[….] Sahra Wagenknecht (54) ist – nach Verteidigungsminister Boris Pistorius
(63, SPD) und CSU-Chef Markus Söder (56) – Deutschlands beliebteste
Politikerin.
Umfragen (INSA für BILD) zeigen: Eine eigene Wagenknecht-Partei käme bundesweit aus dem Stand auf 15 Prozent. Sie gilt als mögliches Bollwerk gegen die Rechtsaußen-Partei AfD. Potenzial laut INSA: 25 Prozent bundesweit, 42 Prozent in Ostdeutschland! Seit Monaten rätselt ganz Deutschland: Nutzt Wagenknecht ihre Chance? Versetzt sie ihrer eigenen Linken, die ohne die „Rote Sahra“ nicht mehr in den Bundestag käme, den Todesstoß? Nun steht nach BILD-Informationen fest: Die Wagenknecht-Partei kommt! [….]
(Bild, 10.09.2023)
Was für ein Paukenschlag! Während die Linke in Ostdeutschland im einstelligen Bereich dümpelt, würde Wagenknecht dort 42% abräumen und überall stärkste Partei sein. Damit wäre Regieren ohne Sahra Sarrazin so gut wie unmöglich; da es auch immer noch die AfD gibt, mit der (noch) niemand koalieren will.
Die von rechtsextremen Verschwörungstheoretikern gefeierte und gehypte Noch-, bald Ex-Linke müsste nur zugreifen.
Es gibt da nur ein kleines Problem am Rande: Die BILD lügt mal wieder und hat sich die Meldung bloß ausgedacht. Mutmaßlich, um selbst Politik zu machen und Druck auf die Putin-Freundin auszuüben; auf daß die deutsche Politik noch rechtslastiger werde.
[….] Sahra Wagenknecht hat einen Bericht der Bild am Sonntag dementiert, wonach die Entscheidung zur Gründung einer neuen Partei bereits gefallen sei. "Es gibt da keinen neuen Stand", sagte sie der SZ. Dieser Stand ist seit Monaten: Wagenknecht, die immer noch Mitglied der Linken-Fraktion im Deutschen Bundestag ist, beabsichtigt, eine neue, linkskonservative Partei zu gründen und macht sich auch schon Gedanken um die politische Ausrichtung des Projekts. [….]
Springer, der alte Arbeitgeber ihres Mannes, hält der bei den Linken Ausgebooteten die 42%-Wurst vor die Nase und erwartet von ihr, sofort zuzuschnappen. Es wäre ein Fest für die klimawandelleugnerische, xenophobe, Grün-hassende und covidiotische Rechts-Presse, eine weitere verschwörungstheoretische Partei aufsteigen zu sehen. Ganz sicher ist Wagenknecht amoralisch und destruktiv genug, um so eine Partei anführen zu wollen.
Sie wird aber nicht so dumm sein, nach ihrem Total-Reinfall mit ihrer Quasi-Partei „Aufstehen“ von 2019, weiterhin zu glauben, man müsse nur laut „Hier!“ schreien, um die in dubiosen Umfragen prognostizierten Zahlen, in echte zahlende Parteimitglieder und konkrete Wahlerfolge zu verwandeln.
Für rechtspopulistische Sprüche Beifall zu erheischen, ist sehr einfach in Deutschland. Eine Partei zu etablieren, ist eine ganz andere Sache. Das ist teuer und erfordert sehr viel engagiertes Personal.
Oskar Lafontaines Ehefrau laboriert darüber hinaus an einem weiteren Handicap: So sehr sie als Talkshow-Gästin geliebt wird, so abstoßend wirkt sie offenbar im persönlichen Umgang. Sie ist charakterlich so verdorben, daß niemand mit ihr zusammenarbeiten will. Privat mag sie niemand, da sie illoyal, faul und verlogen agiert.
Natürlich ist es ein faszinierendes Gedankenspiel, sich
vorzustellen, bei welchen Parteien, wie viele Prozentpunkte fehlten, wenn die
Liste Wagenknecht (LW) tatsächlich 15% im Bund oder gar 40% in den Ossiländern
bekäme.
Es wird aber mutmaßlich nicht alles vom Fleisch der AfD kommen. Viele
rechtspopulistische Thesen sind im verunsicherten und Reform-unwilligen
deutschen Urnenpöbel, der aber von den globalen Umständen, zu massiven Reformen
gezwungen wird, populär.
So sehr ich mich über ein gewaltiges Schrumpfen der AfD freuen würde; die Wähler, die ungeniert ihr Kreuz bei Faschisten und Antisemiten machen wollen, sind damit nicht verschwunden.
Mit einer LW könnte Deutschland Unregierbarkeit drohen. Weimar könnte sich 100 Jahre später doch noch wiederholen.
Schon jetzt steht der Kollaps einer linken Arbeiter-freundlichen pazifistischen Partei so gut wie fest.
[…..] Sie umgibt sich nur noch mit Leuten, die sie in ihren Überzeugungen bestätigen, ihr Talkshow-Ruhm hat zu Selbstüberschätzung geführt.
Wagenknecht möchte
insbesondere AfD-Wählern eine neue politische Heimat bieten, erklärt sie immer
wieder. Denn viele wählten die rechtsextreme Partei nur „aus Verzweiflung“.
Wagenknecht will ihnen mit einem linksnationalistischen Kurs entgegenkommen.
Aber stimmt ihre Analyse? Zweifel daran sind angebracht. Viel spricht dafür,
dass die meisten die AfD genau für das wählen, was sie ist: rechtsextrem. Das
ökonomische Programm ist für viele dagegen bestenfalls zweitrangig.
Wagenknechts Alternative zur AfD droht deshalb eine Totgeburt werden. Schaden
wird der Abgang von Wagenknecht vor allem der Linkspartei, deren mediales
Zugpferd sie lange war. Die linke Fraktion im Bundestag wird sich spalten, ihre
Wählerschaft dürfte weiter schrumpfen. Das ist eine Tragödie. Denn Deutschland
bräuchte weiterhin eine starke Partei, die unverdrossen die soziale Frage
stellt und SPD und Grüne von links kritisiert. […]
(Daniel Bax, taz, 10.09.2023)
Für Deutschlands Zukunft sehe ich schwarz. Und zwar dunkelschwarz.