Samstag, 7. Januar 2023

Hauen und Stechen im Mater Ecclesiae  

Als Laien kennen wir im Grunde nur vier geistliche Ränge: Priester, Bischof, Kardinal, Papst.

In Wahrheit ist die Hierarchie aber viel ausgeklügelter und gerade an der Spitze, unter den Kurienerzbischöfen und Kurienkardinälen, wird haargenau registriert, wer über und unter wem steht.

Die Kurie ist eine Schlangengrube, in der sich letztendlich alles nur darum dreht, seine Truppen für das Konklave zu sammeln, um dort die absolute Macht als Papst zu erringen.

In dem bisherigen Pontifikat Bergoglio herrschte allerdings ein absolutistisches Duopol. Ein Paradoxon also, in dem es zwei Menschen, mit alleiniger absoluter Macht gab.

(……) Das Papstamt steht für maximale Machtfülle.

Er wird direkt vom Heiligen Geist (=Gott) ausgesucht, amtiert folglich auf Lebenszeit als Stellvertreter Gottes auf Erden.

Weltlich betrachtet ist es ein absolutistisches Amt. Ein Papst ist nicht nur oberster Chef der Exekutive, Judikative und Legislative, sondern er ist praktischerweise auch noch unfehlbar.

Noch beindruckender ist seine kirchenrechtliche Stellung.

Franzi verfügt über Primatialgewalt (der Primatsanspruch des Papstes ergibt sich aus Matthäus 16 : Als Nachfolger des Apostels Petrus, irdischer Stellvertreter Jesu Christi und Hirte der Universalkirche verfügt der Papst in der römisch-katholischen Kirche „über höchste, volle, unmittelbare und universale ordentliche Gewalt, die er immer frei ausüben kann“ (can. 331 CIC).

Der Papst ist Träger der Höchstgewalt (potestas suprema); es steht also nichts und niemand über ihm; und der

 Vollgewalt (potestas plena), also maximale Gewaltenfülle in materieller und formeller Hinsicht. Materiell meint, daß sich päpstliche Gewalt über absolut alle Sachgebiete der Kirche erstreckt. Formal heißt Amtsgewalt des Papstes über Exekutive, Legislative und Judikative umfasst.

Franzi ist oberster Richter der Kirche und zwar ohne sich selbst an kirchliches Recht halten zu müssen (prima sedes a nemine iudicatur). Was er entscheidet ist daher automatisch letztinstanzlich und unanfechtbar.

Die Primatialgewalt ist unmittelbar (potestas immediata), so daß sich der argentinische Einlunger willkürlich in alles was ihm beliebt einschalten kann ohne irgendwelche Vorinstanzen abwarten zu müssen.

Ferner verfügt Bergoglio über Universalgewalt (potestas universalis), kann also seine Primatialgewalt auch auf alle Teile wie Bistümer, Klöster, Pfarren anwenden; und:

bischöfliche Gewalt (potestas vere episcopalis) und frei ausübbare Gewalt. Kein Kardinal, kein Kirchengericht, noch nicht mal alle 4.000 Bischöfe der RKK zusammen können Franzi bei seinem Machtgebrauch hindern. (…..)

(Gerontenzickenkrieg, 14.01.2020)

In dieser verrückten Doppelpapal-Konstellation waren einige Intriganten, die an ihrem eigenen Aufstieg bastelten, immun gegen die absolute päpstliche Macht, indem sie unter den Schutzschild des anderen Papstes krochen. Man hasste sich leidenschaftlich gegenseitig und wartete sehnsüchtig auf den Tod des Rivalen, um es dessen Epigonen heimzuzahlen.

