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Dienstag, 9. September 2025

Friedenswille

Wenn ein Land, wie Deutschland, am 01.09.1939, einen Krieg beginnt, will es keinen Frieden.

Wenn ein Land sich militärisch extrem überlegen fühlt, wie die USA im Februar 1965 bei der Bombardierung Nordvietnams, der Shock-and-Awe-Operation im März 2003 gegen den Irak, oder Russland im Februar 2022 gegen die Ukraine, will es keinen Frieden.

Wenn ein Land sich auf der Siegerstraße fühlt und die Gegner die allermeisten Verluste erleiden, wie Deutschland 1940, will es keinen Frieden. Da war Oberst Claus Graf Schenk von Stauffenberg auch noch treuer Wehrmachtsoffizier.

Wenn ein Land einen fanatischen Sadisten als Oberbefehlshaber agieren lässt, wie Deutschland 1933-1945, will es keinen Frieden.

Ich glaube ohnehin nicht an eine friedliche Natur des Menschen. Homo Sapiens strebte seit seiner Sesshaftigkeit vor 20.000 Jahren nach Eroberung und verwandte enorme Energie darauf, seine Artgenossen zu massakrieren. Mit der Entstehung der monotheistischen Ideologien, wurde das gegenseitige Abmurxen regelrecht zur Pflicht. Deus lo vult.

Einen kriegswilligen Angreifer bekommt man in einigen Fällen nie zur Friedenswilligkeit. Allgemein wird die vernichtenden Niederlage der Wehrmacht in Stalingrad im Februar 1943 als der Zeitpunkt verstanden, an dem Deutschland den Weltkrieg nicht mehr gewinnen konnte. Offiziere begannen sich abzuwenden, sahen die unausweichliche Vernichtung ihrer Heimat kommen und versuchten daher ein Ende des Krieges zu erreichen. So kam es zum 20.Juli 1944. Indem man der Schlange den Kopf abschlug, wollte man zumindest England, Frankreich und der USA gegenüber die Kämpfe einstellen. Allein, der Kriegswille erwies sich immer noch als stärker. Und so starben in den neun Monaten bis zum 08.05.1945 mehr Deutsche, als in der gesamten Zeit von September 1939 bis Juli 1944. Offenkundig musste erst ein Kontinent dem Erdboden gleich gemacht werden, um endlich Frieden zu erreichen.

Wenn Anführer keine Psychopathen wie Hitler sind und den Krieg nicht persönlich angefangen haben, können sie zum Einlenken gebracht werden. Sie ziehen ihre Truppen zurück, wenn der Krieg extrem teuer and Geld und Menschenleben wird.

Beispiele sind der sowjetische Rückzug aus Afghanistan 1989, der US-Rückzug aus Afghanistan 2021, oder der US-Rückzug aus Vietnam 1973-75.

Erst wenn ein totales Desaster angerichtet ist, lenken Staaten ein.

[…] Etwa 2,7 Millionen Amerikaner waren während des Vietnamkrieges als Soldaten in Vietnam, davon 1,6 Millionen im Kampfeinsatz. Es gab die Wehrpflicht, aber das System war höchst ungerecht: Wer die finanziellen Mittel hatte, konnte sich dem Militärdienst in Vietnam (durch Studium etc.) entziehen. Von jenen, die ihren Wehrdienst ableisteten und in Vietnam kämpften und starben, waren unverhältnismäßig viele arm, schlecht gebildet und schwarz. Es war eine Armee von Teenagern – mehr als 60 % starben im Alter von 18 bis 21 Jahren, das Durchschnittsalter der US-Truppe war 19.

Der Vietnamkrieg bleibt eines der größten Desaster der US-Geschichte und ein Trauma für die Weltmacht. Er war ein "furchtbarer Irrtum", wie Verteidigungsminister Robert McNamara (1961 – 1968) ihn 1995 in seinen "Erinnerungen" bezeichnete. Es war bis zu dem Zeitpunkt Amerikas längster Krieg und der erste, der verloren gegangen war. Mit furchtbaren Folgen: 58.269 amerikanische Soldaten waren gestorben, 304.704 verletzt, mehr als 33.000 blieben gelähmt. In seiner Folge begingen mehr Veteranen Selbstmord, als Soldaten in Vietnam gefallen waren. In der Heimat fanden sich viele im Zivilleben nicht mehr zurecht. 500.000 – 800.000 von ihnen litten und leiden unter einem posttraumatischen Stresssyndrom. Anfang der neunziger Jahre waren von den etwa 750.000 Obdachlosen in den USA ein Viertel bis ein Drittel Vietnamveteranen. Der Vietnamkrieg wurde der Albtraum der Amerikaner, der die Nation so spaltete wie nichts mehr seit dem Bürgerkrieg 100 Jahre zuvor.

Im Unterbewusstsein wirkte und wirkt dieser Krieg fort und bestimmte für die nächsten Jahre die amerikanische Außenpolitik. Die unmittelbare Konsequenz der Niederlage für die USA formulierte der deutsche Botschafter in Washington, Berndt von Staden, 1975 so: "Die ‚missionarische‘ Phase der amerikanischen Außenpolitik, die vom Willen zum eigenen Einsatz getragen war, scheint sich ihrem Ende zuzuneigen."

Der Krieg in Südostasien war allerdings nicht nur eine Katastrophe für die USA: eine Million südvietnamesische Soldaten starben, etwa zwei Millionen tote Zivilisten waren zu beklagen; Zwei Millionen Menschen wurden verstümmelt. Es ist anzunehmen, dass in Nordvietnam mindestens genauso viele Menschen ihr Leben lassen mussten. Die USA warfen viermal so viele Bomben ab wie während des gesamten Zweiten Weltkrieges – mit einer Zerstörungskraft von etwa 600 Hiroshima-Atombomben und 20 Millionen Bombenkratern. 50 Millionen Liter des hochgiftigen Agent Orange wurden zur Entlaubung der Wälder versprüht, um den Feind besser bekämpfen zu können – mit Auswirkungen bis auf den heutigen Tag. [….]

(bpb, 21.10.2020)

Die genauen Verluste an russischen Menschenleben während des gegenwärtigen Ukrainekrieges werden wir vermutlich nie erfahren. Sie sind aber exorbitant. Zahlen von bis zu 1.000 Toten täglich; insgesamt 120.000-200.000, kursieren.

Offenkundig sind das aber zu wenig Tote, um Putin zum Einlenken zu bewegen oder seine Herrschaft zu gefährden. Im Gegenteil; im Moment läuft es prima für ihn; er sitzt fest im Sattel und wird international hofiert. Hier ist jemand erkennbar nicht friedenswillig.

Darin steht ihm Bibi Netanjahu in nichts nach. Auch er demonstriert deutlich, wie wenig ihn die Kosten des Krieges – in seinem Fall finanzielle und diplomatische Kosten – anhaben können. Das israelische Volk steht schon mehrheitlich gegen ihn, Demonstriert täglich für ein Ende des Gaza-Krieges. Die Juden in der Diaspora verzweifeln zunehmend.

[….] »Vielleicht bringt das Bibi (Netanyahu) endlich zum Umdenken«, hoffte meine Tochter Yael-Emily. Sie meinte die jüngste Entscheidung von Bundeskanzler Friedrich Merz, den Export deutscher Waffen, die Israels Armee für Militäraktionen im Gazastreifen einsetzen könnte, vorläufig zu unterbinden. [….] Die Verzweiflung über eine israelische Regierung, deren Handlungen sich immer weiter von den Interessen des Landes zu entfernen scheint, befällt mehr und mehr Juden, nicht nur in Israel, sondern auf der ganzen Welt. Gleichzeitig beobachte ich ein anderes Phänomen: Juden auf der ganzen Welt werden für das Handeln dieser Regierung in Mithaftung genommen.

