Sonntag, 17. November 2019

Andrea Nahles der CDU


Es gibt doch tatsächlich so Verblödete, die behaupten, wenn die SPD aus der Groko ausstiege und die Grünen ihren Platz einnähmen, wäre das besser für „die kleinen Leute“, weil die Grünen mehr Rückgrat zeigten.

Das ist in vielerlei Hinsicht Unsinn. Erstens zeigten die Grünen bei den Jamaika-Gesprächen Ende 2017 so wenig Rückgrat, daß sie sogar als erstes freiwillig die Klimapolitik, also ihr ureigenes Thema opferten und sich so geschmeidig an die xenophobe CSU anpassten, daß eher noch die FDP ausstieg.
Zweitens gibt es gar keine Mehrheit von Grün und Schwarz.
Drittens wären die Grünen als derzeit schwächste Bundestagsfraktion mit läppischen 8,9% niemals so verrückt bei aktuellen Umfrageergebnissen um die 20% eine Koalition einzugehen.
Viertens gäbe es aber genau deswegen keine Neuwahlen.
Merkel wird einfach Bundeskanzlerin bleiben bis 2021, weil eine andere Kanzlermehrheit ausgeschlossen ist.

Kein anderes CDUCSU-Mitglied kann vor 2021 zum Kanzler gewählt werden.

(….)Sie könnten im gegenwärtigen Bundestag unter keinen Umständen eine Kanzlermehrheit erringen.
Auch wenn die SPD gelegentlich sehr sehr dumme Dinge tut; sie kann nicht so verrückt sein einem zukünftigen CDU-Konkurrenten den gewaltigen Vorteil eines Amtsbonus zuzuschieben. Zumal auf den amtierenden deutschen Kanzler 2020 eine gewaltige Gelegenheit zukommt international zu glänzen und Sympathiepunkte abseits der schnöden Innenpolitik zu sammeln.

[….] Im zweiten Halbjahr 2020 übernimmt Deutschland die EU-Ratspräsidentschaft. Gleichzeitig bildet Deutschland bis Ende 2021 mit Portugal und Slowenien die sogenannte Trio-Präsidentschaft. Diese Länder formulieren gemeinsame Ziele und erarbeiten ein konkretes Programm, mit dem sich der Rat während der drei Präsidentschaften befassen wird. [….]

Merz oder AKK würden die Rolle nur zu gerne im Jahr 2020 ausfüllen und genau deswegen wird die SPD ihnen das ohne Neuwahlen nie als Geschenk präsentieren. Neuwahlen sind aber auch für die CDU/CSU ein enormes Risiko. Alle Umfragen sehen sie deutlich unter dem Ergebnis von 2017 und da war immerhin eine sehr beliebte Merkel Kanzlerkandidatin.
Alle vier genannten Möchtegern-Merkel-Nachfolger in der Union stehen demoskopisch ohnehin viel schlechter da als die ewige Kanzlerin; aber wie mies wäre erst ihr Image als „Mutti-Möderin“? Als Ehrgeizlinge, die ohne Not die international adorierte Kanzlerin wegmobben? (….)

Selbst wenn die SPD wäre so irre wäre freiwillig aus der Groko zu gehen, ist eine Jamaika-Kanzlermehrheit so gut wie ausgeschlossen, da die 8,9%-Grünen AKK oder Merz nie so einen Vorteil verschafften, wenn sie selbst ins Kanzleramt einziehen könnten.

Die Groko wird also bis 2021 bleiben. Unter anderem auch deswegen, weil Merkel so gern Kanzlerin ist und sich erinnert, wie sie selbst im Jahr 2002 nach zwei Jahren als CDU-Vorsitzende noch so schwach war, daß sie sich von Stoiber wegmobben ließ, daß sie selbst 2005 noch von den alten Männerseilschaften ihrer Partei als „Zonenwachtel“ verspottet wurde. Erst nach neun Jahren als Parteivorsitzende, bei ihrer Wiederwahl zur Kanzlerin 2009 hatte sie sich innerhalb ihrer Partei Respekt erworben.
Kramp-Karrenbauers Autoritätsprobleme nach elf Monaten machen Merkel sicher nicht nervös. Da macht sie noch gemütlich die 16 Jahre voll.

Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, wird Olaf Scholz in einigen Wochen mit deutlichem Vorsprung neuer SPD-Vorsitzender, stabilisiert angesichts der torkelnden AKK seine Partei in den Umfragen, so daß es bei den regulären Bundestagswahlen 2021 am besten zu einer SPD-Grünen Koalition unter Bundeskanzler Scholz reicht. Oder aber in einer Dreierkonstellation mit der LINKEN, die ohne Lafontaine und Wagenknecht hoffentlich weniger AfD-artig blinkt und verlässlicher wird.

