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Freitag, 5. Dezember 2025

Informationshaushalt

Früher, als die Welt noch besser war, ich mich nicht wie die Opa-Generation fühlte, die sich über merkwürdige Moden und Verhaltensweisen der Jugend wunderte und es noch kein Internet gab, galt ich in meinem Umfeld immer als der Typ, der über alles informiert war. Regelmäßig rief mich jemand an, begann mit den Worten „Du weißt doch immer alles“ und wollte irgendein politisches Detail wissen.

Da ich viel las, kannte ich auch als nicht reisefreudige Couchpotato viele Stories und verschickte oft Artikel, die ich in einem der Copyshops neben der Uni vervielfältigt hatte. Außerdem besaß ich eins der ersten Faxgeräte und ließ dauernd Zeitungsartikel an Verwandte und Freunde durchlaufen.

Aber nach und nach starben meine Verwandten und die Fax-Gerät-User. Das Internet kam und nun wußte Google alle Antworten.

Meines Erachtens, haben aber trotzdem noch viel zu viele Menschen ein Informationsdefizit, weil sie offenbar nicht an den richtigen Stellen des großen Netzes suchen, an Paywalls abprallen, oder bei irrelevanten Trash hängen bleiben.

Ich habe immer noch viele Informationen zu teilen, die ich jetzt per Email oder Messenger verschicke. Eigentlich.

Uneigentlich ist mein Output nahezu versiegt, weil immer mehr potentielle Adressaten, mir auf die ein oder andere Weise mitteilen, sie möchten davon zukünftig verschont bleiben. Es triggert sie zu sehr. Macht sie depressiv. „Regt mich nur noch auf!“

Irgendwann begannen sogar enge Freunde von mir zuzugeben, gar keine Nachrichten mehr zu sehen. „Ich will das alles gar nicht mehr so genau wissen“. Man könne ja eh nichts ändern, wolle sich den Tag nicht versauen. „Die da oben machen doch eh was sie wollen“. Es entsteht eine ungute Mischung aus Trotz, Frust und Faulheit. Nachrichtenabstinenz, die wahlweise mit Fatalismus oder Schutz der eigenen psychischen Gesundheit rechtfertigt wird. Eskapismus von der schnöden Realität. Flucht in die eigene Hygge-Welt.

Der verschämte Unterton verschwindet immer mehr. Heute wird mit Theatralik und Stolz erklärt, politisch desinformiert zu sein, sich regelrecht damit gebrüstet, die Ministernamen nicht zu kennen und nicht gewählt zu haben.

Der Spieß wird sogar umgedreht: „Du hat noch Zeitungsabos? Du guckst noch Monitor und Panorama? Das könnte ich gar nicht, dafür bin ich zu empathisch.“

Ein verqueres Bißchen an dieser Sichtweise ist richtig: Ja, es ist wirklich meistens höchst unerfreulich, Nachrichten zu sehen, Zeitungen zu lesen, Hintergründe zu vertiefen. Da wird einem jeder Optimismus ausgetrieben. Vor 30 und 40 Jahren habe ich mich auf den Montag gefreut, weil ich so gern SPIEGEL las. Die Lektüre war ausgesprochen erbaulich. Heute gibt es immer noch Journalisten, die sehr gut schreiben können, deren Artikel informativ und spannend sind, die man gern liest und zum Nachdenken anregen.

Aber der Topos ist fast immer frustrierend. Wer auch nur halbwegs realistisch auf das politische Geschehen unserer Welt blickt, muss zutiefst pessimistisch sein.

Ich kann an dieser Stelle aber nicht zur Rechtfertigung der politischen Ignoranz abbiegen.

Das Frustpotential darf eben nicht dazu führen, sich nicht mehr mit den Dingen zu beschäftigen. Denn von Apathie und Unterwürfigkeit leben die Weltenzerstörer des Kapitals, der Kirchen, der Korrupten und der Konservativen.

Ob Trump, ob AfD, ob Brexit oder Le Pen – nichts davon könnte ohne die Doofheit der Bürger und ihren Informationsmangel passieren.

Sich von „der Politik“ abzuwenden, sich von Zeitungen fernzuhalten, sich ins Nichtwähler-Lager zu flüchten, bewirkt eben kein Machtvakuum. Im Gegenteil. So wird es einfacher für die rechtsradikalen Arschlöcher, in Regierungsämter zu kommen, den Staat zu korrumpieren, die Umwelt zu ruinieren und den Bürgern das Leben zu vermiesen.

Man kann den Zug in Richtung Apokalypse nur aufhalten, indem man als Wähler wach und informiert ist. Nur wer sich intensiv mit den verdammten Nachrichten beschäftigt, sich um das Hintergrundverständnis bemüht, kann im Alltag mitreden, die Verbreitung von Fakenews eindämmen, die Mitbürger an die Wahlurne bringen, um sie zu animieren, die CDU/GOP-Orks von den Fleischtöpfen wegzujagen.

Trump, Erdoğan, Johnson, Merz, Orbán und ähnliche Katastrophen wären nie an die Macht gekommen, wenn ihre Völker nicht so desinformiert und passiv wären.
Die Welt wäre wesentlich weniger beschissen, wenn sich in den Demokratien nicht so viele Demokraten ganz freiwillig aus dem demokratischen Prozess nähmen.

Allerdings war es „früher“ tatsächlich einfacher, politisch informiert zu sein. Vor dem Digitalzeitalter waren die Medienredaktionen Gatekeeper der Informationen. Sie filterten die wichtigen und wahren Geschichten aus. Eine seriöse Redaktion konnte recht vollständig informieren. Mit nur zwei Periodika der Woche – ZEIT und SPIEGEL beispielsweise -  war man durchaus informiert. Ein Heft und eine Zeitung in sieben Tagen; ein sehr vertretbarerer Zeitaufwand.

In den 1970ern und 1980ern waren SPIEGEL, Stern, ZEIT, sowie ein paar Polit-Magazine im Fernsehen, die einzigen, die investigativ recherchierten. Aber die Tageszeitungen wurden immer besser. Heute halte ich die Süddeutsche Zeitung für das relevantere Recherchemedium, als den SPIEGEL. Das sind aber schon sechs dicke Zeitungen in der Woche. Die Zeitklau-Maschine Internet kommt natürlich noch dazu. Auch wenn dort 99% der „Informationen“ unseriöser Müll sein mögen, ist das eine Prozent aus vernünftigen Quellen natürlich immer noch unendlich viel mehr, als man konsumieren könnte.

Der Stecker darf aber nicht als Konsequenz ganz gezogen werden.

Nur noch Reality-Trash-TV und Fußball, kann nicht die Antwort auf Politik-Overkill sein. Es muss ein Mittelweg möglich sein.

Ich versuche, meinen Informationshaushalt kontinuierlich auszumisten. Jeden Tag zwar zunächst für alles offen zu sein, aber gezielt die Stränge zu kappen, die für mich persönlich irrelevant sind, oder aber schon aus der Überschrift genügend Informationen abzuleiten sind, um ausdrücklich nicht in die Diskussion einzusteigen.

Es gibt große Themenfelder, die ich immer komplett ignoriere – Gaming und Sport zum Beispiel.

Aber auch aktuelle Themen lassen sich einstampfen.

Heute poppt beispielweise der Streit um Israels Teilnahme am Eurovision Song Contest auf. Die Niederlande, Irland, Spanien und Slowenien werden die Show boykottieren. Russische Sänger rauswerfen, Israelische nicht? Ich finde, es gibt gute Gründe dafür, Sänger aus beiden Ländern zuzulassen. Man kann auch argumentieren, beide auszuschließen. Die inkonsequente Linie für den ESC 2026 ist offenkundig Schwachsinn. Thema abgehakt. Mehr lese ich dazu nicht.

Der korrupte Präsident Infantino der hochkorrupten FIFA, vergibt einen Friedenspreis an den korrupten Donald Trump? Was soll die enorme Aufregung darüber? Mehr muss ich nicht wissen.

