Nach wie
vor stehe ich ja ein bißchen drauf mir auf CNN stundenlang den
political-analyst-overkill reinzuziehen.
Glücklicherweise
gibt es diese Runden mit bis zu zehn „Experten“ in Präsidentenwahljahren so
viel man möchte.
Dabei
handelt es sich im Grunde um einen Studio-Appendix der Spindoktoren.
Es geht
um Wirkung, „maths“, „maps“, Taktik und Strategie.
Für
Politjunkies ist das der richtig geile Stoff.
Strikt
ausgeklammert bleiben allerdings Sachfragen, Konzeptionen, Pläne und die
Realität.
Es ist
also die praktische Entsprechung dessen, was ZEIT-Autor Felix Stephan mit „Tschüss
Politik“ bezeichnet. Der Urnenpöbel soll gefühlig angesprochen werden und von
der harten Realität verschont bleiben.
Obama
entdeckte 2008 mit seinem wolkigen nie konkreten „Yes, we can“ den Nutzen des
Mäanderns; Merkel ist diese Strategie längst zur zweiten Natur geworden.
Barack Obama und
Angela Merkel haben den Boden bereitet, auf dem jetzt die neuen Rechten
gedeihen. Sie haben die politische Debatte gegen eine Celebrity-Kultur
getauscht. […]
Angela Merkel wurde
immer wieder vorgeworfen, einen Wahlkampf zu führen, der eher den Gesetzen des
Marketings als denen der politischen Auseinandersetzung folgte. Sie mied
Interviews mit gut informierten Politikjournalisten und sprach lieber mit Auto
Bild und der Apotheken Umschau. Sie sagte Rededuelle mit der Opposition ab und
verbreitete stattdessen Fotos, die aussahen, als würden sie für Wellness- und
Spa-Resorts werben. Mit Angela Merkel konnten die Deutschen ein gutes Gefühl
nicht mehr nur kaufen, sie konnten es auch wählen.
Sowohl Obama als auch
Merkel haben ihre Wahlkämpfe gewonnen, weil sie sich auf Debatten über konkrete
Themen gar nicht erst eingelassen haben. Und aus einer rein
erfolgspragmatischen Perspektive waren die Strategien genial. Ein Experiment
des amerikanischen Sozialpsychologen Dan Kahan hat gezeigt, dass es in der
Politik kaum etwas bringt, sachlich recht zu haben.
Wenn die
Regierungschefs die Sachpolitik meiden und Probleme stets verschieben, erwarten
offenbar weder Journaille noch Wahlvolk irgendetwas anderes. Auch sie urteilen
nur noch nach Gefühl und dem taktischen Vorteil.
Angela
Merkel verrät zur Bundestagswahl ihr Pflaumenkuchenrezept und plaudert mit Bild der Frau über Mode. Niemals würde
sie sich den Redakteuren von MONITOR oder PANORAMA stellen, die gut informiert
sind und nachfragen würden. Wenn es kritisch wird, geht Merkel als Höchstes der
Gefühle zur CDU-freundlichen Anne Will in die sonntägliche Plauderrunde – auch dort
natürlich verschont von ernsten Sachfragen.
Und so
holte sie fast die absolute Mehrheit.
Im
amerikanischen Wahlkampf geht es um Sympathie, Geschlecht, Religion,
Rasse. Wen wählen die Schwarzen, wen die Frauen?
In der
Außenpolitik spielen Fakten ebenfalls gar keine Rolle, da 99% der Amerikaner
ohnehin zu ungebildet sind, die Zusammenhänge zu verstehen. Es wird lediglich
bewertet wie hart ein Kandidat durchzugreifen behauptet. Bomb the shit out of
ISIS (Trump), oder lieber bomben bis der Wüstensand glüht (Cruz)?
Ähnlich
kann man bei der Gesellschafts- und Innenpolitik beobachten, daß lediglich
bewertet wird wie extrem man sich für oder gegen Homo-Ehe, Abtreibung, Schulgebet,
Haschischfreigabe, Waffenbesitz äußert.
Ob das
überhaupt relevante Fragestellungen sind, wird nicht erörtert.
Besonderheiten
gibt es in der Wirtschafts- und Haushaltspolitik Amerikas.
Grundsätzliche
Fragen werden nicht erörtert.
In den USA verfügen
die 400 reichsten Bürger mittlerweile über so viel Vermögen wie die unteren 61
Prozent der US-Bevölkerung. Das Jahreseinkommen einer Durchschnittsfamilie sank
dagegen in den vergangenen 20 Jahren um fast 5000 Dollar.
Die
Spindoktoren in den TV-Studios akzeptieren die Aussage „I have a plan to fix
the economy“.
