Es gibt kein politisches Projekt, welches man mit ihr assoziiert, keine CDU-Zukunftspläne, keinen Gestaltungswillen, keine Ideen für die Herausforderungen unserer Zeit, kein Personal, das auch nur ansatzweise über Charisma verfügt und schon gar nicht existieren irgendwelche „Vordenker“ in der Partei.
Die CDU ist in jeder Hinsicht intellektuelle Underperformerin, die nur einmal so etwas wie Aufbruchsstimmung erlebte, als nämlich mit Friedrich Merz, ein abgewirtschafteter Politrentner aus dem 1990er ohne ökonomisches Grundwissen neoliberales Thesen verbreitete, die seit einem Vierteljahrhundert widerlegt sind. Der Mann, der nie eine Wahl gewonnen und nie regiert hat, blieb sich bis zuletzt treu, indem er, als es drauf ankam, bei den beiden Kämpfen um den Parteivorsitz gegen AKK und Laschet, total versagte.
Der mittlerweile auch zum gemeinsamen CDUCSU-Kanzlerkandidaten gekürte CDU-Parteichef ist die Apotheose seiner Partei und vermeidet strikt jede Positionierung. Weswegen man die CDU wählen solle, die gerade 16 Jahre regiert hat, kann er nicht sagen.
In NRW mäandert Laschet planlos durch die Coronapolitik, hat keinerlei Idee für den Pandemie-Schulbetrieb und blockiert effektiv den Klimaschutz.
Laschet ist die Inkarnation des Stillstandes; da hält er sich strikt an sein Vorbild Merkel.
Im Bundestagswahlkampf gibt es nur zwei Festlegungen des mutmaßlich nächsten Kanzlers: Ohne Limit auf der Autobahn rasen und deutliche Steuererleichterungen für die reichsten 10% der Deutschen, so daß noch mehr von unten nach oben umverteilt wird.
Seinen Wahlkampfslogan klaute er von Gerd Schröder.Die CDU-Wahlkampagne ist derartig ambitionslos und öde, daß man sich noch nicht mal die Mühe machte, echte Polizisten und Krankenpfleger zu suchen, die auf Plakaten bekunden, die CDU zu wählen, sondern Mitarbeiter der Parteizentrale kostümierte. Der renommierte Wahlkampfberater und Werbetexter Frank Stauss diagnostiziert treffend.
[……] SPIEGEL: Die CDU hat ihre Plakate für die Bundestagswahl vorgestellt. »Deutschland gemeinsam machen«, ist der Leitsatz. Wie schnell sind Sie eingeschlafen, nachdem Sie die Kampagne gesehen haben?
Stauss: Das ging sehr zügig. Eigentlich war ich schon eingeschlafen, bevor ich sie gesehen hatte, weil ich genau so etwas erwartet hatte. Aber das muss ja nicht falsch sein.
SPIEGEL: Wie bitte?
Stauss: Es ist eine Kampagne, die absolut auf Sicherheit spielt. Die Union ist Frontrunner, sie versucht, das Ganze, ohne zu stolpern, ins Ziel zu bringen. Nicht anecken, alle Themen irgendwie oberflächlich anreißen, das ist ihr Ziel. Insgesamt ist das alles furchtbar dröge und ambitionslos. Aber womöglich die richtige Strategie.
SPIEGEL: Verstehen wir das richtig – je langweiliger die Plakate, desto größer die Siegchancen der Union?
Stauss: Klar. Die Union liegt vorn und hat einen Kandidaten, von dem niemand einen großen Aufbruch erwartet. Für die Partei geht es darum, Stabilität, Sicherheit und einen hohen Wiedererkennungswert auszustrahlen. […..]
So ist er, der Urnenpöbel. Je eifriger und glaubwürdiger ein Kandidat, eine Partei einen Aufbruch und entscheidende Neuerungen ankündigt, desto sicherer verliert er die Wahl. Das war schon Merkels geniales Erfolgsrezept. Bloß nichts sagen, bloß immer wolkig daher plappern, bloß nichts tun, das die Wähler aufregen könnte oder sie womöglich dazu veranlasst sich politisch zu engagieren. Je mehr Nichtwähler, desto besser für die CDU.
