Donnerstag, 10. Mai 2012

Intellektuelle Hohlköpfe - Teil I


Wenn Hakenkreuznet einen deutschen Mainstreamler lobt, dann muß dieser über eine extrem religiotische Ader verfügen.

Der Frankfurter Schriftsteller Martin Mosebach, 60, ist so einer.
Der Liebling des Feuilletons wurde mit Literaturpreisen überhäuft, unter anderem mit dem Georg-Büchner-Preis, dem renommiertesten Literaturpreis der deutschen Sprache. Mosebach ist so beliebt, daß alle großen Zeitungen und Zeitschriften ihn willig für Essays engagieren. 
Mosebach ist die Zierde einer „guten“ Zeitung.

„Brillianz, die aus der Fülle kommt“ jubelte FAZ-Mann Hubert Spiegel.

"Martin Mosebach, der Erzähler, Romancier und Essayist, der Grandseigneur in der Apfelweinkneipe, der orthodoxe Katholik und unorthodoxe Kenner der Künste, der konservative Anarch und hemmungslose Bewahrer von Stil und Form, ist ein glanzvoller Büchner-Preisträger" und bezeichnet ihn zugleich als "genuinen Erzähler und [...] Essayisten von ungewöhnlicher stilistischer und intellektueller Brillanz. [...] „Die fetten Glatzen, die rüsselartigen Nasen, das lose Hautgeschlabber, die in Faltennestern versteckten Äuglein, die pomadigen Haarsardellen, interessante Ringe an den Fingern, alles scheint plötzlich mit den Augen eines van Eyck, eines Hieronymus Bosch, eines Frans Hals, eines Ingres gesehen.“
So beschreibt Mosebach die Stammgäste jenes Apfelweinlokals, in dem er seine Liebe zu Frankfurt wiederfand. […] Das ist kulturkonservativ, gewiss, aber die Einzigartigkeit des konservativen Intellektuellen Mosebach liegt nicht zuletzt darin, dass seine Kulturkritik nie Larmoyanz, sondern stets Vitalität verströmt; sie kommt aus der Fülle.

So schließt sich der Kreis mit Kreuznet: Mosebach ist ein ultrakonservativer vorkonziliarer Katholik, der Tridentinische Messe, Piusbrüder und überhaupt alles Rückwärtsgewandte bewundert.

Nur wer auf Knien glaubt, kann glauben. Nach dem zweiten Vatikanischen Konzil hätte der nicht auferstandene Jesus genauso gut Ehrenmitglied der SPD sein können". "Auch wenn wir Katholiken sind, so entstammen wir doch einem Land mit langer Zeit militanter Vorherrschaft protestantischer Kultur..."
 (Aus Mosebachs Buch „Häresie der Formlosigkeit“)

Mosebach wird für so eine Darstellung eigentümlicherweise nicht ausgelacht, sondern auf einen Schild gehoben. 
Gerade in einer säkularer werdenden Zeit liebt es der Mainstream, wenn „sich einer noch religiös engagiert.“
Auch bei Nichtreligiösen schwingt da eine rudimentäre Scham mit. 
Man glaubt zwar nicht mehr so recht was uns der Vatikan weismachen will, wünschte sich aber, man täte es und goutiert es daher als Ersatzhandlung, wenn wenigstens jemand anders die reaktionäre Katholiban-Fahne hochhält.

Zudem wirkt Mosebach im Gegensatz zu dem anderen „MM“ mit denselben Ansichten sympathisch. 
Man kann ihn sprechen, ohne daß man wie bei Matussek Gefahren für die eigene körperliche Unversehrtheit eingeht.
Der Mainstream verhält sich hier im schlechten Sinne des Wortes zurückhaltend - ganz so, als ob ein Papst-Bewunderer eine Art von Welpenschutz in Anspruch nehmen könne.

Kritik an seiner intellektuellen Arbeit findet außer in ausdrücklich atheistischen Kreisen fast nicht statt.

