Dienstag, 14. August 2012

Meine Welt ist jüdisch.




Das war ja gestern ein lustiges RTL-SpinOff von „das perfekte Promi-Dinner“.

In der Rubrik „30 Minuten Deutschland“ stellte die zum Judentum konvertierte Bärbel Schäfer „jüdisches Leben in Deutschland“ vor.

Tatsächlich ist es wohl nötig „ganz normale Juden“ in Deutschland auch den Trash-TV-Glotzern vorzustellen, denn viele Menschen schleppen eine Menge Vorurteile über Juden und Israel und die Politik der gegenwärtigen Israelischen Regierung mit sich herum. 
Alles wird dabei vermischt. 
Und plötzlich wird ein x-beliebiger Mann, der in Hamburg mit einer Kippa rumläuft dafür verantwortlich gemacht, wenn Bibi mit Atomschlägen droht.

Genauso gut könnte man mich für Fipsi Röslers Hotelsteuergesetz in Haftung nehmen oder mich für die päpstliche Kodompolitik verantwortlich machen.

Antisemitismus ist ein eigenartiges Phänomen, das überall und immer wieder blüht.
Judenhass existiert bizarrerweise besonders in solchen Gegenden, in denen so gut wie gar keine Juden leben.
In Deutschland soll nach verschiedenen Umfragen ein fester Bodensatz von 15 - 20% Antisemiten bestehen. 

Unter Jugendlichen in Ostdeutschland ist der Antisemitismus am höchsten ausgeprägt, obwohl diese rechten Glatzen mit hoher Wahrscheinlichkeit noch nie in ihrem einen Juden gesehen haben.

13 % der Deutschen geben in einer TNS-Infratest-Befragung von 2007 an, daß sie keinen Juden als Nachbarn haben wollen.

Empfindung zu Juden als Nachbarn
Mehr Statistiken finden Sie bei Statista

Diese Leute lehnen ganz offensichtlich etwas ab, das sie nicht kennen.

Es wäre also wünschenswert mehr über „ganz normale Juden“ zu erfahren. 

Juden, die im deutschen Fernsehen auftauchen, sind aber so gut wie immer „professionelle Juden“, die beruflich für Zentralräte oder Jüdische Gemeinden engagiert sind. 
Oder eben Rabbiner.
Repräsentativ ist das nicht. Besonders wenn man das Judentum als Religion begreift.

Man stelle sich vor, jungen Männern in Timbuktu solle erklärt werden, wer oder was Deutsche sind und dafür träten Erika Steinbach vom Heimatvertriebenenverband und Walter Mixa von der RKK als Beispiele an.

Das Bild geriete ziemlich schief.

Natürlich gibt es in Israel einen gewissen Prozentsatz von religiösen Irren, die potentiell gefährlich sind und vom Staat eingedämmt gehören. 
Das ist aber in Amerika oder Deutschland genauso! Man denke nur an die gewalttätigen Evangelikalen und die reaktionären Katholiken.

Natürlich gab und gibt es in Israel Regierungen, die sich als hochgefährlich für die internationale Stabilität erweisen.
 Aber solche Negativbeispiele haben fast alle Länder zu bieten. Man denke nur an die G.W. Bush-Administration.

Obwohl Israel ein vergleichsweise winziges Land ist, liegen zwischen Tel Aviv und Jerusalem mehrere 10.000 Kilometer.
Hier das Mekka des Nachtlebens, die schwulste Stadt des ganzen Orients, dort finsterste Orthodoxie, wo Frauen mit Steinen beworfen werden, wenn sie es wagen auf derselben Straßenseite wie ein Mann zu gehen.

Das liberale Berlin ist aber gerade für säkulare junge Juden sehr attraktiv.

Sie fliegen regelmäßig zu Partys ein und genießen es mal nicht von orthodox-religiösen Open mit Schläfenlöckchen gemaßregelt zu werden.

Still, Yinam Cohen, a spokesman for the Israeli Embassy in Germany, estimates that there are between 10,000 and 15,000 Israelis living in the city. "This is a relatively new phenomenon," he says. "You can give it all kinds of pseudo-psychological explanations, such as a wearing down of historical barriers, or hype around a new, fresh destination, with good accessibility." There are now 22 weekly flights from Tel Aviv to Berlin, Cohen points out.
[…]  Two decades after the fall of the Berlin Wall, the city is still in the process of crystallizing its identity. Berlin is a place of cheap rents, a liberal sexual climate and social and political upheaval that have helped foster a vibrant art scene and alternative culture. With the process of reunification not yet complete, the city continues to this day to redefine itself.
"This is exactly what artists and gays are looking for," says Russ, the radio presenter. "In cities such as London and Paris, the scene is already well-established, and all the positions are taken. Here, though, one can still make a difference."
And coming from a country still faced with military and geopolitical conflicts, many young Israelis are attracted to the peaceful life offered in modern Berlin. "When you visit as a tourist, you say to yourself, 'I want to live in a place where the news opens with an item about the weather,'" says Russ.
"It's relaxed here," says artist Keren Cytter, who was born in the Jewish settlement Ariel in the West Bank and moved to Berlin five years ago. "It's normal."