Ich weiß auch, wie unsäglich amoralisch sich der deutsche Innenminister gegenüber Afghanen aufführt, denen Deutschland verpflichtet ist. Das muss ich nicht erneut vertiefen. Es gibt so viel Info-Müll, den man kappen kann. Man muss das nur auch tun und nicht doch durch immer neue Kommentare zu scrollen.

Heute stellte ich beim Einkaufen fest, wie sehr mich die verdammte Weihnachtsdeko

nervt und wie allergisch ich auf die elenden Weihnachgerüche mit ihrem olfaktorisch brutalen Glühwein/Bratwurst Odeur und obligatorischer Mariah Carey-Folter-Beschallung reagiere.

Aber statt mich nun abendfüllend darüber aufzuregen, erinnerte ich mich, daß es mir jedes Jahr so geht und ich doch eigentlich froh sein kann, dem Christenkonsumdreck nur sehr wenig ausgesetzt zu sein. Nur beim Einkaufen. Privat sehe ich so etwas nicht. Also Thema durch.

Montag, 1. Dezember 2025

Impudenz des Monats November 2025

Und schon wieder einmal zeigt der Kalender eine „1“ - hohe Zeit für mich den Blödmann des Monats zu küren.

Nein, natürlich bin ich nicht überrascht davon zu sehen, was für ein Desaster der Fritzekanzler und seine Cronies anstellen. Schließlich schreibe ich seit über 20 Jahren, jeden Tag gegen CDU, CSU und FDP an.

Das konnte nichts werden, diesen bornierten 70-Jährigen ohne jede Erfahrung und Kompetenz, aber dafür mit umso mehr charakterlichen Mängeln, zum Kanzler zu machen. Wir kennen doch alle das AfDeske, antihumanistische Mindset der C-Bande – Spahn, Klöckner, Linnemann, Dobrindt, Reiche, Weimer.

Viele von ihnen hatten als Minister (und an anderen wichtigen politischen Schaltstellen) bewiesen, wie vollkommen ungeeignet sie als bundespolitische Führungsfiguren sie sind. Sie lügen, richten Milliarden-Schäden an, stopfen sich die eigenen Taschen voll, leben sadistische Charakterzüge aus und ruinieren die Zukunft Deutschlands.



Es ist so peinlich, daß man gar nicht mehr zugucken kann.

 

Sich beim Verarschen so gar keine Mühe mehr zu geben, ist schon ein Zeichen von miserabler Arbeitsmoral!

Unglücklicherweise sind wir gefangen und müssen als Linksgrünversiffte Fritze Merz die Daumen drücken, weil er schon unsere letzte Patrone der Demokratie ist. Schuld ist der Souverän.

Der Blödmann des Monats November 2025 ist der deutsche Urnenpöbel.

In einer funktionierenden Demokratie, in der die Wähler keine verblödeten, politisch desinformierten Bewohner von ultrarechten Social Media Bubbles sind, wäre eine Merz-Kanzlerschaft selbstverständlich auch schlimm. Aber die Vernünftigen der Koalition – die Sozis nämlich – könnten den Sauerländer Fettnapfkönig ausbremsen. Gerade heute wird wieder viel vom Ende der Koalition geschrieben, weil die fünf Trottellummen Merz, Spahn, Linnemann, Frei und Meister beim besten Willen nicht in der Lage sind, ihre C-Fraktion zu führen.

In einer besseren Welt, würden Bas, Klüssendorf, Miersch und Klingbeil den Koalitionsausschuss einberufen und die C-Chaoten vor die Wahl stellen:

Entweder, ihr schickt Merz und Spahn in Rente und setzt dafür Daniel Günther ins Kanzleramt, oder wir sprechen der Koalition das Misstrauen aus und streben Neuwahlen an.

Ganz offensichtlich kann Merz es nicht.

[…] Friedrich Merz fällt bei seinen Auslandsreisen mit Peinlichkeiten auf […] So schnell kann’s gehen. Eben noch trösteten sich viele WählerInnen und auch manche Kolumnistin über Friedrich Merz’ innenpolitische Serien-Karambolage damit hinweg, dass er immerhin im Weißen Haus nicht gedemütigt wurde und sich insofern einen Ruf als Außenkanzler erarbeitet hat.

In kürzester Zeit jedoch sind Auslandsreisen des Kanzlers eher Anlässe von Fremd- oder auch Selbstscham geworden – je nachdem, wie weit man es innerlich von sich weghalten kann, was Merz jetzt schon wieder über ein Land voller undeutscher Sitten und Gebräuche verkündet hat. Nachdem er zuletzt froh war, aus Brasilien wieder abreisen zu dürfen, und damit die komplette Nation beleidigt hatte, gab er nach seiner Afrikareise in der vergangenen Woche zu Protokoll, in Angola habe ihm beim Frühstück das deutsche, „ordentliche“ Brot gefehlt.

Aber, mögen Sie einwenden, haben wir nicht alle schon einmal deutsches Brot vermisst, ganz unabhängig vom Anlass – im benannten Fall war es der EU-Afrika-Gipfel in Luanda? Dann würde ich gern erwidern, dass die Presse solche Begebenheiten auch deshalb gern erzählt, weil sie stellvertretend und wiedererkennbar für die anderen Peinlichkeiten stehen, die eben nicht erzählbar sind – sei es, dass sie zu verwickelt sind, um sie nachvollziehbar zu schildern, oder sei es, dass sie als unberichtbarer, aber bezeugter Tratsch die Runde machen, nachdem die Regierungsmaschine samt mitreisenden JournalistInnen in Berlin wieder aufgesetzt ist. In den Bundesministerien mit Rest-der-Welt-Bezug jedenfalls schauen sie gerade mit Bangen auf Merz’ Reisekalender und überlegen, zu welchen Auslandsprojekten man ihn noch schicken kann, ohne dass etwas Schreckliches passiert. Das Wort Reisewarnung bekommt eine ganz neue Bedeutung. [….]

(Ulrike Winkelmann, 30.11.2025)

Quelle

Selbst wenn die Junge Gruppe der CDU, wider aller Schwüre, doch beim Rentenpaket einknickt, bleibt die C-Fraktion ein unverlässlicher Dilettantenhaufen, der von Deppen geführt wird. Vielleicht noch schlimmer ist aber das tiefe Misstrauen des Koalitionspartners. Nicht nur bekommen die Sozis massiven Druck von ihrer unzufriedenen Basis. Es mehren sich Berichte über nicht reparable Schäden im Verhältnis zu den CDUCSU-Kollegen. Die Sozis misstrauen ihnen nicht nur völlig zu Recht, sondern es macht sich eine ausgeprägte Verachtung breit. Spahn wird regelrecht gehasst.

Eine vernünftige CDU würde also gegen Merz und Spahn rebellieren.

In einer vernünftigeren Welt würde die SPD anderenfalls neue Mehrheiten anstreben.

Da der Urnenpöbel aber unheilbar blöd ist, geht das nicht. Inzwischen tickt die Mehrheit der Wähler destruktiv. Sie will „das System“ einstürzen sehen. Es gibt stabile rechts-rechtsradikale Mehrheiten in allen bundespolitischen Umfragen.

Die Impudenz des Monats November 2025 will Deutschlands Zukunft ruinieren, sie will xenophobe, ökonomiefeindliche Politik, steht klar für mehr Homophobie, mehr Transphobie, Misogynie. Atomkraftwerke. Weniger Sozialleistungen, Bürgergeld drastisch kürzen, Klimaschutz beenden. Darin sind sich BSW, CDU, CSU, AfD, FDP und FW einig.

Deswegen kann die SPD nicht die Reißleine ziehen. Die linken Influenzer – Raschke, Sahebi und Co – hängen leider einer totalen Illusion an, wenn sie meinen, damit würde irgendetwas besser. Das gilt auch für die rebellierende SPD-Basis mit ihrem Bürgergeld-Mitgliederbegehren, das ich natürlich ablehnen werde.