Mosebach sei ein »hemmungsloser Bewahrer von Stil und Form«, glaubt Hubert Spiegel, der Leiter des Literaturressorts der FAZ, »ein genuiner Erzähler und ein Essayist von ungewöhnlicher stilistischer und intellektueller Brillanz«. Sein Prosastil gehöre »zum Elegantesten, was die deutschsprachige Gegenwartsliteratur zur Zeit zu bieten hat«. Für Spiegels Kollegen von der Zeit, Ulrich Greiner, ist Mosebach »unbestreitbar einer der intelligentesten, einfallsreichsten und sprachmächtigsten Dichter der Gegenwart«. Dieser Superlativ wurde in der FAZ von Michael Maar sogar noch überboten: »Seine Prosa, farbig funkelnd, klangschön, wissensprall und voller Witz, schreibt ihm heute niemand nach.«

 Nur Peter Dierlich scherte einmal aus und zerpflückte den Mosebach-Roman »Ruppertshain«, daß es eine wahre Freude war. Nichts weniger als „der schlechteste Roman der Welt“ war sein Urteil. Ein grammatikalisches Grauen. Ich empfehle ausdrücklich Dierlichs stilistische Erörterung vollständig zu lesen.

 Nur ein kleiner Auszug:


Antonia langweilte das Schachspiel wie jedes andere Spiel, begrüßte es aber im Prinzip, wenn Ivanovich Albrecht nach Schachregeln bekämpfte. (41) Wenn dieser Satz einen Sinn haben soll, muss »Antonia« zugleich Akkusativ und Nominativ sein. So etwas hat es aber, seitdem der Mensch den Griffel erfand, noch nicht gegeben.
Ivanovich wäre wütend nach Frankfurt aufgebrochen und tagelang nicht zurückgekehrt, und Albrecht wäre so geschwächt aus dem Auftritt hervorgegangen, daß von ihm auch keine rechte Freude mehr zu erwarten war. (42) Der Konjunktiv II, der mit »hätte«, »schwürest«, »erschöllen« und ähnlichem Kram, ist nicht immer ganz einfach, wie man sieht.
Die kleinen Buben wurden noch kleiner, zugleich aber auch von bedeutungsvoller Erregung ergriffen, ähnlich den Affekten, die in Schillers »Tell« während der Apfelschußszene die Herzen bewegen. (48) Auch dass ein und dasselbe Wort nicht zugleich Hilfsverb und Vollverb sein kann, muss man einem Büchnerpreisträger noch erklären.
Der einzige, der nicht vor dem alten Schulmann zitterte, war Ivanovich, und das, obwohl es vorkam, daß er sein Fahrrad an der Mauer abstellte und andere streng verbotene Sachen tat. (48) »Dass etwas hässlich sei«, glaubt Ulrich Greiner von Mosebach zu wissen, »ist für ihn keine Geschmackssache, sondern ein Argument von Rang.« Und das, obwohl er die Wörter genauso in seine Romane hineinschreibt, wie er sie in den »Tagesthemen« gehört hat.
Ivanovichs kommunistische Phase schaffte eine gewisse Entspannung zwischen Vater und Sohn. (52) Der Katholik Mosebach liest demnach die Bibel so: Und Gott schaffte den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schaffte er ihn; und schaffte sie als Mann und Weib (1. Mose 1, 27).
Auf der Seite 59 werden einige Lieblingswörter Antonias genannt, die sie aus ihrer böhmischen Heimat nach Hessen mitgebracht hat und die, wie einst Geßlers Hut, ringsum im Park und Haus von Ruppertshain den Träger der Oberhoheit verbal verkörperten. Dabei ist der Träger der Oberhoheit selbst doch schon ihre Verkörperung. Und er wird nun noch einmal verkörpert? Und zwar verbal, wie von einem Hut? Wenn Mosebach hier schon wieder den »Wilhelm Tell« zitiert, so gibt es dafür übrigens keinen anderen Grund, als dass er halt so furchtbar gebildet ist.
Ivanovich kam auf einmal der Gedanke, daß die Unruhe, deren Schwester Julia nicht hatte Herr werden können und wegen der Ivanovich und Antonia hinaufgekommen waren, wahrscheinlich diese Übergabe zum Ziel hatte. (61) Kompliment! Den Genitiv des weiblichen Relativpronomens kriegt nicht jeder hin. Hier gelingt er sogar schon im ersten Versuch; allerdings geht’s im zweiten dann doch wieder daneben. »Derentwegen« müsste es heißen, und »heraufgekommen«.

Geschwurbeltes Deutsch, inhaltliche Fragwürdigkeit und das kombiniert mit einem realitätsnegierenden reaktionären Katholizismus. 
Da lacht das Kreuznet-Herz.
 Die braunen Hetzer loben Mosebach immer wieder, weil dieser gegen Konfessionsfreie agitiert. 