Auch die deutschen Juden sehen sich zunehmend erdrückt zwischen interner Kritik an der ausweglosen Kriegsführung Israels und wachsender Feindseligkeit gegenüber Israel und den Juden. Wir werden in Geiselhaft für Israel genommen. [….]

(Rafael Seligmann, 09.09.2025)

Aber trotz des massiven internationalen Drucks, des internationalen Haftbefehls und der katastrophalen Stimmung im eigenen Volk, lässt Bibi nicht vom Krieg ab. Im Gegenteil. Er weitet ihn aus, zündelt manisch immer weiter, offenbar nur getrieben von der Angst, bei Neuwahlen sein Amt, mitsamt der Immunität zu verlieren und im Gefängnis zu landen. Daher der unverantwortliche Angriff heute auf Katar, der selbst Donald Trump verärgert.

[….] Feige, heimtückisch, inakzeptabel: Vor allem arabische Staaten verurteilen Israels Angriff auf ranghohe Hamas-Funktionäre in Katar. Außenminister Wadephul sieht Katars territoriale Souveränität verletzt.

Die arabische Welt verurteilt den israelischen Militärschlag gegen Hamas-Funktionäre im Golfstaat Katar. Der Angriff in einem der wichtigsten Vermittlerstaaten in der Krisenregion dürfte die Spannungen weiter verschärfen - und Israel international noch weiter isolieren.

Ägypten bezeichnet den Angriff in Doha als "inakzeptable Entwicklung". Der Angriff habe einem Treffen von "palästinensischen Führern" gegolten, "bei dem über Möglichkeiten zur Erreichung eines Waffenstillstandsabkommens" in Gaza beraten werden sollte. Ägypten forderte die internationale Gemeinschaft auf zu handeln und Verantwortliche zur Rechenschaft zu ziehen. Der Angriff stelle einen "gefährlichen Präzedenzfall" dar, teilte das Büro des Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi mit. Ägypten und Katar sind neben den USA die zentralen Vermittler zwischen der Hamas und Israel.

Das einflussreiche Saudi-Arabien sprach von einem eklatanten Verstoß gegen die katarische Souveränität. Das Außenministerium warnte vor "schwerwiegenden Folgen" für die Region und bekundete volle Solidarität mit Katar. Saudi-Arabiens Kronprinz und faktischer Herrscher, Mohammed bin Salman, bekräftigte, dass das Königreich alle Mittel einsetzt, um Katar bei der Wahrung seiner Sicherheit und Souveränität zu unterstützen. Das Außenministerium im türkischen Ankara nannte den Angriff "niederträchtig", er sei ein "Beleg für Israels expansionistische Politik und seine Anwendung von Staatsterrorismus". "Der gezielte Angriff auf die Verhandlungsdelegation der Hamas während der andauernden Waffenstillstandsverhandlungen zeigt, dass Israel keinen Frieden anstrebt, sondern eine Fortsetzung des Krieges beabsichtigt", hieß es. [….]

(Tagesschau, 09.09.2025)

Selbstverständlich wünsche ich mir Frieden und eine diplomatische Lösung. Die Waffen sollen schweigen. Aber ob es nun das größte Land der Erde, Russland, oder die Mini-Nation Israel ist: Was nützen Verhandlungen, wenn der Kriegstreiber keinen Frieden will und ganz offensichtlich nicht genug Druck aufgebaut wurde, um Frieden zu erzwingen?

[….] Ministerpräsident Netanjahu provoziert mit dem jüngsten Luftschlag arabische Staaten, die ihre Beziehungen zum jüdischen Staat eigentlich normalisieren wollten.

Viel deutlicher kann man es nicht machen, dass man gar nicht an einem Waffenstillstand interessiert ist oder gar an einer Zukunft für Gaza, die auch die Palästinenser beinhaltet. [….] Katar hat angekündigt, seine Vermittlungsbemühungen in Gaza erst einmal einzustellen. Ägypten, dem anderen Vermittler, hat Netanjahu in den vergangenen Tage immer wieder gedroht. Bald ist womöglich niemand mehr da, der noch vermitteln kann. Und auch niemand bei der Hamas, der den Vorschlägen noch zustimmen könnte. Das scheint das eigentliche Ziel Netanjahus zu sein.   […]

(Bernd Dörries, 09.09.2025)

Freitag, 5. September 2025

Krimsekt im Kreml

Trump natürlich nicht; aber außer ihm, dürften alle westlichen und demokratischen Regierungschefs verstanden haben, daß Frieden in der Ukraine von belastbaren Sicherheitsgarantien abhängt. Ein sehr großes Problem, weil es in Westeuropa nicht ansatzweise genügend Truppen und Ausrüstung gibt.

Neuerdings wird immerhin theoretisch überlegt, wie Sicherheitsgarantien für die Ukraine aussehen könnten. Dafür wären theoretisch eine halbe Million EU-Soldaten in Osteuropa notwendig. In der Praxis ist das aber de facto nicht umsetzbar, weil wir a) nicht mal ansatzweise so viele Soldaten haben, weil b) Russland das kategorisch ausschließt und aus Kriegsgrund wertet und c) sogar die CDUCSU sofort in Hühnerhaufenmodus verfällt. Außenminister Wadephul sagt heute dies, morgen das Gegenteil, Röttgen kann sich das irgendwie vorstellen, Kretschmer ist strikt dagegen, Merz planlos, CDU-Verteidigungsexperte Thomas Röwekamp rechnet mit einem Bundeswehreinsatz in der Ukraine. Spahn will die Diskussion über die Frage verbieten. Dafür kauft die EU aber wieder mehr russisches Gas, um Putins Kriegskasse zu füllen.

[…]  EU gibt mehr für russisches Flüssigerdgas aus

Die Europäische Union hat im ersten Halbjahr Flüssigerdgas aus Russland im Wert von rund 4,48 Milliarden Euro importiert. Das übersteigt die Ausgaben im gleichen Zeitraum des Vorjahres um knapp ein Drittel.  […..]

(Tagesschau, 19.08.2025)

Was sind Leyens Luschen nur für Loser?! Putin hat gut Lachen.

Wladimir Putin fühlt sich, bedauerlicherweise ZU RECHT, stärker denn je und sagt den EUlern sehr klar, was er von Schutztruppen in der Ukraine hält. Nämlich, nichts.


[….] Der russische Präsident Wladimir Putin hat mit einer scharfen Drohung auf die Ankündigung zur Entsendung westlicher Truppen in die Ukraine im Falle eines Waffenstillstands reagiert. "Wenn dort irgendwelche Truppen auftauchen, insbesondere jetzt während der Kämpfe, gehen wir von der Prämisse aus, dass sie ein legitimes Ziel sind", sagte der Kreml-Chef am Freitag in Wladiwostok. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj geht davon aus, dass der Westen zur Entsendung tausender Soldaten bereit ist.  [….]

(STERN, 05.09.2025)

Die EU und die „Koalition der Willigen“ haben immerhin verstanden, wie wichtig es ist, sich nicht immer von Moskau einschüchtern zu lassen, wenn man überleben will. Daher arbeiten sie tatsächlich an einer Allianz zum Schutz vor Russland.

Nur einer hat die Hosen voll und lässt die anderen im Stich: Fritze Merz.

