Mit gerade mal 53 Jahren wollte er im Jahr 2008 unbedingt
Chef aller deutschen Bischöfe werden und litt schwer an der Wahlniederlage
gegen Erzbischof Zollitsch. 2014, inzwischen zum Kardinal aufgestiegen, ließ er
sich das Amt nicht mehr nehmen und übernahm stetig neue wichtige Posten in der
Kurie, so daß man sich schon vorstellte, er könne wie zuvor die Bayern
Ratzinger und Müller in die erste Garde des Vatikans aufrücken.
Aber nun, mit für katholische Verhältnisse jugendlichen 66
Jahren (Ratzi war 79 als er Papst wurde) hat er plötzlich keinen Bock mehr auf
eine weitere Amtszeit und wirft mitten im synodalen Reformprozess den Bettel hin.
Soll doch ein anderer im März 2020 für sechs Jahre den Vorsitz der deutschen Bischofskonferenz
übernehmen.
Ausgerechnet der machtbewußte Hoppla-jetzt komm‘ ich-Kirchenfürst
soll so zartbesaitet sein, daß er die Zickereien seiner Brüder im Amte nicht
vertrug?
[….] Es ist aber kein Geheimnis, dass Marx als
Vorsitzender der Bischofskonferenz unter seinen Mitbrüdern umstritten
ist. Bei den Vollversammlungen nervt er immer wieder mit herrischem Auftreten.
Er reiße alles an sich, heißt es, könne nicht delegieren, sei gleichzeitig
aber unorganisiert und schlecht vorbereitet. Öffentlich presche er mitunter
ohne Absprache vor. One-Man-Show statt Mannschaft. Mit diesem Führungsverständnis
kommt er selbst in der antiquierten katholischen Kirche nicht mehr an.
[….]
(Felix
Bohr, SPIEGEL, 15.02.2020)
Die wenigen nicht extrem
erzkonservativen deutschen Katholischen Bischöfe sind nun enttäuscht, da sie
mit dem inhaltlich flexiblen Marx einen vermeidlichen Fürsprecher verlieren,
der das Ohr des Papstes hat.
Marx ist sehr wendig.
So verlangte er nach der Wahl
Bergoglios zum neuen Ratzi Bescheidenheit für die katholischen Bischöfe.
Außer natürlich für sich. Er blieb in
seinem gigantischen Rokoko-Palais, kaufte sich in Rom für 10 Millionen Euro einen persönlichen Prunkpalast,
den „Palazzo Marx“.
So verlangte er nach dem Aufkochen der
Missbrauchsskandale unbedingte Offenheit der Bischöfe, volle Transparenz
gegenüber den Opfern. Nur eben nicht in seinem eigenen Bereich.
[….] Während er die 2018 veröffentlichte
Missbrauchsstudie der Bischöfe wesentlich mit vorantrieb, hält er einen
2010 erstellten Bericht zu sexuellen Übergriffen in seinem Erzbistum
für die Öffentlichkeit unter Verschluss. [….]
(Felix
Bohr, SPIEGEL, 15.02.2020)
Wie es in der gesamten deutschen
Presse üblich ist, sorgen sich nun alle, um das Ansehen der katholischen Kirche
in Deutschland. Alle stimmen schließlich darin überein der Kirche zu helfen
nicht noch mehr Mitglieder zu verlieren, wollen unbedingt ihre Macht erhalten.
Nun eint sie die Furcht vor einem
Durchmarsch der Konservativen um Overbeck und Woelki, die bestens mit dem
vatikanischen Dunkelkatholiken Gänswein, TVE, Ratzinger und Müller vernetzt
sind. Keine Handbreit den Reformern könnte das neue Motto lauten, nachdem auch
Franzi mit einem gewaltigen Knall die Tür vor der Frauenordinierung und der Lockerung des Zölibats zuschlug.
Besonders gefürchtet wird die
minderbezahnte Perücke aus Köln.
