Wat nich
oans givt!
In Berlin fand der erste Bundeskongress der „neuen Deutschen“ statt.
In Deutschland leben
mehr als 16 Millionen Menschen, die selbst aus einem anderen Land kommen, oder
deren Eltern oder Großeltern eingewandert sind - rund ein Drittel von ihnen kam
hier zur Welt. In der dritten Generation gibt es zweifelsohne viele Probleme.
Ihr gehören aber auch viele an, die zu einer jungen Elite gehören: gebildet, kritisch,
politisch, engagiert.
Trotzdem werden sie in
Deutschland oft nicht als "richtige Deutsche" gesehen. Wenn sie auf
die Frage, woher sie kommen, antworten: "aus Berlin" oder "aus
dem Schwarzwald", dann folgt oft: "Aber woher wirklich?"
Ich
werde gleich mal googeln, ob das ein e.V. ist; dem würde ich gern beitreten.
Olaf
Scholz schrieb mir zwar einen Brief, mit dem er mich zur deutschen
Staatsbürgerschaft einlud – wofür ich ihm sehr dankbar bin – aber bisher
erfülle ich die Auflagen nicht und will außerdem meinen alten Pass nicht abgeben.
Also
bleibe ich wohl noch eine Zeit „undeutsch“. Zumindest so lange wie die CDU im
Bund regiert.
Die
Schröder-Fischer-Regierung wollte das bekanntlich ändern, hatte aber keine
Mehrheit im Bundesrat.
Ich sehe
nicht ganz durchschnittlich aus; gelegentlich sagt man mir, ich sei auffällig.
Dennoch sitze ich nicht so recht im Boot meiner 16 Millionen Neudeutsch-Brüder,
da ich a) akzentfrei deutsch spreche und b) sehr hellhäutig bin. Schade
eigentlich. Die „ethnisch Schmutzigen“ (Peters Ustinov) sind für mein Gefühl
attraktivere Menschen. Es empfiehlt sich immer den Stammbaum mit etwas fremder DNA
aufzufrischen und etwas Exotisches einzukreuzen.
Das ist
der Treppenwitz der Rassisten: Wer wie Hitler oder heutige amerikanische Aryan
Groups von „Rassereinheit“ schwärmt, will damit ja die Überlegenheit der
eigenen (weißen) Rasse vervollkommnen.
J.R.R.
Tolkien war nebenbei bemerkt auch so ein Rassist, der im Herrn der Ringe
unablässig die Vermischung der westlichen Heldenmenschenrassen mit dunklen
Ostmenschen beklagt. Dies würde ihnen Fähigkeiten und Langlebigkeit rauben.
In
Wirklichkeit ist es genau andersrum. Inzucht führt zu Schwachsinn und
Krankheit. Hybriden sind genetisch überlegen, schon allein weil viele auf
rezessiven Genen liegende Erbdefekte nicht zum Tragen kommen.
Eine
typische deutsche Familie mit diversen blondäugigen und blauhaarigen Blagen
sollte sich also sinnvollerweise wünschen, daß diese später einmal mit einer
Äthiopierin und einem Japaner Kinder zeugen. Nicht so gerne mit den Nachbarn
aus dem Dorf, in dem es nur zwei Familiennamen gibt und erstaunlich viele
Kinder 12 Zehen haben.
Viele
Deutsche, insbesondere Ostdeutsche, die in Gebieten leben, wo sich phänotypisch
fast unter sich sind, sehen das ganz anders.
Sie
wollen nur einheitlich deutsch-hellhäutige Typen um sich haben.
Im
eigenen Saft schmoren, bis die rezessiven Gene so durchschlagen, daß man schon
deswegen nur noch sächseln kann.
Wir
kennen das seit der Wendezeit, als gerne Asylbewerber gejagt wurden und
Wohnungen mit „Ausländern“ in Brand gesteckt wurden. Geändert
hat sich in 25 Jahren beinahe nichts.
Politisch
wurde das bestenfalls ignoriert, im schlimmsten Fall wurden diese kackbraunen Niederungen
sogar gezielt umschmeichelt, um Stimmen zu gewinnen.
Das gilt
für rechte Parteien wie DVU, Republikaner, CSU, DVU und NPD, aber auch Merkels
angeblich so liberale moderne CDU macht auf dem Rücken der „neuen Deutschen“
Politik. Da proklamiert sie die „deutsche Leitkultur“, verschärft
kontinuierlich Asylrechte und läßt in Hessen „Antiausländer-Unterschriftenlisten“
auslegen, während die Rechtsaußen ihrer Partei mit ihrem Segen Stimmung gegen
Ausländer machen. Stichwort Kauder, Krissi Schröder und Steinbach. Die
Sachsen-CDU bereitet dem Pegida-Mob den Boden.