[…] Beim Pariser Gespräch über europäische Sicherheitsgarantien für die Ukraine fordert Bundeskanzler Merz mehr Druck auf Russland. Ein Bekenntnis zur Entsendung deutscher Bodentruppen bleibt aus. Diplomaten beklagen eine „komplette Kehrtwende“ Berlins. […] Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij war zu dem Treffen nach Paris gekommen, Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und der britische Premierminister Keir Starmer schalteten sich per Video zu.  Zentrales Anliegen war dabei, US-Präsident Donald Trump einzubinden, der auf starke Beiträge der Europäer pocht, bei eigenen Zusagen aber vage bleibt. Macron teilte nach den Gesprächen mit, dass insgesamt 26 Staaten ihre Bereitschaft erklärt hätten, sich nach einem Ende der Kämpfe in der Ukraine mit Soldaten „am Boden, zur See und in der Luft“ an einer Schutztruppe, einer „Reassurance Force“, zu beteiligen. Details, etwa zu Truppenstärken, nannte er nicht. […] In der Bundesregierung herrscht die Sorge, dass über die Fokussierung auf Sicherheitsgarantien der Druck auf Russlands Präsidenten Wladimir Putin nachlässt, der bislang keinerlei Bereitschaft zur Beendigung des Kriegs zeigt. […] Die Erwartung, Deutschland werde Bodentruppen für eine mögliche Ukraine-Mission zusagen, hatte Merz bereits vor dem Treffen enttäuscht und damit massiven Unmut in europäischen Sicherheitskreisen ausgelöst. Denn die deutsche Seite hatte bei europäisch-amerikanischen Vorbereitungstreffen offenbar durchaus ihre Bereitschaft kommuniziert, zusammen mit Frankreich und Großbritannien das Gros einer möglichen Schutztruppe zu stellen – jeweils zu ungefähr einem Drittel.

Es sei bis hinauf auf die Ebene der Generalstabschefs und Sicherheitsberater vereinbart gewesen, dass die sogenannten E-3-Staaten „jeweils zu gleichen Teilen das Skelett“ zu einer Schutztruppe beisteuern, sagt ein Beobachter. Deren Aufgabe solle vor allem darin bestehen, ukrainische Soldaten auszubilden – und Präsenz zu zeigen, um Russland abzuschrecken. Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, hatte für die Zusage eines möglichen deutschen Beitrags aber dem Vernehmen nach keine ausreichende politische Rückendeckung aus Berlin. […]

(SZ, 05.09.2025)

Was ist 2025 nur für ein Glücksjahr für Putin! Erst zieht sein größter Fan ins Weiße Haus ein, dann übernimmt auch noch ein wankelmütiges Sauerländer Greenhorn das Berliner Bundeskanzleramt, das auf internationaler Bühne zwar große Töne spuckt, aber intensiv daran arbeitet, die EU zu spalten, zu blockieren und zu schwächen.

[…] Ohne Deutschland würde das zwischen Europa und Trump mühsam ausgehandelte Konstrukt von Sicherheitsgarantien für die Ukraine zusammenfallen. Aber die Zeit, in der man Verantwortung auf andere abwälzen konnte, ist vorüber.

Das Problem mit der sogenannten Koalition der Willigen war immer schon dieses: Was genau sind ihre Mitglieder eigentlich gewillt zu tun, um die Existenz der Ukraine als souveränes Land zu garantieren? Nicht: Was versprechen sie, was erwägen sie, was planen sie, sofern ein halbes Dutzend Bedingungen erfüllt sind? Sondern: Was tun sie?

Darüber wird in unterschiedlich besetzten politischen und militärischen Runden Europas seit Monaten geredet. Aber nun ist es an der Zeit, Entscheidungen zu fällen. Dazu war das Treffen am Donnerstag in Paris gedacht, das Frankreichs Präsident Emmanuel Macron einberufen hatte. […] „Die Europäer“ – das bedeutet in der Praxis: Großbritannien, Frankreich und Deutschland. Sie sind die drei politischen und militärischen Führungsmächte in Europa, die ersten beiden verfügen über Atomwaffen. Nur sie können das Personal und Material stellen, das für eine nennenswert große Schutztruppe notwendig ist. Insofern ist es folgerichtig, dass London, Paris und Berlin sich in den vergangenen Monaten darauf geeinigt haben, ungefähr jeweils ein Drittel zu einer Ukraine-Truppe beizusteuern. Kontingente kleinerer Staaten kämen noch hinzu.

Bisher schien es, als halte sich die Bundesregierung an diese Vereinbarung. Bundeskanzler Friedrich Merz hat mehrmals betont, dass Deutschland sich seiner Verantwortung für die Sicherheit der Ukraine und Europas nicht entziehen könne. Sofern das bedeute, beim Bundestag ein Mandat für einen Einsatz der Bundeswehr zu erwirken, werde man das tun, so Merz.

Doch seit einigen Tagen will der Kanzler davon offenbar nichts mehr wissen. Die Frage nach einer Entsendung der Bundeswehr stelle sich nicht, argumentiert er plötzlich, es gebe keinen Waffenstillstand, keine Klarheit über den Beitrag der Amerikaner, kein Plazet aus Moskau. Was deutsche Soldaten in der Ukraine angehe, habe er „erhebliche Vorbehalte“, so Merz. […]

(Hubert Wetzel, 04.09.2025)

Läuft für Putin. Die EU ist ohnehin notorisch schwach und zerstritten, aber Merz gibt ihr den Rest.

Trump hatte ihn bereits aus der internationalen Isolation geholt, mit diplomatischen Ehrungen überhäuft und ohne Gegenleistungen die russische Verhandlungsposition übernommen.

Die zweitgrößte Industrienation der Erde, China, steht ohnehin hinter Putin.

Seit aber die Größte und Drittgrößte sich durch demokratische Wahlen jeweils selbst einen Deppen an der Regierungsspitze ausgesucht haben, bekommt Putin das, was er am dringendsten braucht: Zeit und freie Hand in der Ukraine.

[…] Russland greift mit mehr als 500 ferngesteuerten Flugkörpern die Infrastruktur der Ukraine an[…] Bis Mittwochmorgen, neun Uhr, zählte die ukrainische Luftwaffe 502 Shahed-Kamikazedrohnen, 16 Kalibr- und acht Ch-101-Marschflugkörper, die Russland am vergangenen Tag und in der Nacht auf Ziele vor allem in der zentralen und westlichen Ukraine eingesetzt hatte. 430 Drohnen und 21 der 24 Marschflugkörper seien abgeschossen worden, doch drei Flugkörper und 69 Drohnen hätten ihre Ziele an 14 verschiedenen Orten getroffen – darunter offenbar oft Objekte der Stromversorgung. Wegen der Angriffe im Westen des Landes wurde die Flugabwehr im nahen Polen in Einsatzbereitschaft versetzt. Dort stiegen auch Nato-Flugzeuge auf, um den dortigen Luftraum zu sichern. […]

(Florian Hassel, 03.09.2025)

Die Anrainerstaaten der Ukraine und Russlands machen sich verständlicherweise größte Sorgen, als nächstes auf Putins Speisekarte zu stehen. Deswegen investieren sie in ihre Verteidigung. Das gefällt Putin nicht und daher hilft ihm sein Fanboy in Mar A Lago.

[…] Nato-Staaten an der Grenze zu Russland Litauen und Estland bestätigen Kürzungen der US-Militärhilfe

Berichten zufolge wollen die USA unter Donald Trump ihre Militärhilfen für mehrere europäische Staaten radikal kürzen. Zwei baltische Länder bestätigen nun entsprechende Pläne. Es geht offenbar um Hunderte Millionen Euro. [….]

(SPON, 05.09.2015)

Ach, muss sich das herrlich anfühlen im Kreml! Es läuft einfach perfekt an allen Fronten. Dank der mächtigen useful idiots, die Putin die Wünsche von den Lippen ablesen, während er sich in Peking von Kim, Modi und Xi feiern lässt.

[…] Es läuft für Wladimir Putin, und der Weg führt ihn noch weiter heraus aus der Isolation. Schon allein die russische Zeitung Komsomolskaja Prawda hat Mühe, all die Bilder aus China zu sortieren, auf denen der Kremlchef aus einer Limousine steigt, über den roten Teppich läuft, Hände von Staats- und Regierungschefs schüttelt.

