Samstag, 6. Oktober 2012

Pay-Politik Teil II


N
ein, daß die Paralyse-Koalition bei Bildung, Pflege, Mehrwertsteuer, etc, etc nicht handelt, ist keine Faulheit.



Es hat nur noch keiner bezahlt. 
Und ohne Vorab-Überweisung werden in der Bezahl-Politik Merkels und Röslers ungern Leistungen erbracht. 
In den 60er und 70er Jahren galt es noch als skandalös, wenn sich Milliardäre ihre passenden Gesetze erkauften. Spätestens ab 2009 ist es der Normalfall unter der beliebtesten Kanzlerin aller Zeiten.

Rückblick ins Jahr 1975:
Der Flick-Konzern verkaufte Aktien der Daimler-Benz AG im Wert von 1,9 Milliarden D-Mark an die Deutsche Bank.
Die zu zahlenden Steuern hätten knapp 986 Millionen Mark betragen.

Diese Steuern mochte Herr Flick aber gar nicht gerne bezahlen und im Gegensatz zu normalen Angestellten, deren Steuern einfach vom Finanzamt abgezogen werden, hatte der Milliardär Möglichkeiten sich um die Zahlung zu drücken.

Dazu „spendete“ er ein paar Bargeldköfferchen an die entsprechenden FDP-Personen - unter anderem mehrmals 30.000 D-Mark an Otto Graf Lambsdorff (FDP), einmal 100.000 D-Mark an Walter Scheel (FDP) und mehrmals 70.000 D-Mark an Hans Friedrichs (FDP).

Nachdem die Landschaft genügend „gepflegt“ worden war, beantragte der Konzern beim FDP-geführten Wirtschaftsministerium für das 1,9-Milliarden DM-Geschäft die Steuerbefreiung nach Paragraph 6b des Einkommensteuergesetzes für volkswirtschaftlich förderungswürdige Reinvestitionen.
Sowohl Minister Hans Friderichs als auch sein Nachfolger Otto Graf Lambsdorff erteilten diese Genehmigungen.

Das ist mal eine Rendite!
Ein oder zwei Millionen DM „gespendet“ und fast eine Milliarde DM gespart.

Den Übergang vom einst am Gemeinwohl orientierten Vollprogramm zum reinen Pay-Programm, das nur noch Partikularinteressen bedient, haben FDP, CDU und CSU inzwischen abgeschlossen.

Gegen eine kleine Aufwendung vom Hotelbesitzer Baron Finck („rechts vom Gustl steht nur noch Dschingis Khan“) an die FDP, genehmigte man großzügig Milliardensteuervorteile für Hoteliers.

Milliardär Finck, der auch ein großer Immobilienmogul ist - ihm gehören unter anderem die Clair Immobilien Deutschland GmbH und die Mercantor Verwaltungs GmbH - hatte sich mit Spenden an die CSU (2,4 Millionen Euro seit 2000) auch Freundlichkeiten für die Immobilienwirtschaft erkauft.


Thorsten Denkler:
Ganz im Sinne des Immobilienmoguls dürfte sein, dass die Koalition etwa so genannte Real Estate Investment Trusts (REITs) stärken will. Im Koalitionsvertrag heißt es dazu, hier seien "überflüssige Hemmschwellen für den deutschen Markt abzubauen". Das entspricht ziemlich genau einer Forderung des Immobilien Verbandes Deutschland (IVB). "Schnellstmöglich sollten Reits eingeführt werden, damit den Anlegern eine international konkurrenzfähige Form der indirekten Immobilienanlage auch in Deutschland zur Verfügung steht", heißt es in einem Verbandspapier. Reits sollen dabei "möglichst wenig reguliert werden".
Im Klartext: Geldgeber sollen leichter als bisher auch mit Wohnimmobilien zocken dürfen.
Und es gab noch mehr Grund zu jubeln für die Immobilienwirtschaft.
"Im Bereich des Mietrechts greift der Koalitionsvertrag alle Forderungen von Haus & Grund Deutschland auf und übernimmt sie", frohlockte der Hauseigentümerverband in einer Stellungnahme zum Koalitionsvertrag.
Wichtigster Punkt: das Ende der "asymmetrischen Kündigungsfristen". In Zukunft sollen für Mieter und Vermieter gleich lange Kündigungsfristen gelten. So können ungewollte Mieter schneller vor die Tür gesetzt werden. Ausgehebelt werden soll auch das Recht auf Mietminderung, etwa während einer Gebäudesanierung.

