Montag, 19. Juli 2021

Skandale im Wahlkampf

In Bundestagswahlkämpfen agieren Tausende Politiker, Myriaden Journalisten und Hunderttausende Parteimitglieder.  Auch wenn alle behaupten, fair zu sein, trachtet man in Wahrheit doch immer auch danach, dem politischen Gegner zu schaden.  Es wäre ein Wunder, wenn bei der Masse der Akteure in den Wahlkampfzentralen nicht jeden Pannen und Patzer registriert würden.

Die Skandalresistenz der Kandidaten ist aber sehr unterschiedlich ausgeprägt.

Über Merkel wird meist mit so viel Hochachtung geschrieben, daß ohnehin kaum einer ihr persönlich CDU-Skandale anlastet. Sie hat, ähnlich wie Wolfgang Schäuble eine politische Teflonhaut entwickelt.

Der Bundestagspräsident verdankt seine Skandalresistenz einerseits dem fürchterlichen Attentat auf ihn, welches zu einigen Beißhemmungen der Journalisten führte und inzwischen auch seinem hohen Alter.   Dabei ist Schäuble ein großer Lügner, war ein sehr fauler Minister, ist tief in CDU-Finanzskandale verstrickt und hat auch noch eine ausgeprägt nepotistische Ader. Seine Tochter Christine Strobl wurde als 28-Jährige im Schäuble-Sender SWR Referentin, mit 39 Jahren Filmchefin und nun, mit 49 Jahren sogar ARD-Programmchefin. Dort macht sich die erzkonservative CDU-Frau sofort ans Werk die liberalen Politmagazine PANORAMA und MONITOR einzudampfen. Wolfgang Schäubles Bruder Thomas bekam mehrere Landesministerposten in Baden Württemberg. Schäubles Schwiegersohn Thomas Strobl ist Vizeministerpräsident in BW und Bundes-Vize der CDU.

Merkel hingegen helfen ihr Geschlecht und ihre lange Amtszeit; da bleiben auch keine Skandale heften.

Andere Konservative entwickeln ihre hohe Skandalresistenz  durch die schiere Masse der Affären. Bei Koch, Strauß, von der Leyen, Spahn, Scheuer oder Seehofer stehen schon so viele Rücktritts-ausreichende Skandale zu Buche, daß man schlicht nicht mehr nachkommt, sich das alles zu merken.  Die Skandalmenge, die Jens Spahn in einer Woche produziert, würde ausreichen, um ein Dutzend unbescholtene Landesminister zum Rücktritt zu zwingen.

Für immer unerreichter König der Skandalresistenz bleibt Donald Trump, der jeden einzelnen Tag seiner Amtszeit so ungeheuerliche Lügen von sich gab, daß andere Präsidenten deswegen zurück getreten wären.

Der orange Clown könnte tatsächlich zum Spaß einem New Yorker Passanten in den Kopf schießen, ohne einen Wähler zu verlieren. Das ist eine seiner sehr seltenen wahren Aussagen.

Was eine Baerbock ins Schlingern bringt, wäre bei Trump gar nicht erwähnenswert. Die Grüne Kanzlerkandidatin konnte aufgrund ihrer nicht vorhandenen Regierungserfahrung noch nicht gegen Skandale abstumpfen.

Niemand weiß, wie sie als Ministerin oder gar Kanzlerin wäre, es gibt keine kollektiven Erfahrungen über Art und Häufigkeit von Skandalen eines Baerbock-Ministerium.

[….]  Annalena Baerbock hat sich sehr viel weniger zuschulden kommen lassen als andere politische Führungskräfte. Daher ist und wäre es verständlich, wenn sie und die Grünen sich insgesamt ungerecht behandelt fühlten. Aber ihre Popularität war eben noch nicht gefestigt genug, um diese Affäre aussitzen zu können. Wenn auch nur ein paar Prozent derjenigen abspringen, die sich überlegt hatten, erstmals in ihrem Leben grün zu wählen, dann ist der mögliche Sieg verspielt.    Es ist kühn, ohne jede Regierungserfahrung ins Kanzleramt einziehen zu wollen. Aber das kann – vielleicht – gelingen, wenn ein hinreichend großer Teil der Bevölkerung sich nach einem Kurswechsel und einem politischen Neuanfang sehnt. Das war die große Chance für Annalena Baerbock. Sie musste nur etwas, ein einziges Kleinod schützen: nämlich die eigene Glaubwürdigkeit.   Dieses Kleinod ist verloren gegangen. Andere, die sich mehr vorwerfen lassen müssen, hatten und haben auch mehr in die Waagschale zu werfen als die Kandidatin der Grünen. Der Lebenslauf von Armin Laschet enthält ebenfalls – nennen wir es freundlich: Lücken. Aber er war eben jahrelang Ministerpräsident. Das beruhigt verunsicherte Wählerinnen und Wähler. [….]