Chinas Präsident Xi Jingping hat Putin bei der großen Militärparade als „Ehrengast“ bezeichnet, sie tranken vorher bereits Tee zusammen und schlossen Verträge ab; der russische Machthaber traf in den vergangenen Tagen in China unter anderem Indiens Premierminister Narendra Modi, Nordkoreas Dikator Kim Jong-un, sogar zwei Europäer zeigten sich mit Putin: Serbiens Präsident Aleksandar Vučić und der slowakische Regierungschef Robert Fico. Und die ganze Welt schaue zu, schreibt die Zeitung KP.

Für Putin sind diese Aufnahmen Bilder des Triumphs. Denn es ist kaum mehr als zwei Wochen her, dass er sich in Alaska auch schon mit US-Präsident Donald Trump getroffen hat. Zusammengenommen sind das Vertreter eines sehr großen Teils der Weltbevölkerung. Für die Menschen in Russland dürfte bei derart mächtigen Bildern aus China der Eindruck entstehen, dass die Europäische Union samt ihren Sanktionen gegen Russland nur noch vergleichsweise klein wirkt. Die EU spielte in Peking in den vergangenen Tagen keine Rolle, musste sogar aus der Ferne hören, wie Putin, der einen brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt, beim Shanghai-Gipfel behauptete, „das eurozentristische und euroatlantische Modell“ habe sich überlebt.

Erfolge also für Putin auf ganzer Linie? Nordkoreas Machthaber Kim versicherte dem Kremlchef, Russland mit allem zu helfen, sei eine „brüderliche Pflicht“. Dies bedeutet vermutlich, dass Kim auch weiterhin nordkoreanische Soldaten in Putins Krieg schicken wird. Mit dem indonesischen Präsidenten Prabowo Subianto wiederum vereinbarte Putin in Peking eine engere wirtschaftliche Zusammenarbeit. […] Noch weit wichtiger für Putin ist das gute Verhältnis zu China. Und das scheint gerade wieder eine Menge für Moskau abzuwerfen. […] Schon US-Präsident Donald Trump hat Putin praktisch auf seine Seite gezogen, sodass er von ihm kaum noch Druck im Krieg gegen die Ukraine zu befürchten hat. Der slowakische Premier Fico sagte nach seinem Treffen mit Putin sogar vage, dass er Putins Botschaften der EU übergeben werde und sich sogleich auch als Vermittler im Ukraine-Krieg anbieten wolle. […]

(Frank Nienhuysen, 03.09.2025)

Donnerstag, 31. Juli 2025

Menschen, die Gattung aus der Hölle.

Gestern hatte ich den Pseudo-Tierfreunden schon ordentlich einen mitgegeben.                                                                                             

Dazu passen auch die Meldungen, die immer wieder zu Ferienbeginn aufpoppen: „Tierheime völlig überfüllt“, weil viele der selbsternannten Tierliebhaber sich selbst viel mehr lieben und im Zweifelsfall Bello oder Mietze am Stadtrand aus dem Auto werfen, weil man lieber ungestört am Ballermann zechen will.

[….] In Hamburg haben die Sommerferien begonnen. Für die Tierheime in der Stadt ist das eine gefürchtete Zeit. Einige sind schon jetzt am Limit, denn es werden wieder wie jedes Jahr viele Tiere ausgesetzt.

Katze, Wellensittich, Hamster: Erst einmal sind sie wie geliebte Familienmitglieder, doch in der Urlaubszeit scheint sich das oft zu ändern. Seit Anfang Juni wurden in Hamburg 192 Tiere ausgesetzt und kamen ins Tierheim Süderstraße. Darunter waren 10 Hunde und 100 Katzen, etliche von ihnen trächtig. Aber auch Kaninchen, Meerschweinchen, Tauben, Hühner, Schildkröten, Ziervögel, Echsen und sogar eine Achatschnecke haben ihren Besitzer oder ihr Besitzerin verloren.

Die Schildkröten wurden im Isebekkanal ausgesetzt. Eine Labradorhündin wurde nachts vor dem Polizeikommissariat am Sievekingdamm angebunden und nicht mehr abgeholt. Ein schneeweißer Kater mit blauen Augen war in Wilhelmsburg in einer Transportbox einfach auf die Straße gestellt worden. [….] In den Sommermonaten werden in Hamburg bis zu 50 ausgesetzte Tiere pro Woche gerettet. Allerdings sind die Tierheime am Limit: Katzen werden in der Süderstraße schon jetzt nicht mehr aufgenommen. [….]

(NDR, 24.07.2025)

Ja, so geht Tierliebe! Das sind genau die Typen, die mich anfauchen, wenn ich sie im Gemüseshop bitte, ihren Hund zu sich zu rufen, der gerade mein Hosenbein vollsabbert und auf die Kartoffeln gepisst hat.

Der SPIEGEL berichtet von einer Exoten-Schwemme in den Tierheimen.

[….] Warum Exoten oft im Tierheim landen

Viele Deutsche halten zu Hause Schlangen, Schildkröten oder auch mal einen Kurzkopfgleitbeutler. Doch ein Blick in Auffangstationen zeigt, wie problematisch die Haltung sein kann.   [….]

(SPON, 29.07.2025)

Es ist so ein Klischee, wenn grantige alte Männer wie ich, nach Verboten schreien. Deswegen will ich nichts sagen. Schließlich bin ich nicht in der CDU. Aber könnte man es nicht ein bißchen mehr kontrollieren, respektive einschränken, respektive verbieten, daß sich jeder Depp zu Hause Skorpione, Vogelspinnen und Giftschlangen hält?

A propos Schlangen; zu denen habe ich ein eigenartiges Verhältnis. Die Lebensweise fasziniert mich, ich gucke dauernd Dokumentationen über Schlangen und konsumiere dazu Wissen jeder Art, aber ich grusele mich sofort, wenn ich Bilder, oder Videos von Menschen und Schlangen sehe. Ich finde, jeder sollte seiner Wege gehen und ich will auch ganz sicher nicht in irgendwelchen Spielfilmen oder Serien künstlich erzeugte Spannungen vorgeführt bekommen, indem jemand auf Giftschlangen trifft. Ganz schlimm sind diese DMAX-Dokus über Schlangenfänger, die dann heftig in die Kamera prahlend, Inlandtaipane und Kobras lässig mit bloßen Händen anfassen, barfuß zwischen ihnen umherstolzieren.
Die Viecher sind nun mal tatsächlich lebensgefährlich. Nicht weil sie böse sind, oder uns fressen wollen. Charakteristischerweise verschlucken Schlangen ihre Beute im Ganzen und erwachsene Menschen sind einfach zu groß dafür. Es sei denn, es handelt sich um eine sehr kleinen Menschen, der auf eine sehr große Anaconda trifft.

Giftschlangen beißen Menschen nur zur Verteidigung. Wenn man auf sie drauf tritt, in ihren Lebensraum eindringt, sie bedroht. Bei afrikanischen oder indischen Kleinfarmern sind viele Schlangenarten gern gesehen, da sie Ratten und Mäuse dezimieren, die den Bauern die Weizenkörner wegfressen. Vipern und Kobras im Reisfeld sind aber ein ernstes Problem.

Die sich viel zu drastisch vermehrenden Menschen, nehmen den Schlangen den Platz weg.

[…] Vergiftungen durch Schlangenbisse sind laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine „neglected disease“, zu Deutsch eine „vernachlässigte Krankheit“. Jährlich werden 2,7 Millionen Menschen von Giftschlangen gebissen, 140.000 von ihnen sterben. Schuld daran ist ein weltweiter Mangel an Gegengiften. Auf dem 25. Forum „Reisen und Gesundheit“ des Centrums für Reisemedizin (CRM) sprachen Experten über die Gründe und Auswirkungen dieser Probleme.  [….]

