In erstaunlich vielen Wirtschaftsredaktionen herrscht immer noch ein primitives Schwarz-Weiß-Bild vor.
CDU = gut für „die Wirtschaft“ und SPD = "wirtschaftsfeindliche Umverteiler".
Auf welche praktischen Erfahrungen sich diese Erkenntnisse beziehen, ist mir nicht klar.
Es war die CDU, welche sich nach 1945 die „SOZIALE Marktwirtschaft“ auf die Fahnen geschrieben hatte.
In den 1970ern hatten wir einen SPD-Kanzler Helmut Schmidt, der ganz sicher eine Menge von Wirtschaft verstand und sich nicht scheute in der Krise den Bürgern einiges zuzumuten („autofreier Sonntag“, etc). Die Steuersätze wurden dann vom CDU-Kanzler Kohl auf nie erreichte Höhen geschraubt.
Auch die ach so „wirtschaftsfeindlichen“ Lohnnebenkosten stiegen in der Kohl-Zeit rasant an.
Und während drei Dekaden war das Wirtschaftsministerium durchgehend mit FDP-Leuten besetzt.
Das endete erst 1998 mit Rot/Grün und unter Schröder wurden die Steuern drastisch GESENKT.
Welche Stellschrauben man anziehen muß, um „die Wirtschaft“ anzukurbeln, ist offenbar weit komplizierter, als es die Umverteiler-Epigonen denken.
Inzwischen hat sich auch herumgesprochen, daß Wirtschaftswachstum allein nicht ausreicht. Wachstum auf Kosten einer zerstörten Umwelt oder massenhaft pauperisierten Arbeitern, die ins Elend abgleiten, geht nicht lange gut.
Umverteiler der primitivsten Kategorie gibt es heute eigentlich nur noch in der FDP und der Linken.
Erstere meinen alles würde gut, wenn man „die Reichen“ weitgehend aus der Solidarität entließe und ihnen durch Steuergeschenke die Portemonnaies noch mehr auffülle.
Letztere sehen zwar korrekterweise, daß die Lücke zwischen arm und reich rasant immer größer wird, glauben aber (teilweise) es sei damit getan den Millionären ihre Millionen wegzunehmen.
Der französische Präsidentschaftskandidat François Hollande schlug Ende Februar eine Abgabe von 75 Prozent auf Jahreseinkommen von mehr als einer Million Euro vor. Es dauerte nicht lange bis der frankophile Lafontaine auf den Zug aufsprang. Nun gruseln sich die rechten Blätter.
Oskar Lafontaine, Fraktionschef der Linken im Saarland, würde die Millionäre in Deutschland gern richtig zur Kasse bitten. Er sprach sich dafür aus, dass die sehr Reichen bis zu 75 Prozent Einkommenssteuer zahlen sollten. „Jeder, der mehr als eine Million Euro verdient, sollte sehr stark besteuert werden“, sagte Lafontaine.
Ich hingegen fände es ganz schön, wenn Steuergerechtigkeit herrschte.
Es ist nicht fair, daß die Krankenschwester und der Nachtwächter automatisch Steuern und Sozialabgaben abgezogen bekommen, während beispielsweise Immobilienbesitzer mit dem hundertfachen Einkommen sich künstlich so arm rechnen, daß sie gar keine Steuern zahlen und sich zudem auch noch den Solidarsystemen entziehen, indem sie privat krankenversichert sind und auch keine Rentenbeiträge zahlen.
Übrigens ist auch Millionär nicht gleich Millionär.
Wäre es nicht längst an der Zeit Steuersätze nicht nur nach der absoluten Höhe des Einkommens zu staffeln, sondern nach der Art des Einkommens?
Ich fände es beispielsweise gerechtfertigt, daß ein Unternehmer sehr wenig Steuern zahlt, wenn er viele Arbeitsplätze schafft, Lehrlinge ausbildet und seine Angestellten mindestens tariflich bezahlt. Ein anderer Unternehmer mit der gleichen Bilanzsumme, der aber mit Finanzderivaten spekuliert und gar keine Arbeitsplätze schafft, sollte viel höher besteuert werden.
