Wenn der mächtigste Mann der Welt alle Umgangsformen ignoriert, auf Diplomatie pfeift, lügt wie gedruckt und vier Jahre damit durchkommt Demokratie und Gewaltenteilung zu unterminieren, ist es wenig verwunderlich, daß ihn die kleineren Trumps in Ungarn, Polen, Brasilien, England und der Türkei imitieren. Egomane, rechtspopulistische Autokraten regieren zwar deutlich schlechter als echte Demokraten, wie eine aktuelle Studie beweist, aber sie kleben länger an der Macht.
[…..] Drei deutsche Wissenschaftler haben die politischen und ökonomischen Resultate von mehr als 100 Jahren Populismus erforscht. Die Bilanz ist verheerend. […..] Trump hat die Praxis übernommen, wie er vieles von den Demagogen aus dem Süden abgekupfert hat: die Berufung auf das einfache Volk, die Tiraden gegen das Establishment, die Verklärung der nationalen Vergangenheit. "Trump ist so etwas wie die Quersumme des modernen Populismus", sagt Christoph Trebesch, Ökonom am Kieler Institut für Weltwirtschaft. Der Mann muss es wissen. Gemeinsam mit seinem Kollegen Manuel Funke und dem Bonner Wirtschaftswissenschaftler Moritz Schularick hat er die politischen und ökonomischen Resultate von mehr als hundert Jahren Populismus erforscht. Jener Bewegung also, die behauptet, die Interessen des kleinen Mannes gegen eine ausbeuterische Elite durchzusetzen. […..] Mehr als 70 populistische Regierungsperioden in 27 Ländern haben die Forscher unter die Lupe genommen, Tausende Daten zu Wachstum und Einkommensverteilung analysiert sowie fast 800 wissenschaftliche Studien ausgewertet. […..] Obwohl die populistischen Regenten meist lang anhaltende ökonomische Schäden hinterließen, waren sie politisch oft überdurchschnittlich erfolgreich. Vielfach konnten sie ihre Gegner für Jahre ausmanövrieren, eine zumeist fanatische Anhängerschaft hinter sich scharen und ganzen Regionen ihren Stempel aufdrücken. "In vielen Ländern ist der Populismus inzwischen endemisch geworden", sagt Studienautor Schularick. "Er ist keine Episode, die sich von selbst erledigt." [……]
Mike Pompeo, McConnell, Graham, Cruz, Kayleigh McEnany und Trump kleben nicht nur lügend und hetzend und demokratiezerstörend an der Macht, weil sie glauben den Amtsantritt Joe Bidens endgültig verhindern zu können, sondern weil sie wissen, daß sie bereits 75% der republikanischen Wähler – immerhin 71 Millionen US-Amerikaner – vollkommen der Realität entrissen zu haben.
Diese Leute glauben das Märchen von der „gestohlenen Wahl“, werden darüber nur zu noch fanatischen Unterstützern der radikalen Rechten und sichern somit den genannten Politikern auch zukünftig ihre Posten.
Trump mag aus dem Oval Office fliegen, aber der Trumpismus bleibt. 90 Millionen Menschen werden weiterhin seinen Twitter-Terrorismus folgen; er wird nach Belieben die GOP personell dominieren und alle Kameras/Mikrofone der rechten Medien werden weiterhin auf ihn halten.
Erst jetzt, eine Wochen nachdem Joe Biden zum nächsten US-Präsidenten gewählt wurde, wagen es die großen amerikanischen Sender auch mal die gefährlichsten und demokratiezersetzenden Hetzattacken von Trumps Nazi-Barbie McEnany NICHT zu übertragen.
Warum ist das nicht schon vor vier Jahren geschehen?
Das demokratische Kind ist längst tief in den dunklen Brunnen gestürzt.
Viel zu lange haben sich die (noch) demokratischen Regierungen des Westens klein gemacht und vor der toxischen Trump-Administration gebuckelt.
Die Ausrede für derartig
erbärmliches Verhalten ist moralisch untragbar, aber leicht zu verstehen: Die
pure finanzielle, ökonomische und militärische Macht der USA.
Niemand kann ohne schwere Konsequenzen gegen den Unheimlichen Freund jenseits
des Atlantiks aufstehen.
Aber das entschuldigt noch lange nicht, daß die Friedensnobelpreisträgerin EU vor den rechtspopulistischen Möchtegern-Autokraten Osteuropas kuscht und achselzuckend hinnimmt, wie in Polen, Tschechien oder Ungarn Demokratie, Pressefreiheit und unabhängige Justiz ausgehebelt werden.
Frauenrechte, Meinungsfreiheit, Schutz von LGBTI-Personen sind für uns, die EU und insbesondere Ursula von der Leyen offensichtlich verzichtbar.