(taz, 08.03.2024)

Die Zahlen sind sehr vage, da die Opfer hauptsächlich in den ärmsten Gegenden der Welt leben und kaum Zugang zu medizinischer Versorgung haben. Hilfsorganisationen sprechen von mehr als 5,5 Millionen Schlangenbissen jährlich.

Die meisten Schlangenbisse werden vermutlich gar nicht statistisch erfasst.

[…] Snakebite envenoming is a potentially life-threatening disease caused by toxins in the bite of a venomous snake. Envenoming can also be caused by having venom sprayed into the eyes by certain species of snakes that have the ability to spit venom as a defence measure.

Inadequate past efforts to control snakebite envenoming has produced fragmented, inaccurate epidemiological data. Many victims do not attend health centres or hospitals and instead rely on traditional treatments. However, available data show 4.5–5.4 million people get bitten by snakes annually. Of this, 1.8–2.7 million develop clinical illness and 81 000 to 138 000 die from complications.

High-risk groups include rural agricultural workers, herders, fishermen, hunters, working children, people living in poorly constructed houses and those with limited access to education and healthcare. Morbidity and mortality occur most frequently among young people and children suffer higher case fatality. Furthermore, women experience increased barriers to accessing medical care in some cultures and pregnant women are extremely vulnerable.

An ongoing crisis restricting access to safe, effective antivenom treatment in many regions, and particularly sub-Saharan Africa, is one factor that contributes to the predisposition for seeking help through traditional medicine.  [….]

(WHO)

An Schlangengift zu sterben, hat eine ähnliche ethische Komponente, wie an HIV zu sterben: Es ist ziemlich unnütz, da es medikamentös zu verhindern ist.

AIDS-Medikamente gibt es, da sich die Herstellung lohnt. Auch in reichen Ländern infizieren sich Menschen, die sich die teuren Medikamente leisten können.

Nach dem Ende von USAID werden aber wieder Millionen HIV-Infizierte in Afrika sterben, die zu arm sind.

Bei Gegengiften nach Schlangenbissen, liegt der Fall etwas anderes, weil die in den reichen Industriestaaten kaum vorkommen und sich die Pharmafirmen daher gar nicht erst darum bemühen, entsprechende Medikamente herzustellen.

[…] Dietrich Mebs ärgert der Mangel an Gegengiften, „es gab ja früher welche“, sagt der Toxikologe. Die Hersteller hätten aber nicht genug an den Mitteln verdient und nach und nach die Produktion eingestellt. Mebs beschäftigt sich seit 1965 mit Schlangenbissen. In Südafrika würden noch Gegengifte hergestellt. Dort sei die Produktion jedoch privatisiert, die Medikamente seien deshalb meist zu teuer für die Menschen in der Subsahara-Region: „Die sind sehr übel dran“, sagt Mebs.

Auf dem afrikanischen Kontinent insgesamt hätten chinesische und indische Hersteller den Markt übernommen. Ihre Gegengifte seien billig, aber weniger wirksam, da sie auf asiatische Giftschlangen spezialisiert seien. Der französische Hersteller des Antiserums Fav-Afrique, das gegen alle wichtigen Schlangengifte Subsahara-Afrikas geholfen habe, hätte seine Produktion 2010 eingestellt, sagt Mebs und fordert: Für neue Gegengifte, die sich die Menschen leisten können, brauche es Subventionen.

Ein Bauer im Kongo verdiene beispielsweise umgerechnet 50 US-Dollar im Monat, erklärt der Giftexperte. Wird er von einer Giftschlange gebissen, müsse er Glück haben, in der Nähe einer Zentralapotheke zu leben. Dort müsse er selbst das Gegengift kaufen und es zum Arzt mitbringen. Eine Ampulle Gegengift würde jedoch über 100 US-Dollar kosten. Bei starken Vergiftungen brauche es sechs bis sieben Ampullen. „So spielen sich da fürchterliche Dramen ab“, sagt Mebs.  [….]

(taz, 08.03.2024)

Ein Jahresverdienst für ein lebensrettendes Medikament.

Das ist der von Merz und Trump so gepriesene Kapitalismus: Ultrateure Forschung an Krebs und Herzkrankheiten findet natürlich statt, weil es auch in Deutschland und den USA häufige Todesursachen sind. Privatpatienten zahlen dafür horrende Summen. Aber von afrikanischen Giftschlangen werden nur Habenichtse gebissen und da die eh nicht zahlen können, lohnt es sich auch nicht für unsere christliche westliche Industrie deren Leben zu retten.

[…] Besonders betroffen sind die Ärmsten der Armen in abgelegenen Regionen Afrikas, Asiens und Südamerikas. Dort leben nicht nur die meisten der 50 für Menschen potenziell tödlichen Giftschlangenarten, sondern es mangelt auch an medizinischer Versorgung und Antiseren.

Die WHO reagierte 2017 und erklärte Schlangenbisse zu einer vernachlässigten Tropenkrankheit, verbunden mit dem Versprechen, mehr Mittel für Aufklärung und Gegengift-Entwicklung bereitzustellen. Das ambitionierte Ziel damals: Bis 2030 soll die Zahl der Todesfälle halbiert werden. „Dieses Ziel werden wir verpassen. Auch wenn es einige positive Tendenzen gibt, stehen wir bei der Lösung des Problems immer noch am Anfang“, sagt Tim Lüddecke, Tiergift-Forscher am Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie in Gießen.

Das größte Hindernis sei das Geld. Die finanziellen Mittel zur Erforschung von Schlangengiften sind sehr begrenzt, besonders im Vergleich zu Krankheiten wie Malaria, HIV oder Krebs. Große westliche Pharma-Konzerne haben ihre Produktion längst eingestellt und zeigen bislang wenig Interesse an der Entwicklung neuer Gegengifte. Die Gewinnaussichten in den betroffenen Ländern sind zu gering, und Subventionen gibt es kaum.

An finanziellen Mitteln mangelt es auch an anderer Stelle. „Eine wichtige Maßnahme gegen Schlangenbisse ist Aufklärung und Prävention. Schon einfache Mittel könnten Leben retten“, betont Lüddecke. Viele Menschen werden gebissen, weil sie mit nackten Füßen durchs hohe Gras laufen, mit bloßen Händen auf den Feldern arbeiten oder sogar dort übernachten. Auch eine fehlende Müllentsorgung zieht Ratten an, denen die Schlangen folgen. In den oft zugigen Blechhütten der Betroffenen sind die Vorratskammern ebenfalls ein Anziehungspunkt für Schlangen.  […]

(Taz, 31.07.2025)

Tja, wenn die Gewinnaussichten zu gering sind, kann man halt nichts machen.

Dann müssen eben 100.0.00 Menschen jährlich sinnlos abkratzen. Macht ja nichts. Es verhungern ja auch täglich 20.000 Menschen. Alle 13 Sekunden stirbt ein Kind, das man mit einem Euro retten könnte.

Da ist es schon wichtiger, mit Trumps und Merzens Politik, weiter massiv Milliarden an die reichsten 100 der Welt umzuverteilen.

Freitag, 7. März 2025

Was ist Satire?

Neunte Klasse, Deutsch-Unterricht beim Herrn Pfahl. Das war eine komische Type. Erst versuchte er uns linguistische Fachbegriffe beizubringen – was ist ein Oxymoron? Was ist eine Metapher? Was ist Pleonasmus? – konnte damit aber nicht viel Interesse wecken und ging daher dazu über, uns Mini-Geschichten von Günther Kuhnert und Marie-Luise Kaschnitz-Gedichte interpretieren zu lassen.

Ich schrieb damals sehr gute Klausuren, litt aber ein bißchen  darunter, daß Herr Pfahl meine Deutscharbeiten so gut wie gar nicht kommentierte.

