AUS DEM PARADIESE
„Gut und Böse sind die
Vorurteile
Gottes“ – Sprach die Schlang‘ und floh in Eile.
(Nietzsche)
Wenn ich mal mit Studenten
in Kontakt komme, merke ich erst wie altmodisch ich bin. Ich besitze kein
Smartphone, kein Navi, kein iPad.
Musik kaufe ich mir ausschließlich als CD und einen Film habe ich mir auch noch nie downgeloaded. Alle TV-Sendungen, die ich sehen will, zeichne ich auf VHS auf. Dadurch spare ich Zeit, weil ich bei jedem Werbeblock oder uninteressanten Talkshowgästen vorspule. Auch Sendungen wie „Extra Drei“ habe ich in Rekordzeit hinter mir, weil ich die nervigen Moderationen von Christian Ehring immer nur mit gedrückter „FF“-Taste mitbekomme. „Zappen“ ist nicht.
Musik kaufe ich mir ausschließlich als CD und einen Film habe ich mir auch noch nie downgeloaded. Alle TV-Sendungen, die ich sehen will, zeichne ich auf VHS auf. Dadurch spare ich Zeit, weil ich bei jedem Werbeblock oder uninteressanten Talkshowgästen vorspule. Auch Sendungen wie „Extra Drei“ habe ich in Rekordzeit hinter mir, weil ich die nervigen Moderationen von Christian Ehring immer nur mit gedrückter „FF“-Taste mitbekomme. „Zappen“ ist nicht.
Für meine
Konsumgewohnheiten brauche ich allerdings mindestens eine ausführliche
TV-Programmzeitschrift, um immer rechtzeitig die interessanten Shows
einprogrammieren zu können.
Leider gibt es keine
für meine Zwecke „gute“ Fernsehzeitschrift.
Im Laufe meines lebens
hatte ich schon so ziemlich alles einmal abonniert und jeweils mindestens
einmal wutentbrannt gekündigt, wenn die rechtslastigen Bauer- oder
Springer-Ansichten in den redaktionellen Teilen zu heftig durchschienen.
Den Einfluß soll man nicht
unterschätzen! Die sogenannten „Premium-Programmzeitschriften“ haben
gigantische Auflagen. Die Hörzu verkauft 1,2 Mio Exemplare und erreicht damit
4,7 Millionen Leser. Bauers „TV“ bringt es immerhin noch auf 700.000 verkaufte
Exemplare.
Zum Vergleich die
14-Tägigen: TV MOVIE verkauft 1,3 Mio Hefte (Reichweite 6,4 Mio) und TV
Spielfilm bringt eine Million Hefte unter die Leute (Reichweite 6,4 Mio). Davon
träumen SPIEGEL und FOCUS. Bei TV14 sind es gar 2,3 Mio Exemplare (Reichweite
6,7 Mio) und auch TV-Digital schafft die 2-Millionen-Marke locker
Gegenwärtig habe ich (mal
wieder) ein GONG-Abonnement.
Die kleine Gong-Verlagsgruppe
assoziiert man immer mit „bayerisch“ und „katholisch“ und „bieder“.
Das stimmt sicherlich auch
noch; allerdings gehört der Gong-Verlag heute zu 100% der Funke-Mediengruppe,
also dem ehemaligen WAZ-Konzern.
Mit einer wöchentlichen Auflage von 260.000
Exemplaren ist der GONG zwar kleiner als Hörzu und TV, aber er dürfte trotzdem eine Millionen Menschen erreichen.
Was in den „Artikeln“ oft
so locker als Ratgeber daherkommt, stellt eine enorme Verbrauchermacht dar.
Denn diese Zeitschriften liegen gewöhnlich rund um die Uhr im Wohnzimmer für
die ganze Familie griffbereit.
In der neuesten
GONG-Ausgabe (Heft 46, erschienen am 08.11.13) gibt es eine lange Titelgeschichte
geschrieben vom frommen Michael Schwelien:
DIE RENAISSANCE DES GLAUBENS – Hat die Wissenschaft Gott entdeckt.
DIE RENAISSANCE DES GLAUBENS – Hat die Wissenschaft Gott entdeckt.
