Im
Moment versuche ich gerade ein Auto zu kaufen.
Natürlich
gibt es Menschen, denen es gefällt zu handeln, auf Messen, bzw
Gebrauchtwagenmärkte zu fahren, die zahlreichen Internetportale durchzusuchen.
Ich finde das hingegen zum Brechen.
Ich habe
auch keine Ahnung von Autos.
Erstaunlich
ist aber wie meinungsfreudig der Otto Normalverbraucher beim Thema Automarken
ist. Jeder haut sofort seine vorgeblichen Insiderinformationen raus über
Marken, die man nun wirklich nicht kaufen dürfe, weil die nur Schrottkarren fabrizierten.
Hingegen
baue die Marke XY nur sehr gute Autos.
Anfangs fragte ich noch interessiert
nach, worauf denn diese Einschätzung fuße. Ziemlich schnell stellte sich
aber immer raus, daß die selbst ernannten Auto-Experten noch weniger darüber
wußten als ich.
Prinzipiell
konstatiere ich eine enorme Vorliebe für deutsche Autos. Daß Wagen aus heimischer Produktion der
Konkurrenz aus Japan, Korea oder gar Italien überlegen wären, scheint Konsens
zu sein.
Meine
Einwürfe über verschlafene Entwicklungen - Rußpartikelfilter, Hybridantriebe,
CO2-Redutionen - die stets aus anderen Nationen kamen, drangen nicht durch.
Auch die Frage nach dem fast immer deutlich höheren Preis der fahrbaren Untersätze
aus Bayern oder Wolfsburg prallte lediglich auf Unverständnis.
Das wichtigste
sei schließlich der WIEDERVERKAUFSWERT.
Mein jetziges Auto (zehn Jahre alt,
Italiener) wäre nämlich bestimmt noch 30% mehr wert, wenn es ein Deutscher wäre.
Aha.
Also zählen ein paar Hundert Euro extra
nach zehn Jahren mehr, als sich zehn Jahre lang jeden Tag unwohl zu fühlen mit
einem Auto, das man nicht leiden kann.
Die
Diskussionen sind glücklicherweise für mich schnell zu beenden, da ich
politisch denke.
Mal was von Naomi Klein gehört?
Man soll seine Verbrauchermacht nutzen! Und wann gibt man als Geringverdiener schon mal so viel Geld auf einmal aus, wie für ein Auto?
So einen Batzen werde ich garantiert nicht an eine Firma überweisen, an deren Spitze drei bayerische Multimilliardäre hocken, die jährlich sechsstellige Summen an die CDU spenden.
Man soll seine Verbrauchermacht nutzen! Und wann gibt man als Geringverdiener schon mal so viel Geld auf einmal aus, wie für ein Auto?
So einen Batzen werde ich garantiert nicht an eine Firma überweisen, an deren Spitze drei bayerische Multimilliardäre hocken, die jährlich sechsstellige Summen an die CDU spenden.
Oder der österreichische Milliardär Ferdinand Piëch.
Oder an eine Firma, die unter der Ägide des Merkel-Berater Jürgen Schrempp
Zigtausende Arbeitsplätze vernichtete.
Außerdem
fahren in Deutschland mehr als vier Millionen GOLFs auf der Straße. Ich will
doch kein Auto, das jeder andere auch hat.
Also keine deutschen Autos. Niemals.
Es
gibt aber eine weitere Merkwürdigkeit beim Kauf eines Autos:
Die
Vertragshändler hassen es sich von ihren Autos zu trennen und empfinden Kunden
daher als echte Belästigung.
Wie jeder Mensch des Jahres 2012 versuchte ich
zunächst im Internet ein paar Informationen einzuholen. Schon das ist nicht leicht.
Die Webseiten sind teilweise grottig schlecht
gemacht. Der Car-Konfigurator funktionierte einwandfrei nur bei Honda und Toyota.
Üblicherweise wird der Preis eines Neuwagens aber als Staatsgeheimnis
betrachtet.
Broschüren? Gedruckte Broschüren mußten her.
Die kann man
glücklicherweise im Internet bestellen.
Üblicherweise
verlangen sie dabei die Beantwortung eines länglichen Fragenkatalogs inklusive
Einverständniserklärung der Verwendung aller Daten bis hin zu Blutgruppe und
Penisgröße.
Aber
was soll’s? Immerhin könnte ich dann in Ruhe zu Hause rumblättern und
vergleichen.
Dachte
ich.
Tatsächlich
reagierten auf online-Anfragen nur zwei Firmen.
In einem Fall kam ein Brief aus
der Zentrale, daß die Kataloge derzeit bedauerlicherweise vergriffen wären; ich
sollte doch in einigen Wochen noch mal nachfragen.
Lediglich
Hyundai schickte einen dicken Packen Kataloge.
Zwar nicht genau zu den
Modellen, die mich interessierten, aber immerhin.