Zuletzt geschah das in einem großen Interview mit Springers rechtester Zeitung „DIE WELT“, für die auch Broder, Paul Badde und Gideon Böss schreiben.

 „Die Sorge vor dem Islam in Deutschland ist weniger eine Sorge von Christen als von Leuten, die sich schon sehr weit von der Kirche entfernt haben.“   [….]  Kirchenferne würden Religion an sich als „gefährlich“ empfinden: „Im Islam sehen sie eine Rückkehr der Religion.“
Die Tageszeitung stellt die Frage: „Ist Ihnen aus christlicher Sicht ein Muslim lieber als ein Atheist?“
Mosebachs Antwort: „Was heißt lieber. Er ist mir auf jeden Fall näher. Selbstverständlich.“
Auf die Frage, ob er fürchte, daß die Kirche in Europa vom Islam verdrängt werde, meint der Schriftsteller: „Dem Christentum ist ja nicht der historische Erfolg geweissagt.“
[…] Auf die Frage, ob der Islam „zu Deutschland gehöre“, unterscheidet Mosebach:
„Die Deutschen, die sich zum Islam bekennen, haben dieselben Bürgerrechte wie die anderen Deutschen. Das ist eine Selbstverständlichkeit.“   Doch: „Der Satz »Der Islam gehört zu Deutschland« ist eine verantwortungslose und demagogische Äußerung.“   Denn: „Was hat der Islam zu unserer politischen und gesellschaftlichen Kultur bisher beigetragen?“
[…] „Kein einziges islamisches Element“.
(Kreuznet 10. Mai 2012)
Die ultrakatholischen Extremisten sind insbesondere deswegen so erfreut über Mosebachs morbide Moral, weil sie den Ungläubigen nur Schlechtes zuweist.

Atheistische Gebiete sind rückständig.
Beeinträchtigte Vollausbildung als Mensch: Der Schriftsteller Martin Mosebach hat eine messerscharfe Analyse der dekadenten deutschen Gottlosigkeit vorgelegt.    „Jene, die religiös unmusikalisch sind – wie man das heute so flott formuliert –, sind in ihrer Vollausbildung als Menschen beeinträchtigt.“  [….] Er stellt fest, daß ein Leben in völliger Abkehr von Gott eine „reduzierte Existenz“ ist:   „Die seelische und auch die rationale Fülle des Menschseins ist dann nicht gegeben, wenn die Verbindung zum Schöpfer verödet ist.“
 […] Mosebach sieht klar:   Der preußische Protestantismus hat mit seinem Hang zur Säkularisierung „fast notwendig zur Schwächung des Glaubens“ geführt.
Denn: „Sonst hätte der Kommunismus den Glauben dort nicht so nachhaltig zerstören können.“  Atheisten: rückständig, faul, ineffizient  [… ] „Gegenwärtig ist Religion dort stabiler, wo der wirtschaftliche Erfolg ist, wo es ein etabliertes Bürgertum gibt.“   Denn: „Die Erfolgreichen, die mit der modernen Welt Zurechtkommenden sind heute eher auch die Gläubigen.“ […]
„Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die neuen Bundesländer nicht gerade Horte der Innovation, des Produzierens und der Vitalität sind.“
(Kreuznet 08.05.12)

(Anmerkung: Kreuznet zitiert Mosebach korrekt: Originalquelle)

Ganz offensichtlich wird hier etwas goutiert, weil es so schön in das eigene extremistische Weltbild passt. Nach den historischen Fakten fragt man nicht.

Auch in der Gegenwart ist aber die These, daß streng Katholische Gebiete wirtschaftlich erfolgreicher sein müßten, nicht nur Unsinn, sondern es verhält sich genau umgekehrt.
 Die säkularsten Gebiete Europas - Holland, Deutschland, Skandinavien sind die ökonomischen Lokomotiven, während die katholischsten Landstriche - Portugal, Süditalien, Malta, Spanien, Irland allesamt die finanziellen Problemfelder darstellen.

In der Tat ist die ehemalige DDR noch nicht so produktiv wie der Rest der BRD, aber man muß schon sehr geistig entrückt sein, um das auf die „Kirchenferne“ statt die 40 Jahre SED-Planwirtschaft zurück zu führen.

