Vor gut einem Tag in der Berliner Runde sah es noch so aus, als ob Jamaika und die Ampel gleichwertige Regierungsoptionen wären; als ob es ungefähr gleich wahrscheinlich wäre, Olaf Scholz oder Armin Laschet als Kanzler zu bekommen.
Laschet wäre aber nicht Laschet, wenn er es nicht geschafft hätte, sich binnen kurzer Zeit noch tiefer in den Mist zu manövrieren.
Er stößt die CDU-Abgeordneten vor den Kopf, indem er die Wahl Brinkhaus‘ zum CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden blockiert, indem er schon wieder lügt bezüglich seiner gestrigen Aussagen zum „klaren Regierungsauftrag der CDU“, indem er sich weigert der SPD zum Wahlsieg zu gratulieren, indem er keinerlei Empathie aufbringt für die 50 CDU/CSU-Abgeordneten mit hunderten Mitarbeitern, die alle ihren Job verlieren.
Laschet befindet sich in einem tiefen Zustand der Realitätsverleugnung.
[…..] Ein einzigartiger Selbstbetrug! Wer macht Armin Laschet klar, dass es vorbei ist? Die Nonchalance, mit der er sein politisches Versagen zu kaschieren versucht, ist verstörend. Die wichtigste Frage, die sich der CDU nach diesem Wahltag stellt, lautet, ob Armin Laschet nicht selbst denen langsam peinlich wird, die ihn als Kanzlerkandidaten durchgesetzt haben. Laschet war von einer Mehrheit der Parteibasis nicht gewollt, in einzelnen Landstrichen wurde sein Plakat erst gar nicht aufgehängt, die CSU hat ihn sowieso nie wirklich akzeptiert. Laschet hat einen grausam schlechten Wahlkampf geführt, er hat der Union ein verheerendes, historisch beispielloses Ergebnis eingebrockt, Wahlkreise gingen verloren, die für die Union als unverlierbar galten, der Osten ist christdemokratisches Brachland geworden. Und jetzt stellt er sich hin und will in der Mitte des Bundestages eine Mehrheit finden, die ihn zum Bundeskanzler wählt? […..] Was vielleicht am meisten verstört an Laschets Verhalten, ist der Mangel an Selbstachtung. Die Nonchalance, mit der er sein politisches Versagen zu kaschieren versucht. Laschet bestätigt mit seinem Verhalten das schlimmste Klischee gegen Politik und Politiker: Dass es immer nur um Posten und Pfründe gehe. […..]Ebenso wie viele Journalisten, scheint auch die Majorität der Wähler innerhalb von wenigen Stunden nach dem Wahlergebnis kapiert zu haben, daß Grüne und FDP die Politik- und Politiker-Verdrossenheit gewaltig anheizen würden, wenn sie ausgerechnet den krachenden Verlierer Laschet zum starken Mann Deutschlands kürten.
[…..] In einer Umfrage von infratest dimap für die ARD sprachen sich 62 Prozent der Befragten für den SPD-Kandidaten Scholz als Kanzler aus, 16 Prozent für Unions-Kandidat Laschet. […..] Eine Mehrheit von 55 Prozent bevorzugt laut einer repräsentative Studie von infratest dimap für den ARD-DeutschlandTrend eine SPD-geführte Koalition mit den Grünen und der FDP. 33 Prozent sprachen sich in der Umfrage für eine Koalition von CDU/CSU, Grünen und FDP aus. Von den Anhängern der FDP sprachen sich 41 Prozent eine Ampelkoalition aus und 51 Prozent für eine Jamaika-Koalition unter Führung der Union. Von den Grünen-Anhängern will eine klare Mehrheit von 81 Prozent die Ampel, 16 Prozent waren für eine unionsgeführte Koalition. […..] 63 Prozent sprachen sich dafür aus, dass die CDU/CSU jetzt in die Opposition gehen solle. 27 Prozent waren der Meinung, die Union solle versuchen, eine Regierung zu bilden. [….]
Die wichtigsten Zahlen sind die der FDP-Anhänger. Während Christian Lindner immer wieder betont, sich kaum vorstellen zu können mit Scholz zu regieren, sich immer wieder fest an die Union bindet und auch persönlich eng mit Laschet befreundet ist, sieht das auch nach einer SPIEGEL-Civey-Umfrage die Majorität der Lindner-Wähler ganz anders.
[…..] Trotz der von Parteichef Christian Lindner betonten inhaltlichen Nähe zur Union sprechen sich aber auch mehr FDP-Anhängerinnen und -Anhänger für Olaf Scholz (45 Prozent) aus als für Armin Laschet (33 Prozent). Dieser Abstand ist so groß, dass die Bevorzugung von Scholz unter den FDP-Sympathisanten selbst unter Berücksichtigung der statistischen Schwankungsbreite (5,4 Prozentpunkte) sicher ist. Bei den Grünen sind die Mehrheiten ohnehin eindeutig: 94 Prozent sind für Scholz, nur drei Prozent für Laschet. […..]
Armin Laschet ist es sein Leben lang gewöhnt, nicht qualifiziert genug gewesen zu sein, um aus eigener Kraft Abgeordneter, Hochschullehrer, Redakteur, Ministerpräsident oder Kanzlerkandidat zu werden.
Es gab immer mächtige Strippenzieher im Hintergrund, vom Opus Dei-Schwiegervater bis zu den CDU-Geronten Bouffier und Schäuble, die dem strauchelnden Armin aufhalfen, wenn er wieder einmal zu schwach war, um aus eigener Kraft voran zu kommen.
Die Unions-Granden sind zu feige, um heute schon deutlich Armin Laschets Ausstieg aus der Politik zu fordern.
Aber auf seine Unterstützer, die ihm sonst immer zur Hilfe eilen, wartet der CDU-Chef möglicherweise vergeblich.
Schäuble, Bouffier und Spahn bleiben alle in Deckung.
[…..] Der gescheiterte Unionskandidat Armin Laschet will seine Niederlage nicht akzeptieren – und tut so, als könne er noch Bundeskanzler werden. Offenbar leidet der CDU-Chef unter akutem Realitätsverlust. […..] Man hätte meinen können, Armin Laschet habe mittlerweile begriffen. So ein Wahlergebnis braucht immer seine Zeit, um ins Bewusstsein einzusickern, und eine Wahlkatastrophe, wie Laschet sie verursacht und erlebt hat, wohl erst recht. Aber offenbar haben auch einige Stunden Schlaf nicht geholfen: Armin Laschet lebt offensichtlich in einer anderen, ganz eigenen Realität. Es ist eine seltsame Alternativwelt, in der sich der glücklose Kandidat da eingerichtet hat. Eine Welt, in der die Union einen »Schlussspurt« hingelegt und damit »eine Aufholjagd geschafft« hat. […..] In Laschets Paralleluniversum lebt ein Armin Laschet, der Bundeskanzler werden kann, und zwar, lachen Sie jetzt nicht, aus Verantwortung für die Unionswähler. […..] Man möchte zu ihm gehen und ihn schütteln: Mensch Laschet, du hast verloren! Du kannst doch jetzt nicht mehr so tun, als würden die Massen dich im Kanzleramt sehen wollen! […..] Und offensichtlich weil sich sein Hirn hartnäckig weigert, über den Irrwitz seiner Wahlanalyse auch nur eine Sekunde lang nachzudenken, schaltet Laschet die Phrasenautomatik ein. […..]