Um die
Wirtschaft in Schwung zu bringen, gibt es vier Hauptrezepte, die der GOP-Basis
alle bekannt sind. Werden sie alle vier artig aufgesagt, heben die Analysten
bei CNN erfreut die Daumen und loben, Kandidat Cruz/Trump/Rubio konnte seinen
Plan erklären.
Mit der
Realität haben die ökonomischen Pläne kaum Berührungspunkte, aber wen soll das
wundern in einem Land, in dem eine Krankenversicherung als tödlich gilt, so daß
sie von allen Christen unbedingt abgeschafft werden muß?
Republikaner-Wirtschaft
ist reine Voodoo-Economy.
1.
Trickle Down Theorie.
Sie
geht auf Adam Smith zurück und besagt, daß die Förderung der Reichsten im Lande
der einzige Weg sei allen zu helfen, da ihr Vermögen für Investitionen
verwendet würde. Damit „sickere“ das Geld quasi nach unten durch bis alle etwas
davon haben. GOPer glauben fest daran. Daß die Realität das Gegenteil beweist,
ist ihnen egal.
2.
Steuererhöhungen
müssen für alle Zeit ausgeschlossen werden.
Fast
alle Republikaner haben sich sogar bei Grover Norquist schriftlich dazu verpflichtet
jede Steuer abzulehnen und sich damit selbst enteiert.
Steuersenkungen
gelten grundsätzlich als kostenneutral, da sie sich selbst finanzierten.
Schließlich würde durch den Wegfall von Steuern umso mehr die Wirtschaftskraft
ansteigen.
Seit 1985 leitet
Norquist die auf Anregung seines Idols Ronald Reagan gegründete
Lobby-Organisation Americans for Tax Reform. Seinen Einfluss verdankt der
56-Jährige seiner simplen Vorstellung einer Steuerreform: Sie besteht darin,
unter keinen Umständen Abgaben zu erhöhen.
Dafür hat sich der
Harvard-Absolvent eine Strategie ausgedacht: Er fordert Abgeordnete auf, einen
Eid zu unterzeichnen, dass sie niemals einer Steuererhöhung zustimmen. 279
Republikaner in Senat und Repräsentantenhaus haben "the pledge", wie
der Schwur in der Hauptstadt genannt wird, abgelegt (Übersicht hier). Sie wissen, dass Norquist, den Arianna Huffington "den schwarzen
Magier des Anti-Steuer-Kults" nennt, darauf achtet, dass niemand von der
reinen Lehre abweicht.
3.
Abolish the IRS
Internal Revenue
Service (IRS) ist
die Bundessteuerbehörde der Vereinigten Staaten.
Teebeutler
wie Ted Cruz wiederholen manisch diesen Spruch. Millionen
unterschreiben Petitionen des Inhaltes „COMPLETELY ELIMINATE THE INDIVIDUAL
FEDERAL INCOME TAX FOREVER!”
Dabei
handelt es sich um eine Art Friedrich-Merz-auf-Speed.
Cruz,
seine ultrakonservativen Freunde aber auch Rand Paul zum Beispiel glauben
fest daran man könnte die IRS einfach abschaffen und niemand müßte mehr
Steuererklärungen ausfüllen, die nicht auf eine simple Postkarte passten, weil
alles von einem einzigen Flattax-Tarif geregelt würde.
Es
gibt gewiss auch in Deutschland genügend Irre, aber bisher habe ich noch nicht
gehört, daß jemand die Finanzämter gleich komplett abschaffen will.
4.
Ausgeglichener Haushalt
unter allen Umständen.
Das
gelingt nach Republikaner-Logik am einfachsten, indem der Staat massiv die
Militärausgaben erhöht.
2014
gab die Regierung Barack Obamas 610 Milliarden Dollar für das Militär aus.
Das
ist nach Ansicht aller Republikaner viel zu wenig und gehört mindestens
verdoppelt.
Wenn es Ted
Cruz wie bei der letzten GOP-TV-Debatte schafft mehrfach diese vier Punkte
sauber aufzusagen, Abschaffung der IRS, Steuersenkungen für die Reichsten,
keine neuen Steuern und massive Mehrausgaben für die Militärs, loben die
Spindoktoren einstimmig, er habe alle seine Programmpunkte genannt. Er sei
seriös und wirtschaftlich kompetent.
In Kombination
mit genügend außenpolitischer Brutalität, Menschenverachtung (mehr Folter als
nur Waterboarding, Todesstrafe, Rausschmiss aller Immigranten, etc), Bekenntnis zu Waffen und gegen
Gleichstellung, sowie des sofortigen Endes aller Obamacare-Krankenversicherungsverträge
sieht so ein idealer US-Präsident aus.
Wenn man
Republikaner ist.