Wenn die SPD diese fragile Koalition platzen ließe, gäbe es zukünftig gar keinen Minderheitenschutz mehr, drastische Sozialkürzungen, das Ende von Klimaschutz und noch massivere Umverteilung von Unten nach Oben. Für die meisten Menschen würde sich das Leben in Deutschland massiv verschlechtern. Die Zukunft wäre dunkelschwarz.

Ob durch eine von der AfD tolerierte CDU-Minderheitsregierung, eine formale CDUCSU-Koalition oder durch Neuwahlen, bei der die AfD massive Zuwächse hätte: Es wäre immer ein massiver Rechtsruck.

Die Dummheit des Urnenpöbels lässt keinen anderen Ausweg; es ist zum Verzweifeln.

Die allermeisten Bürger sind hochgradig unzufrieden mit „der Politik“; Merzens Zustimmungsrate ist auf 20% zusammengeschnurrt. Aber dieser massive Ärger kennt nur ein Ventil: AfD und mehr AfD.

Man stelle sich nur für eine Minute vor, die Wähler wären nicht so bekloppt. Dann verteilten sich bei Neuwahlen die gut 30%, die derzeit an AfD/FDP/BSW gingen, auf Linke, Grüne und Sozis.

(Idealerweise nicht so sehr an die Linke, weil deren Putin-freundliche Politik außenpolitisch sehr problematisch ist.)

Es würde für eine Rotgrüne Mehrheit reichen. Was könnte man alles durchsetzen, mit dem vielen Geld, das Olaf Scholz und Habeck nicht hatten?

Was könnte man alles durchsetzen, wenn die hepatitisgelbe Linocchio-Pest nicht im Kabinett nicht alles blockierte? Was könnte man alles durchsetzen, wenn diese elenden Klima-zerstörenden Lobbyhuren der CDUCSU nichts mehr zu sagen hätten?

Von Tempolimit, über Vermögenssteuer bis zur Bürgerversicherung ohne Zweiklassen-Medizin. Es ginge alles.

Aber eben nicht mit DIESEN Wählern, diesem Volk.

Diesem Urnenpöbel.

Samstag, 29. November 2025

Bürde Binnenbundesland

Das tut Bundesländern nicht gut, wenn sie nur von Deutschland umgeben sind.

Ja, auch Hamburg ist ein Binnenbundesland, aber als größter deutscher Hafen, ist die Freie und Hansestadt Hamburg per Definition internationalisiert. Ähnliches gilt für Bremen. Auch Berlin ist durch den Status als Hauptstadt partiell internationalisiert.

Hessen, Thüringen und Sachsen-Anhalt sind da schon ganz andere Kaliber. Sie fallen alle drei durch eine besonders unangenehm Rechtsaußen stehende CDU auf.

Die beiden Letztgenannten sind als Ossiländer auch noch die Nazi-Hochburgen Deutschlands. 40% AfD in Umfragen, baldige Nazi-Regierung durchaus möglich.

Deutschlands erfolgreichster Fettnapf-Sucher Merz wurde auch in SA fündig und sprang mit Wonne hinein:

[…]  Nach einer ganzen Weile, als Friedrich Merz bereits den Bogen von Donald Trump über Russland zur Bundespolitik geschlagen hat, sagt der Bundeskanzler einen merkwürdigen Satz: »Ich hatte das große Glück, im Westen geboren zu sein.« 

Er sagt diesen Satz in Ostdeutschland, auf dem CDU-Landesparteitag in der Hyparschale am Magdeburger Elbufer. Und es wäre durchaus nachvollziehbar, würden viele Anwesende sich vor den Kopf gestoßen fühlen: Da sagt ein westdeutscher Millionär und Machtmensch einen Satz, den man als Abwertung ostdeutscher Biografien interpretieren könnte. […] Eigentlich hat der Bundeskanzler derzeit wichtigere Termine als einen Landesparteitag in einem Bundesland mit rund zwei Millionen Einwohnern. Unter normalen Umständen jedenfalls. Aber hier, im ländlich geprägten Sachsen-Anhalt, sind die Umstände nicht mehr normal: Der CDU droht bei der Landtagswahl in gut neun Monaten ein Desaster, erstmals seit 1945 könnten Rechtsextremisten eine Regierung in Deutschland bilden.

Und es bliebe an Merz haften, dem Kanzler und Chef der vielleicht letzten Volkspartei, der die Verfassungsfeinde nicht stoppen konnte.

Die Ausgangslage in Sachsen-Anhalt ist dramatisch. Derzeit steht die AfD in Umfragen bei etwa 40 Prozent, weit vor den Konservativen, und angesichts der miserablen Umfragewerte fast aller anderen Parteien könnte das womöglich schon zur absoluten Mehrheit reichen: FDP, Grüne, SPD und BSW liegen derzeit rund um die Fünfprozentmarke. Sollten alle vier Parteien an dieser Hürde scheitern, hätte die AfD auch mit deutlicher weniger als der Hälfte der Stimmen die meisten Sitze im Parlament.  [….]

(SPON, 29.11.2025)

 Einen Zweikampf mit der AfD haben wir schon in vielen Ossi-Landtagswahlen erlebt.

Taktische Wähler, die eigentlich SPD, Grünen, FDP, Linken oder BSW nahestehen, wählen mit der geballten Faust in der Tasche CDU, obwohl sie Sven Schulze nicht leiden können. Aber er ist das kleinere Übel als die Nazis.

Ich habe es immer unterstützt, strategisch und nicht parteipolitisch zu denken. Manchmal kann man sich den Luxus nicht leisten, seine Lieblingspartei zu wählen, sondern muss für ein Übel stimmen, um das noch größere Übel zu stoppen.

In diesem Fall ist das aber ein hochriskantes Spiel, da außer den beiden rechten Großparteien, alle Sachsen-Anhaltiner so schwach sind, daß sie in der 5%-Hürde hängenbleiben könnten, wenn sich einige ihrer Anhänger aus demokratischer Verantwortung dazu durchrängen, CDU zu wählen.

Landen SPD, Grüne, BSW bei 4% und die FDP bei 3%, sowie die „Sonstigen“ zusammen bei 5%, fehlen 20% der abgegebenen Stimmen im Landtag, die anteilig AfD, CDU und Linken zugeschlagen würden. Holocaust-Verharmloser Ulrich Siegmund könnte mit 40% die absolute Mehrheit der Sitze bekommen.

In Höckestan sehen die Umfragen genauso gruselig aus, auch hier ist eine absolute Nazi-Sitzmehrheit möglich. Zum Glück wird in Thüringen aber erst im Sommer 2029 gewählt.

Unterdessen blamieren sich Ministerpräsident Voigt und seine wackelige Null-Stimmenmehrheits-Koalition aus CDU, SPD und BSW nach Herzenslust mit NS-Werbeslogans.

[….] Thüringen, so spottete der Kabarettist Rainald Grebe , sei »eines von den schwierigen Bundesländern«. Im Thüringer Wald würden zur winterkalten Stunde noch Hunde nach altem Rezept gegessen. Es sei »das Land ohne Prominente«, reduziert in seiner Größe »auf Würste und Klöße«. Und niemand außerhalb von Thüringen kenne es.

Die Staatskanzlei von Thüringens Regierungschef Mario Voigt (CDU) will das dringend ändern. Das Marketing des Bundeslandes wird umgekrempelt, statt »Das ist Thüringen« und »Thüringen entdecken« will die Landesregierung künftig mit dem eingängigen Slogan »Das Grüne Herz Deutschlands« für sich werben. Kleiner Schönheitsfehler: Der Spruch stammt von einem völkisch angehauchten Schriftsteller und fand bereits unter den Nazis breite Verwendung.