Es stand einfach die Note mit seinem Unterschriftenkürzel PF drunter. „1- Pf.“ Es hatten nicht etwa alle Schüler so gute Noten; insofern beschwerte ich mich nicht. Aber es blieb ein schales Gefühl. Schon ein paar Jahre später, im Deutsch-Leistungskurs, in dem extrem hart zensiert und jeder Fehler empört ausgewalzt wurde, dämmerte mir, was in der Neunten los war: Pfahl hatte meine Arbeiten vermutlich gar nicht gelesen. Oder maximal überflogen. Inzwischen hatte ich zu meiner Empörung auch Geschichten darüber gehört, wie sehr er dem Rotwein zugeneigt war. 40 Jahre später sehe ich das natürlich anders und habe volles Verständnis dafür, ob des Gesülzes von 36 Jung-Teenagern zu einem Kaschnitz-Gedicht zum Alkoholiker zu werden. Das kann kein Mensch aushalten. Oh Graus, und im nächsten Jahr kam auch noch Kafka, der uns Zehntklässler natürlich vollends abdrehen ließ. Wir nannten es „philosophieren“, aber es dürfte sich eher um „schwafeln“ gehandelt haben.

Wenn ein Teenager mir gegenüber heute die Namen Kaschnitz, Kuhnert, Kafka oder Hesse in den Mund nimmt, renne ich sofort schreiend weg.

Dabei sind diese Autoren tatsächlich der perfekte Unterrichtsstoff für die Mittelstufe, da man auch mit schwach entwickelten Hirnen, sehr leicht Zugang bekommt, die Phantasie angeregt wird. Der Clou dabei ist, daß der Stoff das Erwachsenwerden überlebt. Heute lese ich solche Texte zwar ganz anders, aber sie sind immer noch gut. Kaschnitz (1901-1974) schrieb 1951 ihr berühmtes „Hiroshima“, welches Generationen von Schülern interpretieren mussten. Ein Gedicht, das 30 Jahre später perfekt in meine NATO-Doppelbeschluss-Anti-PershingII-Haltung passte, so daß ich es weitere 40 Jahre später tatsächlich immer noch (fast) auswendig kann.

Der den Tod auf Hiroshima warf
Ging ins Kloster, läutet dort die Glocken.
Der den Tod auf Hiroshima warf
Sprang vom Stuhl in die Schlinge, erwürgte sich.
Der den Tod auf Hiroshima warf
Fiel in Wahnsinn, wehrt Gespenster ab
Hunderttausend, die ihn angehen nächtlich,
Auferstandene aus Staub für ihn.

Nichts von alledem ist wahr.
Erst vor kurzem sah ich ihn
Im Garten seines Hauses vor der Stadt.
Die Hecken waren noch jung und die Rosenbüsche zierlich.
Das wächst nicht so schnell, dass sich einer verbergen könnte
Im Wald des Vergessens. Gut zu sehen war
Das nackte Vorstadthaus, die junge Frau
Die neben ihm stand im Blumenkleid
Das kleine Mädchen an ihrer Hand
Der Knabe, der auf seinem Rücken saß
Und über seinem Kopf die Peitsche schwang.
Sehr gut erkennbar war er selbst
Vierbeinig auf dem Grasplatz, das Gesicht
Verzerrt von Lachen, weil der Photograph
Hinter der Hecke stand, das Auge der Welt.

Hiroshima, die Enola Gay (der B-29-Bomber der 509th Composite Group der United States Army Air Forces) und ihr Pilot Colonel Paul W. Tibbets, jr. waren mir damals stets gegenwärtig und wurde in der Folgezeit immer mehr zu Ikonen der Popkultur. Jeder wußte, Tibbets hatte das Flugzeug nach seiner geliebten Mutter Enola Gay Tibbets genannt und so sangen beispielsweise OMD im Jahr 1980:

Enola Gay
Is mother proud of little boy today?
Ah-ha, this kiss you give
It's never ever going to fade away

Paul Warfield Tibbets, der den Tod von mindestens 160.000 Menschen verursacht hatte, starb tatsächlich erst 2007 im Alter von 92 Jahren, ohne je Gewissenbisse bekommen zu haben. Hochzufrieden und mit Auszeichnungen überhäuft.

Kaschnitz verfügte 1951 offenkundig über prophetische Gaben.

Der Wahnsinn der Menschheit zeigt sich in unserer Lernunfähigkeit und Verdummung. 2025 lautet der EU-Common-Sense: Aufrüstung und mehr Atombomben! Dabei sind diejenigen, die heute über das US-Atomwaffenarsenal gebieten, noch viel irrer als Harry S. Truman Paul Tibbets vor 80 Jahren.

Donald Trump und Defense Secretary Pete Hegseth sind intellektuell schwer minderbemittelt und moralisch völlig verkommen.

Der konservative Claude Malhuret findet im französischen Senat passende Worte.

[….] »Europa befindet sich an einem kritischen Punkt seiner Geschichte. Der amerikanische Schild bricht weg. Die Ukraine steht vor der Gefahr, im Stich gelassen zu werden. Russland wird gestärkt. Washington ist zum Hof von Kaiser Nero verkommen: Ein zündelnder Führer, unterwürfige Höflinge und ein Clown auf Ketamin, der damit beauftragt wurde, den öffentlichen Dienst zu säubern.

Noch nie hat ein Präsident der Vereinigten Staaten vor einem Feind kapituliert. Noch nie hat er einen Aggressor statt eines Verbündeten unterstützt. Noch nie hat er die amerikanische Verfassung mit Füßen getreten, so viele illegale Dekrete unterzeichnet, Richter entlassen, die ihn aufhalten könnten, die ganze militärische Führung auf einmal entlassen, die gesellschaftlichen und politischen Gegengewichte geschwächt und die Kontrolle über die sozialen Netzwerke übernommen. Das ist kein illiberaler Trend, es ist der Beginn der Beschlagnahmung der Demokratie.

Was sollten wir angesichts dieses Verrats tun? Die Antwort ist einfach: Standhaft bleiben und sich nicht täuschen lassen. Die Niederlage der Ukraine wäre die Niederlage Europas. Die baltischen Länder, Georgien und Moldawien stehen als Nächstes auf der Liste. Putins Ziel ist, nach Jalta zurückzukehren, wo die Hälfte des Kontinents an Stalin abgetreten wurde.«  [….]

(Senator Malhuret, 06.03.2025)

Es gibt auch Neues zur Enola Gay, von der weder Hegseth, noch Vance oder Trump je gehört haben. Dafür kämpfen sich umso intensiver gegen „DEI“.

[….] In New York City, warnt unser Kongressabgeordneter Dan Goldman, nehme die Grenzpolizei ICE »wahllos« Latinos und Asiaten fest, »US-Bürger inklusive«, um sie zu inhaftieren und dann auszuweisen. Heimatschutzministerin Kristi Noem postete einen Beitrag von einem Einsatz in unserer Stadt, kostümiert mit einer ICE-Schutzweste, und sagte: »Wir holen die Drecksäcke von der Straße.« Aus Coney Island und Brighton Beach, wo weiße Immigranten leben, gab es solche Berichte nicht.

»Diversity, equity and inclusion« (DEI), die Vision der Förderung von Minderheiten in Regierung und Privatwirtschaft, ist zu einem Schimpfwort geworden, als Nachfolger von »woke« und »Affirmative Action«. Darunter gab es viele gut gemeinte, aber mitunter schlecht praktizierte und am Ende überzogene Ideen, die jetzt von den Rechten genau ins Gegenteil verdreht werden – um die Gleichstellung auszubremsen und den Fortbestand der patriarchalen »White Supremacy« zu sichern.

