Donnerstag, 14. März 2013

Ansehensverlustimmunität



Heute ist auch in der atheistischen Szene noch alles vom Kampf um die Deutungshoheit der Personalie Bergoglio geprägt.
Während sich alle deutschen Politiker von ganz links bis ganz rechts freudig und erwartungsvoll zeigen, stöbern die wenigen kirchenfernen Schreiberlinge in Franzis homophober und Junta-philer Vergangenheit umher.
Ob der neue Papst nur ein normaler Schwulenhasser ist, wie es konservative Kleriker nun einmal immer sind, oder ob er das Homobashing mit einer manisch-neurotischen Verve wie Ratzi vertritt, muß man noch abwarten.

Katholiken sind offenbar immer sehr naiv. 
Als man 2005 in Deutschland „Wir sind Papst!“ jubelte, wurde die Wahl des erzkonservativen Panzerkardinals auch als Zeichen des Aufbruchs bewertet und eine Öffnung hin zur liberalen Weltanschauung erwartet.
Das ist ähnlich wahrscheinlich wie ein Eintreten Brüderles für einen Spitzensteuersatz von 100%.
Den besten Text zur Wahl Bergoglios fand ich beim Postillon und der besteht aus insgesamt drei Sätzen:
Überraschung! Katholische Kirche wählt alten, konservativen weißen Mann zum Papst!

Wer hätte das gedacht? Obwohl Franziskus (76) alt, weiß und erzkonservativ ist, wurde er Papst.
Oder etwas ausführlicher formuliert von Deniz Yücel:
Was hat man denn erwartet?

Alter Sack der Xte

Der neue Papst ist, den bislang vorliegenden Informationen nach zu urteilen, ein reaktionärer alter Sack wie sein Vorgänger, der seinerseits einem reaktionären alten Sack gefolgt war, der wiederum einen reaktionären alten Sack beerbt hatte. Alter Sack I. folgte Alter Sack II., Alter Sack II. aber folgte Alter Sack III., in einem fort, jahrein, jahraus.  Ob dieser oder jene alte Sack nun eine Schwäche für die Schwachen („katholische Soziallehre“) hatte oder sich lieber mit esoterischem Klimbim („katholische Dogmatik“) beschäftigte, ist in etwa so relevant wie die Frage, ob er nebenher Briefmarken sammelte oder lieber doch Schmetterlinge.

Der neue alte Sack, der künftig unter dem Künstlernamen Franziskus auftreten wird, hat, so ist zu hören, als er noch Jorge Bergoglio hieß und Erzbischof von Buenos Aires war, gegen die Ehe von Lesben und Schwulen („Plan des Teufels“) und die Adoption von Kindern durch gleichgeschlechtliche Paare („Kindesmissbrauch“) gekämpft. Noch früher soll er als Leiter der argentinischen Jesuiten ein enges Verhältnis zur Militärjunta (das waren jene Freaks, die auch die Falklands heimholten wollten) unterhalten haben.
Aber ist das so verwunderlich? Und was hat man denn erwartet? Einen gutaussehenden schwulen Afrikaner, der George Bataille, Simone de Beauvoir und die Situationisten verehrt, der den Islam, das Judentum oder die Lehren irgendwelcher Bettelmönche aus dem Anhaltischen für ebenbürtige Wege zu Gott hält, der den päpstlichen Anspruch auf Führung („Petrus-Primat“) und Unfehlbarkeit („Ich hab recht, du nicht“) sausen lässt und der nach der Sonntagsmesse mit einem Joint beim Formel-1-Rennen Entspannung sucht?
Renate Künast (deren Friseur offenbar farbenblind geworden ist und ihr ein ganz grauenhaftes Orange auf die Birne geklatscht hat) entgegnete auf die Frage Gerd-Joachim von Fallois nach den schwulenfeindlichen Sprüchen des Papstes nur ganz entspannt, nun ja, sie erwarte ja auch nicht von der katholischen Kirche die Vorkämpferin für die Homoehe zu sein.

So einfach ist das also. 
Eine Organisation, die mit vielen Milliarden Euro Steuermitteln versorgt wird und allgemein als Vermittlerin der „WERTE“ bejubelt wird, kann ruhig auch extrem antihumanistische Hasspropaganda verbreiten. 
Macht ja nichts.

Es ist und bleibt ein Faszinosum für mich, daß eine Religion, die sich so nachhaltig als sadistisch disqualifiziert hat weiterhin als Autorität für Menschenrechte und moralische Werte angesehen wird.
Es ist schließlich kein Geheimwissen mehr über die hunderttausendfache Kindermisshandlung durch Kirchenmitglieder Bescheid zu wissen.
800.000 Kinder wurden allein in Deutschland von ca. 1950 – 1980 in protestantischen und katholisch geführten Gulags gequält, missbraucht, geschlagen, ausgenutzt, versklavt und unter Drogen gesetzt.
Und Deutschland ist keineswegs ein Einzelfall. In Holland, Belgien, Österreich, Irland oder der Schweiz verfuhren die Kirchen-Perversen genauso mit Menschen unter 21 Jahren.
Es gab durchaus Todesfälle, in Holland haben Bischöfe die Kastration von Jungen durchführen lassen, wenn sie diese für potentiell homosexuell hielten.
Millionen Menschen haben die christlichen Kirchen in den letzten Dekaden systematisch zu seelischen Wracks gemacht. Zu psychisch Gestörten, die bis heute unter schweren Angststörungen und Depressionen leiden und nie im Leben glücklich werden konnten.
Das ist das Werk der Kirchen.
Man weiß das alles. Letzte Woche gab es zu dem Thema mal wieder zur Primetime einen Film und eine Dokumentation im ZDF.
Über 800.000 Mädchen und Jungen waren zwischen Kriegsende und 1975 in westdeutschen Heimen untergebracht. In den sechziger Jahren gab es etwa 3000 solcher Einrichtungen, zwei Drittel davon standen unter kirchlicher Leitung, ein Viertel war staatlich, der Rest privat organisiert. Etwa die Hälfte der Insassen konnte das Heim nach zwei bis vier Jahren wieder verlassen, der Rest blieb bis zur Volljährigkeit, bis zum 21. Lebensjahr - die gesamte Kindheit und Jugend lang.