Ich wurde natürlich sofort
hellhörig. Seit Jahrzehnten beschäftige ich mich mit dem Thema, lese
fortwährend Bücher über kirchliche Zustände und verfolge die großen
philosophisch-theologischen Fragen, wie das „Theodizee-Paradox“.
Gott zu „entdecken“, ihn
also wissenschaftlich nachzuweisen, wäre in der Tat eine hochinteressante
Angelegenheit, die gewaltige Mea-Culpa-Aktionen der Konfessionslosen und
Atheisten erforderte.
Klar, es verwunderte mich
ein wenig, daß diese Gottesbeweise zunächst vom Gong und nicht etwa
Radio-Vatikan oder der EKD verbreitet werden, aber Gottes Wege sind bekanntlich
unergründlich!
Leider gelingt es mir
nicht heraus zu finden, ob der GONG-Michael-Schwelien derselbe Michael Schwelien
ist, den man schon ewig von der ZEIT kennt und
der spätestens seit seinem Buch „Das Boot ist voll“ (2004) eigenartigerweise
nicht nur Fans hat.
Kann es sein, daß alternde
und zunehmend verwirrte ZEIT-Autoren zum GONG wechseln?
Der GONG-Schwelien ist
jedenfalls ein Wissenschaftler, der naturwissenschaftliche Laien wie Hawking
oder Dawkins alt aussehen läßt:
„In allen drei Naturwissenschaften
Biologie, Chemie und Physik stoßen Forscher inzwischen an die Grenzen des
bisher Vorstellbaren und stellen mit ihren Entdeckungen das bisherige Weltbild
auf den Kopf. Ist am Ende das Unerklärliche der eigentliche Beweis Gottes?“
(M.
Schwelien, GONG, 08.11.13, s.6)
Nun, zunächst einmal wird
es Kosmologen, Meteorologen, Klimatologen, Geologen, Mineralogen, Meereskundler,
Humanmediziner, Genetiker, Archäologen, Paläontologen, Zoologen, Botaniker, Mykologen,
Virologen, Bakteriologen, Informatiker und Thermodynamiker natürlich
enttäuschen zu hören, daß sie gar keine Naturwissenschaftler sind.
Ich selbst bin aber auch
enttäuscht. Da habe ich lange Jahre eine der von Schwelien genannten
Naturwissenschaften an der Uni Hamburg studiert und gar nicht gemerkt, daß
damit die Existenz Gottes bewiesen werden sollte. Irrigerweise ging ich davon
aus gerade als Naturwissenschaftler die Idee eines Schöpfers ad absurdum zu
führen.
Im Gong wird zunächst
einmal für Laien verständlich rekapituliert, welche naturwissenschaftlichen
Hinweise es für Gottes Existenz schon gibt:
1.) Das Higgs-Boson, welches Leon Lederman eigentlich „The
Godamn Particle“ nennen wollte, wurde von seinem Verleger in „Gottesteilchen“
umbenannt und inzwischen bestätigt. Francois Englert und Peter Higgs bekommen
dafür jetzt den Nobelpreis.
2.) Ist das Universum selbst ist ein Hinweis auf Gottes
Existenz, weil die vielen Galaxien über geladene Teilchen so miteinander
verwoben sind, daß sie einem menschlichen Hirn ähneln.
3.) Gottes Gegenwart sitzt im Hirn, also IN UNS. Man spürt
überirdische Kräfte, wenn Neurochirurgen bestimmte Bereiche des vorderen
Schläfenlappens stimulieren.
4.) Die Erschaffung Adams. Michelangelos berühmtes
Deckengemälde in der Sixtina zeigt wie Gott Adam mit dem Zeigefinger zum Leben
erweckt.
5.) Quatentheorie! „Lebendige Seele: Die Quantenphysik
baut Brücken zwischen Naturwissenschaft und Glauben. Viele Physiker sagen heute,
menschliches Bewusstsein sie außerhalb des Körpers möglich, könne den Tod
überdauern: Ein Nachweis für die unsterbliche Seele. ÜBER DEN TOD HINAUS: Unser
Körper besteht aus […] Teilchen. Da diese Teilchen auch Wellencharakter haben,
lässt sich sagen, dass belebte und die unbelebte Welt miteinander verschränkt
sind.“
Besonders der 4. Punkt
erscheint mir als klarer naturwissenschaftlicher Beweis unumstößlich zu sein.
