Den Witz
gab es schon bei den letzten US-Präsidentschaftswahlen:
FOX News oder Breitbart könne man nur noch als „Comedy“ verstehen, während man sich bei den klassischen Comedy-Show Anchors (Jon Steward, Stephen Colbert oder John Oliver) seriös informiere.
FOX News oder Breitbart könne man nur noch als „Comedy“ verstehen, während man sich bei den klassischen Comedy-Show Anchors (Jon Steward, Stephen Colbert oder John Oliver) seriös informiere.
Im Jahr
2016 sind die Grenzen zwischen Satire und Realität nicht nur aufgehoben,
sondern mit dem Auftauchen des grundsätzlich dreist lügenden Donald Trump, gab
es eine echte Rochade zwischen Wirklichkeit und Comedy.
Es
macht eigentlich nichts, wenn Rechte ständig der Lüge überführt werden,
denn ihre Anhänger pflegen einen derart verengten Medienkonsum, daß sie ohnehin
nicht mitbekommen, daß ihre Helden angeprangert werden.
Und
selbst wenn es so wäre, würden sie „den Medien“ ohnehin nicht glauben.
Donald Trump sagt
selten die Wahrheit. Und alle wissen es. Gerade deshalb hat er eine Chance auf
das Weiße Haus.
Er sagt: "Es gibt
keine Überprüfung für Flüchtlinge, die in die USA kommen." Stimmt nicht.
Er sagt: Der Orlando-Attentäter sei "als Afghane geboren worden".
Falsch. Er sagt: Hillary Clinton wolle "Hunderttausende Flüchtlinge aus
dem Nahen Osten" in die USA holen. Quatsch. Stimmt alles nicht.
Donald Trump hat das
behauptet, gerade eben in seiner Rede nach der Terrorattacke von Orlando. Donald
Trump lügt. Ständig.
Die unabhängige Seite
Politifact überprüft Aussagen der US-Präsidentschaftsbewerber auf ihren
Wahrheitsgehalt. Das Ergebnis für den Republikaner Trump: 76 Prozent seiner
Aussagen waren gelogen. Nur zwei Prozent der überprüften Aussagen sind wahr. [….] Jeder Kandidat weiß: Die
Richtigstellung der Faktenchecker liest nur eine Minderheit der Millionen
Wähler, die beispielsweise eine TV-Debatte verfolgt haben. [….] Trump lügt so ausdauernd, dass nicht klar
ist, ob er sich seiner Lügen überhaupt noch bewusst ist. Oder ob es ihm einfach
egal ist, dass er beispielsweise in zwei Interviews, die nur Minuten
auseinanderliegen, zwei völlig verschiedene Geschichten über ein und dieselbe
Tatsache erzählt.
Vor dem Hintergrund
der vielen Lügen tritt eine der erschreckendsten Charaktereigenschaften Trumps
deutlich hervor: absolute Schamlosigkeit. Es scheint ihm nichts auszumachen,
wenn er der Lüge überführt wird. Es wirkt, als sei es ihm völlig egal. Mehr
noch: Er ist sich offenbar sicher, dass er von der Lüge profitiert. [….] Seine Gegner, auch und vor allem die Medien, können ihn noch so oft
überführen, Fans und Trump selbst interessiert das nicht. Schlimmer noch: Jeder
noch so genaue Nachweis einer Trump-Lüge gilt seinen Fans sofort selbst als
Lüge. Und gleichzeitig als Beweis seiner Unabhängigkeit vom verhassten
Polit-Establishment. [….]
Trumps
und Petrys Partei praktizieren darüber hinaus auch den Ausschluss kritischer Presse.
Ihr
weitgehend frei erfundenes Weltbild des Hasses soll keine Kratzer bekommen. (………)
Aus
Agentenfilmen meint man zu wissen, daß gute Lügen anstrengend sind. Man darf
sich nicht verplappern, muß bei seiner Legende bleiben, auf Nachfragen gefasst
sein und hat sich außerdem an alles zu erinnern was man zuvor gelogen hat, um
sich nicht zu widersprechen.
Es
erfordert also ein gewisses Maß an Intelligenz kontinuierlich öffentlich zu
lügen und nicht aufzufliegen.
So war
es zumindest bisher.
Trump
lügt aber nicht nur beständig und ausdauernd, sondern er lügt auch noch extrem
schlampig und schlecht. Er widerspricht sich ständig, kann innerhalb von
Minuten eine Behauptung und das diametrale Gegenteil dessen in die Kamera
brüllen.
Bei der
letzten Präsidentschaftsdebatte sagte der GOPer vor über 100 Millionen
Zuschauern voller Überzeugung, daß niemand Frauen mehr respektiere als er, daß
er niemals einen behinderten Reporter nachgeäfft habe.
Dabei
kennt jeder Zuschauer die Clips, in denen Trump genau das tat und jeder mußte
also wissen, daß hier gelogen wird.
Allein,
es stört gar nicht mehr.
Millionen
Wähler sind von ihm begeistert. Endlich spricht einer das aus, was sie auch
denken und steht nicht unter der Knute von Wahrheit und Fakten.
In
Deutschland gibt es selbstverständlich einen ähnlichen Trend.
