Samstag, 24. Juli 2021

Laschets brauner Ballast im Osten

Wenn der völkische Faschist Bernd Höcke wieder einmal perfide versucht, die Demokratie selbst ad absurdum zu führen, geht im Thüringischem Landtag das Niveau ganz tief herab.

Der „Führer der Fraktion“ – so nennt er sich wirklich – zielte verbal auf die Hoden des CDU-Fraktionsvorsitzenden Mario Voigt.

[…..] Björn Höcke wandte sich in seiner Rede vor allem an die CDU. "Bleiben Sie bitte heute nicht sitzen", rief Höcke den Christdemokraten im Landtag zu. "Haben Sie Mut, sich zu bekennen und geben Sie Thüringen einen Neustart." Höcke attackierte zudem CDU-Fraktionschef Mario Voigt mit einem Ausdruck, der unter die Gürtellinie zielte. An die Adresse Voigts sagte Höcke: "Sie haben sich damit das politische Gemächt hochgebunden."  […..]

(MDR, 23.07.2021)

Man könnte annehmen, seine eigene CDU-Fraktion wäre nach so einem Angriff solidarisch mit ihrem eigenen Chef und würde es fertig bringen gegen den moralisch völlig verdorbenen Rechtsradikalen zu stimmen, der Goebbels- und Hitler-Zitate in seine Reden einfließen lässt.

Als sie die Wahl hatten, zwischen dem sehr frommen Christen Ramelow, der Thüringen vier Jahre lang demokratisch regierte und einem Faschisten-Bündnis, stimmten sie für die braune Kemmerich-Koalition mit der AfD.

Als es darum ging verabredungsgemäß den Landtag für Neuwahlen aufzulösen, wollten erneut vier CDU-Abgeordnete mit den Faschisten stimmen. Auch die gesamte FDP-Fraktion verweigerte sich der Demokratie. So zementierte die CDU die starke Position Höckes.

Die CDU kann sich auch nicht dazu durchringen stattdessen eine demokratische Minderheiten-Regierungskoalition zu tolerieren; auch hier steht sie lieber an der Seite der Faschisten.

Und nun Höckes vierter Streich – das konstruktive Misstrauensvotum, um die CDU als Fascho-Liebchen vorzuführen.

[…..] Höcke kann zufrieden sein. Es sollte Christdemokraten nicht schwerfallen, sich klar zu positionieren, wenn ein Rechtsextremist als Ministerpräsident zur Wahl steht. Doch der Fraktionschef der Thüringer CDU, Mario Voigt, scheint sich nicht ganz sicher gewesen zu sein, ob sich nicht einige seiner Abgeordneten verleiten lassen und bei dem von der AfD beantragten konstruktiven Misstrauensvotum Björn Höcke die Stimme geben würden - und sei es nur, um Amtsinhaber Bodo Ramelow und seiner rot-rot-grünen Minderheitsregierung eins auszuwischen. Oder wie soll man es deuten, dass die Fraktion geschlossen auf ihren Plätzen sitzen blieb?  Voigts Erklärung, man wolle so ein deutliches Zeichen setzen und im Falle einer für Höcke zusätzlich abgegebenen Stimme nicht in den Mittelpunkt von Spekulationen geraten, klingt da fast wie eine Ausrede von jemanden, der seine Fraktion nicht im Griff hat. Demokraten setzen ein klares Zeichen, in dem sie Nein sagen zu Rechtsextremisten, nicht indem sie sich der Abstimmung entziehen. […..]

(Antonie Rietzschel, SZ, 24.07.2021)

Daß der Mann, der sich von dem Faschisten-Führer eines „hochgebundenen Gemächts“ bezichtigen lässt, dennoch der AfD dient und sich zu keinem klaren Nein durchringen kann, verblüfft angesichts der Erfahrungen mit den Ost-CDU-Verbänden wenig. Die CDU-Nachbarn in Sachsen-Anhalt wollen „das Nationale mit dem Sozialen verbinden“ und stimmten ebenfalls mit der AfD, um die Anpassung der Rundfunkgebühren zu Fall zu bringen.

In Thüringen selbst tritt der völkische, antisemitische Verschwörungstheoretiker Maaßen als CDU-Bundestagskandidat an.

Immer mehr CDU-Landesverbände geraten mit ihrem Wahn, ein vermeidlich konservatives Profil schärfen zu müssen, auf Abwege.

Die eigene Konrad-Adenauer-Partei-Stiftung untersuchte just die Bindungen aller Wähler an Parteien, sowie die wichtigsten Themen und fand eindeutige Ergebnisse  zum Wunsch einer CDU-AfD-Kooperation, wie sie in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und zunehmend auch in Hamburg gewünscht wird.

[….] Wenig Sorgen müssen sich CDU und CSU dagegen um immer wieder aufflammende Forderungen aus Teilen der Partei nach einem schärferen konservativen Profil machen. Im Ranking der Wahlmotive liegt der Wunsch nach einer konservativen Ausrichtung der Studie zufolge auf dem vorletzten Platz, auch wenn er bei Unionsanhängern stärker ausgeprägt ist als bei den Wählern anderer Parteien. "Das Thema konservativ", sagt Norbert Lammert, "ist von Minderheiten in der Partei schon immer maßlos überschätzt worden."   Während die Anhänger der anderen Parteien in vielen der erhobenen Fragen sehr nahe beieinanderliegen, fallen die Antworten aus dem Lager der AfD fast überall aus dem Rahmen. Klar wird aus der Studie auch, dass die AfD auf der politischen Bühne weiterhin ein gemiedener Außenseiter bleiben wird. 87 Prozent derjenigen Befragten, die die AfD ablehnen, wollen keine Zusammenarbeit "ihrer" Partei mit der AfD. Ein aufschlussreiches Signal an die Teile der CDU im Osten, die sich eine solche Zusammenarbeit vorstellen können. […..]

(SZ, 19.07.2021)

Umso erschreckender ist das dröhnende Schweigen Armin Laschets und der gesamten Bundes-CDU zum fortgesetzten Flirt ihrer Ost-Verbände mit den Nazis.

[…..] Und in #Thueringen stimmt die CDU beim #Misstrauensvotum nicht ab - sie schafft es also nicht, gegen #Hoecke zu stimmen.  Was ist los bei euch, liebe Grüne, liebe Union? Unsere Haltung ist klar: Rassismus kann man nicht aussitzen! Man muss gegenhalten. Jeden Tag! […..]

(SPD Bundesvorstand 23.07.2021)

Und ja, Schande, Schande, SCHANDE auch über die konservativen BW-Grünen, die einen AfD-Mann in den Verfassungsgerichtshof schickten!

An Armin Laschet lässt sich inzwischen aber ein Muster beobachten. Während es seine beiden Vorgängerinnen im CDU-Parteivorsitz immerhin versuchten sich gegen AfD-CDU-Kooperationen zu stellen, indem sie deutliche Worte gegen die AfD fanden (freilich aber keine Taten gegenüber Nazi-affinen CDU-Mitgliedern folgen ließen), scheint der lachende Laschet gar keine Berührungsängste mit den demokratiefeindlichen Faschisten-Freunden seiner Partei zu haben.

[…..]"Wie das Kaninchen sitzt die CDU vor der AfD-Schlange. Es wäre das deutlich klarere politische Zeichen gewesen, wenn alle im Thüringer Landtag - außer der AfD - gegen Höcke gestimmt hätten." […..]

(Kerstin Palzer, MDR, 23.07.2021)