Samstag, 24. Mai 2025

Rechts und Rechts gesellt sich gern.

Daß die CDU eine Schwäche für Rechtsradikale hat – geschenkt.

Immerhin ging sie aus dem Parteien hervor, die Hitler zum Kanzler machten. Immerhin hat sie ehemalige NSDAP-Größen zu ihren Ministern, Kanzlern und Vorsitzenden gemacht.

Immerhin kuschelt und posiert sie immer wieder mit den Nazis von der AfD.

Immerhin zählen knallharte Rechtsradikale zur Israelischen Regierung.

Zu dem am 22.12.22 gebildeten Kabinett Netanjahu VI gehören mit Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir, Yitzhak Wasserlauf und Amihai Eliyahu auch Minister der scharf rechtsradikalen, rassistischen, ultrareligiösen und islamophoben Otzma Jehudit, sowie weitere rechtsextreme Fanatiker der Mafdal – HaTzionut HaDatit (Finanzminister Bezalel Joel Smotrich, Integrationsminister

Ofir Sofer, Orit Strock), der Schas und der Noʿam.

Ein wahres Gruselkabinett, das sich wie Trump intensiv daran macht, Demokratie und Gewaltenteilung zu zerschlagen. Wie in den USA hängen sie alle einem schwer kriminellen Regierungschef an, der in erster Linie das höchste politische Amt anstrebte, um Immunität zu erlangen und sich selbst vor dem Knast zu retten.

Völlig klar, daß der CDU-Chef und Bundeskanzler solche Typen mag, ihnen den Roten Teppich ausrollen und sie vor dem Internationalen Haftbefehl bewahren will.

Rechtsradikal und Rechtsradikal gesellt sich gern.

Wäre da nur nicht der Doppel-Twist mit dem Antisemitismus und der deutschen Vergangenheit.

Das traditionelle Kerncharakteristikum deutscher Rechtsradikaler und Hitler-Anhänger (wie beispielsweise Fritze Merzens Opa, dem Briloner Bürgermeister Josef Paul Sauvigny) ist der Antisemitismus. Noch Jahrzehnte nach 1945, können sie den Juden den Holocaust nicht verzeihen.

In den 1970ern waren es dann aber Linke in Deutschland, die sich mit den Palästinensern solidarisierten und auf Distanz zur offiziellen Israelischen Regierung gingen. Nicht von ungefähr unterhielt die RAF gleichermaßen Verbindungen zur Stasi und zur PLO. Nach dem Feind-meines-Feindes-Motto, wurde daraufhin insbesondere der konservative Likud den deutschen Rechtskonservativen immer sympathischer. Insbesondere für Rechte mit so eklatanten historischen Bildungslücken wie Fritze Merz, war es ein Vergnügen, sich als Alliierter Israels zu zeigen. Damit wischt man den Linken eins aus und stellt sich auch gegen die klassischen antisemitischen schmuddeligen deutschen Neonazis.

Echte deutsche Nazis von heute – ob im sächsischen Untergrund, die „Heimat“,  David Berger“, Identitäre oder Reichsbürger  - geraten allerdings etwas ins Schwimmen. Sie hängen immer noch dem Judenhass an, benutzen also deutlich antisemitische Narrative, wettern gegen prominente Juden wie George Soros. Das alles wird aber zunehmend von ihrem extremen Hass auf Araber und ihrer Islamophobie überkompensiert, so daß sie ebenfalls, getreu des Feind-meines-Feindes-Mottos, immer mehr Sympathien für Netanjahu hegen, je mehr Palästinenser und Araber er massakrieren lässt.

Deutsche Linke wollen sich natürlich nicht gern mit den Bibis Arsch-küssenden David Bergers, Merzens und Trumps gemein machen. Sie möchten Partei für die Opfer in Gaza ergreifen – Myriaden Kinder wurden von der Israelischen Armee getötet.

Aber auch das ist ein Balance-Akt, denn man will nicht; darf nicht und kann nicht Antisemitismus hoffähig machen, die Verbrechen der Hamas ignorieren oder gar die besondere deutsche historische Verantwortung leugnen.

(…..) Selbstverständlich gibt es bei diplomatischen und politischen Reaktionen ein breites Spektrum der Intensität und ich bin angesichts der deutschen Verantwortung für die Erinnerung an den Holokaust unbedingt dafür, von Berlin aus nicht unbedingt zur Speerspitze der Kritiker zu gehören. Eine gewisse Zurückhaltung ist angebracht. Deutschland sollte sich hingegen immer zuerst vor Israel stellen, wenn es ungerechtfertigt oder überzogen attackiert wird. (…)

(Deutscher Israelisch-Sonderweg, 21.05.2025)

Die Gemengelage ist eine Katastrophe. Aber die gegenwärtige Israelische Regierung hat zweifellos so extrem überzogen, daß Milde und Neutralität; Rücksichtnahme und Verständnis, keinen Platz mehr haben. Das geht nicht, wenn Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Genozid zur Debatte stehen.

[…] Wenn man deutschen Regierungspolitikern zuhört, wie sie über Gaza sprechen, könnte man leicht den Eindruck gewinnen, in einem Paralleluniversum gelandet zu sein. Es klingt, als sprächen sie über eine Naturkatastrophe, nicht über eine von Menschen gemachte: tragisch, aber was kann man schon ausrichten?

Es gibt unzählige Beispiele für diese Art von Rumgedruckse, hier eines aus dieser Woche: Caren Miosga spricht Norbert Röttgen, den außenpolitischen Experten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, auf den Krieg in Gaza an, der bislang rund 53.000 Menschen das Leben gekostet hat. Etwa 70 Prozent der Todesopfer sind laut Uno Frauen und Kinder.