Mich
erinnert das schaudernd an die Venus von Wolgast, das Sinnbild des
hässlichen Ostdeutschen, die offenbar kein Einzelfall war.
[….]
Als sich im August 1992 eine
Menschenmenge vor dem Sonnenblumenhaus in Rostock-Lichtenhagen versammelte, gab
es Stimmen aus dem Mob, die ähnlich klangen: "Wir sind hier in unserem
Block bestimmt nicht ausländerfeindlich." Von Ausländern und Asylbewerbern
aber hatten die Menschen damals nahezu dasselbe Bild: "Das sind in meinen
Augen Schmarotzer, die auf unsere Kosten, auf die arbeitenden Menschen hier,
sich fett machen wollen."
Dresden heute. Die
Welt hat sich geändert, die Vorurteile offenbar nicht: "Na, was will ich denn
bewegen? Dass ich gegen die Ausländer bin, dass so viele hier reinkommen. Das
ist mein Grund, warum ich hier bin." Eine Frau fordert auf einer
Demonstration von Pegida vor der Kamera: "Wir sollen doch die Kriminelle
endlich mal abschieben, Schluss damit, mit der Solidarität."
Vor gut 22 Jahren
drückte es eine Frau in Rostock-Lichtenhagen so aus: "Schon wieder sind
neue Busse mit denen da, die sollen sie raus, raus in den Wald rein, nur
raus." Und eine andere Frau
schreit: "Ich hab auch was gegen die Ausländer, hab ich auch. Die sollen
hier verschwinden." [….]
Die 16
Millionen Undeutschen, die nun von dem Kongress “neue Deutsche” vertreten werden,
möchten das xenophobe Denken offenbar beenden.
D’Accord.
Sie
möchten aber vor Allem dazu gehören und als normale, reguläre Deutsche
anerkannt werden.
Da passe
ich.
Mein
Drang als regulärer Deutscher dazu zu gehören liegt unter der Nachweisgrenze.
Wieso
sollte ich mich mit denen gemein machen wollen?
Nicht,
daß ich eine Alternative wüßte. Aber wenn ich schon nichts besseres weiß, kann
ich genauso gut bei meiner alten Staatsbürgerschaft bleiben, die ich mir
natürlich auch nicht verdient habe, sondern zu der ich durch blanken Zufall gekommen
bin.
Es
bedeutet mir emotional aber weniger als Null.
Was sich
in Deutschland zusammenbraut, stößt mich allerdings ab.
Während einige Tausend
Menschen für "Pegida" auf die Straße gingen, haben die Angriffe auf
Asylbewerberheime und gegen ihre Bewohner dramatisch zugenommen. Experten
vermuten einen Zusammenhang. Die Demos hätten den Nährboden für diese
Übergriffe bereitet.
Die Zahl rassistischer
Angriffe auf deutsche Asylbewerberheime ist dramatisch angestiegen. Die
Attacken richteten sich gegen Asylbewerberunterkünfte und gegen ihre Bewohner.
Sie reichten von Volksverhetzung bis zu Angriffen mit Waffen oder Brandsätzen,
berichtet der "Tagesspiegel".
Vom Jahr 2012 auf das
Jahr 2014 versechsfachte sich die Zahl der Attacken laut der Bundesregierung.
Besonders stark war der Anstieg in den letzten drei Monaten des vergangenen
Jahres. Dem Bericht zufolge gab es 2012 noch 24 Angriffe auf
Flüchtlingsunterkünfte, im Jahr 2013 schon 58 Angriffe und im vergangenen Jahr
150 Angriffe. Die Behörden zählten allein im letzten Quartal des vergangenen
Jahres bundesweit 67 rechtsextrem motivierte Straftaten. Das ist mehr als im
gesamten Jahr zuvor.
Das vierte Quartal
2014 war besonders geprägt von der politischen Diskussion über
Flüchtlingspolitik und dem Aufkommen der "Pegida"-Bewegung.
Migrantenorganisationen und Konfliktforscher vermuten deswegen, dass die
Kundgebungen der Dresdner Pegida-Bewegung den Nährboden für diese Übergriffe
bereitet haben. [….]