[….] Der Tag, an dem Marine Le Pen für Juden wählbar wurde
Mehr als 100.000 Menschen gehen in Paris gegen Antisemitismus auf die Straße. Marine Le Pen, Frontfrau der Rechten, ist dabei – und punktet: Mehr als ihre Anwesenheit stört die Demonstranten die Abwesenheit von Präsident Macron. [….]
Was in Frankreich geht, funktioniert in Deutschland schon lange.
Der FDP-General, längst nach ganz Rechtsaußen abgedriftet, twittert wie Lutz Bachmann.
Seine hepatisgelbe Bundestagskollegin, die AFDP-Abgeordnete Katja Adler, teilt so kräftig gegen die vier Millionen Muslimein Deutschland aus, daß sie bei der Gelegenheit auch noch alle Juden in Deutschland bedroht und verunglimpft.
Adler erinnert dabei an den CDU-Lieblingsministerpräsidenten Daniel Günther, der in seinem ersten Landtagswahlkampf ebenfalls antisemitisch ritt, indem er mit einem Schweinefleisch-Fresszwang, die Juden aufforderte nicht koscher zu essen.
2016 brachte er einen Schweinefleisch-Gebots-Antrag in den Landtag ein.
Schweinefleisch zu fressen gehöre „zur deutschen Tradition“ erklärte Günther; die koscher essenden Juden also nicht. Die antisemitische Günther-Idee wird seither immer wieder in Variationen vorgetragen; besonders stark zuletzt im Bayerischen Wahlkampf von AfD und CSU. Schweinefleischfressen als Apotheose des Deutschtums. „Vegetarier und Juden gehören nicht zu uns“ meinen also die beiden bayerischen Regierungschefs Aiwanger und Söder.
[….] Ein Wirt im oberösterreichischen Bad Ischl wollte sich einen "Scherz" erlauben – doch der ging nach hinten los. Hintergrund ist ein Spruch, den der Restaurantbesitzer des Traditionsgasthauses k. u. k. Hofbeisl zu Ischl, Marcus Hofbauer, auf einem Schild aufgeschrieben hat. Darauf war zu lesen: "Menschen, die Schweinefleisch essen, neigen statistisch gesehen weniger häufig dazu, sich und andere in die Luft zu sprengen." Das Schild mit dem Spruch stand nach Angaben des Wirtes mehrere Stunden lang vor dem Restaurant. Ein Foto davon verbreitete sich schnell im Netz. Zahlreiche österreichische Medien berichteten über das Schild.
Dem Inhaber des Gasthofes wird nun islamfeindliches Verhalten vorgeworfen. "Das ist kein Humor, das ist purer Rassismus", zitiert die Nachrichtenseite Oe24" eine Frau. [….]
Nach dieser Logik wären auch Juden und Vegetarier Bombenleger.
Die Perfidie der Konservativen, sich mit Islamophobie und völkisch-judenfeindlichen Sprüchen, als besonders aktive Kämpfer wider des Antisemitismus zu inszenieren, ist an Widerlichkeit kaum zu überbieten.
Die Historikerin und Direktorin des NS-Dokumentationszentrums München Prof. Dr. Mirjam Zadoff, sowie der Publizist und Politikwissenschaftler gruseln sich.
[….] Zadoff: Wenn Menschen wie der Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger jetzt betonen, dass die Zunahme von Antisemitismus durch »unkontrollierte Zuwanderung« bedingt sei, ist das natürlich ein billiges Ablenkungsmanöver. Ich halte es für schwierig, dass das Pogrom der Hamas und der Krieg in Gaza jetzt dafür benutzt werden, Menschen gegeneinander auszuspielen. Es geht doch nicht um »unseren« oder einen »anderen« Antisemitismus, es geht um den gesamtdeutschen Antisemitismus, ob links, rechts, muslimisch. Das betrifft uns als Gemeinschaft und unser Versagen als Demokratie. Natürlich ist es ein Problem, wenn Migrant:innen Antisemitismus mitbringen – aber sie wandern auch in ein Land ein, das mitnichten frei von Antisemitismus ist. Das dürfen wir nicht vergessen. [….]
SPIEGEL: Der Autor und Politikwissenschaftler Max Czollek hat die Erinnerungskultur in Deutschland als »Versöhnungstheater« geschmäht. Die aktuelle Debatte über muslimischen Antisemitismus kommentierte er mit den Worten: »Deutsche Erinnerungskultur bedeutet jetzt, Muslime abzuschieben.«
Zadoff: Er hat auf seine ihm eigene, provokante Art den Finger in die Wunde gelegt. Es scheint tatsächlich so, dass die deutsche Politik den Nahostkonflikt jetzt instrumentalisiert, um eine inhumane Flüchtlingspolitik zu legitimieren. Das ist ein Skandal. Deutschland besitzt eine klare historische Verantwortung für Israel und die hier lebenden Juden und Jüdinnen. Deutschland hat seit dem Zweiten Weltkrieg auch eine Verantwortung für politisch Verfolgte. Wir entfernen uns von einem Konsens, der seit 1945 galt und besagt: Die Würde des Menschen ist unantastbar. [….]
Hurra, die Rechten in Deutschland können jetzt ausländerfeindlich und judenfeindlich sein, um zu beweisen wie judenfreundlich sie sind.
Einen der schauerlichsten menschenfeindlichen und geschichtsvergessenen Ausfälle leistete sich, wieder einmal, Focus-Rechtsaußen Jan Fleischhauer, der in purer Herrenmenschenattitüde über mindere menschliche Wesen sinniert.
Bitte liebe Migranten, Muslime, Juden, Flüchtlinge, Ausländer, Queere, People Of Color, lasst mich bloß nicht allein mit diesen weißen Herrenmensch-Deutschen des Schlages Fleischhauer, Adler, Aiwanger, Söder, Merz!