[….] Die Anhängerschaft von Benedikt findet offenbar, dass die rivalisierenden "Bergoglianer", also die geistige Gefolgschaft von Jorge Mario Bergoglio, dem Papst Franziskus, das Protokoll gezielt klein und schlicht halten, damit das letzte Geleit für den Emeritierten nicht allzu groß und pompös ausfällt. Benedikt selbst soll sich das zwar so gewünscht haben: "feierlich, aber einfach". Doch die "Ratzingerianer" vermuten Boshaftigkeit. Es soll sogar "Bergoglianer" in Machtpositionen gegeben haben, die das Requiem schon zwei, drei Tage nach dem Tod des deutschen Papstes anberaumen wollten, damit der Reigen der Hommagen und Feiern nicht so lange dauern würde.   [….]

(Oliver Meiler, 02.01.2023)

Besonders dreist nutzte Georg „Gänsi“ Gänswein seine Stellung als Ratzinger-Intimus aus. Er wird von den Bergoglianern leidenschaftlich gehasst, missbrauchte aber ungeniert den nahezu scheintoten Körper Ratzingers, als dieser sich, quasi gelähmt und unfähig zu sprechen, nicht mehr wehren konnte. Möglicherweise war Ratzinger seit Jahren dement. Das ließ sich aber nicht überprüfen, da allein Gänsi über den Zugang zu ihm bestimmte und immer wieder behauptete, Ratzinger sei geistig noch ganz wach. Und so inszenierte Gänsi ihn in immer groteskerer Weise vor den Kameras als hilflosen Greis von Gänsis Gnaden. Mal schien er auch von den Pflegenonnen ausgelacht zu werden, die es genossen, als Frauen nun die Macht über den Mann zu haben.

Mal zog ihm Gänsi demonstrativ die geliebten roten Prada-Slipper aus und verpasste ihm klingonisch anmutenden Sadomaso-Sandalen, die metaphorisch dafür standen, den alten Mann gefesselt zu haben.



Der einst so sexy Gänsi war seit Jahrzehnten Ratzis Favorit. Wie sollte Bergoglio den Kurienerzbischof zur Raison bringen, ohne damit das unfehlbare Papstamt zu beschädigen?

[….] Niemand stand Benedikt all die Jahre näher als Gänswein. Er war 2012 von seinem Mentor zum Kurienerzbischof - also einem Bischof mit einer Funktion im Vatikan, aber ohne Diözese - gemacht worden, nachdem er bereits knapp zehn Jahre Assistent und Sekretär von Benedikt war. Die beiden arbeiteten schon zusammen, als Benedikt noch unter seinem Geburtsnamen Joseph Ratzinger Präfekt der Glaubenskongregation war.

Als der 66-Jährige am Montag vor dem Leichnam des Papa Emeritus im Petersdom stand, kamen ihm Tränen. In all den Jahren war er Benedikt bei Terminen, Reisen, Auftritten kaum von der Seite gewichen. [….] Gänswein war bis Februar 2020 noch Präfekt des Päpstlichen Hauses, bis ihn Franziskus beurlaubte. Die Beurlaubung gilt nach wie vor, die Stelle wurde aber nicht nachbesetzt. Fragt man Vatikan-Kenner, hört man, dass dieser Job, in dem man sehr nah am Papst ist und zum engsten Kreis gehört, für Gänswein nicht mehr in Frage kommen dürfte.  Benedikt XVI. gab ihm diesen Posten noch kurz vor seinem Rücktritt 2013. Gänswein wurde Franziskus damit "ins Nest gelegt", sagt ein Kenner, und er habe nicht mitbestimmen können. Der amtierende Pontifex übernahm Gänswein in den Jahren danach. Dann aber folgte die Beurlaubung - die den Deutschen hart traf. Er habe den Schritt "irgendwie als Bestrafung" empfunden, sagte er 2020 der Zeitschrift "Bunte". ""Was habe ich nur angestellt?", fragte ich mich."  [….]

(BSZ, 03.01.2023)

Gänsi klammert sich vor den Augen der Kardinäle noch einmal an die Hand, die ihn so lange fütterte. Er küsste -  immer peinlich darauf bedacht, daß die Weltpresse dabei war und Kameras ihn genau einfingen - die Hand der Papstleiche und den Papstsarg.