Wirtschaftspolitik kann also mehr oder weniger intelligent gemacht werden - wie es schon der viel gescholtene Gerd Schröder vor seiner Kanzlerschaft feststellte.
Dabei halte ich es für NICHT intelligent, wenn man wie die FDP einfach die Maximalforderungen der Arbeitgeberlobby erfüllt.
Lobbys haben keineswegs das Wohl des gesamten Staates im Auge.
Gerade die Industrielobby der Konzerne ist dabei oft so realitätsblind, daß sie hartnäckig über Dekaden Wahnideen frönt, die sich längst als Humbug herausgestellt haben.
Stichworte sind „Fusionitis“ und „Privatisierungen“, die immer noch als Allheilmittel gepriesen wurden, als längst klar war, daß sie in 75% der Fälle schief gehen.
Gewaltige Summen sind verbrannt worden, um die Folgen dieser Gaga-Ideologie wieder einigermaßen zu lindern. Allein Daimler-Benz soll mehr als 60 Milliarden Euro dabei verprasst haben Chrysler und Mitsubishi wieder loszuwerden, die eben noch im Größenwahn aufgekauft wurden.
Unzählige Bürgermeister geben Unsummen dafür aus einmal privatisierte Versorgungsunternehmen zurück zu kaufen. Der Ausverkauf der Hamburger Krankenhäuser an Asklepios unter dem CDU-Senat ist so ein abschreckendes Beispiel.
Dieser CDU-Senat war es auch, der mit dem Argument die Privatwirtschaft verstünde mehr von Atomenergie die Hamburger Elektrizitätswerke HEW (zu denen das AKW Krümmel gehörte) an den schwedischen Atomkonzern Vattenfall verscheuerte.
Das war ja mal eine ganz tolle Idee.
Bis heute werden monatlich neue Beweise dafür geliefert, daß Vattenfall als Betreiber vollkommen unverantwortlich agiert und der inzwischen gewählte SPD-Senat muß sich damit abmühen, wenigstens einen Teil der Stromnetze zurück zu kaufen.
Übertroffen wurde diese Giga-Dämlichkeit nur noch von der Baden-Württembergischen CDU, die 2010 unter verfassungswidrigen Umständen für das Land 46,5 Prozent der EnBW-Anteile vom französischen Konzern EdF kaufte.
Nun sitzt Herr Kretschmann da, muß für das geliehenen Geld (Kaufpreis fünf Milliarden Euro) Zinsen zahlen und hat dafür einen tief in den roten Zahlen steckenden Dinosaurier ohne Zukunft an der Hacke.
Wirtschaft ist nicht das was die großen Verbände gerne hätten.
Die meisten Mittelständler und Familienunternehmer bekommen Ausschlag und Tobsuchtsanfälle, wenn sie die sharholder-value-Raffgier der Pharma-, Finanz- und Energie-Konzerne kommentieren sollen.
Wirtschaft ist nicht nur das was Herr Ackermann der Merkel bei intimen Geburtstagsfeiern im Kanzleramt zuflüstert.
Aber selbst die Großsprecher der Konzerne sind inzwischen so entsetzt über SchwarzGelb, daß sie sich nicht scheuen Klartext zu reden.
Zuletzt geschah das gestern am Rande der Handwerksmesse in München beim traditionellen 'Kanzler-Spitzengespräch mit der Wirtschaft.' Die Herren sind not amused.
Diesmal sparten die Wirtschaftsvertreter schon im Vorfeld nicht mit harscher Kritik. Auch im dritten Jahr Schwarz-Gelb lägen 'im Prinzip die alten Probleme alle noch auf dem Tisch', man habe sich deutlich mehr erwartet, wetterte Hans-Peter Keitel, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI). Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Hans Heinrich Driftmann, kritisierte, bei der Energiewende, 'wurstele jeder vor sich hin', er forderte die Kanzlerin auf, eine Koordinationsstelle für die Energiewende zu schaffen. Handwerkspräsident Otto Dentaler wollte mehr Tempo von der Bundesregierung, sonst werde Deutschlands Energiewende 'zur Lachnummer'. Und auch Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt ist für Attacken auf die Politik bekannt. Die Reformpolitik gehe nicht weit genug. Angela Merkel lächelt alle diese Vorwürfe an diesem sonnigen Freitag in München einfach weg. Nach dem Spitzentreffen wird sie auf die Kritik angesprochen. Sie kontert: 'Also ich bin mit der Wirtschaft zufrieden.'(SZ 17.03.12)
Wirtschaft findet auch ganz konkret auf der Bundesländer-Ebene statt.