Juden, die regelrecht aus Israel fliehen, weil sie genug von Gewalt und Gefahr haben, gehen traditionell nach der Zeit in der Israelischen Armee ins indische Goa, wo sie sich ausführlich dem Kiffen und Kopulieren widmen.

Lange Zeit galten London und New York als die klassischen Auswandererziele für säkulare, liberale in Israel aufgewachsene Menschen.
Beide Städte sind aber extrem teuer. 
In Amerika werden Nippel zensiert und die religiösen Rechten werden immer stärker.

Dadurch kommt Deutschland ins Spiel. 
Berlin ist bekanntlich „arm, aber sexy“. Für den Bruchteil der Miete, die eine winzige Bude in NY oder London kosten würde, kann man in Berlin ein ganzes Atelier mieten.
 Der Alkohol ist billig, die Nachtclubs sind zahlreich und die Terrorwarnungen extrem selten.

Juliane von Mittelstaedt schreibt für Spon-English: „Young Israel's New Love Affair with Germany
Israelis können gar nicht genug kriegen von Deutschland.

Offensichtlich sind das aber nicht dieselben Juden, die in Gestalt von grauhaarigen Talkshowsessel-Sitzern erklären Jüdisches Leben sei in Deutschland nun nicht mehr möglich.  
 Die wie Frau Knobloch und ihrem willigen Helfer Volker Beck feststellen einen solchen Angriff auf das Judentum, wie durch das Kölner Beschneidungsurteil habe es seit dem Holocaust nicht mehr gegeben.

„Nearly 70 years after the Holocaust, the last survivors are passing away, and this is changing how younger Israelis view Germany. Relatively free of historical taboos, they are redefining what this country means to them. This new generation no longer finds it odd that a company like Birkenstock promotes its products in Israel with "Made in Germany," and a short trip to Berlin is the most normal thing in the world. For them, Germany is not just a country like any other -- it also happens to be one of their favorites.
It mainly has to do with a feeling, a new Israeli self-assurance vis-à-vis Germany, one characterized by curiosity and a yearning for discovery. Young Israelis no longer insist on constant remembrance but, rather, on the right to be allowed to forget sometimes.
The sheer scale of this transition is perhaps best expressed in figures: Two years ago, one-quarter of all Israelis were rooting for Germany to win the soccer World Cup. In a survey conducted in 2009, 80 percent of all respondents qualified Israeli-German relations as normal, and 55 percent said that anti-Semitism was no worse in Germany than elsewhere in Europe.
Some 100,000 Israelis now hold German passports, and 15,000 are thought to be living in Berlin. The number of direct flights between the countries increases every year, yet the aircraft are nearly always fully booked. In the large cities, it's almost impossible to find a young Israeli who hasn't been to Germany or doesn't want to go there. They are especially drawn to Berlin. The city from which the Final Solution was once managed now lures Israelis with its cheap rents and the promise of life in an exciting city that never sleeps.
But Berlin is more than just the latest New York. It's a stage on which they can role play and explore their senses of belonging and identity -- a kind of what-if game: What if I had been born in Germany? Who would I be? What would my life be like today?“
(Spon 20.04.12)

Vielleicht sollten die Deutschen endlich den Juden den Holocaust verzeihen (Giordano) und Israelis als das sehen was sie sind: Total heterogen.

Die 613 Ge- und Verbote der Thora werden ganz sicher NICHT von jedem Israeli eingehalten.

Und eine Sache habe ich aus der Bärbel-Schäfer-Doku gestern Abend sogar gelernt:

„Darf man Liebe machen am Sabbat?“ fragte Berlins alternder „Playboy“ Rolf Eden den anwesenden Rabbiner.
Klare Antwort aus religiöser Sicht: „Es ist ein Muss; es ist eine Pflicht!“

„Sex am Sabbat“ - wer es genauer wissen will, kann das im gleichnamigen Buch - im Jahr 2010 erschien im „Patchworld-Verlag“, herausgegeben von Ilan Weiss nachlesen.

Einer der besten Aspekte des Judentums ist ohnehin der Humor.
Da sind die nach Blasphemie-Paragraphen schreienden Christen hoffnungslos unterlegen.

Zwei arme Juden, die ohne Geld in Belgrad angekommen sind, entdecken dort an einer katholischen Kirche ein Schild: „Für jeden Glaubensübertritt zahlen wir 100 Kronen.“ Sie beratschlagen sich lange und beschließen dann, dass erst mal einer von ihnen die Sache ausprobieren soll. Der geht dann auch in die Kirche, während sein Freund draußen wartet. Er wartet lange, schließlich kommt der andere wieder raus. „Na, wie war’s? War’s schlimm?“, wird er gefragt. „Nein, alles in Ordnung.“ – „Und hast du das Geld?“ – „Ja.“ – „Wirklich 100 Kronen?“ – „Ja.“ – „Und – zeig schon“, drängt der eine. „Das ist genau das, was wir Christen an euch Juden nicht mögen: Immerzu denkt ihr nur ans Geld“, erwidert der andere.