Wie eine mächtige Spinne hockt der
Metropolit des Erzbistums Köln mit seinen Suffraganbistümern Aachen, Essen, Limburg,
Münster und Trier in der nach Rom reichsten Kirchenprovinz der Welt und zieht
seine Fäden. Sollte Rainer Maria Kardinal Woelki neuer Vorsitzender der DBK
werden, schwant den vielen Kirchenfreunden in den Redaktionen Böses: Mehr
Austritte, mehr Nähe zur AfD, mehr Homophobie.
Da ich auch glaube ein Chef wie Woelki
würde der RKK sehr schaden, hoffe ich natürlich, daß er sich durchsetzt.
Der SPIEGEL aber hebt schnell den
angeblich liberalsten katholischen Bischof Deutschlands auf den Schild: Der
neue Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer.
Der sei so bescheiden, spräche ein
halbes Dutzend Sprachen – mindestens. Habe sich schon im Alter von 19 Jahren
der Arbeit im Orden der Herz-Jesu-Priester verschrieben und würde womöglich
sogar ernsthaftes Interesse daran zeigen die Kinderfickereien seiner Priester
offenzulegen.
Ein netter
Bischofskonferenz-Vorsitzender?
Zunächst einmal ist das nicht so
abwegig. Die nationalen Episkopate geben sich gern ein wenig moderner und
liberaler als das sittenstrenge Rom.
Lehmann und Zollitsch galten durchaus
als Widersacher der jeweiligen Päpste.
Aber das gehört auch zur Inszenierung,
um ein möglichst breites Spektrum abzudecken.
Die RKK ist eine zentralistische und
absolute Diktatur. Die nationalen Konferenz-Chefs können so viele Papiere
aufsetzen wie sie wollen; keine der Teilkirchen hat auch nur das kleinste
Fünkchen Macht.
Selbst wenn alle 17 deutschen Diözesen
einstimmig das Frauenpriestertum fordern, wäre das völlig irrelevant, weil Rom
entscheidet.
Die Liberalität Wilmers liest der
Spiegel aus einer einzigen Äußerung ab, in der er die Binsenweisheit aussprach,
der Missbrauch liege in der DNA der Kirchenstrukturen und seinem Werdegang, aus
dem so viel Bescheidenheit und Weltkundigkeit spreche.
geboren am 9. April 1961 in Schapen (Emsland)
August 1980 Eintritt in die Ordensgemeinschaft der Herz-Jesu-Priester
1980-1982 Noviziat in Freiburg i.Br.
1985 Ablegung der Ewigen Profess
31. Mai 1987 Priesterweihe in Freiburg
1987-1993: Studium in Rom und Freiburg
1993-1995 Referendar am Windthorst-Gymnasium in Meppen
1995-1997 Lehrer für Religion, Geschichte und Politik und sowie
Schulseelsorger an der Liebfrauenschule in Vechta
1997-1998 Lehrer für Deutsch und Geschichte an der Fordham Preparatory
School (Jesuit High School) in New York (Bronx)
1998-2007 Schulleiter des Gymnasium Leoninum Handrup
2007-2015 Provinzial der Deutschen Ordensprovinz der Herz-Jesu-Priester
in Bonn
2015-2018 Generaloberer der Herz-Jesu-Priester in Rom
6.4.2018 Ernennung zum 71. Bischof von Hildesheim
1.9.2018 Weihe zum Bischof und Amtseinführung im Bistum Hildesheim
Ein bißchen wenig für einen
angeblichen großen Reformer, der sich nach seinem DNA-Spruch beeilte zu
versichern, wie wunderbar er sich mit Kardinal Woelki verstehe und alles gleich
viel tiefer hängte:
Ich sehe mich nicht als Revoluzzer, betonte er eilfertig beim erzkonservativen Domradio in Köln.
Ich sehe mich nicht als Revoluzzer, betonte er eilfertig beim erzkonservativen Domradio in Köln.
Selbst wenn Wilmer DBK-Vorsitzender
werden sollte und tatsächlich liberaler als andere Bischöfe sein sollte, hätte
er keine Macht etwas zu verändern.
Aber es wäre aus meiner Sicht
natürlich bedauerlich ein sympathisches Gesicht an der Spitze der deutschen
Kirchenfürsten zu haben.
Möge sich also lieber Woelki
durchsetzen.