Offensichtlich sollte das eine wenig subtile Botschaft an den nun einzigen lebenden Papst sein: „Ich bin sakrosankt!“

Ob es dem ultrakonservativen Regensburger Freund der rechtsextremen Schwurbel-Fürstin Gloria viel nützt, bleibt aber fraglich. Der Bayer pestet nun gegen Franziskus, scheint aber nicht verstanden zu haben, daß er das ohne den Schutz Ratzis nicht mehr tun sollte, wenn er eine Karriere in der Kurie haben möchte.

[….] Sieben Jahre lang hatte Gänswein dann eine Doppelfunktion inne: Als Cheforganisator des päpstlichen Haushaltes war er für einen reibungslosen Ablauf von Staatsbesuchen, Audienzen und päpstlichen Zeremonien zuständig. Gleichzeitig blieb er seinem ehemaligen Papst verpflichtet, organisierte auch für ihn Besuche, Post und Haushalt. Gänswein wohnte auch bis zuletzt mit Benedikt XVI. im Kloster "Mater Ecclesiae" in den Vatikanischen Gärten.  Die Umstellung von Papst Benedikt auf Papst Franziskus fiel Gänswein offensichtlich nicht leicht. "Es war am Anfang schwierig", sagte er im August 2019 in einem Interview. Auch stellte sich zunehmend die Frage, ob Gänswein dem neuen Papst ähnlich loyal zur Seite stehen würde wie dessen Vorgänger. Im Februar 2020 schließlich kam es zum Eklat: Franziskus beurlaubte Gänswein von seinem Amt als Präfekt des Päpstlichen Haushaltes, damit dieser sich - so hieß es offiziell - ganz dem zunehmend geschwächten Benedikt XVI. widmen könne.

Kurz vor diesem Schritt, im Januar 2020, hatte der konservative Kardinal Robert Sarah ein Buch zur Verteidigung des Zölibats veröffentlicht, mit einem Beitrag Benedikts. Dies wurde als wenig freundliche Einmischung in die Politik Franziskus' gewertet, denn just zu jener Zeit wurde - nach der Amazonas-Synode - auch über eine mögliche Lockerung des Zölibats nachgedacht. Franziskus soll außer sich gewesen sein über die Buchveröffentlichung. Welche Rolle der Monsignore aus dem Schwarzwald dabei spielte, ist bis heute ungeklärt. Kurz danach verbannte Franziskus Gänswein aus dem Päpstlichen Haushalt. [….] Nach seiner Beurlaubung habe er sich dann gedemütigt und wie ein "halbierter Präfekt" gefühlt, Ratzinger habe Franziskus sogar einen Brief geschrieben und sich für ihn eingesetzt, jedoch ohne Erfolg. [….] Angesichts der Tatsache, dass Gänswein nun offensichtlich bereits die Tage der publizistischen Abrechnung mit Papst Franziskus eröffnet hat, erscheint es mehr als fraglich, dass er ins Päpstliche Haus zurückkehrt. [….]

(Annette Zoch, SZ, 07.01.2023)

Wahrscheinlich wird Franziskus den renitenten erzkonservativen Kureinerzbischof auf einen der vakanten Erzbischofsitze in Deutschland, Bamberg und Paderborn, abschieben. Ein reicheres Erzbistum, wie Köln oder München-Freising ist nicht frei. Außerdem würden die Schäfchen protestieren.

Die weiteren drei Erzbistümer – Hamburg, Berlin und Freiburg – wären noch demütigender für den Mann, der so lange im absoluten Zentrum der Macht stand. Mit viel Glück bekommt er Wien. Mit Pech wird er Nuntius in der katholischen Diaspora. Das Kardinalsrot ist in weite Ferne gerückt.