Nach dem
kleinen SPD-Parteitag am Wochenende, überschlagen sich wieder laute im linken
Spektrum aktive Menschen mit SPD-Bashing.
Jetzt
könne man die SPD nicht mehr wählen, heißt es dort ebenso häufig wie „schon
seit Schröder ist die SPD unwählbar“.
Das hört
man besonders massiv von den Typen, die ohnehin nie SPD wählen, weil sie
deutlich weiter links stehen, oder denjenigen, die durch Nichtwählen oder ein
Kreuz bei der Linken oder den Piraten letztendlich für Frau Merkel gestimmt
haben.
Dessen
muß man sich immer bewußt sein: Wenn man sich als ehemaliger SPD-Wähler nun
beleidigt abwendet und gar nicht mehr wählt, bzw seine Stimme einer Partei
gibt, die unter der 5%-Hürde bleibt, freut sich nur eine: Frau Merkel.
Damit
ist sie wieder eine Stimme näher an der Kanzlermehrheit.
Diejenigen,
die von der SPD gefrustet ihre Stimme dem Gesamtkuchen entziehen, sind
letztlich dafür verantwortlich, daß es noch wesentlich übler als die angeblich
so rechte SPD kommt: Nämlich CDU.
Schon
bei der Wahl 2013 hätten wir um ein Haar CDU/CSU-pur bekommen.
Dann
gäbe es aber gar keinen Mindestlohn, wesentlich mehr Überwachung, garantiert keine
Homoehe oder doppelte Staatsbürgerschaft. Dann gäbe es keine Mietpreisbremse,
sondern Steuerentlastungen für die Reichsten.
Neben
den Gaga-Projekten Maut und Herdprämie würden weitere xenophobe Programme
durchgedrückt werden. Schon jetzt schreit die CSU wieder nach mehr
Abschiebungen und Asylrechtsverschärfungen.
Die CDU
würde massiv aufrüsten und in der Außenpolitik noch brutaler gegen Russland und
Griechenland vorgehen.
Und auch
wenn man Gabriel noch so sehr verachtet: Er hat so viele Rüstungsexporte verhindert
wie noch keine andere Bundesregierung zuvor.
Ohne die
SPD in der Bundesregierung und im Bundesrat könnte man Patientenverfügungen
vergessen – ebenso wie Integrationskurse, Hilfen für die Bundesländer bei
Sprachförderung und Bildungseinrichtungen.
Ohne die
SPD gäbe es mit Sicherheit kein Bestellerprinzip bei Wohnungsvermittlungen; es
würden weiterhin VERmieter den Makler bestellen und den MIETER drei
Monatsmieten Courtage zahlen lassen.
Ohne
Gabriel und Maas würde die NSA bis heute ungeniert den BND instrumentalisieren
und es bestünde gar keine Chance etwas über die geheimen Selektorenlisten zu
erfahren.
Es gäbe
keinen Justizminister, der sich gegen rechtsradikale Umtriebe von Pegida und Co
engagieren würde. Keine Umweltministerin würde das Ego-Bundesland Bayern
zwingen auch seinen Beitrag bei der Atom-Endlagerung zu leisten.
Ohne die
Sozis säßen wieder die Lobbyisten des Atomoligopols direkt im Bundesumweltministerium,
um sich selbst die passenden Gesetze zu schreiben.
Es gibt also
eine Menge rein inhaltlicher Überlegungen, die eine CDU-Bundesregierung mit
SPD-Beteiligung wesentlich besser als CDU-pur oder Schwarzgelb machen.
Natürlich
ist das was Gabriel am Wochenende erzwang, also seine Partei auf Vorratsdatenspeicherungskurs
zu bringen, aus meiner Sicht der blanke Unsinn.
Ich
finde es inhaltlich völlig falsch und glaube – offenbar im Gegensatz zu Gabriel
– daß dieser Schwenk auch bei zukünftigen Wahlen eher schadet.
Am
Wochenende ist die SPD-Spitze so heftig kritisiert worden, daß ich mir jetzt
keine eigenen Formulierungen aus den Fingern saugen muß.
Christoph Hickmann beispielsweise spricht mir aus der Seele:
Christoph Hickmann beispielsweise spricht mir aus der Seele:
Sigmar Gabriel hat
sich durchgesetzt, die SPD steht zur Vorratsdatenspeicherung. Um das zu
erreichen, hat der Parteichef dem bislang erfolgreichen Justizminister Maas die
Glaubwürdigkeit genommen, einen tiefen Graben durch die SPD gezogen und den
Grünen mal wieder die Gelegenheit gegeben, das Bild einer
Law-and-Order-Sozialdemokratie zu zeichnen. All dies für ein Gesetz, das der
SPD allenfalls unterhalb der Promillegrenze Stimmen bringen dürfte. Warum tut
der Mann sich und seiner Partei das an?
[…..]
Sein Einsatz für die
Vorratsdatenspeicherung speiste sich aus der Sorge, dass es hierzulande
irgendwann einen Terroranschlag geben könnte und dann alle Welt, die Union
vorneweg, schnell auf die Sozialdemokraten gezeigt hätte: Weil die nicht
wollten, haben wir jetzt halt keine Vorratsdatenspeicherung! Der entscheidende
Einwand, dass man den Anschlag damit ja nicht verhindert hätte, wäre in der
innenpolitisch aufgeheizten Atmosphäre mit ziemlicher Sicherheit untergegangen
- so jedenfalls Gabriels Überlegung. […..] Gabriel ist sich seines Kurses umso sicherer, je lauter die
Parteilinken aufjaulen. […..]
(Hickmann, SZ, 22.06.15)
Aus
meiner Sicht war es also inhaltlich und taktisch absurd was die Parteispitze am
Wochenende durchzog.
Ja, da
muß man sich als einfaches Mitglied mal wieder schämen.
Aber
anders als die CDU sind wir keine Abnickerpartei.
Immerhin
40%, also 88 Delegierte, haben NEIN gesagt.
Das war
schon ordentlich Gegenwind für den Vorsitzenden. Er kann beim besten Willen
nicht behaupten die Basis stünde in dieser Frage voll hinter ihm.
Bei der
nächsten derartigen Frage müssen eben noch mal 10% mehr Delegierte mobilisiert
werden.
Immerhin
hatte man als Parteimitglied so zu wiederholten Male (nach der
Mitgliederbefragung über die GroKo) direkten Einfluss auf die Bundesregierung.
Blöderweise
gehörte ich in beiden Fragen zur Minderheit, aber das muß ja nicht immer so
sein.
Und außerdem
betrachte ich Wahlentscheidungen immer noch als Suche nach dem kleinesten, aber
realistisch möglichen Übel.
Meine
Traumpartei, die 100% aller meiner Wünsche im Programm hat würde ich nicht
wählen, wenn sie entweder nicht über 5% käme, oder sie wie die Linke 2013 als
Koalitionspartner ausgeschlossen worden wäre.
Und die
Grünen, die jetzt so von oben herab über die SPD spotten, sind die Partei, die
fest an der Seite der schwarzbraunen Hessen-CDU (Roland Koch, Hohmann, Kristina
Schröder, Erika Steinbach, Kanther, Dregger, jüdische Vermächtnisse) steht und
zudem inzwischen zu einem Subunternehmen der protestantischen Kirche
geworden ist.
Das ist
tatsächlich unwählbar für mich.