Hier wird nicht von Steuersätzen gefaselt, sondern die Landesregierung muß zusehen, daß sie die heimische Wirtschaft zum Wohle aller unterstützt.
Das gelingt mal weniger gut - dafür stehen die CDU-Regierungen Mappus, Diepgen und Beust.
Mal aber sehr gut. Kurioserweise war der langjährige Berliner Wirtschaftssenator Harald Wolf von der LINKEN bei der Wirtschaft sehr geschätzt - weil er kompetent war.
Mal aber sehr gut. Kurioserweise war der langjährige Berliner Wirtschaftssenator Harald Wolf von der LINKEN bei der Wirtschaft sehr geschätzt - weil er kompetent war.
Sehr zufrieden ist die Hamburger Wirtschaft mit dem SPD-Senat, wie eine Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young unter bundesweit 3000 Firmen ergab.
Hamburgs Mittelstand ist mit dem Senat deutlich zufriedener als noch vor einem Jahr. 89 Prozent der Firmen loben die Mittelstandspolitik der Stadt. 39 Prozent der Hamburger Firmen sind sogar uneingeschränkt zufrieden. Das sind doppelt so viele wie im Vorjahr und auch mehr als im Bundesdurchschnitt (30 Prozent). Mit diesem Ergebnis rutscht die Hansestadt im Vergleich zu den anderen Bundesländern nach Rang elf im Vorjahr jetzt auf den zweiten Platz bei der Zufriedenheit des Mittelstands. […]78 Prozent der befragten Firmen finden [die Bildungspolitik der SPD] gut oder sehr gut. Vor einem Jahr waren es nur 68 Prozent. Auch an der Förderpolitik des Senats gibt es offenbar wenig auszusetzen. 78 Prozent der Mittelständler sind damit zufrieden und damit zehn Prozent mehr als vor einem Jahr.
Wenn schon eine absolute Sozi-Regierung von allen Bundesländern die zweitbeste Wirtschaftspolitikbewertung bekommt, fragt sich, wer die Nummer eins ist.
Nun, der Spitzenreiter ist ganz eindeutig. Von einer Landesregierung sind die Mittelständler geradezu aus dem Häuschen vor Glück.
Man könnte inzwischen also durchaus sagen, daß die Einladung der Bayerischen Landesregierung an Baden-Württembergische Unternehmen ob der zu befürchtenden Grün-Roten Wirtschaftsfeindlichen Politik ins Nachbarland überzusiedeln etwas fehl am Platze war…..Der Mittelstand in Baden-Württemberg stellt der grün-roten Regierung einer Studie zufolge ein überragend gutes Zeugnis aus. Das Rückgrat der Wirtschaft im Südwesten ist mit den aktuellen politischen Rahmenbedingungen so zufrieden wie in keinem anderen Bundesland. Das geht aus einer repräsentativen Studie der Stuttgarter Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young hervor. Demnach ernten Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und seine Koalition Traumnoten und schaffen im Vergleich zur beendeten Ägide von Schwarz-Gelb mit Stefan Mappus (CDU) an der Spitze teils große Sprünge.[…] In der im Januar erhobenen Analyse stößt Baden-Württemberg sogar den Musterschüler Bayern vom Thron, wo das konservative Bündnis aus CSU und FDP regiert. Die für die Studie von Ernst & Young beauftragten Marktforscher fragten bei rund 400 repräsentativ ausgewählten Südwest-Mittelständlern fünf Kategorien ab. Bei der Förder- und Mittelstandspolitik sowie bei der Infrastrukturpolitik belegt das «Ländle» Rang eins. Bei den Themen regionale Rahmenbedingungen und Bildungspolitik ist es im Vergleich der 16 Länder der zweite Platz.