Röttgen sagt: »Kinder, Babys tragen bestimmt keine Schuld. Ihre Mütter im Zweifel auch nicht.« Bestimmt, im Zweifel? Und die Väter im Zweifel schon? Miosga zitiert daraufhin Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der das israelische Vorgehen in Gaza eine »Schande« nennt. Sie stellt die Rückfrage an Röttgen: »Ist das zu scharf?« […] Und schon beginnt das Trauerspiel, das in den vergangenen 19 Monaten bei so vielen deutschen Politikern zu beobachten war: Röttgen verhaspelt sich, weicht aus, druckst herum: »Das ist jetzt wieder eine politische Be…wertung. Ich wollte aussprechen, das ist ein fürchterliches Leid und ein Sterben, das stattfindet, und es muss beendet werden.«  Röttgen ist kein Einzelfall, er ist der deutsche Normalfall. […] Diese angstbesetzte Art des Sprechens, vielmehr ein Schweigen, ist unerträglich angesichts der Realität in Gaza: Seit fast drei Monaten verweigert Israel 2,2 Millionen Menschen die Nahrung, Wasser, Medizin. Humanitäre Helfer erzählten dem SPIEGEL schon vor Wochen von unterernährten Müttern, die nicht stillen können und deshalb ihre Säuglinge verloren haben. Die Blockade der Hilfsgüter ist in dieser Woche offiziell gelockert worden, besteht aber laut Uno und Hilfsorganisationen faktisch weiter. […] Parallel dazu marschieren israelische Soldaten wieder in den Gazastreifen ein, sie sollen ihn vollständig erobern – und die Bevölkerung soll auf engem Raum zusammengetrieben werden. Finanzminister Bezalel Smotrich erklärte: »Wir erobern, säubern und bleiben in Gaza.« […] Selbst in Israel wird die Debatte über Netanyahus entgrenzte Kriegsführung immer härter geführt, eine große Mehrheit der Bevölkerung wünscht sich einen Geiseldeal und eine Waffenruhe. Der Oppositionspolitiker Yair Golan wurde am 7. Oktober zum Helden, als er auf eigene Faust Menschen vor der Hamas rettete. Nun sorgt der Ex-General mit diesen Worten für Aufruhr im Land: »Ein Land, das bei gesundem Verstand ist, führt keinen Krieg gegen Zivilisten, es tötet keine Babys als Hobby und setzt sich nicht die Vertreibung der Bevölkerung zum Ziel.« […]

Das deutsche Schweigen zu Gaza geht in die Geschichte ein. Jetzt geht es nur noch um Schadensbegrenzung. Besser spät als nie.  [….]

(Dunja Ramadan, 23.05.2025)

So geht das nicht, Merz!

 
[…] Der Gaza-Krieg radikalisiert sich. Jetzt reicht es nicht mehr, wenn sich Deutschland nur besorgt über das Sterben der Palästinenser zeigt. […] Die deutsche Nahostpolitik bewegt sich seit Jahrzehnten in den gleichen Bahnen. Deutschland versorgt Israel mit Waffen und politischem Schutz – und Palästina mit Geld. Dieser Doppelkurs, der immer zwischen Pragmatismus und Bigotterie schillerte, ist am Ende. Angesichts der Radikalisierung des Gazakriegs und der massiven Vertreibungen im Westjordanland durch jüdische Siedler wird diese Haltung zur Realpolitik im Stadium des ­Irrealen. Man klammert sich an Gewissheiten, die mit jedem verjagten Palästinenser im Westjordanland und jedem toten Zivilisten in Gaza pulverisiert werden.

In Deutschland beruft man sich mit zerfurchter Stirn auf die NS-Geschichte, die Pflichten mit sich bringe. Man könne nicht anders. In mutigen Momenten fordert Kanzler Friedrich Merz den israelischen Premier Benjamin Netanjahu dazu auf, angesichts der von Israel inszenierten Hungersnot in Gaza Hilfslieferungen zu erlauben. Das macht in Jerusalem gewiss Eindruck.

Die israelische Armee begeht Kriegsverbrechen. Sie hat Tausende von Unschuldigen getötet – und wird das jetzt mit noch mehr Feuerkraft, Bomben, Toten fortsetzen. Netanjahu hat den Waffenstillstand gebrochen. Das Ziel ist nicht mehr, die Hamas auszuradieren. Das Ziel ist, „Gaza vollständig zu zerstören“, so der rechtsradikale Finanzminister Bezalel Smotrich. Die Netanjahu-Regierung will den Palästinensern das Leben zur Hölle machen und Hunderttausende zur Flucht zwingen. Israel arbeitet unverblümt an einer ethnischen Säuberung. Was muss noch passieren, ehe man im Kanzleramt begreift, dass es nicht mehr reicht, sich nur „besorgt“ wegen des Sterbens in Gaza zu zeigen? […] Auch Frankreich, Großbritannien und Kanada stellen, ähnlich wie die EU, Taten in Aussicht. Wenn Israel den „völlig unverhältnismäßigen“ Krieg in Gaza nicht stoppe, werde man zu „gezielten Sanktionen“ greifen. Sogar der britische Premier Keir Starmer hat das unterschrieben. Merz nicht. […] Die Alternative ist, dass Merz an der Seite der „Lichtgestalten“ Donald Trump, Viktor Orbán und Javier Milei zur schrumpfenden Schar der bedingungslosen Unterstützer Israels zählt. Wenn das die Conclusio der Vergangenheitsbewältigung ist, auf die man hierzulande so stolz ist – dann ist etwas fundamental falsch gelaufen.  [….]

(Stefan Reinecke, 24.05.2025)