Voigts Regierungszentrale hat gerade die Ergebnisse einer umfassenden Markterkundung vorgestellt. Demnach würden 88 Prozent der befragten Thüringer das »Grüne Herz« kennen und 86 Prozent den Claim »als sehr oder eher positiv« bewerten. [….] Der Stolz ist nicht im ganzen Freistaat verbreitet. Schon während der Coronapandemie, als erstmals die Rückkehr zur alten Werbeformel diskutiert wurde, meldete sich der einstige Chef des Weimarer Hauptstaatsarchivs mit Zweifeln. Bernhard Post verwies auf die Herkunft des Slogans, der dem Heimatschriftsteller August Trinius zugeschrieben wird und zuerst 1897 auftaucht. Ihm und anderen Wanderfreunden seiner Zeit wird von Historikern ein völkisch, also radikal-nationalistisch getöntes Heimatbild nachgesagt. [….] Später übernahmen die Nationalsozialisten den Slogan. Post fand bei seinen Recherchen das Titelbild der »Wirtschaftsblätter für den Gau Thüringen« aus dem Jahr 1941. Dort wird über die Frühjahrsmesse berichtet, das Grüne Herz prangt direkt neben dem Hakenkreuz – mit der Aufschrift »Kauft Thüringens Werterzeugnisse«. [….] Zu allem Überfluss hatte die Wehrmacht unter dem Kommando eines Thüringers ein Jagdgeschwader mit dem Beinamen »Grünherzjäger«. Die Flugzeuge brachten den Tod mit einem grünen Herzen auf dem Flugzeugrumpf. [….]

(Steffen Winter, 29.11.2025)

Thüringen, das braune Kemmerich-Herz Deutschlands, in dem sich Geschichte wiederholt.

[….] Thüringen war auch das Land, in dem erstmals ein Faschist mitregierte. Wilhelm Frick, ein führender Politiker der NSDAP, der 1923 in München zusammen mit Hitler erfolglos gegen die Weimarer Republik geputscht hatte, wurde hier bereits im Januar 1930 zum Staatsminister für Inneres und Volksbildung ernannt. Das Land diente den Nazis als ein breites Rekrutierungsfeld von Antidemokraten aller Art. Hier konnten sie ihre rassistischen und menschenfeindlichen Diktaturmethoden erproben, hier begann ihre Herrschaft nicht erst am 30. Januar 1933, sondern bereits im August 1932.  [….]

(Jacobin, 30.03.2023)

Donnerstag, 27. November 2025

Biegen der Realität

Es bestätigt sich täglich, was alle seriösen Analysten während des Jahres 2024 über eine zweite Trump-Präsidentschaft prognostizierten:

Im diametralen Gegensatz zum Januar 2017, stolpert Trump diesmal nicht planlos und unvorbereitet ins Amt. Vor neun Jahren war er selbst am meisten überrascht, gewonnen zu haben, hatte keine Idee, was er mit der Präsidentschaft anfangen sollte, wußte gar nicht, was die Rolle eines US-Präsidenten ist und am meisten fehlte ihm politisches Personal. Also setzte er notgedrungen auf lauter alte GOP-Haudegen, die er gar nicht kannte. Als die merkten, wie irre und wie hoffnungslos verblödet Trump ist, bremsten sie ihn immer wieder aus – 40 der 44 engsten Mitarbeiter aus Trumps erster Amtszeit, rieten 2024 dringend davon ab, ihn noch mal zu wählen. Der auf der charakterlichen Entwicklungsstufe eines garstigen Vierjährigen agierende orange geschminkte Münchhausen, bekam deshalb immer wieder Wutanfälle, feuerte Mitarbeiter in so hoher Frequenz, daß ihm die Kandidaten ausgingen und viele Positionen in seinem Stab und Ministerien vakant blieben.

Rechtsradikale Strippenzieher und Milliardäre erkannten das Chaos und setzten daher das Project 2025 auf, in dem all ihre Wünsche ausformuliert sind. Diesmal gab es also detaillierte Pläne, die abzuarbeiten sind, 100% linientreues Personal und insbesondere wurde dafür gesorgt, Trump mit Leuten zu umgeben, die ihm niemals widersprechen und devot umschmeicheln, um ihn bei Laune zu halten, auch wenn er den größten Schwachsinn daher plappert.

Aus Trumps Perspektive gesehen, läuft es diesmal also viel besser. Jeder, dem er in Weißen Haus begegnet, behandelt ihn als Messias, küsst ihm den Hintern. Niemand sagt „das geht nicht“. Seine grotesken Lieblingsprojekte werden alle sofort gemäß seiner Wünsche umgesetzt: Totalvergoldung des Oval Office, Milliarden Dollar auf seine privaten Konten, der Liberace-Ballsaal, Verfolgung seiner Kritiker, ICE-Razzien im ganzen Land, Schluss mit jedem Umweltschutz, Außenpolitik allein basierend auf Strafzöllen.

Kein Trump-Gedanke könnte so irre und schwachsinnig sein, um nicht sofort auf grenzenlose Begeisterung seiner Minister und Sprecher zu stoßen.

Das macht Trump glücklich und er musste (bis auf seinen Sicherheitsberater Mike Waltz) noch niemanden feuern. Seine korrupten Golf-Kumpel, wie Steve Wittkof, setzen seine Agenda durch und überbringen Geschenke des Mannes, der ihm am meisten am Herzen liegt: Wladimir Putin.

Geradezu gespenstisch smoothe läuft die zweiten Trumpsche Amtszeit. Alles nach Plan.

Ein Problem gibt es aber doch. Nämlich die lästige Realität, die sich nicht an den Project 2025-Plan anpassen will.

Eigenartigerweise sinken die Verbraucherpreise nicht massiv, wenn man alle Einfuhren mit massiven Zöllen verteuert.

Eigenartigerweise freuen sich andere Nationen nicht und widersetzen sich seinem Zolldiktat, indem sie beispielsweise keine Sojabohnen mehr in den USA einkaufen.

Eigenartigerweise ernsten sich Obst- und Gemüsefelder nicht von selbst ab, wenn man Millionen lateinamerikanische Farmarbeiter abschiebt.

Eigenartigerweise sinkt die Arbeitslosigkeit gar nicht, wenn DOGE Hunderttausende Mitarbeiter feuert und Bidensche Investitionsprogramme gestoppt werden.

Eigenartigerweise brach nicht am Tag Eins seiner Präsidentschaft, Frieden in der Ukraine aus, nur weil Trump mal mit Putin telefoniert.

Nun schmiert die US-Wirtschaft ab, die Preise steigen weiter und Trumps Wähler werden immer unzufriedener. Trump und seine Minister reagieren mit ihrer üblichen Methode: Sie LÜGEN, daß sich die Balken biegen, behaupten einfach das diametrale Gegenteil der Realität.

Sie bedenken aber eins nicht: Die Menschen gehen in Supermärkte und sehen die realen Preise, zahlen die realen Immobilienkredite ab, erfahren real explodierende Krankenkassenbeiträge, tanken reales Benzin und verlieren ganz real ihre Jobs. Selbst die Trumpanzees merken inzwischen, wie sie belogen werden. Zudem wird immer unübersehbarer, wie bei ihrem geliebten #45/#47 die Demenz einkickt. „Dozy Don“ nickt entweder ein oder plappert Schwachsinn, wenn er öffentlich zu sehen ist.

Reale Trump-Wähler, die sogenannten „Three Times Trumpers“ wollen 2026 nicht mehr republikanisch wählen.

[…] Die Zustimmungswerte von US-Präsident Donald Trump sind bei allen Umfrageinstituten erstmals negativ. Seit Mittwochmorgen liegt Trumps durchschnittliche Ablehnungsquote bei 55 Prozent, während 41 Prozent ihn unterstützen, so die Umfrageübersicht der New York Times.

Eine neue Umfrage von J.L. Partners, durchgeführt vom 19. bis einschließlich 20. November unter 1.244 registrierten Wählern, zeigt, dass 49 Prozent eine ungünstige Meinung von Trump haben, während 41 Prozent ihn positiv bewerten. Die Fehlertoleranz der Umfrage beträgt +/- 3,2 Prozent. In der vorherigen Umfrage desselben Instituts Mitte Oktober kam Trump noch auf eine Zustimmungsrate von 46 Prozent. […]

(FR, 27.11.2025)

Wird es überhaupt noch Midterms in gut elf Monaten geben?

Je schlechter die Umfragen aussehen, desto mehr wird das Weiße Haus einen Weg suchen, die Wahlen abzusagen. Zur Not muss ein großer Krieg her. Venezuela bietet sich an.