[….] Armin Laschet setzt wie Merkel auf asymmetrische Demobilisierung. Die Folge: Viele Menschen wollen eine Veränderung, glauben aber nicht, dass ihre Stimme entscheidend ist – und gehen dann einfach nicht zur Wahl. [……]
(Samira El Ouassil, Spon, 08.07.2021)
Laschets Grundhaltung, tumb jede Politik zu vermeiden und einfach ewiggrinsend alles auszusitzen, geht soweit, daß er drastische Angriffe auf die Verfassung aus seiner eigenen Partei stoisch geschehen lässt. Der CDU-Bundestagskandidat Maaßen kann antisemitisch raunen, verschwörungstheoretisch warnen und völkisch hetzen wie er möchte – Laschet lässt es geschehen.
In einer funktionierenden validen Demokratie würde so eine Politikverweigerung von den Wählern abgestraft werden.
Das reale deutsche Wahlvolk besteht aber zu weiten Teilen aus bequemen und lesefaulen Idioten, die nicht weiter als bis zur Nasenspitze denken können. Sie ziehen die katholische-fromme, homophobe, fascho-tolerante personifizierte Untätigkeit aus NRW immer noch jedem vor, der den Liter Benzin um einen Cent verteuern, ein Tempolimit einführen oder womöglich gar durch Mindestlohn und Vermögenssteuer dafür sorgen könnte, daß die Multimilliardäre Kühne, Quandt und Schwarz auch Abgaben zahlen. Nein, nein, nein, es soll bitte alles immer so bleiben, wie es ist.
[…..] Warum der Kanzlerkandidat der Union auf der Beliebtheitsskala überraschend so weit oben steht? Das hat viel mit Gewöhnung zu tun. […..] Zu den derzeit beliebten Sätzen der CDU gehört die Behauptung, keine Partei des "Entweder-oder" zu sein, sondern eine des "Sowohl-als-auch". Man kann sagen, dafür hat sie den passenden Kanzlerkandidaten gefunden. Armin Laschet, 60, will das Land sowohl stabilisieren als auch erneuern, sowohl das Klima als auch die Industrie schützen, sowohl die Pandemie bekämpfen als auch Freiheiten gewähren. Er liebt sowohl Nordrhein als auch Westfalen, er kann sowohl herzlich als auch pampig sein, als Redner sowohl einschläfern als auch mitreißen. Mit all diesen Eigenschaften hat er in den Machtkämpfen um den CDU-Parteivorsitz und die Kanzlerkandidatur der Union sowohl Friedrich Merz als auch Markus Söder ausgestochen. Gleichwohl muss Laschet mit dem Vorwurf leben, dass sein kultiviertes Sowohl-als-auch manchmal wie ein "Weder-noch" rüberkommt. Etwa wenn er auf Fragen nach einem CDU-Bundestagskandidaten aus Südthüringen weder "Hans-Georg" noch "Maaßen" in den Mund nimmt oder wenn er die Provokationen am rechten Rand seiner Partei weder duldet noch unterbindet. […..] Der Schub kam dann aber ziemlich bald. Mitte Juni klang Güllner am Telefon plötzlich so: "An den Laschet gewöhnt man sich langsam. Deshalb geht er hoch." Inzwischen liegt die Union bei Forsa elf Prozentpunkte vor den Grünen. Auch bei anderen Instituten hat Laschet eine ähnliche Achterbahnfahrt auf der Werteskala hinter sich. Das eigentlich Irre daran ist: Er hat nicht viel dafür getan. Vielleicht mal abgesehen davon, dass er stets die Nerven behielt und den sich wild wandelnden Stimmungen mit demonstrativer Gelassenheit zuschaute. Laschet blieb einfach Laschet - mit allen Stärken und Schwächen. Das reicht im Moment. [….]