12 weitere Lobbyforderungen - 1:1 umgesetzt von den Pay-Policy-Parteien der schwarzgelben Regierung - listet allein die SZ auf.

Die Pharmalobby machte sich ihren Hauptverband FDP so gefügig,
daß drei Monate nach Regierungsantritt tatsächlich Deutschlands oberster Pharmakontrolleur Sawicki geschasst wurde.
Seine am Patientenwohl orientierte Position war zu wenig Pharma-freundlich.

Der private Krankenversicherung DKV räumt FDP-Mitgliedern Sonderrabatte ein und schon bekommt einer der wichtigsten PKV-Lobbyisten, Christian Weber, einen Job in zentraler Stelle des FDP-geführten Gesundheitsministeriums.

Großzügige Spenden der Energiekonzerne an die CDU und FDP und was zu erwarten war, passierte umgehend:

Es ist das vorläufige Ende des Atomausstiegs: Bei einem Treffen mit den Energiekonzernen im Kanzleramt hat sich die Bundesregierung nach SPIEGEL-Informationen darauf festgelegt, vorerst alle 17 deutschen Atommeiler am Netz zu halten. Auch die Uraltmeiler Neckarwestheim 1 und Biblis A, die nach dem rot-grünen Atomkonsens bald abgeschaltet werden müssten, sollen so lange weiterbetrieben werden, bis sich die schwarz-gelbe Regierung auf ein neues Energiekonzept verständigt hat.
(SPON)

Die Atommafia kann DANK FDP und CDU und CSU mit einem gigantischen Geldberg rechnen:
Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) rechnet damit, dass die vier großen Energieversorger bei einer Laufzeitverlängerung um 25 Jahre und einem Strompreis von 80 Euro pro Megawattstunde gut 233 Milliarden Euro einstreichen würden. ..... Das Bremer Energie-Institut kommt auf ähnliche Summen: Je nachdem, wie viele Jahre die Meiler zusätzlich laufen und wie hoch der Strompreis steht, wären Gewinne von bis zu 339 Milliarden Euro möglich.


Die 200 - 300 Milliarden Euro werden übrigens nicht frisch gedruckt, sondern aus den Portemonnaies der Steuerzahler von Schwarz-Gelb in die Konzernkassen gelenkt.
Noch nicht eingerechnet sind die anfallenden Unsummen durch Atommüll, die ebenfalls der Steuerzahler trägt - Dank Merkel.

Etwas eleganter hat es die Solarindustrie gemacht, indem sie schon vor der Regierungsbeteiligung der FDP einen Solar-feindlichen Passus aus dem Parteiprogramm heraus kauften.
Die notorisch zukunftsfeindlichen „Liberalen“ hatten eine Reduzierung der Fördermittel für Photovoltaikanlagen um 30 Prozent gefordert.
Das passte der Firma Solarworld natürlich gar nicht und so veranstaltete sie im September 2009 unmittelbar vor der Bundestagswahl eine FDP-Spendengala, an der auch Voodoo-Economic Hermann Otto Prinz Solms, sowie Mövenpick-Parteichef Westerwelle teilnahmen. Solms, im Nebenjob auch FDP-Schatzmeister konnte frohlockend eine "Rekordsumme" verbuchen.
Die Ausgaben von Solarworld haben sich gelohnt - im K.O.alitionsvertrag verschwand die unerfreuliche Kürzung der Fördermittel für Photovoltaikanlagen; plötzlich strich die FDP den Passus und setzte stattdessen die Formulierung "Dialog mit der Solarbranche" durch.

