Donnerstag, 23. Mai 2013

Bekommen, was man verdient – Teil II



 Da ich gerade dabei war, möchte ich zu meiner gestrigen Suada, daß man keine Apple-Produkte oder VWs kaufen sollte noch etwas ergänzen.
Ja, daß man als Verbraucher eine Marktmacht ausübt, bemerkt man natürlich am ehesten, wenn man eine große Summe Geld ausgibt.
Wer nicht das Glück hat zum reichsten Viertel der Bevölkerung zu gehören, gibt vier- oder gar fünfstellige Beträge nicht sehr oft aus.
Dazu fallen mir auf Anhieb nur Computer und Autos ein.
In diesen Fällen überlege ich sehr gründlich, wem ich solche Summen überlasse.
Aber noch mehr Geld gibt man für die Alltäglichkeiten, wie Lebensmittel aus.
Auch dort hat man die Möglichkeit politische Statements abzugeben.
Statements, die durchaus mächtig sein können.
Anton Schlecker kann davon ein Lied singen.
Die Drogerieartikel, die jeder braucht – Seife, Waschmittel, Shampoo, Zahnbürste – bekommt man in vielen Geschäften. DM, Budnikowsky, Rossmann oder Schlecker – all die großen Ketten bieten ein reichhaltiges Grundsortiment an.
Daß Schlecker einging, lag tatsächlich an einem Kundenboykott.
In den letzten fünf Jahren haben angeblich bis zu vier Millionen Menschen weniger pro Jahr eine Schleckerfiliale betreten und sind stattdessen zur Konkurrenz gegangen.
Es war offenbar nicht so sehr ein viel besseres Angebot der anderen Anbieter, sondern eine aktive Flucht. 
Das Schlecker-Image war ins Bodenlose abgerutscht. Mit der Zeit wußte die Majorität der Kunden, daß die Angestellten dort miserabel bezahlt, ausgespäht und drangsaliert werden. Solche Methoden wollte man nicht länger unterstützen.

In Hamburg tobt gerade ein Tarifstreit bei den Lebensmitteleinzelhändlern.
Die Gewerkschaft ist richtig sauer, weil so viele Verkäuferinnen und Kassiererinnen mit Tricks untertariflich bezahlt werden.
Im Focus des Streits steht die Edeka-Kette.
Nun kaufe ich jede Woche mehrmals bei Edeka ein und darf dennoch zufrieden in den Spiegel gucken, denn die Edeka-Filialen, die ich besuche bilden ausdrücklich rumhreiche Ausnahmen.
Die meisten der rund 80 selbstständigen Edeka-Filialen in Hamburg bezahlen nach Angaben der Gewerkschaft Ver.di ihren Mitarbeitern weniger als den Tariflohn. Nur die Kette Niemerszein bilde eine Ausnahme, sagte Ver.di-Fachbereichsleiter Arno Peukes. "Eine langjährig tätige Verkäuferin bei Niemerszein verdient einen tariflichen Stundenlohn von rund 12,60 Euro, eine vergleichbare Beschäftigte in einem nicht tarifgebundenen Markt erhält lediglich 6,60 Euro", kritisierte Peukes. Edeka verwies darauf, dass allein die selbstständigen Partner für die Arbeitsbedingungen zuständig seien.
Ich kenne einige Niemerszein-Angestellte mittlerweile ganz gut und habe sie auch genau danach befragt.
Nach meinen Recherchen sind sie tatsächlich sehr zufrieden mit ihren Arbeitsbedingungen und das merkt man auch als Kunde!
Ich fing vor 10 oder 12 Jahren an hauptsächlich bei Niemerszein zu kaufen, als eine neue Filiale direkt in meiner Straße aufmachte und ich BEGEISTERT feststellte, daß Niermerszein grundsätzlich auf Musikberieselung verzichtet! 
Es gibt ja nichts, das ich noch mehr hasse, als die laute Radiobeschallung beim Einkaufen. Besonders grauenvoll ist es bei „Sky“, wo ein penetrant zu laut gestelltes „Kundenradio“ einen auch noch mit unterirdisch schlechten Werbesprüchen zudröhnt.
In meinem Auto lag aus diesem Grunde immer eine Packung „Maxx Earplugs“, weil ich solche Läden sonst nicht betreten kann.
Aber seit ich Niemerszein entdeckte bin ich das Problem los und kaufe nun gezielt dort ein, weil ich außerdem weiß, daß die Geschäftsleitung eine soziale Ader hat und ihre Mitarbeiter sehr gut behandelt.
Das Konzept „höhere Löhne“ und „keine akustische Kundenverarschung“ kommt offenbar an. Mittlerweile hat Dieter Niermerszein acht Filialen in ganz Hamburg, die nach meinem Eindruck sehr gut laufen. Dort ist es nie leer.
Gerade heute war ich auf dem Rückweg nach Hause noch schnell um 21.00 Uhr bei Niemerszein und dort klickerten noch all Kassen und es war voller Kunden.