Über die
diversen neuen Medienkanäle verbreiten AfDler ihre virtuelle Wahnwelt und ernten
dafür Rekord-Zustimmungswerte.
Gefühl schlägt
Verstand, Glaube die Fakten - diese Erfahrungen dürfte jeder schon mal in
seinem privaten Leben gemacht haben. Inzwischen ist dieses irrationale
Verhalten zu einem weit verbreiteten gesellschaftlichen Phänomen geworden, vom
dem politisch vor allem die AfD profitieren kann. Spätestens mit dem Eintritt
der Flüchtlingskrise leben nicht wenige mit einem postfaktischen Weltbild, in
dem Statistiken bzw. die Realität ausgeblendet wird. Nicht ein reales Ereignis
bestimmt bei vielen das Fühlen oder Handeln, sondern die Angst vor einem
eventuell eintretenden.
[….]
Jeder
kann sein eigener Journalist sein.
Klassisches Gatekeeping durch professionelle
Medienmenschen, die eine Flut von Meldungen überprüfen und nur die
veröffentlichen, die wahr und relevant sind, entfällt.
Eine Zeitungs-Redaktion
ohne Dokumentare (mal eben googeln,
reicht ja auch irgendwie) ist schon schlimm, weil ihr unseriöse Quellen
dazwischen rutschen und möglicherweise unbeabsichtigt die Story einen ganz
falschen Spin bekommt.
Gefährlicher
sind natürlich diejenigen Propagandisten, die bewußt Informationen fälschen, um
einen bestimmten politischen Effekt zu erzielen.
Dazu
gehören die massenhaft auftauchenden Berichte über kriminelle und übergriffige
Flüchtlinge, die Nazis und AfDlern Zucker geben und die allgemeine politische
Stimmung nach ganz rechts außen drehen sollen.
Da sich
die rechten und linken Medienwelten so sehr voneinander entfernt haben, daß
jeder in seiner eigenen inzestuösen Info-Blase lebt, nützt es auch nichts die
Storys über kriminelle Ausländer zu widerlegen. Nazis sitzen in ihrem ureigenen
Info-Mief und würden widersprechende Informationen gar nicht entdecken.
Asylbewerber erhalten
Markenklamotten im Landratsamt, müssen im Supermarkt nicht zahlen und ein FKK-Bereich
wird ihretwegen geschlossen. Die "Hoaxmap"-Webseite sammelt
Falschmeldungen und verzeichnet sie auf einer Landkarte. Mittlerweile sind auch
von Politikern verbreitete Gerüchte vertreten. Die Macher sind nominiert für
den Grimme Online Award.
[….]
In
Leipzig sitzt Software-Entwickler Lutz Helm, seine Partnerin Karolin Schwarz
ist für ihren Job in der Verlagsbranche gerade für einige Wochen in Berlin. [….]
Im
Februar haben die beiden die Hoaxmap gestartet, wollten endlich Übersicht haben
über die zahlreichen Gerüchte, die sich um die nach Deutschland kommenden
Flüchtlinge verbreiten. Schwarz und Helm sammeln und posten seitdem Texte, die
die Gerüchte widerlegen. Zeitungsartikel vor allem, aber auch Statements von
Polizei oder Ämtern oder von vermeintlich betroffenen Unternehmen. Unter
hoaxmap.org haben die beiden all die auf einer Landkarte platziert. [….]
Ich
erinnere mich noch an meinen Geschichts- und Politik-Unterricht in der Schule,
der freilich vor dem Online-Zeitalter stattfand.
Damals
wurde mir eingeimpft immer die Quelle einer Information zu nennen und zu
dokumentieren. Es mußte in Klausuren absolut sauber zitiert werden.
Das
sehen die mit www Aufgewachsenen offensichtlich lockerer.
Youtube-Tutor Mirko Drotschmann muß seinen jugendlichen Fans erst
einmal erklären, daß man nicht jede
dahergeflogene Information, die zufällig ins Weltbild passt
glauben darf.
Möglicherweise
ist Youtube eine Möglichkeit einfältigen Menschen den kritischen Umgang mit
Informationen beizubringen, wenn sie herkömmliche Medien wie Zeitungen ohnehin
nicht mehr anfassen.
In
Amerika sind es wieder einmal die Menschen
von der Comedy-Fraktion, die der Masse Mensch erklären, wie Informationen manipuliert werden.
Man muß
nicht bösartig sein wie die die Großlügnerin und Trump-Kampagnenchefin Kellyanne Conway,
Trumps Ex-Manager Corey Lewandowski, Kayleigh McEnany als glühende Trump-Verehrerin,
Betsy McCughey, Healy Baumgardner, Scottie
Nell Hughes oder Jakes besondere Freundin Katrina Pierson, die es heute vermochte
selbst mich mit
ihrer widerlichen Bosheit zu überraschen.
Es
reicht auch aus ein bißchen schlampig zu sein, nicht so genau drauf zu achten wer was und warum postet.
Die
schnelle Klick-Like-weiterleiten-Kultur sorgt dazu, daß der größte Unsinn sich
rasend schnell weiterverbreitet. So können auch ganz nette Menschen in einen
Sog geraten, wenn das xenophobe Gift aus den Trump-Petry-Dreckschleudern immer
wieder auf einen durchsickert.