Montag, 11. Januar 2016

Mit vollen Hosen..



Vielleicht haben wir zu viel und nicht zu wenig Demokratie.
Im Angesicht von fünf Landtags- und zwei Kommunalwahlen im Jahr 2016* ist es mal wieder frappierend zu sehen, wie sämtliche politischen Parteien Vernunft und Seriosität über Bord werfen, weil ihnen aus Angst vor dem Wähler die Knie schlottern.

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6. März Hessen Kommunal
13. März Baden-Württemberg Landtag
13. März Rheinland-Pfalz Landtag
13. März Sachsen-Anhalt Landtag
4. September Mecklenburg-Vorpommern Landtag
11. September Niedersachsen Kommunal
18. September Berlin Abgeordnetenhaus, Bezirksverordnetenversammlungen

Sogar das Polit-Ehepaar Lafontaine und Wagenknecht weist darauf hin, daß die Einwanderung nicht so weiter gehen könne, daß man mehr abschieben solle.

Ein der Haupterkenntnisse Helmut Schmidts war die Uneinsichtigkeit des Wählers für Kompromisse.
Sie werden Politikern und Parteien grundsätzlich als Schwäche ausgelegt und mit allen erdenklichen negativen Konnotationen belegt.
Dabei sind Kompromisse das Wesen unserer parlamentarischen Demokratie.
Wer Kompromisse verachtet, sich darüber beklagt, daß eine 25%-Partei nicht 100% ihres Wahlprogramms durchsetzt und sofort geneigt ist auch radikale Schreihals-Parteien zu wählen, zerstört selbst die Demokratie.

Wir sind eine repräsentative Demokratie, die glücklicherweise noch nicht gänzlich zur Diktatur der Inkompetenz (=plebiszitäre Demokratie) verkommen ist.
Aber eine Kaskade von sieben wichtigen Wahlen innerhalb eines Jahres generiert eine permanent-plebiszitäre Stimmung, die ganz offensichtlich schon in der zweiten Januarwoche die Bundespolitik lahmlegt.

Immer abenteuerlichere Meldungen schwappen durch Deutschland, welches scheinbar schonfast zu einer Gesamt-No-Go-Area für Frauen geworden ist, weil halbwilde Testosteronbomben aus dem Nahen Osten alles vergewaltigen, das nicht bei drei auf dem Baum ist.
Schlaraffenzeit für AfD und CSU, deren gagaeske radikal-xenophobe Sprüche nun bis weit in die SPD und Opposition hinein auf Akzeptanz stoßen.
Merkel-Imitator Gabriel läßt schon mal aus Kuba verlautbaren, seine Partei wäre zu so ziemlich jeder flüchtlingsphoben Schandtat bereit.


Nach Gabriels Theorie muß sich die SPD bekanntlich nur genügend an die Union anpassen, um wieder Mehrheiten zu generieren.
Da kann die lästige Realität – SPD sinkt auf 21,5% bundesweit – nur stören.

Merkel und ihr Bundesvize, der Schäuble-Schwiegersohn Thomas Strobl („Der Grieche hat jetzt lang genug genervt!“) fabulieren nun im PEGIDA-Sprech von der Verwirkung des Gastrechtes.
Dabei gibt es gar kein juristisches Gastrecht.
Es gibt das grundgesetzlich garantierte Asylrecht und das Strafrecht.
Gastrecht hingegen ist ein kultureller Begriff und keine politische Kategorie, auf die man sich berufen könnte. Egal, es klingt aber so schön populär das Gastrecht einzuschränken.

Die Fraktionsvorsitzende der LINKEN im Bundestag Sahra Wagenknecht stimmte der Forderung nach konsequentem Vorgehen gegen straffällige Migranten allerdings zu. »Wer Gastrecht missbraucht, der hat Gastrecht eben auch verwirkt«, meinte Wagenknecht, am Montag in Berlin.
(Neues Deutschland, 11.01.2016)

Die Berichterstattung vom Kölner Hauptbahnhof erinnert mich inzwischen an die Flut von Til-Schweiger-Bildchen mit Raketenwerfer über der Schulter, die wir über Weihnachten ertragen mußten. Ich kann es nicht mehr sehen.

Wenn Straftaten begangen werden, muß die Polizei dem nachgehen. Punkt.
Nach Straftaten muß aber nicht das Parlament in Rekordtempo zusammen kommen, um dafür neue Gesetze zu erlassen.

Weswegen sich Polizei manchmal so auffällig zurückhalten, müssen sich die Innenminister und Polizeipräsidenten fragen lassen.
Über 450 brutale Rechtsextreme, für die ein Haftbefehl ausgestellt ist, laufen in Deutschland rum, weil die Polizei sie nicht verhaftet.

[….] Als der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) im Herbst 2011 aufflog, war das Entsetzen groß. Regierung, Opposition, Sicherheitsbehörden - alle zeigten sich bestürzt. Dass eine rechtsextreme Terrorzelle über Jahre unerkannt Morde begehen konnte, hatte man für unmöglich gehalten. Entsprechend entschlossen wurde Aufklärung versprochen. Und noch viel entschlossener wurde zugesagt, dass alles getan werde, damit sich so etwas nie wiederholen würde. Bundespräsident, Bundeskanzlerin, Polizisten und Verfassungsschützer - es gab niemanden, der in jenen Wochen nicht diese Botschaft aussandte.
Nun ist bislang tatsächlich keine neue Terrorbande entdeckt worden. Doch eine Statistik gibt zumindest Anlass zu Befürchtungen. Es ist eine kleine Statistik, und sie klingt auf den ersten Blick beinahe harmlos. Sie fasst zusammen, wie viele Haftbefehle für rechtsradikale und verurteilte Straftäter derzeit nicht vollstreckt werden, weil diese Täter offenbar nicht zu fassen sind.
Wie die Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen-Politikerin Irene Mihalic antwortete, waren zum Stichtag 15. September 2015 mehr als 450 Haftbefehle gegen 372 rechtsmotivierte Straftäter nicht vollstreckt worden. Das bedeutet: Entweder werden diese Personen nicht verhaftet, obwohl die Polizei weiß, wo sie sich befinden. Oder diese Verbrecher entziehen sich einer Verhaftung, weil sie untergetaucht sind. [….]