Trump und seine Bewegung »Make America Great Again« (»MAGA«) haben alle derartigen Maßnahmen für illegal erklärt, weil sie angeblich Weiße diskriminierten – eine absurde Umkehr der Realität. Mit einem seiner ersten Dekrete  hob Trump die staatlichen DEI-Regeln auf. Justizministerin Pam Bondi will zudem auch Privatfirmen verklagen, wenn sie ihre internen Vorschriften nicht entsprechend ändern. Viele Großkonzerne tun das bereits in vorauseilendem Gehorsam, darunter etliche, zu deren Kunden wir gehören – der Social-Media-Konzern Meta, der Discounter Target, der Onlineversandhändler Amazon. Die aus Protest zu boykottieren, ist machbar, aber nicht einfach.

Trumps Wahlsieg, freute sich der rechtsextreme Wortführer Jared Taylor, habe Weißen neuen »Glauben an Amerika« gegeben. Ein 25-jähriger Mitarbeiter aus Musks »Effizienzteam«, der »aus Versehen« Zugang zum zentralen staatlichen Zahlungssystem bekam, prahlte auf X: »Ich war rassistisch, bevor es cool war.« Seinen Job durfte er behalten.

Die Anhänger des »MAGA«-Kults zeigen sich immer enthemmter, das andere Amerika hingegen scheint wie paralysiert.  [….]

(Marc Pitzke, 02.03.2025)

In seinem Anti-Wokeness- und Anti-DEI-Wahl ließ der Verteidigungsminister nun auch Bilder der „Enola Gay“ aus dem Ministerium entfernen. Zu Linksgrünversifft. Zu schwul!


[….]  References to a World War II Medal of Honor recipient, the Enola Gay aircraft that dropped an atomic bomb on Japan and the first women to pass Marine infantry training are among the tens of thousands of photos and online posts marked for deletion as the Defense Department works to purge diversity, equity and inclusion content, according to a database obtained by The Associated Press.

The database, which was confirmed by U.S. officials and published by AP, includes more than 26,000 images that have been flagged for removal across every military branch. But the eventual total could be much higher.

In this image provided by the U.S. Air Force, the Boeing B-29 named the "Enola Gay" is seen on Tinian in the Marianas Islands. (U.S. Air Force via AP)

One official, who spoke on condition of anonymity to provide details that have not been made public, said the purge could delete as many as 100,000 images or posts in total, when considering social media pages and other websites that are also being culled for DEI content. The official said it’s not clear if the database has been finalized.

Defense Secretary Pete Hegseth had given the military until Wednesday to remove content that highlights diversity efforts in its ranks following President Donald Trump’s executive order ending those programs across the federal government.  [….]

(AP, 07.03.2025)

Willkommen im Zeitalter der Trumpanzees: Wenn man etwas vollkommen Irres liest, das wirklich nur Satire sein kann, ist es bittere US-amerikanische Realität.

Samstag, 22. Februar 2025

Pflege-Vorbild Japan

Es ist zum Verrücktwerden: Die absolute Mehrheit der deutschen Wähler wird morgen für die de facto Einthemen-Parteien AfDP-CDUCSU-FW-BSW stimmen. Sie wollen „die Grenzen schließen“ und suggerieren damit, die Lösung aller Probleme:

Denn es ist schließlich logisch: Sobald wir als DDR 2.0 eine Mauer um uns errichtet haben, sanieren sich Straßen und Brücken von selbst, sprießen Glasfaserkabel, verwandeln sich die Schulen in topmoderne Bildungseinrichtungen, fährt die Bahn pünktlich, enden alle Kriege auf der Welt und klimaneutral werden wir so auch.

Kein Wunder, daß sich der Urnenpöbel so für das Konzept Grenzschließung  begeistert, obwohl es drei winzige kleine Haken gibt:

Ø  Es ist EU-rechtswidrig

Ø  Es ist technisch und personell vollkommen unmöglich umzusetzen, eine 4.000 km lange Mauer zu bauen.

Ø  Es  stürzt Deutschland in eine beispiellose Wirtschaftskrise



Tatsache ist, daß wir nicht weniger, sondern mehr Zuwanderung brauchen.

[…..] „Deutschland wird bald um Migranten konkurrieren müssen“

Einwanderung ist ein wirtschaftlicher Vorteil – wenn sie richtig gehandhabt wird, sagt Harvard-Ökonom Marco Tabellini. […..]  Irreguläre Migranten stellen in den USA einen großen Anteil der Arbeitskräfte am Bau, in der Landwirtschaft und im Gesundheitswesen. Wenn diese Arbeitskräfte plötzlich fehlen, steigen die Preise – für Unternehmen und für Verbraucher. […..]  Dass es nicht um Wirtschaft geht, zeigt sich auch daran, dass viele Regionen mit der stärksten Anti-Migranten-Stimmung, etwa Teile Ohios, wirtschaftlich stark von der Migration profitiert haben. […..] Migration führt zu Wirtschaftswachstum, das ist wissenschaftlich gut belegt. […..] Das Land wird also besser durch den Einfluss von außen. Aber auch wenn eher gering qualifizierte Migranten ins Land kommen, hat das eine Reihe von positiven wirtschaftlichen Effekten: Diese Menschen konsumieren, sie steigern die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen. Und weil sie Jobs übernehmen, die Einheimische nicht machen wollen, ermöglichen sie es diesen, in besser bezahlte Positionen aufzusteigen. […..]  Eine gut durchdachte Politik würde die langfristigen Vorteile, die Einwanderung für den Bundeshaushalt und die Sozialsysteme mit sich bringt, auch Ländern und Kommunen zugutekommen lassen. […..] Deutschland steht vor riesigen Herausforderungen. Die Bevölkerung altert, in den kommenden Jahren werden mehr Arbeitnehmer in den Ruhestand gehen als in den Arbeitsmarkt eintreten. Wenn Deutschland sein Rentensystem aufrechterhalten und wirtschaftlich wachsen will, braucht das Land Einwanderer. Deutschland hat die Kraft, große Talente anzulocken, aber die Wirtschaft muss sich auch für niedrigqualifizierte Arbeitskräfte öffnen. […..] Deutschland wird bald um Migranten konkurrieren müssen. Der demografische Trend ist mächtig, und er zeigt sich in fast allen Industrieländern. Länder wie Japan und Südkorea, die sich lange gegen groß angelegte Migration gesperrt haben, werden ebenfalls mit einem Arbeitskräftemangel konfrontiert sein. […..]

(Harvard-Ökonom Marco Tabellini, 16.02.2025)

Besonders dramatisch ist der Migrantenmangel im Bereich der Pflege und Medizin.

Dort wird sich die Situation wegen unserer demographischen Aufstellung mit Sicherheit dramatisch verschärfen. Das Desaster wird inzwischen seit zwei Jahrzehnten beklagt und antizipiert. Pflege spielt aber im Wahlkampf keine Rolle. Kann keine Rolle spielen, da die „Ausländer raus“-Einthemen-Parteien AfDP-CDUCSU-FW-BSW keine Lösungen haben. Sie können das Thema ignorieren, weil Millionäre, wie Merz, sich immer genügend private Pflegekräfte kaufen können werden.

Für die paar Menschen aber, die keine 20.000 bis 30.000 im Monat übrig haben, um sich von privaten medizinischen Pflegern 24/7 betreuen zu lassen, die aber trotzdem für eine der „Ausländer raus“-Einthemen-Parteien AfDP-CDUCSU-FW-BSW stimmen, bietet sich eine praktische japanische Lösung an: Gefängnis!

[…..] In japanischen Gefängnissen sitzen immer mehr Ältere ein, oft wegen nur geringer Vergehen wie Ladendiebstahl. Viele von ihnen fliehen regelrecht ins Gefängnis – aus Armut, Einsamkeit oder aus gesundheitlichen Gründen.