Freitag, 21. November 2025

Hamburger CDU-Tradition

Die einstige Hamburger Regierungspartei CDU, die von 2004 bis 2008 mit absoluter Mehrheit (sic!) regierte, legte in den folgenden Landtagswahlen einen bundesweit beispiellosen Niedergang hin:

 2004: 47,2%

2008: 42,6%

2011: 21,9%

2015: 15,9%

2020: 11,2%

 In 12 Jahren von der absoluten Mehrheit auf 11% zu stürzen, muss der rechtspopulistischen Ploß/de Vries-CDU an Elbe und Alster erst mal einer nachmachen.

Wer nicht völlig rechtsschwurblerisch verdreht ist, würde mutmaßlich anerkennen, auf Abwegen zu wandeln, wenn in so kurzer Zeit 80% der Wähler schreiend weggelaufen sind.

Nicht so die Hamburger CDU, die weiterhin völlig unseriös AfD-Propaganda nachäfft, AfDler in ihre Reihen aufnimmt, auf Bezirksebene mit der AfD kooperiert, gegen Gendern und gegen Klimaschutz agitiert.

(….) Der SPD-Grüne Senat verhält sich professionell, will ohne Murren den Volksentscheid umsetzen, verweist allerdings auf gesetzliche Hilfe aus dem Bund, die dafür nötig ist.

Der ehemalige Hamburger CDU-Chef Christoph Ploß, ohnehin nie die hellste Kerze auf der Torte und Dauergast bei rechtsextremen Hetzmedium Nius, zeigte gestern noch einmal exemplarisch, wie viel Ideologie und Irrsinn bei den Konservativen herrscht. Grüne Klimapolitik ist ein ökonomisches Gewinnerthema! Wer sich dem durch ewig-gestrige Karbonisierungstechniken widersetzt, gerät eben in die Schwierigkeiten, die Porsche und Co jetzt haben. Deswegen steckt Deutschland in der Scheiße, weil Merkel, Brüderle, Westerwelle, Altmaier, Merz konsequent gegen die Zukunft entschieden. Die Photovoltaik/Windkraft-Altmaierdelle, zurück zum Putin-Gas, Verbrenner, keine Investitionen in KI, Clowddienste, Software-Unabhängigkeit und digitale Infrastruktur.

In Ploß reinkarniert sich alles, das zu Deutschlands ökonomischen Untergang führt. (….)

(Hamburg, meine Perle, 13.10.2025)

Eins mögen die Ploß-Konservativen gar nicht: Demokratische Entscheidungen akzeptieren, wenn diese gegen die finanziellen Interessen ihrer rechten Lobby-Kumpel ausfallen.

Ex-CDU-Bürgermeister Ole Beust und Ex-CDU-Finanzsenator Wolfgang Peiner machten es vor, indem sie nicht nur einen mehrere Milliarden schweren Schaden für die Hamburger Steuerzahler anrichteten, sondern auch ihre Gesundheitsversorgung drastisch verschlechterten.

(….)  Wenige Monate nach dem Schicksalstag in der Colorline-Arena traf Peiner eine für die Stadt noch katastrophalere Entscheidung. Er verschleuderte die landeseigenen Krankenhäuser an Bernd Broermann.

Der Verkauf des Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) ist begleitet von Protesten, Kritik, Vorwürfen und einem missachteten Volksentscheid.

- Als die Verkaufsabsichten des Senats bekannt wurden, startete die Initiative "Gesundheit ist keine Ware" ein Volksbegehren, das am 29. Februar 2004 zum Volksentscheid führte. 76,8 Prozent der Hamburger lehnten den Verkauf ab. Der Senat ignorierte den Volksentscheid. Im Dezember beschloss die Bürgerschaft den Verkauf des LBK, nachdem das Verfassungsgericht grünes Licht gegeben hatte. Dennoch blieb Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) im Kreuzfeuer der Kritik. Die Vorwürfe:

- Asklepios wurde bevorzugt, andere Mitbewerber wie Helios und das Unternehmen Rhön-Klinikum wurden ausgebootet, ihre Angebote schlechtgerechnet. Der LBK wurde Asklepios zu einem "Schleuderpreis" hinterhergeworfen (Jens Kerstan, GAL). Aus der Finanzbehörde hieß es zu den Vorwürfen nur: "Das Angebot von Asklepios war und ist das beste." Laut Senat wurde der LBK für 318 Millionen Euro verkauft. Die Angebote der Mitbewerber wurden vom Senat nicht veröffentlicht.

Mehr als Tausend LBK Bedienstete warten auch 5 Jahre nach dem LBK "Verkauf" noch auf zugesicherte Stellen im Dienste der Stadt! Kosten für den Hamburger Haushalt und den Steuerzahler 60 Mio. bis Dato!

Auf Stationen von LBK-Krankenhäusern wurde ein Flugblatt verteilt, das offensichtlich der politischen Unterstützung des Hamburger Finanzsenators Wolfgang Peiner (CDU) dient. Verantwortlich für die Verteilung: Asklepios Kliniken Verwaltungsgesellschaft mbH, Zentrale Dienste Unternehmenskommunikation & Marketing.

(Inside HH 2007)

Daß sich Peiner für Bernd Grosse Broermann entschied ist so verwunderlich nicht – man kannte sich schon.

Im September 2001 übernahm eine Koalition aus CDU, Schill-Partei und FDP nach 44 Jahren SPD-Herrschaft die Regierungsgeschäfte in Hamburg.

Im Dezember 2003 beschloss der neue Senat nach einer internationalen Ausschreibung, dem privaten hessischen Klinikbetreiber Asklepios Anteile am LBK zu verkaufen. Drahtzieher war der damalige Finanzsenator Wolfgang Peiner. Da Asklepios-Inhaber Bernard gr. Broermann zum Verwaltungsrat einer Versicherung gehörte, als Peiner dort im Vorstand saß, warf die SPD dem Senat Vetternwirtschaft vor.

Am 29. Februar 2004 beteiligten sich 788.563 Hamburger Bürger an einem Volksentscheid, den Gewerkschaften und soziale Gruppen unter den Slogan "Gesundheit ist keine Ware" organisiert hatten. 593.497 stimmten gegen den Verkauf, das waren 76,8 Prozent der Stimmen. Da die mittlerweile allein regierende CDU um Bürgermeister Ole von Beust den Volksentscheid als nicht bindend einstufte, zogen dessen Initiatoren vor das Hamburger Verfassungsgericht.

Am 15. Dezember 2004 bestätigte das Gericht die Sichtweise der CDU. Einen Tag später beschloss die Bürgerschaft, den LBK zu 74,9 Prozent an die Asklepios-Kliniken GmbH zu verkaufen. Als Kaufpreis wurden knapp 320 Millionen Euro vereinbart, wovon 75 Millionen ertragsabhängig waren und nicht bezahlt werden mussten, da der erwartete Ertrag ausblieb.

(Niels Holsten, taz 01.03.2014)

2004 hatte Hamburg den LBK privatisiert, obwohl eine Mehrheit der Hamburger Wahlberechtigten sich in einem Volksentscheid dagegen ausgesprochen hatten. Die Opposition aus GAL und SPD hat schon bei Abschluss des Kaufvertrages 2004 kritisiert, dass die Stadt bei dem Geschäft draufzahle. Nach Lektüre der Verkaufsunterlagen hatten sie den Vorwurf erhoben, Peiner habe bei dem Deal kräftig manipuliert. Er habe sich, entgegen seiner eigenen Darstellung, aktiv in die Verhandlungen eingemischt und strittige Details mit Asklepios-Chef Bernard Broermann persönlich verhandelt - einem alten Geschäftspartner aus Peiners Zeit bei der Gothaer-Versicherung. So sei das Angebot der Asklepios-Klinikgruppe mehrfach geschönt worden.

(taz, 23.11.2006)

Mit diesem Superdeal schwoll Bernd Broermanns Privatvermögen binnen weniger Jahre von nichts auf mittlerweile fast drei Milliarden Euro.