Wahlkampfversprechen à la FDP - nach der Wahl sind sie sofort vergessen und es wird das Gegenteil getan - insbesondere, wenn jemand dafür bezahlt.
SPON nennt ein weiteres Beispiel:
Nur wenige Tage nach der Bundestagswahl haben außerdem die BMW-Großaktionäre Johanna Quandt und ihre Kinder Stefan Quandt und Susanne Klatten der CDU am 1. Oktober je 150.000 Euro gespendet. Bevor die Zahlungen am 17. November 2009 vom Bundestag veröffentlicht wurden, hatten Union und FDP einen neuen Rabatt bei der Besteuerung von Jahreswagen für Mitarbeiter und einen weiteren Steuerrabatt für die Privatnutzung von Firmenwagen vereinbart.

Wie schön es doch ist, wenn man das nötige Kleingeld hat, um selbst für die politischen Gefälligkeiten zu sorgen.

Die Kehrseite der Medaille erleben derzeit die Hartz-IV-Empfänger, die eher selten sechs- und siebenstellige Summen an FDP, CSU oder CDU spenden.
Ohne Geld gibt es statt Wohlwollen aber nur Arschtritte.
Auf Arbeitslose wird nun Roland Koch losgelassen, der androht sie „sollten als Gegenleistung arbeiten und "auch niederwertige Arbeiten" verrichten, damit nur ja kein einziger Bezieher staatlicher Leistungen sein Leben als angenehm empfinde.“


Ich gebe zu, daß ich ernsthaft beeindruckt davon bin, wie die bürgerlichen Parteien es vermocht haben das Wahlvolk so an die Lobbyismus-Politik zu gewöhnen, daß es gar nicht mehr als irgendwie störend wahrgenommen wird, wenn Schwarzgelb nach ordentlicher Bezahlung die von den Reichen gewünschten Gesetze umsetzen.

Jüngster Fall ist der Kauf einer für die Glücksspielmafia günstigen Regelung bei Wirtschaftsminister Rösler.


Die FDP ist in den letzten Jahren immer wieder willig und massiv für die Automatenspiel-Industrie eingetreten.
 Insbesondere in Schleswig-Holstein durch Wolfgang Kubicki. Im Dezember 2011 stellte sich die schwarzgelbe Regierung in Kiel sogar als einzige von 16 Landesregierungen gegen den neuen Glücksspielstaatsvertrag, weil Kubicki der Wettmafia zu Diensten sein wollte. 
Im Mai 2012 gab es dafür bei der Landtagswahl sensationelle 8,2% für die FDP. 
Dumm für die Automatenlobby, daß Schwarzgelb dennoch knapp abgewählt wurde. 
Aber zum Glück (noch) nicht im Bund.

Die Westfälische Familie Gauselmann von der Gauselmann-Gruppe,  Deutschlands größter Herstellerin von Geldspielautomaten ließ über verschlungene Wege der FDP mindestens 1,9 Millionen Euro zukommen.

Das war bitter nötig, denn immer wieder gibt es Versuche der Wett- und Glückspielmafia Fesseln anzulegen. Dank der Gauselmann-Zuwendung an die FDP ist damit aber erst mal Schluß.

"Und jetzt kommt’s. Im Entwurf für ein neues Geldwäschegesetz sollten eigentlich auch die Spielhallen stärker kontrolliert werden. Dagegen hatte die Automatenlobby Protest eingelegt. Mit Erfolg, der entsprechende Paragraph flog einfach raus aus dem Entwurf. An den Verhandlungen beteiligt: Das Wirtschaftsministerium von FDP-Chef Philip Rösler."
(Georg Restle, Monitor Nr. 639 vom 27.09.2012)