Sonntag, 9. Februar 2025

Presseversagen

Eine der größten Gefahren für Demokratie und Frieden in der Welt, besteht in der Meinungskontrolle durch rechtsextreme Oligarchen. Die klassischen Medienhäuser werden, wie auch Social Media von wenigen Milliardären dominiert.

Bezos, Musk, Thiel, Döpfner, Murdoch, Koch, Soon-Shiong, Zuckerberg gehören allesamt enteignet. Ihre Medienmacht radikalisiert die Menschen.

Ohne das kollektive Totalversagen der US-Medien, die vor knapp zehn Jahren für die Quote jede Moral opferten, indem sie die Lügen-Rants eines orange geschminkten rechtsradikalen New Yorker Reality-TV-Darstellers unnötigerweise in die ganze Welt multiplizierten, gäbe es keinen US-Präsidenten Trump.

Schon allein deswegen unterstütze ich aus voller Überzeugung den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, ÖRR. Er sollte die exorbitant teuren Sportrechte links liegen lassen und seine Ressourcen, ohne wie ein hypnotisiertes Kaninchen auf Quoten starren zu müssen, für Informations- und Dokumentationssendungen bündeln. Anderenfalls müsste der Rundfunkbeitrag angehoben werden, respektive die Finanzierung direkt aus dem Bundes- und den Landeshaushalten kommen. 

Der Erhalt unser Demokratie und der politischen Kultur sollte uns durchaus 18 Euro im Monat wert sein. Ein möglichst engmaschiges Netz aus Korrespondenten, die nicht wie Döpfner- oder Bezos-Schreiberlinge ständig mit der Angst leben, bei Missfallen ihren Job zu verlieren, erscheint mir essentiell für einen der größten Industriestaaten der Welt. Dabei muss ein klares Prinzip „Qualität vor Quantität“ gelten, in dem auch politische Unabhängigkeit garantiert sein muss. Parteien und Kirchen haben endlich aus den Rundfunkräten zu verschwinden.

Als überzeugter und enthusiastischer Verfechter des ÖRR, bin ich natürlich umso frustrierter, wenn ausgerechnet die politischen Aushängeschilde, nämlich die prominenten Abend-Talkshows im ZDF und bei Strobl-TV, so sehr bei ihrem Informationsauftrag versagen: Seit Jahren puschen sie rechtsradikale Narrative, lassen Hetzer und Covidioten, genau wie wissenschafts-antagonistische Ideologen von CDU, FDP und CSU unwidersprochen plappern.

Besonders perfide ist es, wenn Caren Miosga das Brandolini-Gesetz in Extremform nachspielt: Sie lässt Weidel unwidersprochen dreiste Lügen behaupten und reicht Tage später, wenn niemand mehr hinguckt und ihre giftigen Falschinformationen längst in den Hirnen abgespeichert sind, einen Faktencheck nach. Der erreicht dann aber niemanden mehr.

So funktionierte leider auch die heutige ARDZDF-Sendung „Das Duell“, in der schon der Titel eine Irreführung war, indem er Einmaligkeit suggerierte. Dabei treffen Merz und Scholz in diesen Tagen andauernd im TV aufeinander.

Der Erkenntnisgewinn ist mau, da seit 1951 stets Maischberger und Illner als müde Stichwortgeberinnen agieren, die achselzuckend jede noch so dreiste Merz-Lüge durchgehen lassen (bis aus eine Ausnahme, als Illner den Taurus-Eiertanz des Merz anzeigte). 

Aber er konnte beispielsweise behaupten „Es gibt keine Gemeinsamkeiten zwischen der CDU und der AfD“; eine besonders dreiste Lüge.

Es kam zu slapstickartiger Gesprächsführung, als Maischberger beispielsweise das DIW zitiert: Es entstünden 111 Mrd Euro Kosten, wenn man alle Merz-Vorschläge umsetze.

Der Sauerländer Ökonomie-Laie verkündete dazu voller Überzeugung, das Geld käme dann durch das enorme Wirtschaftswachstum wieder herein. Das ist völlig unstrittig blanker Unsinn. Dafür wären rund 10% Wirtschaftswachstum notwendig, die laut Merz also urplötzlich nach seinem Amtsantritt einsetzten – während eines mutmaßlichen Handelskrieges mit Trump. Das ist maximales Bullshitten, mit dem man aber den CDUCSU-Mann einfach durchkommen ließ.

Ebenso hanebüchen irrational und realitätswidrig antwortete Merz auf eine der Giga-Krisen Deutschlands: Die Pflegekatastrophe. Schon jetzt fehlen Hundertausende Arbeitskräfte in der Pflege, fehlen Heimplätze, leben Alte in menschenunwürdigsten Verhältnissen. 85% der Pflegedürftigen leben zu Hause und werden von einem Heer meist osteuropäischer 24/7-Helfer betreut, die nach deutschem Recht das Zehnfache verdienen müssten. Der Staat wagt aber nicht genauer hinzusehen und das geltenden Arbeitsrecht umzusetzen, weil dann 15.000 - 20.000 Euro Kosten pro Pflegefall notwendig würden. Niemand kann das bezahlen. 84,9% müssten in Pflegeheime wechseln, die aber keine Plätze und kein Personal haben.

Dazu Merz lapidar: „Eine verpflichtende private Pflege-Zusatzversicherung“ müsse kommen. Genau, weil die von Altersarmut betroffenen - 17,5 Prozent der Menschen ab 65 Jahren gelten in Deutschland als armutsgefährdet – alle locker so viel Geld übrig haben, um eine Versicherung abzuschließen, die 15.000 Euro im Monat einbringt. Maischberger und Illner akzeptieren das zufrieden.

[….] Ich sag mal so: Das TV-Duell ist eine einzige Farce. #Scholz wird ständig unterbrochen, #Merz darf ausreden und haut eine Lüge nach der anderen raus, etwa zu #Bürgergeld, #Asyl & Co. - Moderation: absolut schwach. #tvduell  […]

(Marc Raschke, 09.02.2025)

Auch zur harten Frage, wie man eigentlich nach einem theoretischen Waffenstillstand in der Ukraine, das Land vor weiteren Übergriffen aus Russland schützen wolle – also einer wirklich zentralen und garantiert im Raum stehenden Problematik – sagt Merz: „Das werden wir sehen!“ Und Maischberger lächelt dazu beseelt.

[…] Idee fürs TV-Duell: Nach fünf Minuten kommt Heidi Reichinnek ins Studio und darf Scholz und Merz eine Stunde lang zusammenfalten. [….]

(Moritz Hürtgen, 09.02.2025)