Sonntag, 18. Oktober 2020

Merkel in Relation

Als ich begann mich für Politik zu interessieren, verortete ich die richtig durchgedrehten Staatschefs weit entfern in Afrika oder Ostasien. Kaiser Bokassa, Idi Amin, Pol Pot, Muammar al-Gaddafi.

Unglücklicherweise sind die heutigen Irren gefährlicher, präsenter und auch (politisch) näher. Es begann mit reichlich dubiosen Typen wie Silvio Berlusconi und George W. Bush, die aber inzwischen rational und intelligent wirken in Relation zu den aktuellen Top-Irren Johnson, Trump, Bolsonaro, Erdoğan und Duterte, die alle demokratisch gewählt worden. Es handelt sich dabei teilweise um unsere engsten Verbündeten und Handelspartner. Uganda oder die Zentralafrikanische Republik sind, ohne ihnen zu nahe zu treten, aus deutscher Sicht nicht unbedingt die wichtigsten Partnerländer, die jeden Tag in der Tagesschau vorkommen.

England und Amerika sind aber so vertraut, daß man deren Regierungschefs täglich; eher stündlich; medial begegnet.

Bedenkt man nun noch das Corona-Chaos in den genannten Nationen, liest in den sozialen Medien die gagaesken Auslassungen der Querfrontler-Barden und stellt sich die Zukunft im Bundeskanzleramt mit Merz oder Laschet vor, erscheint einem Angela Merkel geradezu als Lichtgestalt.

In den Zeiten der maximalen Verunsicherung ist sie durch die schiere Amtsdauer und ihr größtes Wesensmerkmal  - das Phlegma – wie eine Lichtgestalt der Politik.

Linke US-amerikanische Pundits bewundern sie, stellen sie immer wieder als strahlende Alternative zu ihrer Chaoten-Regierung in Washington dar und auch die Zustimmungswerte in Deutschland steigen und steigen.

Merkel ist die beliebteste deutsche Politikerin und die CDU die bevorzugte Partei.

Das hat alles seine Berechtigung. In Relation. So wie GWB als sympathischer kluger Kerl erscheint, wenn man gerade einen Trump-Auftritt gesehen hat.

 Gäbe es aber Trump und die 2020er GOP nicht, könnte man die acht Jahre der Bush-Junior-Präsidentschaft als das sehen was sie waren: Eine einzige Katastrophe. Seine Administration täuschte mit haarsträubenden Lügen die ganze Welt, zettelte zwei illegale Angriffskriege an, die inzwischen für 17 Jahren Chaos und Bürgerkrieg mit über einer Million Toten und noch viel mehr Vertriebenen sorgten. GWB zerstörte den Ruf der USA nicht nur in weiten Teilen des Nahen Ostens, sondern auch in Europa bei den engsten Verbündeten. Er zog Englands Premier Blair mit den Sumpf und löste ganz nebenbei noch die größte Weltwirtschafts- und Finanzkrise seit 80 Jahren aus.

Die Bundeskanzlerin wirkt in Relation zu den Top-Spinnern der Welt als gute Regierungschefin, aber sie ist im Vergleich zu den Besten – Ardern, Trudeau – peinlich und uncharismatisch.

Unter ihrer Führung verpasste Deutschland technisch den Anschluss an den Rest der Welt. Internet und Mobiltelefonnetze sind 20 Jahre hinter dem Rest Europas zurück, Deutsche können keinen Handys und keine Laptops bauen, konstruieren kaum zukunftsfähige viel zu schwere Verbrenner-Autos, sind nicht in der Lage ein konkurrenzfähiges E-Modell zu liefern oder ohne Hilfe aus Dänemark oder England ein einziges Off-Shore-Windkraftwerk aufzustellen.

Die Deutschen Großbanken, einst führend in der Welt, sind zu schwer angeschlagenen Übernahmekandidaten geworden, die jederzeit von einem asiatischen Geldhaus aufgekauft werden können.