In dem für Programmzeitschriften
mit sechs Seiten (sic!) ungewöhnlich langen Artikel, widmet sich Schwelien zunächst aber
der Frage wieso wir eigentlich wissen wollen wer Gott ist:
Wer ist wie Gott? Das fragte der
Erzengel Michael. Luzifer wollte so sein wie Gott. Eine Anmaßung! Dafür wurde
er aus dem Himmel gestoßen. Aus der Frage wurde ein Name. Michael bedeutet nichts
anderes als „Wer ist Gott?“
(M.
Schwelien, GONG, 08.11.13, s.7)
Der GONGer fährt fort mit
der Schilderung der bedauerlichen Trennung von Wissenschaft und Kirche im Mittelalter.
Erst die heutigen Evangelikalen fanden den Mut „die Bibel buchstäblich auszulegen“
und in den Evolutionsbiologen „anmaßenden Ahnungslose zu sehen, die so sicher
wie Luzifer zur Hölle fahren werden“.
Bei den „drängenden Fragen“
nach dem Ende unserer Zeit oder den Grenzen des Weltalls („solche Fragen hat
sich jeder schon einmal gestellt.“), käme man unweigerlich zu dem Schluß, das „Unbegreifliche,
das höhere Wesen – das muss Gott sein!“
Michael Schwelien hat die
wissenschaftliche Arbeitsweise von These, Gegenthese und Beweisführung an
dieser Stelle vorbildlich adaptiert.
Er betont, daß das
Higgs-Teil an sich noch nicht die Existenz Gottes beweise, aber immerhin würden
die Fragen „Gott oder Urknall“ nicht mehr als Gegensätze erforscht!
„Die beiden Grundansätze
zur Erklärung des Seins werden als miteinander vereinbar erforscht.“
Es gebe weltweit eine
Renaissance der Religionen und ein Miteinander mit den Wissenschaftlern.
„So sagt der Religionswissenschaftler
Michale Blume [in diesem MICHAEL
Schwelien-Text wimmelt es von Michaels. –T.], Spiritualität und Frömmigkeit seien als segensreiche Resultate der
Evolution zu begreifen.“
(M. Schwelien, GONG, 08.11.13, s.8)
(M. Schwelien, GONG, 08.11.13, s.8)
Es ist eine glückliche
Koalition aus Theologen und Naturwissenschaftlern, die sich nun daran macht die
Seele und das Jenseits zu erklären.
Wer ist wie Gott? Können wir ihn sehen?
Nein, das geht über unseren Verstand hinaus. Was ist ein Gottesteilchen? Können
wir es sehen? Nein, es wurde nur erforscht, dass es eine Masse bildet und dabei
eine Spur hinterlässt. Früher dachte man, ein Strahl sei „ein Ding an sich“. Jetzt
sehen wir, dass ein Strahl einmal als Strom von Teilchen „in Erscheinung tritt“,
und unter anderen Umständen als Wellenbewegung erscheint.
(M.
Schwelien, GONG, 08.11.13, s.9)
Dass mit dem
Welle-Teilchen-Dualismus die Koexistenz von Naturwissenschaft und
Schöpfungsgeschichte bewiesen ist, hat Schwelien damit klar erläutert.
Ich bin insbesondere davon
beeindruckt wie toppaktuell die Wissenschaftsredaktion des GONGs ist.
Denn nach den Entdeckungen
von Planck und Einstein hat Louis de Broglie den Welle- und Teilchencharakter ja
gerade erst 1924, also „jetzt“ wie Schwelien es nennt, erkannt.
Ein hochinteressanter
Artikel ist das. Da ich nicht alle Beweise vorweg nehmen will, empfehle ich
hiermit jedem echten Naturwissenschaftler sich den aktuellen GONG zu kaufen, um
auch endlich an Gott zu glauben!