Donnerstag, 21. November 2013

Polizei, Osterei!



 
Ich bin so froh, daß ich vor dem Zusammenbruch des Warschauer Paktes 1989/90 in einigen dieser Länder war – wenn auch viel zu kurz.
Aber man kann sich heute wohl nicht mehr das Gefühl vorstellen, wie es als Westtourist in Rumänien, Russland oder der DDR war, wenn man es nicht erlebt hat. Selbst im Gulaschkommunistischen Ungarn war es für mich als Ami nicht sehr schwer die Geheimdienstler zu bemerken, die einem irgendwie immer folgten.
In diesen Staaten bedeutete „Polizei“ zunächst einmal nichts Gutes. Ohne das wirklich beurteilen zu können, war für mich das Gefühl der Willkür am Bedrohlichsten. Man wußte einfach nicht was einen erwartet und konnte sich auf kein Rechtssystem stützen, das einen geschützt hätte.
Ich habe mal auf einem Schiff mit einem Russischen Polizeioffizier einige Gläser Vodka getrunken und dann lange über die damals gerade aktuelle britische Popmusik gesprochen. Ein hochgebildeter und sympathischer Typ war das, vor dem sich tagsüber alle anderen fürchteten. Er hatte eben seine Rolle zu spielen und konnte durchaus genießen mit mir ein paar deutsche Filterzigaretten zu rauchen und ein bißchen zu schwatzen.
Das hieß aber nicht, daß man dem nächsten Offizier einfach ein Päckchen „Prince Denmark“ zustecken konnte und dann ein lockeres Gespräch führen konnte.
Der hätte sich auch (zu Recht) über die Überheblichkeit ärgern können und einem die größten Schwierigkeiten machen können.

Heute gibt es solche Polizeistaaten mit Willkürgewalt gegen Ausländer in Europa kaum noch.
Weißrussland mit seinem homophob-bizarren „Führer“ Lukachenko ist die Ausnahme.
Da wird durchaus noch gefoltert und Regimekritiker verschwinden mal aus Nimmerwiedersehen. Sollte sich doch mal ein oppositionelles Grüppchen zusammenfinden, wird es niedergeknüppelt.
Technisches Knowhow kommt aus Deutschland. Einem notorischen Lügner wie dem damaligen Innenminister Wolfgang Schäuble sind die Menschenrechte ohnehin ein Dorn im Auge.

Deutschland rüstete weißrussische Polizei aus
Zu den Hilfsleistungen Deutschlands an die weißrussische Polizei werden immer neue Details bekannt: Einem Bericht nach hat die Regierung über Jahre hinweg Geld auch für die Ausstattung der Bereitschaftspolizei des Landes zur Verfügung gestellt.   Das Bundesinnenministerium habe bestätigt, dass zwischen 2009 und 2010 rund 41.200 Euro für Computer- und Videotechnik an Weißrussland gingen, berichtete die Bild. Zudem soll das Ministerium von 2008 bis 2011 mindestens eine Hundertschaft der Polizei mit Körperschutzausstattung ausgerüstet haben, dazu hätten auch Schlagstöcke gehört.   Schon die Ausbildungshilfe Deutschlands für die weißrussische Polizei hatte unter Oppositionspolitikern erheblichen Unmut erzeugt. Am Wochenende war bekannt geworden, dass die deutsche Bundespolizei und das Bundeskriminalamt auf Veranlassung der Bundesregierung seit 2008 weißrussische Sicherheitskräfte geschult hatten, unter anderem Angehörige des Grenzschutzes. […] Bezahlt habe Deutschland demnach unter anderem Digitalkameras, Diktiergeräte und Laptops. Das nötige Geld dafür sei auf ein Konto der Deutschen Botschaft in Minsk überwiesen worden.

In anderen Teilen der Welt gibt es zur Freude des Christlichen Innenministers Friedrich – er vergab Jobs im Ministerium ausschließlich an gläubige Christen – genügend undemokratische Staaten, die sich eine Willkürpolizei leisten, um nach Herzenslust foltern und verfolgen zu können.
Da hilft Merkels Regierung gern.