 Deutsche Schüler haben keine Notebooks. Der Unterricht findet auf Kreidetafeln statt, weil es gar kein WLAN gibt und zu Corona-Zeiten kann man noch nicht mal die Klassenräume durchlüften, weil die Schulgebäude so alt und marode sind, daß sich die Fenster nicht öffnen lassen.

Großprojekte scheitern ohnehin immer in Deutschland – die Baufirmen, Planer und politisch Zuständigen sind allesamt unfähig: Transrapid, LKW-Maut, BER, Stuttgart21, Elphi oder auch nur simple Militärtechnik wie ein Maschinengewehr – alles Schrott, für den wir international ausgelacht werden.

Mal ganz abgesehen von Hightech wie Kampfjets, Marinehubschraubern, Drohnen oder 5G-Technik: All das können Deutsche nicht, weil die Merkel-Bundesregierung mit ihren vollkommen lächerlichen, überforderten Verkehrs- und Forschungsministern nicht vermögen Industriepolitik zu machen.

Sie laufen nur den zahlungskräftigsten Lobbyisten der Altindustrie hinterher, statt Vorgaben zu machen.

Merkel selbst intervenierte jedes Mal, wenn die EU drohte die Verkehrspolitik zu modernisieren und eine CO2-Steuer einführen wollte.

Merkel fördert den Bau von Kohlekraftwerken, reißt dramatisch alle gesetzten Klimazielvorgaben.

Aktiv wird sie für die Rüstungsindustrie und reist mit einem Sprechzettel des Lügenbarons Guttenberg nach China, um dort wie eine gehorsame kleine Hostess die kriminelle Fake-Firmen Wirecard und Augustus anzupreisen.

Deutschland übt derzeit die EU-Ratspräsidentschaft aus. Angela Merkel ist Ratspräsidentin, tut aber nichts.

Die Zustände auf Lesbos sind schlimmer als in Moria, es gibt nicht den Hauch einer Migrationsvereinbarung in der EU, tatenlos sieht man zu wie in Polen und Ungarn die Demokratie demontiert wird.
Zu Belarus gibt es nur ein Achselzucken der EU-Ratspräsidentin Merkel.

Die Frau ist eine Katastrophe der internationalen Politik, die auch noch im Streit mit London die dringend benötigte EU-Einheit aus kleinlichen pekuniären Interessen sprengt.

[…..] Im Interesse der deutschen Industrie

Kanzlerin Angela Merkel dringt gegen EU-Konsens auf "Kompromiss" beim Handelsabkommen mit Großbritannien.   Die Bundesregierung schert aus dem EU-Konsens in den Verhandlungen über ein Brexit-Freihandelsabkommen aus und verlangt Zugeständnisse gegenüber Großbritannien. Hatten die EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstag noch einhellig - mit Zustimmung Berlins - den Druck auf London erhöht und die britische Regierung zum einseitigen Nachgeben im Streit um das Abkommen aufgefordert, so plädiert Bundeskanzlerin Angela Merkel jetzt dringend für "einen Kompromiss". Auslöser für den Kurswechsel ist, dass London bekräftigt, einen ungeregelten Brexit vorzuziehen, wenn die EU vollumfänglich auf ihren Positionen beharrt. Ein ungeregelter Brexit allerdings brächte gravierende Nachteile vor allem für die deutsche Industrie, deren zweitgrößter Investitionsstandort - deutlich vor China - das Vereinigte Königreich ist und deren Geschäft auf den britischen Inseln schon jetzt ganz erheblich unter den Brexit-Ungewissheiten leidet. Weitere Einbrüche sucht Berlin, mit den Schäden der Coronakrise und den Wirtschaftsrisiken des Machtkampfs zwischen den USA und China konfrontiert, zu vermeiden. [….]

(GFP, 18.10.20)

Als gehorsame, artige Industrielobbyisten torpediert Merkel die ohnehin in einer schweren Krise befindliche EU.

Erbärmlich. Schande, Schande.