(Bettina Gaus, SPON, 10.06.2021)

Ihre Skandal-Resistenz ist daher noch niedrig; es konnte sich noch keine Teflon-Patina ausbilden. Da sind andere, deutliche jüngere Politiker, schon viel weiter.

CDU-Rechtsaußen Philipp Amthor ist gerade mal 28 Jahre alt und hat schon so viele Großskandale angesammelt, daß ihm das heute bekannt gewordene Gruppenbild mit zwei Neonazis kaum etwas anhaben kann.

[…..] CDU-Politiker Amthor posiert mit Neonazis

Ein in den sozialen Medien kursierendes Foto des Bundestagsabgeordneten Amthor sorgt für Aufregung. Das Bild zeigt ihn lachend an der Seite zweier Neonazis. [….]

(Julius Geiler, TS, 19.07.2021)

Da zuckt der Urnenpöbel nur ganz kurz mit den Schultern; Amthor eben.

Der ganze Skandalkosmos um die Themen Antisemitismus, Zusammenarbeit mit der AfD, Rechtsradikalismus, völkisches Denken entwickelt sich ohnehin zu einem Skandalon niederen Aufregungspotenzials. Die Laschet-CDU ist durch Maaßen, die Werte-Union und die Ost-Landesverbände so sehr nazifiziert, daß kein Hahn mehr danach kräht, wenn der CDU-Parteivorsitzende völkische Verschwörungstheorien in seiner Partei zulässt oder bei antisemitischen Sprüchen gar nicht dran denkt einzugreifen.

Abgesehen davon, wie gelassen das Wahlvolk reagiert, spielt die Beißlust der Medien eine große Rolle.

Angela Merkel konnte dreiste Lobbyskandale in ihrem engsten Umfeld aufführen, ohne daß sie jemals in der Presse als „bestechlich“ dargestellt wurde. Für Deutsche-Bank-Chef Ackermann richtete sie eine private Geburtstagssause im Kanzleramt aus, setzte sich gegen Millionenspenden an die CDU persönlich für maßgeschneiderte KfZ-Gesetze ein, verhinderte strengere Abgasregeln bei der EU und gab ihre Kanzleramts-Staatsminister direkt an die Auto-Konzerne als Cheflobbyisten weiter.

Das wurde zwar in liberalen Periodika berichtet, aber nie zu den großen Skandalen hochgeschrieben, wie es nötig gewesen wäre. Die mächtigen Medien-Patinnen Liz Mohn und Friede Springer hielten immer ihre schützende Hände über Merkel, so daß die Blätter ihrer Imperien die Kanzlerin in Ruhe ließen.

Auf Schröder/Fischer 2002 und insbesondere Steinbrück 2013 hatten sich die Medien hingegen kollektiv eingeschossen.  Die mussten nur einmal ein falsches Kleidungsstück tragen, eine flapsige Geste machen und wurden schon niedergemacht.

Manchmal gab es regelrechten Kampagnen-Journalismus. In den 1990ern verging kaum ein Tag, an dem nicht extrem negative Artikel über Gregor Gysi und Manfred Stolpe erschienen. Sie wurden von den nahezu ausschließlich westdeutschen Medien fast immer mit ihren Stasi-Kürzeln IM NOTAR und IM SEKRETÄR bezeichnet.

Die politischen Gegner waren noch perfider – hatten doch CDU und FDP gleich vier Mauer/Schießbefehl-Blockparteien einfach wegfusioniert - und überzogen ausgerechnet Grüne und SPD, also die einzigen Parteien ohne SED-Erbe, mit Rote-Socken-Kampagnen.