Ich gebe zu; aus heutiger Perspektive ist dieses Szenario nicht sehr wahrscheinlich.
Es liegt aber durchaus im Bereich des Möglichen, daß eine GR2-Koalition unter Bundeskanzlerin Baerbock oder Bundeskanzler Habeck eine Kanzlermehrheit zusammenbekommt. Dann bliebe möglicherweise Olaf Scholz Finanzminister und Vizekanzler.
Auch mit so einer Regierung wäre ich glücklich, weil mir am wichtigsten ist die C-Minister in die Opposition zu schicken.

Wie unwahrscheinlich ist aber GR2 im Jahr 2021?
Ich meine, das ist eine durchaus vorstellbare Option.
Angela Merkel ist zwar immer noch sehr beliebt, wird aber als CDU-Zugpferd nicht mehr taugen, da sie 2021 nicht mehr antritt und schon seit einem Jahr keinen Finger mehr für ihre Partei krumm macht.



Alles geht schief und nun setzt sie ihre ganze Hoffnung auf das Projekt „deutsche Militäreinsätze im Nahen Osten und Zentralafrika.“
Dabei wird sie Myriaden Gelegenheiten für Blamage und Kardinalfehler haben.
Aber selbst wenn sie unwahrscheinlicherweise mit dieser Bundeswehr solche Einsätze hinbekommt, bleibt es in Deutschland sehr unpopuläre Politik.
Deutsche Soldaten, die in Zinksärgen aus Mail zurückkommen, werden AKK nicht zur erhofften Popularität verhelfen.

Wenn sie die nächsten beiden Jahre so weiter debakuliert und die Wähler 2021 vor der Frage stehen „Bundeskanzler Scholz oder Bundeskanzlerin AKK?“ sollte man die SPD noch nicht abschreiben.
Auch die Grünen haben bis dahin noch viel Zeit Fehler zu machen.
Nach Fukushima und dem Theater um Stuttgart 21 schickten sie sich schon einmal an bundesweit stärkste Partei zu werden.
Bis an die 30% wurden im ersten Halbjahr 2011 für die Grünen bundesweit ermittelt.

Forsa: CDU - SPD - GRÜNE - FDP -LINKE

Der Aufschlag bei den Bundestagswahlen am 22.09.2013 mit 8,4% - TROTZ sensationell abgestrafter SPD und sehr schwachen LINKEN war hart. 2017 schafften sie 8,9%.
Man kann noch nicht fest mit einem Kanzler Habeck 2021 rechnen.

[…..] Das Ren­nen ums Kanz­ler­amt ist wie­der völ­lig of­fen. Denn die Kon­ser­va­ti­ven zer­le­gen sich, die Wirt­schaft schwä­chelt, das po­li­ti­sche Sys­tem zer­franst. Weil in­zwi­schen sie­ben Par­tei­en im Bun­des­tag sit­zen, könn­ten in ei­nem Drei­er­bünd­nis wie der Am­pel- oder der Links­ko­ali­ti­on künf­tig so­gar gut 20 Pro­zent ge­nü­gen, um den Kanz­ler zu stel­len. Ja, der SPD geht es schlecht. Aber in die­sem Kli­ma soll­ten 20 Pro­zent selbst für sie noch drin sein.
Ab Diens­tag dür­fen die SPD-Mit­glie­der ab­stim­men, wel­ches der zwei Fi­nal­teams sie als Vor­sit­zen­de ha­ben möch­ten. Olaf Scholz und sei­ne Part­ne­rin Kla­ra Gey­witz ha­ben Chan­cen auf den Sieg. […..] Scholz hin­ge­gen ist die­ser Tage um­trie­bi­ger denn je. Er bringt die Ban­ken­uni­on vor­an, boxt die Grund­ren­te durch. Für ihn, den männ­li­chen Mer­kel, der Volk und Par­tei­freun­de schon so oft nar­ko­ti­siert hat, ist der Of­fen­siv­drang be­mer­kens­wert. […..] Aus­ge­rech­net die SPD, in der sel­ten et­was ge­klärt ist, steht also kurz da­vor, als ers­te Par­tei mit ge­lös­ter Füh­rungs­fra­ge auf die nächs­te Wahl zu steu­ern. Da­mit hat sie der Kon­kur­renz et­was vor­aus, vor al­lem der CDU. […..]
(Veit Medick, SPIEGEL-Leitartikel, 15.11.20199