Wer sich heute noch auf die biblische Lebensweise kapriziert - man denke an Hutterer oder Amish - mag ja allesmögliche sein, aber sicherlich NICHT ökonomisch innovativ.
Wieso von FAZ bis SPIEGEL ein sogenannter Intellektueller, der diese Thesen verbreitet, ob seiner Intelligenz und Brillanz gelobt wird, bleibt völlig rätselhaft.

Überhaupt ist „das Christentum“ stets eine enorme Entwicklungsbremse gewesen.

Die alte These, daß wir ohne das christliche Mittelalter schon im Jahr 1500 auf den Mond geflogen wären, dürfte zutreffen.

 Dies legen auch die Überlegungen des Historikers Rolf Bergmaier zum „Christlichen Salafismus" nahe.

Frage: War das frühe Christentum auch ähnlich gewalttätig intolerant? 

Rolf Bergmeier: Ja. Zahlreiche Äußerungen der damaligen "Kirchenväter" belegen die auch für damalige Zeiten ungewöhnliche Intoleranz gegenüber "Heiden" und "Häretikern". Insbesondere die christlichen Glaubensrichtungen, die sich nicht den trinitarischen Vorstellungen anschließen wollten, wurden verdammt und verfolgt. Wenig später wurden die Juden an den Pranger gestellt und noch etwas später die Muslime. Letztere sind übrigens gegenüber Juden und Christen deutlich toleranter gewesen als die katholische Kirche. Ein ganz wesentlicher Grund für das erstaunliche Aufblühen der islamisch-arabischen Hochkultur zwischen 700 und 1400.
[…] Das frühe Christentum vereint alle Elemente einer Ideologie in sich, wie Wahrheitsanspruch, Radikalität etc. Es ist, ausweislich zahlreicher Zitate der "Kirchenväter", anderen Ideologien gegenüber feindlich eingestellt. Zur damaligen christlichen Ideologie gehört auch die Wissenschaftsfeindlichkeit. Diese wissenschafts- und asketisch-bildungsfeindliche, anti-heidnische Ideologie schafft ab dem 5. Jahrhundert ein Klima, in dem Bildung, Ausbildung, Wissenschaft und Kultur außerhalb der rein theologischen Sphäre auf der Strecke bleiben.
Die Folge ist ein ökonomischer Absturz Mitteleuropas und ein kulturelles Desaster ersten Ranges. Dass es auch anders geht, zeigt das islamisch-arabische Großreich des 7. bis 14. Jahrhunderts. Nur durch die Pyrenäen getrennt, entwickelt sich das islamische al-Andalus zu einer prachtvollen Wohlstands-Hochkultur, während nördlich der Pyrenäen das "finstere Mittelalter" einzieht. Dies hat nachweislich seine Gründe in der Offenheit des Islam gegenüber anderen Kulturen, respektive in der Abgrenzung des lateinischen Christentums gegenüber anderen Einflüssen.
[…]  

Frage: Gegner Ihrer These argumentieren, dass das Christentum den Untergang der Zivilisation nicht beschleunigte, sondern in Klöstern zur Wiedervorlage nach dem Barbarensturm bewahrte. Sie halten diese Kontinuitätstheorie für falsch. Warum genau? 

Rolf Bergmeier: Es bedarf keines ungewöhnlichen Scharfsinnes, um zu erkennen, dass eine Institution, die die antike Metamorphose aus Pantheon und Kultur strikt ablehnt, die im Konflikt zwischen Vernunft und Dogma dem Letzterem den Vorzug gibt, die nicht eine öffentliche Schule gründet, die bereits in frühen Jahren einen "Index verbotener Bücher" einrichtet, die die tausend Jahre alte Olympiade beendet und die Philosophen-Akademien schließt, die das Diesseits als belanglose Tändelei disqualifiziert und Freudlosigkeit stolz als Markenzeichen trägt, dass diese Einrichtung kaum Wesentliches zum Erhalt der antiken Carpe-Diem-Kultur beigetragen hat.
Anhand der Inventarverzeichnisse der Klosterbibliotheken aus dem 9. und 10. Jahrhundert können wir belegen, dass die Anzahl der überlieferten antiken Bücher bestenfalls im Promille-Bereich zu suchen ist. Erst später, ab dem 12. Jahrhundert, ändert sich die Situation langsam, aber die Gründe sind im islamisch-arabischen Umfeld zu suchen. Die Araber sind als die wahren "Lordsiegel-Bewahrer" der antiken Kultur zu bewerten.