Daran sollten sich auch Annalena Baerbock, die Grünen und ihre grünliberalen Social-Media-Freunde erinnern. Ja, Baerbock wird mit strengeren Maßstäben als Laschet bewertet, ja das ist ungerecht, ja das gehört nicht zu einem sachlichen Wahlkampf.

Aber erstens ist es dämlich von den Grünen, irgendetwas anderes zu erwarten und nicht auf solche unfairen Attacken vorbereitet zu sein.

Und zweitens übertreiben es die Grünen maßlos, wenn sie aufschreien, noch nie wäre eine Kandidatin so schlecht behandelt worden, oder gar, es läge daran, daß sie Frau und/oder Mutter wäre.   Das ist natürlich blanker Unsinn.

[…..] Der Grünen-Politiker Jürgen Trittin, selbst alles andere als die Verkörperung des gepflegten politischen Kammertons, spricht von einer "Dreckskampagne", andere beklagen einen "Rufmord". Die Kritik an der Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock nach selbstverschuldeten Fehlern und Pannen wird im Lager der Grünen und ihrer Nahesteher gern als Ausdruck einer bösartigen Kampagne gewertet, als Zeichen für einen besonders schmutzigen Wahlkampf. Ein Blick in die Geschichte zeigt: Davon kann keine Rede sein. Früher waren Wahlkämpfe geprägt von heftiger Polarisierung, aggressiven Kampagnen und einer politischen und persönlichen Diffamierung, die heute undenkbar wäre.

Konrad Adenauer, der erste Nachkriegskanzler, konnte noch im Wahlkampf 1957 den Delegierten eines CSU-Parteitages einhämmern, die SPD dürfe "niemals" an die Macht kommen, weil "mit einem Sieg der Sozialdemokratischen Partei der Untergang Deutschlands verknüpft ist". Da war die Bundesrepublik längst ein stabiler Staat. Das Protokoll verzeichnet an dieser Stelle: "Lebhafte Zustimmung und anhaltender Beifall." […..] Stoiber hat als CSU-Generalsekretär den wahrscheinlich giftigsten Wahlkampf in der Geschichte der Bundesrepublik orchestriert: die Kanzlerkandidatur von Franz Josef Strauß gegen Helmut Schmidt im Jahr 1980. Strauß polarisierte Politik und Gesellschaft in Deutschland wie kein Zweiter. Glühende Bewunderung auf der einen Seite, entschiedene Ablehnung auf der anderen, dazwischen gab es nichts.

Die Kundgebungen von Strauß lockten Tausende Anhänger an - und zugleich eine meist noch größere Zahl von Gegendemonstranten. Auch die beiden Kontrahenten schenkten sich nichts. Strauß schmähte den SPD-Amtsinhaber als "Friedensschwätzer" und "Kriegskanzler", für Schmidt war sein Herausforderer ein "Kraftwerk ohne Sicherungen". Schmidt, einer der besten politischen Redner, konnte sich des Jubels seiner Anhänger gewiss sein, wenn er in seinen Wahlkampfreden rief: "Dieser Mann hat keine Kontrolle über sich", um dann, nach einer kleinen Kunstpause, mit erhobener Stimme hinzuzufügen, "und deshalb darf er erst recht keine Kontrolle über unseren Staat bekommen".[…..]  Im Jahr 1976 versuchte die CDU mit dem Slogan "Freiheit statt Sozialismus", die SPD/FDP-Regierung aus dem Sattel zu heben. Der CSU war das noch nicht aggressiv genug, sie machte daraus "Freiheit oder Sozialismus", ganz so, als drohe dem Land bei einem Sieg von SPD und FDP der Weg in die Knechtschaft. […..]  Kaum einer wurde so in den Schmutz gezogen wie Willy Brandt, der als uneheliches Kind Herbert Frahm hieß, vor den Nazis nach Norwegen emigriert und im Widerstand aktiv war. Dort hatte er sich den Namen Willy Brandt zugelegt, die Namensänderung wurde ihm 1949 auch ganz offiziell zuerkannt. Trotzdem sprach Adenauer 1961, als Brandt erstmals SPD-Kanzlerkandidat war, von "Brandt alias Frahm", und Strauß polemisierte in einer Rede tief unter der Gürtellinie gegen Brandts Jahre im Exil. "Eines wird man Herrn Brandt doch fragen dürfen: Was haben Sie zwölf Jahre draußen gemacht? Wir wissen, was wir drinnen gemacht haben." Auch Brandts Privatleben war immer wieder Gegenstand genüsslicher Spekulationen in den konservativen Medien. […..] Unablässig attackierte Geißler die "Sozen", wie Kohl die SPD gern nannte, mal waren sie die "fünfte Kolonne der anderen Seite", mal die "Anti-Nato- und Neutralisierungsgruppe". […..]