Budnikowsky, die Drogeriekette, die auch hauptsächlich in Hamburg beheimatet ist, ist ein ähnliches Beispiel. Die rund 150 Filialen werden ebenfalls von einer Familie betrieben, die bekannt dafür ist soziale Standards groß zu schreiben. 
Die Wöhlkes haben ihr 100 Jahre altes Unternehmen so organisiert, daß jede einzelne Filiale eine Patenschaft für ein soziales Projekt übernommen hat, für das die Angestellten über ihre Arbeitszeit hinaus privat engagiert sind – sofern sie möchten. 
Als Kunde merkt man die Zufriedenheit der Belegschaft. Die Einkaufsatmosphäre ist viel besser als bei den anderen großen Ketten.

Ich bin sicher, daß es in jeder Stadt möglich ist solche Unternehmen zu finden, die die Artikel des täglichen Bedarfs anbieten und ihre Angestellten gut behandeln, mit ihnen zusammenarbeiten.

Es betrifft zwar nicht ganz den „täglichen Bedarf“, aber auch die Juwelierkette „Wempe“ ist so ein sozial geprägtes Familienunternehmen, welches seine Mitarbeiter übertariflich bezahlt, wo es einen persönlich haftenden Eigentümer gibt, der nicht an der Börse zockt und der deutlich überdurchschnittlichen Kundenservice bietet.
Wer sich mal eine schöne Uhr oder einen Trauring kaufen möchte, sollte zu Wempe gehen und nicht zum Schmuck-Multi „Christ“, der nur ein Teil der Douglas-Konzerns ist, welcher wiederum mit feindlichen Übernahmen zockt und die Mitarbeiter der Buchkette „Thalia“ (ebenfalls zum Douglas-Konzern gehörend) drangsaliert.

Ein schlechtes Beispiel ist auch die Café-Kette „Starbucks.“

Miese Masche: Starbucks zahlt keine Steuern.[…] Der US-Konzern macht in Europa Millionen mit den gerösteten Bohnen. In Deutschlands Steuerkasse landet davon aber nichts. Durch legale Tricksereien scheffelt die Kaffeekette am Fiskus vorbei.

[…] Mehr als zehn Jahre ist es her, dass hierzulande die ersten Filialen öffneten, inzwischen gibt es deutschlandweit rund 161 Stück – allein in der Hansestadt sind es 16.

[…] Trotz der hohen Umsätze, allein 2012 waren es in Deutschland 125 Millionen Euro, hat die Kaffee-Kette hierzulande noch keinen Cent Steuern auf Gewinne abgeführt – kurioser Weise gab es keine Gewinne. […] Grund für das Phänomen „Hoher-Umsatz-Null-Gewinn“ ist eine legale Trickserei, der sich auch andere US-Konzerne wie Apple bedienen: Gewinne werden über Staatsgrenzen hin und hergeschoben bis quasi keine Steuern mehr anfallen. So sitzt die Europa-Zentrale von Starbucks in den Niederlanden, Deutsche Filialen zahlen hohe Lizenzgebühren an die Niederländische „Mutter“.

[…] Laut „Handelsblatt“ erwirtschaftete der Kaffee-Riese übrigens allein im ersten Quartal 2012 einen Gesamtumsatz von 3,36 Milliarden Dollar.

Dazu kann ich nur sagen: Leute, kauft woanders Euren Kaffee!
Ich kaufe übrigens seit vielen Jahren nur bei Speicherstadtkaffee.
Das ist ein privater Röster, der  wie der der Name sagt im Hafen beheimatet ist, dort vor den Kunden röstet, ein großes Café betreibt und die allerbesten Café-Sorten, die ich kenne anbietet.
Wer dort einmal den „Australia Fancy“ oder den „Äthiopien Yirgacheffe“ von Speicherstadt-Kaffee probiert hat, wird sicher nicht mehr zu Tschibo zurückgehen können.

Solche Familienbetriebe gibt es überall und man sollte sie GEZIELT unterstützen.