Pluspunkt für die Koreaner.
Weiterer Vorteil: Niemand kennt das Model „Veloster“.
Selbst die echten Auto-Cracks,
die entsprechende Zeitschriften abonniert haben, zuckten mit den Schultern.
Ja!
Genau so was will ich haben!
Auf
meinen Wunsch nach einer Probefahrt im Hyundai-Veloster meldete sich eine sehr
bayerische Stimme aus einem Callcenter bei mir. Mit vielen rollenden „r“s suchte
die freundliche Dame den nächsten Hyundai-Händler in meiner Nähe. Sehr nett.
Nur, daß ich den selbstverständlich schon längst über die Internetseite
gefunden hatte. Man werde meinen Wunsch weiterleiten.
Eine Woche verging.
Schon
lange wunderte ich mich nicht mehr über das Desinteresse am Autoverkauf. Also
fuhr ich einfach mal hin. Telefonisch oder online erreicht man ohnehin nichts.
Zunächst
einmal: Der erste Eindruck des kleinen 2+1-Türers ist viel unauffälliger als
ich dachte. Kommt geradezu bescheiden daher. Also nach dem dreht sich
garantiert niemand auf der Straße um. Den haben sie im Prospekt echt viel
poppiger photographiert als er ist.
Der
wirkt erst mal ein bißchen so wie irgendein Golf. Erst auf den zweiten Blick
sieht man, daß er anders ist. Ist auch recht klein. Flach.
Dieses
Understatement fand ich ja schon mal richtig klasse.
Dann
kam der große Moment mit der Tür. Ich bin schließlich alles andere als ein
Zwerg mit kurzen Beinen. Und tatsächlich: Die Fahrertür ist richtig lang.
Bequemes Einsteigen und wenn ich drin sitze und nach links gucke, habe ich
völlig freie Sicht und nicht nur die B-Säule im Blickfeld wie bei Viertürern.
Klasse.
Auch das Cockpit gefiel mir wesentlich besser als erwartet. Im Katalog
wirkt der Touchscreen des Bordcomputers und
all das Chrom so dominierend. In echt wirkt das viel gefälliger und
bescheidener. Design: Like! Gefällt mir
optisch.
Man
kann den Sitz auch ganz weit zurück machen und auf der rechten Seite ist auch
alles PRIMA. Die Rückbank ist durchaus zu benutzen. Die hintere Tür ist gar
nicht so schmal wie ich dachte.
Dann
kam auch tatsächlich mal so ein pyknisches kleines dickes Etwas in einem extrem
schlecht sitzenden Anzug auf mich zu und wollte wissen, ob ich Hilfe bräuchte.
Da
habe ich als erstes rausgehauen, ob es sicher so sei, daß Glasdach nur mit
Ledergarnitur ginge, oder ob ich das auch unabhängig voneinander bekommen
könnte.
(Sonderausstattungen sind nur in Paketen erhältlich. Will man eine
Sache unbedingt haben, muß man ein Dutzend sinnloser anderer Gimmicks dazu
bestellen)
Hat
ihn völlig überfordert, der Gedanke.
Hilflos
wankte er zu seinem Chef, konnte sich aber nicht recht ausdrücken.
Hinterherlatschenderweise assistierte ich dann, indem ich meine Frage noch mal
stellte. Aber der Chef-Geront stierte weiter auf irgendwelche Unterlagen und
würdigte mich nicht eines Blickes.
Hat starr nach unten geglotzt und nur
schulterzuckend mit dem Kopf gewackelt.
UNHÖFLICH.
Also echt.
Wenn schon nicht begrüßen, so könnte er doch einen Kunden wenigstens
mal ansehen!
Der
kleine Dicke fummelte dann den Prospekt aus einer Schublade und fing an zu
blättern.
Hilfreich war das nicht, denn DEN Katalog habe ich ja längst und aus
dem stammten nämlich meine Informationen.
Schließlich kam der mollige Midget zu
dem Schluß, das ginge offenbar nicht - Glasdach ohne Leder.
Er ließ auch
keinerlei Verständnis dafür erkennen, daß ich nur das eine wollte.
Wer will
denn freiwillig Ledersitze? Im Winter sind die arschkalt (im wahrsten Sinne des
Wortes) und im Sommer verbrennt man sich erst und klebt dann fest.
Da
er dann weiter teilnahmslos neben mir stand, ergriff ich die
Gesprächsinitiative erneut und fragte, ob es möglich wäre mal ein paar Meter zu
fahren, damit ich ein Gefühl bekäme.
„Jetzt??? Aber unser Veloster hat ja gar keine Nummernschilder!“
Da
ich aber nicht wegging, erklärte er sich bereit rote Nummernschilder dran zu
machen und damit ich einmal um die Ecke fahren könnte - aber „nur ganz kurz“,
damit sich das nicht auf dem Km-Stand bemerkbar mache. (?)
