Geld zu sparen. „Ich habe mich von Anfang an deutlich gegen Waffenlieferungen ausgesprochen und für diplomatische Initiativen geworben“, sagte er. „Seit zwei Jahren habe ich da eine sehr klare Meinung und ich muss leider sagen, diese hat sich in vielen Punkten bestätigt.“ Er bekräftigte, dass der Ukraine-Krieg aus seiner Sicht nicht auf dem Schlachtfeld beendet werde, sondern am Verhandlungstisch.

Der sächsische Ministerpräsident hatte im vergangenen Jahr bereits einen Waffenstillstand zwischen Russland und der Ukraine bei einem zeitweiligen ukrainischen Verzicht auf eigene Gebiete ins Gespräch gebracht - zur Empörung der Ukraine. Das Land wehrt seit Februar 2022 mit massiver westlicher Hilfe eine russische Invasion ab. Deutschland ist dabei nach den USA der zweitstärkste Einzelunterstützer.

Mit Blick auf die neu aufgeflammte Debatte über den Bundeshaushalt 2025 verwies Kretschmer auf den Etat-Zuwachs in den vergangenen Jahren. „Vor der Corona-Krise im Jahr 2019 hatten wir ein Haushaltsvolumen von 344 Milliarden. Wir sind jetzt bei 480 Milliarden und trotzdem kann die Ampel sich nicht auf den Haushalt einigen“, so der Ministerpräsident. „Das zeigt doch, dass alles außer Rand und Band geraten ist. Bürgergeld rund 50 Milliarden, Migration Dutzende Milliarden, Waffenhilfe zig Milliarden. So wird das nichts.“ […..]

(dpa, 09.08.2024)

Ich bin sicher, die Dankes-Telegramme aus dem Kreml, dem BSW und der AfD wird Kretschmer voller Stolz in seinem Arbeitszimmer aufhängen.

[…..]  Doch Kretschmers Aussagen lassen nicht nur in Sachsen die Wogen hochschlagen. Aus Berlin kommt scharfe Kritik. Besonders deutlich äußert sich Marcus Faber, FDP-Politiker und Vorsitzender des Verteidigungsausschusses im Bundestag. „Es widert mich an, wie ein Ministerpräsident den Überlebenskampf der Ukrainerinnen und Ukrainer für seinen Regionalwahlkampf benutzt“, so Faber in einer scharfen Reaktion. Für Faber steht fest: Die deutschen Waffenlieferungen sind notwendig, um der Ukraine die Möglichkeit zur Selbstverteidigung zu geben. „Das tun sie nicht aus Kriegslust, sondern weil sie nicht in einem großen Butscha leben wollen, in dem die russische Armee wahllos mordet, foltert und vergewaltigt.“  […..]

(Der Westen, 09.08.2024)

Immer noch begegnet man den Ossis nachsichtig; sie wären nun einmal nicht mit einer demokratischen Kultur aufgewachsen. Damit muss aber nach 34 Jahren mal Schluss sein. Es gibt keine Entschuldigung dafür, immer noch so dumm zu sein, diese faschistische PR nicht dechiffrieren zu können.

Das ist in etwa so, als würde ich mit über 50 Jahren immer noch in einen „Sandkuchen“ am Strand beißen und mich wundern, daß er nicht schmeckt.

Ich bin nicht so optimistisch, wie SZ-Edelfeder Kornelius.

[…..] Je näher der Wahltermin in Sachsen und Thüringen rückt, desto einfacher die Entscheidung: Es geht um die simple Frage, ob die Bürgerinnen und Bürger eine Regierung der Mitte oder der Extreme wollen – und welche Politik die neue Regierung für das jeweilige Bundesland bietet. Es geht in Sachsen und Thüringen hingegen nicht um die Frage, ob Waffen in die Ukraine geliefert werden sollen, oder ob der Krieg nun per Verhandlungen zu lösen ist.  Bedauerlicherweise vermitteln selbst die Parteien der Mitte und allen voran der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer den Eindruck, dass auch eine Entscheidung über Krieg und Frieden anstehe. Das ist Humbug. Als ob es nicht Populismus genug wäre, dass die Volksverführerin Sahra Wagenknecht Tatsachen verdreht und als Hilfskraft für russische Propaganda dient, stellt jetzt auch der CDU-Ministerpräsident Forderungen auf, die mit der Realität wenig zu tun haben. Die Ukraine „verschwendet“ keine Waffen, sondern verteidigt sich mit bewundernswerter Ausdauer. Und Verhandlungen kommen deshalb nicht zustande, weil Wladimir Putin kein Interesse an Verhandlungen hat, solange er ohne nennenswerten Protest zu Hause tausend Mann am Tag in den Tod schicken kann. […..]

(Stefan Kornelius, 09.08.2024)