Merz ist dabei nur dumm und unpatriotisch, verfolgt aber das parteipolitisch erklärbare Ziel, mit einem möglichst starken ökonomischen Niedergang Deutschlands, den Kanzler so unbeliebt zu machen, daß seine CDU möglichst bald wieder selbst den Kanzler stellt.
Möglicherweise ist der ausländerfeindliche AfD-Fan damit tatsächlich erfolgreich und kann sich zum nächsten Regierungschef aufschwingen. Aber es wäre ein sehr kurzfristiger Sieg, da sich durch jetzt blockierte Lösung, Probleme in der Zukunft nur vergrößern.
Lindner ist wie sein fliegender Hochzeitsfreund ebenfalls dumm und unpatriotisch; dazu aber auch noch parteitaktisch verwirrt. Der private und politische Mega-Pleitier Lindner vergisst nämlich bei seiner Fundamentaloppositionsarbeit, daß er Teil der Regierung ist und bei einer Implosion der Ampel kaum als strahlender Sieger daraus hervorgehen wird, sondern eher in der Apo landet, während Merz eine Kanzler-Kooperation mit Weidel eingeht. Lindners einzige Machtoption ist es, zum Gelingen der Ampel und zur erfolgreichen Reform Deutschlands beizutragen. Unglücklicherweise ist er zu borniert und zu arrogant, um das zu begreifen; blockiert lieber beides.
[….] Immer heißt es, der Staat dürfe künftigen Generationen keinen Berg an offenen Krediten hinterlassen. Doch, darf er. Besser jedenfalls als kaputte Brücken, marode Schulen und lahmes Internet.
Disziplin gilt als Tugend, schon klar. Wer sich selbst und andere mäßigt, zur Ordnung ruft, bisweilen gar kasteit, der gilt als beherrscht, vernünftig, sparsam. So einem Menschen kann man sein Geld anvertrauen. Oder gar einen ganzen Bundeshaushalt.
Christian Lindner eifert dieser Tugend nach wie kein Zweiter. Eine restriktive Haushaltsplanung geht für ihn über alles, die Schuldenbremse scheint ein Wert an sich zu sein. Sie wieder und wieder auszusetzen, empfände er nach eigenen Worten als "finanzpolitische Kapitulation". Für 2024 erneut eine Notlage auszurufen, zum dann schon fünften Mal in Folge, kommt für ihn nicht infrage. Er will die Schuldenbremse endlich wieder einhalten. Doch das wäre ein großer Fehler.
In diesem Fall würde wirklich eine Kapitulation drohen, und zwar eine wirtschaftspolitische. Die deutsche Wirtschaft läuft Gefahr zu schrumpfen, auch als Folge von zwei Kriegen, die Energiekosten sind und bleiben hoch, die Klimakrise zwingt die Regierung zum überfälligen Umbau des Landes hin zu Klimaneutralität. Da spart man nicht. Man investiert.
Deutschland kann sich das leisten: Die Schuldenquote des Staates betrug im vergangenen Jahr 66,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts; geringer war sie in keinem Land der G7. […..]
(Vivien Timmler, SZ, 29.11.2023)
Möglicherweise versteht Lindner wirklich rein gar nichts von Volkswirtschaft und hält sich wegen seiner ideologischen Erstarrung an gescheiterten Konzepten der 1990er fest. Möglicherweise führt er aber auch Deutschland sehenden Auges ins Verderben, weil weiß wie populär die Schuldenbremse beim verblödeten Urnenpöbel ist.
Es passt zu rechtspopulistischen schwarzgelbbraunen Politikern, wissentlich etwas völlig Falsches zu fordern, wenn das beim schlecht informierten Wahlvolk gut ankommt.
Trotz Widerstände das Richtige zu tun und den Wählern die Notwendigkeit unpopulärer Maßnahmen zu erklären, erfordert Verstand, Charakter und Rückgrat – drei Eigenschaften, die man bei Hubsi Aiwanger, Markus Söder, Carsten Linnemann, Jens Spahn, Friedrich Merz vergeblich sucht.
Das müssen ihnen die Sozis vormachen.
[….] Drei Dinge sind wichtig zu verstehen.
1. Staatsschulden sind anders als private Schulden. Der Staat hat ganz andere Möglichkeiten damit umzugehen. Und er steht in der Verantwortung, dass zukünftige und heute lebende Generationen einen funktionierenden Planeten, gute Schulen, einen sicheren Sozialstaat, anständige Straßen und Züge und noch vieles mehr haben. Manches davon funktioniert in Deutschland heute schon nicht mehr. Das muss schnell besser werden und dafür braucht es auch Geld. (Übrigens bauen auch privat die wenigsten Leute ein Haus ohne Kredit.)
2. Deutschland hat die niedrigsten Schulden aller großen Industriestaaten. Wir können guten Gewissens Geld aufnehmen. Andere Länder tun das im großen Stil gerade und investieren das in ihre Zukunft. Wenn wir auch eine gute Zukunft wollen, müssen wir jetzt investieren.