Herr
Daniel, so hieß der Typ, trollte sich also und in der Zwischenzeit habe ich
sämtliche Hyundais angesehen, die da noch rumstanden. Die sind durch die Bank
weg viel netter als ich dachte.
Auch das große Coupé Genesis. Und der „neue
i30“ gefällt mir ebenfalls wesentlich besser als die meisten Golf-Klasse-Autos.
Von
innen sind die richtig schön gemacht, gute Verarbeitung, übersichtliche
Bedienung, kein Schnickschnack und trotzdem peppig. Ganz nett. Es wurde nur auf
die Dauer etwas langweilig in einer kleinen Halle um kleine koreanische Karren
herum zu mäandern.
Mittlerweile
wartete ich aber schon 15 Minuten und machte mich erst mal auf die Suche nach
dem verwirrten Pykniker, den ich auch schnell draußen erspähte.
Da war ein
Veloster auf so einem schrägen Präsentiergestell montiert und Dicki glotze
unter der Motorhaube rum.
Rote
Schilder konnte ich aber nicht sehen.
Schließlich
stellte sich raus; das Ding war tot. Batterie alle und er bekam den einfach
nicht an.
Obwohl
der auf beiden Seiten eine fette Werbung „VELOSTER - PROBEFAHREN JETZT“ drauf
gemalt hatte.
„Nö, das geht jetzt nicht. Da müßten wir einen Termin machen.“
Ich
wollte den aber irgendwie schon mal starten und willigte ein. Einzige
Möglichkeit Samstag 12.00 Uhr.
Ob
es an einem Wochentag ginge?
„Nein, wir haben ja schon eine Probefahrt mit einem Kunden am Samstag und wollen ja nicht zweimal das Auto extra fertig machen!“
Daraufhin
habe ich mich noch mal zu dem Ausstellungsveloster begeben und gebeten den
Kofferraum mal aufzumachen. War auch ein Problem - denn das geht nur im Strom
und die Batterie war abgeklemmt. Hat der dicke Daniel aber hinbekommen. Das sah
auch alle gut aus. Die hintere Hälfte des Dachs ist serienmäßig verglast und
das klappt auch alles mit hoch, wenn man hinten aufmacht. Echt klasse. Also von
wegen „schlechte Sicht“ oder gar „Schießscharte“ - wie alle auf deutsche Autos
fixierten Tester gewarnt hatten. Das haben die schlauen Koreaner schon durchdacht.
Nur:
Das Dach ist eben NIEDRIG und ich stoße, wenn ich gerade sitze, genau mit dem
Kopf an die Decke.
Schlau
wie ich bin, dachte ich, daß es bei einem Glasdach womöglich zwei oder drei
Zentimeter mehr Platz sein könnten, weil da drunter ja keine Verkleidung mehr
ist. Wußte aber Herr David nicht. Und sie hatten auch keinen da.
„Bekommen Sie denn vielleicht mal einen Veloster mit Glasdach?“
Wieder
großes Schulterzucken. Also auf dem Plan stünde nichts.
Daraufhin
habe ich dann den Sa-12.00 Uhr-Termin wieder abgesagt, weil es ja keinen Sinn
macht ein Auto probe zu fahren, von dem ich jetzt schon sagen kann, daß es zu
klein ist und ich nicht drin sitzen kann.
Da war Herr Daniel froh.
Spart eine
Batterie.
Inzwischen
war ich auch dermaßen genervt von diesem billardkugelköpfigen Blödmann, daß ich
sowieso keinen Bock mehr hatte da ein Auto zu kaufen.
Auf
dem Weg zu Hyundai mußte ich übrigens tanken und habe bei der Gelegenheit das
Auto mal kurz in so eine Billigwaschanlage gestellt - (zehn Jahre gab es nur
die teure Cosy-Wash-Methode, um den Lack zu schonen. Aber jetzt ist ja wohl
egal), weil der wirklich extrem klebrig und schäbig aussah.
In
frisch gewaschen sieht mein altes Auto gar nicht mehr schäbig und klapperig
aus.
Und durch den TÜV ist er auch ohne Mängel gekommen - obwohl es ein Italiener
ist.
Wieso
wollte ich eigentlich ein Neues haben?
Daran
waren nur die Deutschen Schuld, die mir einredeten man müsse ein Auto immer
nach spätestens vier Jahren verkaufen. Stichwort „Wiederverkaufswert“.
Also
wollte ich mein Auto in Zahlung geben, solange ich noch etwas dafür bekomme.
Tatsächlich
ist es aber jetzt schon „wertlos“, wie mir ein Besuch bei einem zweiten Händler
bestätigte.
Da
es aber keinen Sinn macht etwas WERTLOSES zu verkaufen, lasse ich den
Autokaufplan jetzt fallen.
Ich
wußte ja schon lange, daß es schwer ist Geld einzunehmen.
Nun habe ich gelernt,
daß es auch schwer ist Geld auszugeben.