(Peter Fahrenholz, 16.07.2021)

Wer wie Annalena Baerbock ganz ohne irgendeine Regierungserfahrung und dann auch noch mit aufgehübschtem Lebenslauf, meint als Regierungschefin der viertgrößten Industrienation des Planeten zu taugen, darf sich nicht wundern, wenn scharfer Gegenwind kommt.

Dabei hat sie es im Jahr 2021 schon leichter als frühere Generationen und vor allem leichter als Frauen früherer Generationen.

Kann ein Lachen die Kanzlerschaft kosten?

Ginge es nach dem wochenendlichen Gezwitscher der Social-Media-Szene, wäre Armin Laschet nach seinem Mega-Faux Pas vom Samstag erledigt.

Das wäre allerdings bloß ein verfälschender Eindruck aus einer bestimmten Blase. Rund 80% der Deutschen nutzen Twitter gar nicht. Und diejenigen, die Twitter-aktiv sind, beschäftigen sich weit überwiegend mit Fußball und Titten.

Die Frage ist also, ob sich die seriösen Journalisten dazu herablassen, Laschets Lach-Ausfall zu thematisieren, ob es nur bei einem kurzen Empörungs-Aufflackern derjenigen bleibt, die ohnehin nicht CDU wählen, ob das schlechte Benehmen des Opus-Dei-Freundes neben den fürchterlichen Flut-Bildern vergessen wird und ob die mächtigen Strippenzieher in den Verlagen die Daumen senken.

Bisher verließ sich Laschet ganz auf seine Allianz mit dem schmuddligen Lügenblatt BILD, das auch so gern gegen Grüne und Klimaaktivisten austeilt.

[….] Als Wahlkampfberaterin hat Laschet die Journalistin Tanit Koch engagiert. Die frühere Chefredakteurin der "Bild"-Zeitung soll von der Berliner CDU-Zentrale aus Laschets Wahlkampfkommunikation leiten und seine Pressearbeit koordinieren. [….]

(Tagesschau, 09.06.2021)

Die Allianz funktioniert. Als die Hamburger Grünen-Chefin Blumenthal es vorgestern wagt, Laschets Klimapolitik zu kritisieren, feuert Europas größte Zeitung sofort aus allen Rohren gegen die Ökopaxe und mahnt jammernd Fairness an. Kann man sich nicht ausdenken; ausgerechnet die BILD fordert Fairness ein.


Der Besuch in den Flutgebieten wurde vor Ort nicht bei Helfern oder dem Bürgermeister angekündigt, sondern von der BILD organsiert.

 [….] Ministerpräsident Laschet hatte es eilig. [….] So eilig, dass selbst die Altenaer Stadtverwaltung nicht über seinen kurzfristigen Besuch informiert wurde. [….] Noch als Laschet mit Gummistiefeln, CDU-Landrat Marco Voge und Rettungskräften im Stadtgebiet unterwegs war, wusste man dort von nichts. "Herr Laschet war definitiv nicht vor Ort", sagte Stadtkämmerer Stefan Kemper t-online, als die Deutsche-Presseagentur erstmals um 10.08 Uhr über den Besuch des Landeschefs berichtete und sich dabei auf Informationen aus Regierungskreisen berief. Selbst als Laschet sich längst wieder auf den Weg gemacht hatte, konnte niemand im Rathaus seinen Abstecher bestätigen.   Wem Laschets Tour ins Flutgebiet hingegen nicht verborgen geblieben war, waren Reporter der "Bild"-Zeitung. Deutschlands größtes Boulevard-Medium, das seit Wochen Laschets grüne Gegenkandidatin Annalena Baerbock unter Dauerfeuer nimmt, war schon live mit Laschet vor den Altenaer Fluten, als man im Rathaus noch rätselte, ob der Ministerpräsident, der bald für die CDU Bundeskanzler werden will, denn tatsächlich vor Ort war. [….]