Die von seinen Mitarbeitern erwirtschafteten und den Patienten bezahlten Milliarden fließen nämlich nach der Wahnsinnstat des CDU-Bürgermeisters und des CDU-Finanzsenators nicht mehr in die Krankenhäuser, sondern in die Taschen des Peiner-Freundes Broermann. (….)

(Nachbeben – Teil II, 09.12.2015)

76,8%

76,8%

Sechsundsiebzig, Komma acht Prozent.

SECHSUNDSIEBZIG; KOMMA ACHT PROZENT.

Man könnte annehmen, eine angeblich demokratische Partei, empfände einen Funken Schamgefühl, wenn sie nicht nur einen so klaren Wählerwillen ignoriert, sondern sich die Entscheidung der CDU, im Nachhinein auch noch als so katastrophal falsch für den Steuerzahler erweist.

Aber nein, sie will erneut die Demokratie aushebeln und der Wählermehrheit den Stinkefinger zeigen. Diesmal zum Glück in der Opposition. Sie kann also nicht so, wie sie würde, wenn sie regierte.

[….] Beim Volksentscheid hatte die Mehrheit in Hamburg für ein strengeres Klimaschutzgesetz gestimmt. Schäbig ist, wie die CDU nun daran rütteln will.

[….] Wie man mit Niederlagen sportlich umgeht, müsste er da eigentlich gelernt haben.   Allein: Seine am Dienstag erhobene Forderung, die Bürgerschaft solle das durch einen Volksentscheid beschlossene strengere Hamburger Klimaschutzgesetz wieder kippen, zeugt ganz vom Gegenteil. Viel eher wirft Thering, mit teils faktenfreien Argumenten und in der Möchtegern-Pose eines heldenhaften Widerständlers, demokratischen Anstand über Bord.

Eine klare Mehrheit hatte der „Hamburger Zukunftsentscheid“ am 12. Oktober hinter sich versammelt: 304.063 wahlberechtigte Hamburger:innen stimmten für das vorgelegte „Klimaschutzverbesserungsgesetz“, mit dem Hamburg bereits 2040 die Klimaneutralität erreicht haben soll. [….] Statt die Niederlage anzuerkennen – Mund abputzen und weiter geht’s – bringt Thering nun aber ins Spiel, dass es ja völlig legal sei, ein vom Volk erlassenes Gesetz ein paar Tage später wieder zu kassieren. Das ganze betitelt die CDU auch noch als „Hamburger Zukunftsgesetz“: Das beim Volksentscheid beschlossene Klimaschutzverbesserungsgesetz soll aufgehoben und das olle Klimaschutzgesetz von 2020 wieder in Kraft gesetzt werden.

Faktenfrei begründet Thering, dass das 2040-Ziel ja unmöglich zu erreichen wäre und selbst die Klimaneutralität bis 2045 von Faktoren abhinge, „die Hamburg gar nicht selbst steuern kann, etwa der bundesweiten Dekarbonisierung des Strommixes“. Fakt ist: Genau diese Faktoren, die Hamburg nicht allein beeinflussen kann, sind nicht Teil der Verpflichtung, bis 2040 klimaneutral zu sein. [….] Hamburgs dauerregierende SPD mit allerlei parlamentarischen Tricks zu ärgern, ist natürlich völlig legitim, wenn nicht sogar ständige Pflicht. In AfD-Manier aber den demokratischen Prozess zu attackieren, ist schäbig – insbesondere im Hinblick darauf, dass auch die AfD-Fraktion kommende Woche einen im Ergebnis identischen Antrag ins Parlament einbringen will. [….]

(André Zuschlag, 18.11.2021)

Medien und alle Parteien (außer der Linken und einem geringen Teil der Grünen) waren gegen die Tempoverschärfung beim Klimaschutz. Aber anders, als Rechtsradikale und CDU, kommen sie nicht auf die Idee, deswegen die Demokratie zu killen.

[….] Ob es grundsätzlich sinnvoll ist, über eine so wichtige Weichenstellung wie das Vorziehen des angestrebten Zeitpunkts der Klimaneutralität der Stadt die Wähler mit Ja oder Nein abstimmen zu lassen, darüber kann man also streiten. Aber es ist nun mal geschehen. Legal, nach transparenten Regeln, demokratisch. Nach langen öffentlichen Debatten. Alle Argumente waren auf dem Tisch. Viele Menschen haben eine Entscheidung in der Sache getroffen – auch übrigens die, die nicht teilgenommen haben.

Wer anschließend das zuvor hochoffiziell eingeforderte Votum des Volkes einfach einkassieren will, wie die Hamburger CDU unter Dennis Thering – der tritt die demokratische Idee mit Füßen – in Zeiten, in denen sie ohnehin massiv unter Druck steht.  [….]

(Maik Koltermann, 21.11.2025)

Mittwoch, 19. November 2025

Wo sind die CDU-Brutuse?

Soweit herrscht nun wirklich Konsens: Merz kann es nicht und wird es nie können. Der Mann ist als Bundeskanzler völlig ungeeignet und schadet dem Land jeden Tag, den er länger im Amt verbleibt.

Die 1,4-Millionen Einwohner Stadt Belém, Hauptstadt des nordbrasilianischen Bundesstaates Pará, findet er scheiße und war froh, als er wieder weg war. So tönte er Tage später auf der Bühne des SZ-Wirtschaftsgipfels und ahnte, WIEDER EINMAL, nicht, was er damit anrichtet.

[….] Selten so geschämt für Deutschland! #Merz kann es einfach nicht. Sein Spruch über Belém, jenen „Ort, an dem alle froh waren, wieder wegzukommen“, ist mehr als eine geschmacklose Anekdote vom Rand der #Klimakonferenz. Es ist der sprachliche Offenbarungseid eines Möchte-gern-Kanzlers, der offensichtlich vergessen hat, dass er nicht mehr nur Oppositionsredner im #Sauerland ist, sondern Repräsentant eines Landes mit 80 Millionen Einwohnern – und mit Partnern in aller Welt. 

Dass Brasiliens Präsident Lula da Silva und der Bürgermeister von #Belém scharf reagieren und Merz #Arroganz und Respektlosigkeit vorwerfen, überrascht keinen. Wir kennen das schon von Merz - leider. Aber wer den Gastgeber einer Weltklimakonferenz öffentlich derart abkanzelt, demontiert nicht diesen Ort – er demontiert die mühsam aufgebaute #Vertrauensbasis zwischen Deutschland und seinem wichtigsten Partner in Südamerika.  

Fatal ist: Das ist kein Ausrutscher, sondern fügt sich nahtlos in eine Kette von Grenzverschiebungen und „Entgleisungen“, für die Merz inzwischen steht. Schon als #Parteichef fiel er mit abwertenden Stereotypen über Geflüchtete und Minderheiten auf – jetzt setzt er diese Tonlage ausgerechnet auf der Bühne der Weltpolitik fort. Selbst in der eigenen Partei wurden seine rhetorischen Ausfälle immer wieder als Risiko für seine Kanzler-Tauglichkeit benannt. 

Die CDU trägt dafür Verantwortung. Wer Merz zum Gesicht deutscher Politik macht und solche Auftritte herunterspielt, schadet nicht nur der eigenen #Marke, sondern dem Ansehen Deutschlands insgesamt. Partnerländer erleben #Deutschland als belehrend und abwertend statt respektvoll und dialogfähig. Die viel beschworene „westliche Wertegemeinschaft“ wirkt zudem hohl, wenn einer ihrer Protagonisten über arme, aber gastgebende Städte spottet. Nicht zuletzt wird #Klimadiplomatie zur Bühne für innenpolitische Profilierung – auf Kosten der #Glaubwürdigkeit Deutschlands in der globalen Klimapolitik.

Die Union war einmal vor langer Zeit Garant für außenpolitische #Verlässlichkeit. Heute muss man nüchtern konstatieren: Eine CDU, die einen derart auftretenden Kanzler nicht bremst, sondern trägt, beschädigt aktiv das internationale Renommee dieses Landes. Außenpolitik ist kein Auftritt vor dem Stammtisch – und wer Deutschland vertritt, darf sich nicht benehmen wie dessen lautester Gast.