Bloßer Ballast, auf den man auch verzichten kann.
Der Mini-Trump vom Bosporus tanzt besonders frech auf den EU-Grundwerten umher – während er genau wie seine geistigen Klone in Prag, Budapest und Warschau die Hände aufhält und Brüssel brav Milliarden überweist.
[…..] Selbst viele Muslime wundern sich, dass Erdoğan die Grundregeln des Islam, wie Ehrlichkeit, Gerechtigkeit und Bescheidenheit, völlig ignoriert und eine sehr aggressive Politik betreibt. Sowohl gegenüber Opponenten und Andersdenkenden im Inland, als auch nach außen. Wobei er Konfliktherde wie im Mittelmeer und im Kaukasus schafft und schürt, um seine Macht innenpolitisch zu stabilisieren. […..] Von der Bundesregierung wird der türkische Präsident mit Samthandschuhen angefasst, das beeinflusst auch die deutschen Medien. Die zeigen wenig Interesse an den Menschenrechtsverletzungen und Verfolgungen in der Türkei. Und die Kritik der Merkel-Regierung bleibt sehr verhalten – obwohl das Land inzwischen eines der größten Gefängnisse für Journalisten ist. In wenigen Fällen, wo Frau Merkel, Macron oder Trump entschlossen interveniert haben, kamen die Gefangenen auch frei. […..]
(Publizist Osman Okkan, 26.10.2020)
Erdoğan kann nun sogar rund um die Türkei Kriege anfangen, in Bergkarabach mitmarschieren, das EU-Mitglied Griechenland bedrohen, eine ganze Region militärisch entflammen und Merkel liefert ihm devot auch noch die Waffen dafür!
[….] „Mit der von Aserbaidschan gewünschten Stationierung türkischer Truppen im Südkaukasus würde die Waffenhilfe des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan für die Autokraten-Familie Alijew mit Kampfdrohnen und islamistischen Kampfgruppen geradezu belohnt. Erdogans Entsendung islamistischer Söldner aus Syrien und Libyen nach Aserbaidschan bleibt eine stete Gefahr für die Sicherheit in ganz Europa. Der türkische Präsident ist kein ‚Peacekeeper‘, sondern ein Terrorpate.“ […..]
(Sevim Dagdelen, DIE LINKE, 10.11.20)
Angela Merkel, die ihr politisches Handeln von christlichen Werten leiten lässt, wie sie so gern betont, hat genau wie ihr christlicher Wirtschaftsminister erkannt, daß man am besten mit Waffengeschäften verdient, wenn diese auch benutzt werden.
Und so liefert Deutschland für den sich abzeichnenden Flotten-Konflikt zwischen Griechenland und der Türkei hochmoderne Kriegs-U-Boote an beide Seiten gleichzeitig.
[…..] Während die Türkei im Erdgasstreit im Mittelmeer den EU-Staaten Griechenland und Zypern offen mit Krieg droht, beteiligt sich die deutsche Rüstungsindustrie weiter an der Aufrüstung der türkischen Marine. Seit dem Machtantritt der AKP, der Partei des türkischen Präsidenten Erdogan, im Jahr 2002 wurden Rüstungsexporte an die türkischen Marine im Wert von 522 Millionen genehmigt, teilte die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage von mir mit. Unter den genehmigten Exporten für den Bau, die Bewaffnung oder die technische Ausrüstung von Kriegsschiffen sind sechs U-Boote der Klasse 214, die in der Türkei unter maßgeblicher Beteiligung von ThyssenKrupp Marine Systems montiert und mit sogenannten Hermes-Bürgschaften durch die Bundesregierung finanziell abgesichert werden. In anderen Worten: Deutsche Steuergelder müssen herhalten, um Deals mit Autokraten über die Bühne zu bringen – damit muss Schluss sein! Nach wie vor genehmigt die Bundesregierung die Ausfuhr von Rüstungsgütern in die Türkei – obwohl diese bei völkerrechtswidrigen Militäroperationen wie in Libyen oder gegen Griechenland oder Zypern zum Einsatz kommen könnten. […..] Die Bundesregierung […..] lässt die EU-Partner Griechenland und Zypern gnadenlos im Regen stehen. […..] Wer wie Kanzlerin Merkel und Außenminister Maas weiter Waffen an die Türkei liefert, sollte das Wort europäische Solidarität nicht mehr in den Mund nehmen. Jede Waffe an den Aggressor Erdogan ist eine zu viel. Mit seinen neo-osmanischen Großmachtfantasien gefährdet der Autokrat Frieden und Sicherheit in Europa. Dass Deutschland diese expansive Politik auch noch mit Waffen ermöglicht und befördert, ist ein Skandal. […..]