3. Teurer als jetzt Geld zu investieren wäre kein Geld zu investieren! Der Klimawandel und schlechte Schulen sind immer teurer als Klimaschutz und gute Schulen.
Wer meint, wir kriegen alle Zukunftsinvestitionen auch so hin, kann mir das gerne vorrechnen. Bislang kenne ich nur Rechnungen von der CDU, die a) nicht aufgehen und b) krassen Sozialabbau bedeuten. Dafür werde ich nie die Hand heben. (Für ein gerechteres Steuersystem, in dem niedrige und normale Einkommen weniger zahlen und sehr reiche Leute etwas mehr, aber schon.) […..]
(MdB Robin Mesarosch, 23.11.2023)
Anders als Lindner, hat Merz noch nie eine Wahl gewonnen, war noch nie in Regierungsverantwortung und pöbelt als Oppositioneller seinen Frust gegen seiner Meinung nach minderwertige Menschen, wie Klempner, raus.
Merz vergisst aber, daß Probleme, deren Lösung er nun blockiert, deswegen nicht verschwinden und spätestens der nächsten Bundesregierung umso schwerer vor die Füße fallen.
[….] Mittelfristig jedoch braucht es eine grundlegende Reform der Schuldenbremse. Das 0,35-Prozent-Limit ist ja völlig willkürlich. Es muss steigen, und zwar deutlich. Im Vertrag von Maastricht haben sich die Euro-Länder darauf geeinigt, dass die jährliche Neuverschuldung bis zu drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen darf. Deutschland sollte sich daran orientieren. Der Bund könnte dann ein Vielfaches der aktuell zulässigen Schulden machen. Auch mit den Sondervermögen hätte es dann endlich ein Ende, die Etatplanung würde wieder transparent. Es bräuchte jedoch einen klugen Finanzminister, der diese Möglichkeiten wirklich nur ausreizt, sofern die Lage es wirklich erfordert.
Klar ist, dass es für beides - Sondervermögen und Reform der Schuldenbremse - eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat braucht. Zwar machte CDU-Chef Friedrich Merz am Dienstag klar: "Wir werden an der Schuldengrenze festhalten." Doch in seiner Partei bröckelt bereits die Zustimmung zur Schuldenbremse. Merz will in zwei Jahren regieren. Will er wirklich derjenige sein, der den von der großen Koalition verursachten und von der Ampel ignorierten Investitionstau ausbaden muss? Disziplin ist eine Tugend; Einsicht aber auch. […..]
(Vivien Timmler, SZ, 29.11.2023)
Friedrich Merz ist mit der Dreifachrolle als Partei-, Fraktions- und Oppositionsführer intellektuell und charakterlich hoffnungslos überfordert.
Unter anderem ignoriert der geistig erstarrte Merz die Nöte seiner eigenen Parteifreunde, die es im Gegensatz zu ihm geschafft haben, Wahlen zu gewinnen und nun Bundesländer regieren. In Krisenzeiten. In denen man Geld in die Hand nehmen muss.
[…..] Es kommt nicht oft vor, dass ein Parteivorsitzender einen Ministerpräsidenten aus dem eigenen Lager öffentlich rüffelt. Wenn etwa ein CDU-Chef einen CDU-Ministerpräsidenten kritisiert, produziert er gleichzeitig ja auch immer die Schlagzeile: Streit in der CDU. Das weiß natürlich auch Friedrich Merz. Man kann sich deshalb vorstellen, wie groß seine Verärgerung sein muss, dass er diese Schlagzeile jetzt trotzdem in Kauf nimmt. Denn Merz hat Kai Wegner, den Regierenden Bürgermeister von Berlin, gleich zwei Mal hintereinander gerügt. Und das hat er nicht irgendwo getan, sondern im Bundestag.
Merz - das ist seitdem klar - scheint Wegner gerade für die größte Nervensäge in der ganzen CDU-Spitze zu halten. Ausgerechnet Wegner, der in der Union lange als Merz-Fanboy galt. […..] am Dienstag legte er im Plenarsaal nach. Die Union werde an der Schuldenbremse festhalten - "versuchen Sie erst gar nicht, einen Keil in die Union zu treiben!", rief Merz. "Die Entscheidungen werden hier im Deutschen Bundestag getroffen und nicht im Rathaus von Berlin." Für die anderen Fraktionen war das die Bestätigung, dass es diesen Keil in der CDU bereits gibt. Und dass er ganz schön tief sitzt. […..] Nun steht die Frage im Raum, wie sich der ehemalige Merz-Ultra Wegner in so kurzer Zeit zur führenden Nervensäge des Parteichefs entwickeln konnte. Dabei fällt auf, dass sich die Verwunderung in Teilen der Berliner CDU in Grenzen hält. Wegner wird dort als jemand beschrieben, der bereit ist, seine Überzeugungen jederzeit über den Haufen zu werfen, wenn er glaubt, dass es ihm nutzen könnte. […..]