Und direkt nach Brasilien: Gostaria de pedir desculpas por termos um chefe de governo tão incompetente.  [….]

(Marc Raschke, 19.11.2025)

Ein klassischer Merz, wie wir ihn beinahe täglich erleben: So ungeheuer peinlich, daß darüber fast übersehen wird, wie katastrophal seine Auftritte auch rein inhaltlich betrachtet sind.

 [….] Friedrich Merz fällt in Belém mit peinlichen bis ahnungslosen Äußerungen auf. [….] Es war nicht anders zu erwarten: Friedrich Merz auf der Weltklimakonferenz, das ist wie ein Fisch beim Sonnenbad. Auf dem Treffen der Staatschef*innen im Vorfeld des Klimagipfels im brasilianischen Belém hatte der Bundeskanzler von Wettbewerbsfähigkeit und unterirdischer CO2-Speicherung geschwafelt, statt zu versprechen, die Wirtschaft CO2-frei zu machen. Jetzt sorgen auch noch peinliche Äußerungen im Nachgang seines Brasilienbesuchs für internationale Empörung, vor allem im Gastgeberland. [….]

(Susanne Schwarz, 18.11.2025)

Merz führt Deutschland nicht nur in die Vergangenheit und auf das internationale Abstellgleis, sondern verschafft uns einen regelrechten Paria-Status.

Wie immer, reagiert der Fritzekanzler auf die Kritik von allen Seiten kleinlich, beleidigt, patzig und uneinsichtig; denkt gar nicht daran, um Entschuldigung zu bitten. Der Mann hat sein loses Mundwerk nicht unter Kontrolle, ist auch intellektuell außerstande, die Tragweite seiner Blamagen zu erfassen. Er labert einfach weiter.

[….] Der Laber-Kanzler

Erst das Stadtbild, jetzt Brasilien: Für einen Regierungschef offenbart Friedrich Merz einen erschreckend nachlässigen Umgang mit Worten. Damit schadet er sich selbst – und dem Land. [….] Der Kanzler reiste vor gut zwei Wochen für wenige Stunden nach Brasilien, um am Weltklimagipfel in Belém teilzunehmen. Das war gut: Denn es zeigte, er kümmert sich um das drängende Thema Klimawandel. [….] Aus und vorbei: Mit seinen abfälligen Äußerungen  über Brasilien und die Metropole Belém (»Wer von euch würde denn gern hierbleiben?«) bei einem Kongress in Berlin blamiert Merz sich selbst, seine Regierung und Deutschland als Ganzes. Die Brasilianer sind zu Recht empört. Merz dürfte den deutsch-brasilianischen Beziehungen und dem Ansehen der Deutschen in dem wichtigen südamerikanischen Partnerland einigen Schaden zugefügt haben. Dabei wäre gerade jetzt, im Zeitalter von Donald Trump, eine engere Freundschaft Deutschlands mit Staaten wie Brasilien strategisch klug. [….] Das tieferliegende Problem bei den Äußerungen ist, dass sich bei diesem Kanzler ein Muster offenbart. Sofort kommen die Erinnerungen an seine ungeschickten Stadtbild-Äußerungen hoch. Merz spricht bisweilen nicht wie ein Regierungschef, sondern wie der Privatmann, der er jahrelang war. Er labert, redet also erst und denkt später. Dabei offenbart er eine gewisse Überheblichkeit und Flapsigkeit, die verletzend sein kann und die ihn unsympathisch wirken lässt, obwohl er dies eigentlich nicht ist. [….]

(Roland Nelles, 19.11.2025)

Dabei steckt seine Bundesregierung nach einem halben Jahr in einer veritablen Krise, die durchaus einen Koalitionsbruch auslösen könnte. Aber auch das kapiert der verblödete Sauerländer einfach nicht und schafft fröhlich immer neue Krisen, die ihn noch schlechter aussehen lassen.

 [….] Kaum wird nicht mehr übers Stadtbild in Deutschland geredet, plaudert der Kanzler über ein Stadtbild in Brasilien. Hoffentlich bleibt er nicht so lange in Ausbildung wie einst Kohl. [….]

Warum sprechen Menschen Sätze, obwohl bereits auf deren Weg vom Großhirn zur Zunge die innere Stimme warnt: Lass es. [….] warum sagt Friedrich Merz nach Rückkehr von der Klimakonferenz in Belém über seine Reisegruppe: „Die waren alle froh, dass wir von diesem Ort, an dem wir da waren, wieder nach Deutschland zurückgekehrt sind.“ [….] Der Bundeskanzler gehört nicht zu den Charakteren, die lieber auf zehn Freunde verzichten als auf eine Pointe – wohl aber zu denen, bei denen die Zunge gelegentlich der inneren Stimme zuvorkommt. Und leider scheint in diese Zunge nicht einmal eine Warn-App eingebaut zu sein, auf der sein rhetorischer Unfall von neulich hinterlegt wäre, der mit dem Stadtbild. Etwas rätselhaft ist es ja schon, dass der exponierteste Mann des Landes nicht einmal provoziert werden muss, um sich Debatten aufzuhalsen, die so bereichernd sind wie Fußpilz in der Sauna. [….]

(Detlef Esslinger, 19.11.2025)

In der alten Bundesrepublik wäre ein derart drastisch, auf offener Bühne versagender Kanzler die Stunde der Opposition, die einen klaren Oppositionsführer hatte, der quasi jederzeit zur Übernahme der Macht bereit war.

Das geben die derzeitigen Mehrheitsverhältnisse im Bundestag aber beim besten Willen nicht her. Möglich wären nur absolutes Chaos einer fragilen 28%-Minderheitsregierung, oder eine Koalition mit den Nazis, die allerdings außenpolitisch kaum denkbar ist. Einiges deutet darauf hin, daß sich Spahn für eine dieser beiden Varianten bereit macht.

Unsere Verfassung sieht nur ein konstruktives Misstrauensvotum vor. Das Parlament kann keinen Bundeskanzler ablösen, ohne die Kanzlermehrheit für einen alternativen Amtsinhaber zustande zu bringen.

Verliert der Kanzler eine Vertrauensabstimmung, kann das aber zu Neuwahlen führen, während er selbst geschäftsführend im Amt bleibt. Dieser Situation wäre aber Merz erst recht nicht gewachsen. Außerdem werden sich CDU, CSU und SPD mit Händen und Füßen dagegen wehren, weil sie bei einem so schnellen Koalitionsbruch, durch die Blamage drastische Verluste erleiden würden. Mit Sicherheit würde die AfD stärkste Partei. Ein Alptraum.

Die einzig wirklich denkbare Ausweg, wäre eine parteiinterner Meuchelmord, zu dem ausgerechnet die obrigkeitshörige CSU durchaus fähig ist, wenn sie ihre Machtoptionen schwinden sieht. Dann können die sonst bedingungslos loyalen Truppen zu Streibl, Huber, Beckstein gehen und ihnen das Messer an die Kehle setzen. 

Um Spahn, Chaos und einen Absturz bei Neuwahlen zu vermeiden, muss der CDU-Vorstand Merz ein Messer in die Rücken rammen und ihn zum Rücktritt zwingen.

Sie muss dann einen konsensualen Kandidaten präsentieren, der nicht als zur Hysterie neigender Azubi bekannt ist und außerdem ein Signal an die Sozis für einen Neuanfang sendet.

Seht her, SPD, wir haben verstanden, beenden das Merz-Desaster und wollen wieder als vertrauensvoller Partner agieren. Deswegen schießen wir Reiche, Frei und Merz auf den Mond. Wählt bitte mit uns eine frische Kraft zum Kanzler.

Das kann dann selbstverständlich nur Daniel Günther sein.

Dienstag, 18. November 2025

Rechts bröckelt es.