Mit Ausbildung und Ausrüstung unterstützt das Bundeskriminalamt eine berüchtigte Spezialtruppe in Kenia. [….]
Die Männer töten routiniert, ungestraft und systematisch, das alles ist bekannt und belegt. So ist es in einem Bericht der Vereinten Nationen nachzulesen. Und eben diese Männer kamen nun mit einem weißen Geländewagen angefahren, um den Islamisten Mohammed Abdulmalik zu holen. Es waren Angehörige der Anti Terrorism Police Unit (ATPU), einer Spezialeinheit der kenianischen Polizei. Zwei Wochen lang hielten sie Abdulmalik fest, prügelten und verhörten ihn zu Attentatsplänen, an denen er angeblich beteiligt war. Dann fuhren sie ihn zum Flughafen der Hauptstadt Nairobi, übergaben ihn an US-Beamte. Alltag im amerikanischen Kampf gegen den Terror. Alltag in einem Kampf, in dem rechtsstaatliche Prinzipien allzu oft nebensächlich werden.
[….] Organisiert wird der Kampf in Afrika von Stuttgart-Möhringen aus - dort nämlich sitzt Africom, das amerikanische Oberkommando für Afrika. In Baden-Württemberg wird über Drohneneinsätze bestimmt, über Missionen von Spezialeinheiten und Agenten - und die Aufrüstung der afrikanischen Partner. Das Bundeskriminalamt (BKA) hat die kenianische Polizei in den vergangenen drei Jahren mit mindestens 17 Fortbildungen - etwa zum Thema 'Terrorismusbekämpfung' - unterstützt; zuletzt etwa auf einem dreitägigen Workshop im August - Kosten: 30000 Euro. Obendrein gab es mehrmals Geschenke aus Deutschland: weiße Jeeps, Marke Nissan, jene Art von Fahrzeugen, für die Kenias Antiterrorpolizei berüchtigt ist. Warum liefert die Bundesregierung Fahrzeuge für Folterer und bildet eine Truppe fort, die sich laut dem UN-Sonderberichterstatter über außergerichtliche Hinrichtungen, Philip Alston, längst ein 'eigenes Recht' geschaffen hat? [….]
 (SZ vom 21.11.2013)

Grundsätzliches Polizeibashing in Deutschland lehne ich ab.
Ich finde es regelrecht lächerlich, wie sich organisierte Linke an den „Bullenschweinen“ abreagieren. Als ob der einzelne Polizist etwas dafür könnte, wie der Staat seine Interessen durchdrückt.
Und so abgedroschen es klingt: Ja, auch ich war schon in Situationen, in denen ich sehr froh war, daß Polizisten vor Ort waren.

Das bedeutet aber nicht, daß in Deutschland alles wunderbar läuft bei Justiz und Polizei.
Wenn man punkig, dunkelhäutig oder irgendwie links wirkt, muß man nicht unbedingt damit rechnen völlig gerecht behandelt zu werden. Da tun sich Abgründe auf.

Mir war völlig entgangen, dass Oury Jallohs Unterstützer schon vor Jahren aus eigener Tasche einen Gutachter bezahlen mussten, um feststellen zu lassen, dass der Kopf des Opfers eingeschlagen war. Letzte Woche bekanntlich der große Knall: Ein an Händen und Füßen Gefesselter kann sich mit einem nicht vorhandenen Feuerzeug gar nicht selbst anzünden.
Wieder mussten die Unterstützer etliche Tausend Euro sammeln, um den Gutachter zu bezahlen, der so etwas wissenschaftlich nachweisen kann.
Letztlich hat sich das viele Geld aber gelohnt, denn nun: Das Gericht zeigt sich „überrascht“. Dass ein deutsches Gericht von so etwas überrascht wird, überrascht mich nicht mehr. Nachdem Marwa El-Sherbini 2009 im Landgericht Dresden ermordet worden war, las ich sämtliche zugängliche Materialien, inklusive Auszüge aus dem der Tat vorausgehenden rassistischen Hassbrief des Täters an das Gericht.
Nach diesem Brief konnte man einfach nicht ahnen, dass von dem Mann eine Gefahr ausging – jedenfalls nicht, wenn es um eine rassistische Gefahr geht und man den deutschen Strafverfolgungsorganen angehört. Die sind nämlich nicht nur auf dem rechten Auge blind, sondern haben gerade für Mord einen ganz schlechten Riecher. Und die Ohren sind auch nicht geputzt.
Erst vor knapp zwei Monaten wurde im NSU-Prozess über einen der Morde bekannt: Der Betreiber eines Internetcafés wurde erschossen und lag in einer Blutlache am Boden. Ein Angehöriger des hessischen Verfassungsschutzes surfte derweil – zufällig! – in exakt demselben Internetcafé. Er bemerkte nichts. Als er gehen wollte, konnte er den Betreiber nicht finden (klar, der war ja tot) und legte 50 Cent auf die Theke, hinter der der Tote lag. In erwähnter Blutlache.
Dieser Verfassungsschützer, in dessen Gegenwart jemand erschossen wird, den er nachher nicht in seiner Blutlache liegen sieht, passt exakt zu einem Polizisten, der nicht bemerkt, dass jemand mit einem Kanister Benzin und einem Feuerzeug in eine Zelle geht, passt zu einem Pathologen, der nicht merkt, dass der verstorbene Gefangene einen zertrümmerten Schädel hat, passt zu einem Richter, der davon überrascht wird.
Wie dumm sind Beamte? […………………..]