Wie es hinter den Mauern dieser Einrichtungen zuging, hat der SPIEGEL-Journalist Peter Wensierski aufgeschrieben. Sein Buch "Schläge im Namen des Herrn", erschienen 2006, beschreibt aus der Perspektive der Opfer, wie es war, pädagogisch schlecht oder gar nicht ausgebildeten Erziehern und Aufsehern ausgeliefert zu sein, verprügelt zu werden für Ungehorsam oder schlicht aus Willkür, keine schulische Ausbildung zu bekommen, dafür Zwangsarbeit verrichten zu müssen, eingesperrt zu werden in "Besinnungsstübchen" genannte Kerkerzellen.

"Schläge im Namen des Herrn" brachte eine Tatsache ans Licht, die lange verdrängt worden war: Auch in der Bundesrepublik gab es staatlich sanktionierte Menschenrechtsverletzungen.
Jede andere Organisation, die auch nur ein Promille dieser Schuld auf sich geladen hätte, wäre längst verboten, ihr Besitz wäre konfisziert worden.

Die Kirchen jedoch hält man hartnäckig für „werteorientiert“ und für besonders gut geeignet Kinderbetreuung zu übernehmen.
Dabei ist auch bekannt, daß katholische Geistliche mit ihrer bizarr unterdrückten Sexualität immer wieder kleine Jungs vergewaltigen und daß diese Fälle dann von den Vorgesetzten bis hoch zum Papst vertuscht werden.
Noch gestern fand man so einen Kinderfickerschützer so würdig den neuen Papst wählen zu lassen – würdiger als jede Frau dieses Universums!
Kardinal Roger Mahony, der bis 2011 über ein Vierteljahrhundert lang die Geschicke des Erzbistums von Los Angeles geleitet hatte, saß in der Sixtinischen Kapelle zur Wahl eines Papstes, als ihn die alten Geschichten aus der Heimat einholten: Seine Diözese verpflichtete sich zur Zahlung von 9,9 Millionen Dollar Entschädigung an vier Männer, die von einem pädophilen Priester über Jahre hinweg missbraucht worden waren.

Mahony hatte den Gemeindepfarrer zwar schon 1986 wegen sexueller Übergriffe verwarnt und in Behandlung geschickt, dann aber andernorts wieder als Pfarrer eingesetzt. Der Täter wurde rückfällig und im Jahr 2000 entlassen, ein Strafgericht verurteilte ihn später zu zehn Jahren Gefängnis, von denen er fünf absaß. Angeblich belästigte und misshandelte der Priester über drei Jahrzehnte 23 Jungen.

[…] Erst im Januar hatte die Kirchenbehörde 12000 Dokumente freigeben müssen, die nachzeichneten, wie lax der Kardinal Fällen sexuellen Missbrauchs durch Priester intern nachgegangen war. Ein Opferanwalt erklärte, die Papiere hätten eine außergerichtliche Einigung mit seinen Mandaten enorm beschleunigt: 'Kardinal Mahonys Fingerabdrücke waren überall auszumachen.'  
Macht ja nichts.
 Mit solchen Stimmen wurde Franzi gewählt.
Die schwulenhassende, kinderseelenvernichtende und sexuell übergriffige RKK ist keineswegs geläutert. 
 Auch im Jahr 2013 ist sie intensiv damit beschäftigt sich gegen die Aufklärung zu wehren und diejenigen zu diffamieren, die Licht ins Dunkel bringen wollen. 
Anfang der Woche wurde die katholische Kirche durch einen gerichtlichen Vergleich dazu gezwungen die Vorwürfe gegen Prof. Pfeiffer zurück zu nehmen. Wieder einmal hatten die Bischöfe gelogen.
Anfang des Jahres kündigte die Kirche das groß angelegte Projekt, seither schieben sich beide Seiten die Schuld zu. Konkret geht es im Vergleich darum, wie die Vertragsverhandlungen zwischen Kirche und Pfeiffers Kriminologischem Forschungsinstitut Niedersachsen (KfN) abliefen, die schließlich in die Zerrüttung führten. Die Bischofskonferenz darf auf ihrer Seite dbk.de nun nicht mehr behaupten, sie habe mit Pfeiffer schon im Juni 2012 eine Einigung erzielt, welche die 'Wissenschafts- und Publikationsfreiheit zweifelsfrei garantierten'. […]

Pfeiffer sprach am Dienstag von einer neuen Niederlage der Kirche vor Gericht. Sein Institut habe sich durchgesetzt. Die 'krasse Unwahrheit', man habe sich im Juni auf Publikationsfreiheit geeinigt, sei damit korrigiert. Schon im Januar waren die Kirchenanwälte mit einem Antrag gescheitert, dass Pfeiffer ihnen nicht mehr öffentlich 'Zensurwünsche' vorwerfen darf. Anders als mit einer bloßen Unterlassung sei die Kirche nun durch den Vergleich dazu verpflichtet, die Geschehnisse mit bestimmten Formulierungen darzustellen.
(SZ vom 13.03.2013)
Ja, Bergoglio mag im persönlichen Auftreten deutlich sympathischer als Ratzinger sein – aber das ist irrelevant das Kind RKK ist seit Dekaden im Brunnen.

Die Organisation gehört einfach abgeschafft.