Es ist doch eigentlich sympathisch; wie die US-Demokraten und deutsche Sozis, keine obrigkeitshörige Kaderpartei zu sein. Sie kontrollieren ihre eigenen Chefs genau und stellen das Wohl des Volkes vor Macht- und Partei-Interessen.

Unglücklicherweise können die sehr viel skrupelloseren Rechten, die nach dem Allgemeinwohl ausgerichtete Orientierung der Linken immer wieder ausnutzen. So wurden Merkel und Merz mit SPD-Stimmen zu Kanzlern gewählt – „staatspolitische Verantwortung“. Trump obsiegte im Lockdown-Poker über die Demokraten, weil sie angesichts der Not der Menschen, die auf Lebensmittelspenden angewiesen in endlosen Schlangen in der Kälte bibberten, natürlich eher einknicken, als die Republikaner, die über keinerlei Empathie verfügen.

Innerhalb der CDU oder GOP brodelt es viel seltener und dementsprechend viel Wut muss sich angestaut haben, wenn einige wider des Corpsgeistes gegen die großen Führer aufbegehren. Merzt hat gerade ein echtes Problem mit den Jungen in der Fraktion, die offenkundig damit liebäugeln, die Koalition platzen zu lassen.

[…] Im engeren Sinne ist das keine Koalitionskrise. Der Streit über die Rentenpolitik ist schließlich einer, der, Stand jetzt, zur Abwechslung nicht zwischen den Parteien, sondern innerhalb der Union geführt wird. Es ist eine Merz-Krise. […] Merz ist damit an einem entscheidenden Punkt seiner Kanzlerschaft angelangt. […]

Merz hat vollkommen recht: Die Vorstellung, Deutschland könne nach einem Koalitionsbruch vernünftig regiert werden, ist abwegig. Als Kanzler einer Minderheitsregierung wäre Merz abhängig von eben jener AfD, die er eben erst als politischen Hauptgegner identifiziert hat. Die Vorstellung, die Rechtsextremen würden weniger gefährlich für die Demokratie, wenn man sie mit mehr Macht ausstattet, ist absurd und geschichtsvergessen.

Ebenso abwegig wäre die Vorstellung, die Union könnte gestärkt aus einer solchen Konstellation hervorgehen. Vielmehr würde sie Suizid begehen aus Angst vor dem Tod. Die Verantwortung liegt hier bestimmt nicht nur bei Merz. Alle, die nun in der Rentenfrage als selbsterklärte Anwälte der Jungen das Ende der schwarz-roten Koalition riskieren, sollten sich fragen, ob es der Zukunft der jungen Generation dient, wenn das Deutschland der Gegenwart ins politische Chaos schlittert. […]

(Daniel Brössler, 17.11.2025)

Noch viel seltener sind 2025er GOPer, die sich gegen Trump stellen, weil der rachsüchtige Diktator alle drei Staatsgewalten kontrolliert und über eine messianisch treue Basis verfügt, die auf sein Geheiß, jeden noch so verdienten Republikaner (Liz Cheney) abschießt, wenn Widerworte gewagt werden.

Aber Trumps erratischer Zickzack-Kurs gegenüber der Veröffentlichung der Epstein-Dokumente scheint tatsächlich dieser eine seltene Ausnahmefall zu sein, in dem seine Jünger ihm nicht zustimmen. Zu dreist war der Gegensatz von Trump vor seiner Wiederwahl, als er vollmundig versprach die „Epstein files“ zu veröffentlichen, die nur deswegen unter Verschluss wären, weil Demokraten etwas zu vertuschen hätten; und dem Präsidenten #47, der sich verzweifelt gegen die Veröffentlichung wehrt.

Es nahm selbst nach Trump-Maßstäben vollkommen abstruse Formen an, wie er Parlamentarier unter Druck setzte, die Veröffentlichung nicht zu erzwingen. Monatelang schwor Mike Johnson die gewählte Demokratin Adelita Grijalva nicht in den Kongress ein. Während Trump und Vance im hochgeheimen White House-Situationroom auf Abtrünnige, wie Bobo Boebert eindrosch und sogar sein glühendes Fangirl MGT verdammte.

Die ultrarechten Abgeordneten Boebert, Massie und Greene entwickelten Rückgrat.  


Natürlich nicht, weil sie plötzlich mutig oder ehrlich geworden wären, sondern weil sich die Basis in diesem Punkt von Trump abwendet und droht, sich gegen die Epstein-Vertuscher zu stellen.

Wir erinnern uns, als Trump nach seiner ersten Amtszeit hochgeheimes Material Kistenweise in Mar-A-Lago-Klos lagern ließ, prahlte er, als Präsident könne er alles „declassyfied“ erklären. Er könne sogar die Geheimhaltungspflicht aufheben, indem er nur daran denke.

Er hätte also als #47 jederzeit die Epstein-files veröffentlichen lassen können, ohne den Kongress zu involvieren. Er wollte aber nicht.

[….] Donald Trump hat alles versucht, um die Veröffentlichung aller Ermittlungsakten über den verurteilten Sexualstraftäter Jeffrey Epstein zu verhindern. [….] Aber auch das hat nicht geholfen.

Darauf hat der Präsident mit einer Kehrtwende reagiert: Die Abgeordneten sollten für die Veröffentlichung stimmen, sagt er nun plötzlich. Es sei ihm egal, denn er habe nichts zu verbergen. Das ist offensichtlich ein Versuch, der Niederlage im Repräsentantenhaus zuvorzukommen und deren Schaden für den Präsidenten zu mildern. Die Botschaft vom späten Sonntagabend wirkt aber eher trotzig und verzweifelt als souverän.

Wer in Großbuchstaben schreibt „Es ist mir egal!“, erweckt den gegenteiligen Eindruck. Dass Trump die Veröffentlichung der Akten egal ist, glaubt ihm nach Monaten des Widerstands niemand. Überdies ist es absurd, die Abgeordneten dazu aufzufordern, die Regierung mit der Freigabe der Akten zu beauftragen: Trump könnte diese jederzeit veröffentlichen lassen. Dazu benötigt er keinen Befehl des Kongresses. [….]

(Charlotte Walser, 17.11.2025)

Trump ist nervös, weil er zur Kehrtwende gezwungen wurde.

Selbst für sein unterirdische Sprachniveau reagiert er besonders garstig auf Nachfragen zu dem Thema.

[….] Kurz vor Toresschluss Aufklärungswillen zu demonstrieren, nachdem man über Monate das genaue Gegenteil praktiziert hat, muss Misstrauen wecken. Besonders bei US-Präsident Donald Trump. Seine Kehrtwende im Fall Epstein ist ein falscher Fuffziger. Viel spricht dafür, dass der US-Präsident einem demütigenden Misstrauensvotum entgehen wollte. [….] Um vor die Welle zu kommen, hat sich Trump selbst zum Transparenz-Messias ausgerufen; mit angezogener Handbremse. [….] Und es gibt noch eine zugegeben kriminell klingende Variante für Trumps Sinneswandel: FBI & Co. hatten zehn Monate Zeit, die Epstein-Akten (nicht zu verwechseln mit der jüngsten E-Mail-Flut) nach für Trump inkriminierenden Details zu durchforsten. Wer will bei diesem Präsidenten drei Finger dafür heben, dass belastende Informationen nicht geschwärzt oder gelöscht wurden?  [….]

(Dirk Hauptkapp, FUNKE, 18.11.2025)

In der Tat, dafür muss man kein Verschwörungstheoretiker sein: Daß Patel und Bondi seit Januar die Akten in ihren Händen hatten, ohne sie zu manipulieren, ist bei der kriminellen Regierung höchst unwahrscheinlich.

Das House stimmte heute mit 427 zu 1 für das Transparenzgesetz, welches die Epstein-Akten offen legen soll. Ob der Senat zustimmt, ob Trump unterschreibt, ist noch unklar. Die Hintertür könnte die von Trump beauftragte Epstein-Untersuchung gegen Bill Clinton sein. Ein offenkundiges Ablenkungsmanöver, das aber auch dazu dienen könnte, die allgemeine Veröffentlichung mit Hinweis auf ein „laufendes Verfahren“ zu blockieren.