(T-Online, 15.07.2021)

Die inzwischen über 150 Todesopfer, die Zerstörungen interessierten den frommen homophoben Katholiken augenscheinlich weniger, als sie Frage, wie er sich wahlkampftauglich in Szene setzen kann.

[….] Laschet wollte Lagezentrum für TV-Bilder verlegen lassen  [….] Als NRW-Ministerpräsident und CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet am Donnerstag ins Hochwassergebiet reiste, soll seine Staatskanzlei bei der Stadtverwaltung Hagen auf einen Empfang im Rathaus gedrängt haben – da es aus ihrer Sicht eine angemessenere Kulisse für den Medienauftritt als eine Feuerwache abgegeben hätte. Das hätte eine Verlegung des örtlichen Lagezentrums notwendig gemacht. [….] Laschet hatte am Donnerstag zunächst das überflutete Altena besucht, ohne die dortige Stadtverwaltung über seine Reise dorthin zu informieren, wie t-online berichtete. Dort gab er der "Bild"-Zeitung ein Exklusiv-Live-Interview vor einer überschwemmten Straße, während in Hagen der dortige Krisenstab und ein großes Medienaufgebot auf ihn warteten. [….] Der Bericht der "Westfalenpost" bringt ihn nun erneut in Erklärungsnot. Die Stadt Hagen nämlich habe gegenüber der Staatskanzlei schnell deutlich gemacht, "dass man diesen Aufwand, extra für TV-Bilder das Lagezentrum zu verlegen, nicht betreiben wolle". Zumal das Rathaus über Nacht "Bekanntschaft mit den Volme-Fluten" gemacht habe. Ohne Mehraufwand lief der Empfang hingegen trotzdem nicht ab. [….] Allgemeiner Tenor unter den Einsatzkräften sei gewesen: "Wenn Laschet wieder weg ist, können wir wieder arbeiten." […..]

(T-Online, 17.07.2021)

Dieses egomane Verhalten ist wenig verwunderlich von einem Mann, der sich auch gern von seinem Sohn Joe beraten lässt, der als „Influencer und Model“ ohnehin nur auf Oberfläche und nicht auf Inhalte setzt.

Aber die Brandmauer bröckelt. Die erzkonservative umstrittene Kolumnistin Liane Bednarz wendet sich angewidert von Laschet ab.

[….] Es ist unerträglich. Worüber auch immer Laschet lacht: Das geht nicht. Nicht während der Bundespräsident vor Ort über die Flutkatastrophe spricht und sein tiefes Mitgefühl für die Opfer zeigt. [….]

(L.Bednarz, 16.07.2021)

Schlimm für Laschet; die BILD transportiert Bednarz‘ Empörung, BamS-Chef Strunz erklärt:

[…..] So las man auf bild.de die Worte „gackern“ und „feixen“: „Steinmeier appelliert an und bewundert den Gemeinsinn, trifft den richtigen Ton – und hinter ihm albert Armin Laschet (60, CDU), als sei der NRW-Regierungschef und Kanzlerkandidat im Karneval und nicht in der Todeszone der Flut.“    „Steinmeier redet von den Menschen, die Angehörige „verloren haben, die große Verluste erlitten haben“, dass „ihnen Hilfe zuteilwerden soll“ und Laschet feixt und lacht im Hintergrund mit der Entourage. Nicht einmal, nein mehrmals. Beugt sich vor Gackern, macht offensichtlich Scherze.“  Claus Strunz, Mitglied der Chefredaktion des Blatts, sprach kurz darauf in einem Video-Kommentar von einer „unsäglichen Situation“ und davon, dass Laschet sich „nach allen Regeln des Anstands vollkommen daneben benehme.“[….]

(L.Bednarz, 17.07.2021)

Das sind schlechte Nachrichten für den CDU-Kanzlerkandidaten.

Niemand spricht mehr über Baerbocks kleine Fehlerchen, das Klimathema kann man nicht mehr aussitzen und zu allem Übel nehmen nun auch noch die seriösen Multiplikatoren den Hashtag #LaschetLacht auf.

Das RND-Blatt Hamburger Morgenpost stellt den Kandidaten in Frage.

[…..] Nein, man möchte gar nicht wissen, was da gerade so komisch gewesen sein soll in Erftstadt, mitten in der Flutkatastrophe. Das Foto vom lachenden Armin Laschet reicht als Anblick. Es ist verstörend. Der Kanzlerkandidat und Ministerpräsident gibt ein heiteres Bild ab, während einige Meter entfernt der Bundespräsident den vom Hochwasser schwer gebeutelten Menschen Trost zusprechen will.[….] Es gilt der einfache Satz: Das tut man nicht. […..]

(Jens Schneider, SZ, 18.07.2021)

Wäre es ein Einzelfall, dürfte man so einen Lacher nicht zur „Charakterfrage“ (Kevin Kühnert) aufbauschen. Aber der ultrafromme tiefkatholische CDU-Mann, der gerade eine moralinsaure homophobe Opus-Dei-Gruppe in den WDR-Rundfunkrat schickte, ist kein Ersttäter, sondern befindet sich mitten in einer Kaskade von Fehltritten.

Taz-Journalisten haben Annalena Baerbock nahegelegt aufgrund ihrer peinlichen Schnitzer auf die Kandidatur zu verzichten und an Robert Habeck zu übergeben. Da überrascht es nicht, wenn angesichts der wesentlich schwerwiegenderen Laschet-Verfehlungen, auch ihm nahegelegt wird, sich aus der aktiven Politik zu verabschieden.

[….] Ein Politiker, der öffentlich auftritt, tut das nicht als Privatperson. Er ist, im durchaus positiven Sinne, ein „Funktionär“. Er hatte in diesem Falle die Funktion, der Berührtheit, der Solidarität mit den Betroffenen und der Empathie eines ganzen Landes Ausdruck zu verleihen. [….] So etwas ist keine Show, es hat vielmehr, um beim Begriff zu bleiben, eine wichtige Funktion. Es dient dazu, kollektives Mitgefühl in der Person eines Mannes, der das Kollektiv zu vertreten beansprucht, symbolisch sichtbar werden zu lassen. Wer in diesem Sinne nicht als Politiker „funktionieren“ kann, ist für eines der höchsten Ämter im Staat schlicht ungeeignet. Und zwar ganz unabhängig davon, ob nicht auch seine politischen Positionen ihn ungeeignet erscheinen lassen. [….]  Wenn er privat manchmal an der falschen Stelle lacht, okay. Aber dann sollte er sich eine Zukunft als Privatmann suchen. [….]

(Stephan Hebel, FR, 18.07.2021)

Recherche-Experten haben ergründet, mit wem Laschet eigentlich so herzlich lacht und da wird es vollends grotesk.

[….] Viel beachtenswerter als Laschets ignoranter Charakterzug ist doch der Herr hier rechts, der ihn so zum Lachen bringt: CDU-Politiker Gregor Golland. Kein Wunder, dass die Betroffenen weggeschickt wurden. Wäre doch ganz blöd für die Wahlkampftour von Laschet, wenn da jemand nachgefragt hätte.

Golland ist seit 2004 Kreisvorsitzender der CDU Rhein-Erft und derzeitiger Landesfraktionschef in NRW. 2004 begann er auch seinen Nebenjob als kaufmännischer Angestellter beim Energiekonzern RWE. Interessenkonflikt? Nicht für die CDU.

RWE weiß jedenfalls, was ihnen die Fähigkeiten Gollands wert sind: Bis zu 120 000 Euro im Jahr bekommt er dafür und zählt damit zu den Landtagsabgeordneten mit den höchsten Nebeneinkünften in NRW.   Golland sitzt auch Wirtschafts- & Umweltschutzausschuss. Man könnte hier einen unerlaubten Informationsfluss von Arbeitgebern befürchten.....aber nah, die CDU doch nicht. Greenpeace hat jedenfalls schon 2013 vor seiner Doppelrolle & einem offenkundigen Interessenkonflikt gewarnt.  [….]

(Uwe Brückner, 18.07.2021)

Das könnte noch unangenehm werden für den CDU-Kanzlerkandidaten.