„Ich verurteile Sie zu einer Haftstrafe.“ Für die meisten Menschen sind Sätze wie dieser eine Horrorvorstellung: Wem das gesagt wird, der hat sein Leben in Freiheit verloren, müsste für Gänge an der frischen Luft fortan um Erlaubnis bitten, könnte seine Hobbys nicht mehr betreiben, auch kein Essen zum Kochen einkaufen oder Freunde treffen. […..]  

In Japan aber steigt der Anteil älterer Gefängnisinsassen seit einiger Zeit sogar schneller als der Anteil älterer Menschen an der Gesamtbevölkerung. Und mittlerweile hat sich Japan durch seine alten Insassen weltweit einen Ruf erworben – wenn auch keinen guten. „Japan steht vor wachsender Altersbevölkerung in Gefängnissen“, schrieb die internationale Nachrichtenagentur Associated Press schon 2010.

Später, 2019, titelte Japans öffentlicher Rundfunksender NHK: „Gefängnisse sind in Japan oft der rettende Hafen für Seniorinnen.“ Ähnlich berichtete im Januar dieses Jahres nun der US-amerikanische Sender CNN, der kurz zuvor ein Gefängnis hatte besuchen dürfen: „Japans ältere Menschen sind einsam und haben es schwer.“

Ein genauerer Blick auf die Statistiken zeigt: Der mit Abstand häufigste Grund für eine Haftstrafe unter älteren Straftäterinnen und Straftätern, mit 58 Prozent, ist Diebstahl – unter Frauen sind es gar 80 Prozent. Dabei berichtet auch CNN, dass Insassen diese Taten nicht selten mit Absicht begehen. Mehr noch: „Es gibt sogar Menschen, die sagen, sie würden 20.000 oder 30.000 Yen (rund 123 bis 185 Euro) im Monat bezahlen, um für immer hier zu wohnen“, wird dort ein Gefängnisangestellter namens Takayoshi Shiranaga zitiert. […..]

(Felix Lill, RND, 16.02.2025)

Donnerstag, 31. Oktober 2024

Die vier Geißeln der Ukraine

Trump lügt fast immer. Das geschieht rein willkürlich und nimmt keinerlei Rücksicht auf vorherige Aussagen; er widerspricht sich nach Herzenslust selbst.

Er ist gar nicht in der Lage, Fakten auszusprechen, auch wenn sie offensichtlich sind.

Aber es gibt zwei Haupt-Antriebe für die Richtung seiner Lügen:

Erstens seine winzigen Testikel, die ihnen dazu zwingen, sich manisch selbst zu loben, zu erhöhen und nicht existente Leistungen zu erfinden.

Fährt man mit dem goldenen Fahrstuhl in sein goldenes Penthouse im New Yorker Trump-Tower, dem Wolkenkratzer mit 58 Etagen an der Fifth Avenue, Ecke 56th Street im Stadtbezirk Manhattan, muss man die Taste für den 68. Stock drücken.

Das Triplex (56., 57. und 58. Etage) verfügt laut Donald Trump selbst, über “33,000 sq ft (3.100 m2) plus roof space of 15,000 sq ft (1.400 m2), making a total of 48,000 sq ft (4.500 m2)”.   Tatsächlich misst das grauenvoll kitschig gestaltete goldene Ungetüm 1.000 m2.

In Kombination mit seiner Stupidität führt dieser Drang Minderwertigkeitskomplexe zu überkompensieren dazu, daß Trump bemerkenswert leicht zu manipulieren ist. Er liebt jeden, der ihn lobt und hasst jeden, der ihn kritisiert.

Der zweite ganz große Lügen-Antrieb besteht in Trumps tiefsitzenden Sadismus. Neben Eigenlob ist es seine größte Freude, vermeidlich Schwächere als ihn, leiden zu sehen. Schwarze, Frauen, Latinos, Juden, Muslime, Migranten, Schwule, Behinderte, Arme, Demokraten – er hasst sie alle wie die Pest und will ihnen immer Schmerzen zufügen.

Seine Charaktereigenschaften zusammen genommen sind maximal inkompatibel mit einer Demokratie und einem Rechtssystem, das faire Chancengleichheit vorsieht, in dem jede Stimme gleich viel wiegt. Es schmeckt ihm nicht, wenn politische Opponenten an ihm Kritik üben, ihn in Frage stellen und sein Wohl gar von den Stimmen Dunkelhäutiger oder Queerer abhängen soll.

Deswegen bewundert er Xi Jinping, Wladimir Putin und Kim Jong Un auch so sehr. Die bleiben de facto auf Lebenszeit im Amt, müssen sich nicht mit lästigen Wahlen plagen. Wenn der nordkoreanische Diktator 10.000 oder 30.000 Soldaten über 7.000 Kilometer westlich in die Ukraine schicken möchte, widerspricht ihm niemand. Es wird nur applaudiert.

Für Wolodymyr Selenskyj und Vitali Klitschko ist das ein Alptraum. Nun steht neben Putin auch die zweite große Pest, Kim, ante portas.

[…..] Bis zu 8000 nordkoreanische Soldaten stehen nach Angaben der Vereinigten Staaten in direkter Nähe der ukrainischen Grenze und könnten in den kommenden Tagen von Russland im Krieg eingesetzt werden. "Wir gehen jetzt davon aus, dass sich insgesamt etwa 10.000 nordkoreanische Soldaten in Russland befinden, und den neuesten Informationen zufolge wurden bis zu 8.000 dieser nordkoreanischen Streitkräfte in der Region Kursk stationiert", sagt US-Außenminister Antony Blinken.
Zwar habe die US-Regierung noch keine Kampfhandlungen der Nordkoreaner gegen ukrainische Streitkräfte gesehen, "aber wir gehen davon aus, dass dies in den nächsten Tagen geschieht", so Blinken weiter. Ein solcher Einsatz würde die Truppen zu legitimen Zielen im Krieg machen.  
[…..]

(MoPo Ticker, 31.10.2024)

Nordkorea ist eine Blackbox; vieles, das wir über Truppenstärke und Waffensystem zu wissen glauben, beruht auf Gerüchten. Daß der dritte Kim-Diktator aber massiv aufrüsten lässt, scheint sicher zu sein.

[….] Das Regime von Machthaber Kim Jong-un schickt Soldaten nach Russland und zeigt mit seinem jüngsten Raketentest, dass es Fortschritte bei der Aufrüstung macht. [….] In den USA findet am Dienstag die Präsidentschaftswahl statt. Zu diesem Ereignis bringt sich Nordkorea traditionell mit Vorführungen seiner Gefährlichkeit in Erinnerung. Kim Jong-un will wohl US-Wähler beeinflussen, damit sie für seinen Favoriten, den Diktatorenversteher Donald Trump, stimmen. [….] Der Raketentest vom Donnerstag war jedenfalls keine Überraschung. Es passt auch ins Bild, dass er kein Test wie jeder andere war. Japans Verteidigungsministerium berichtete, dass die ICBM nach 86 Minuten außerhalb der japanischen ausschließlichen Wirtschaftszone ins Japanische Meer gestürzt sei. Länger war noch keine nordkoreanische Rakete unterwegs. Sie erreichte eine Höhe von 7000 Kilometern. Experten gehen davon aus, dass Nordkorea mit solchen Raketen die USA treffen könnte. [….] Nordkoreas Militäravancen ziehen dieser Tage eigentlich schon genug Aufmerksamkeit auf sich. Tausende Soldaten hat Kim Jong-un nach Russland geschickt. Wahrscheinlich sollen sie in Wladimir Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine an der Front helfen. Dass die nordkoreanisch-russische Partnerschaft, besiegelt in diesem Juni, so weit gehen könnte, dass Nordkorea sogar aktiv als Drittstaat in Putins Krieg einsteigt, war so schnell nicht zu erwarten. Diese Waffenhilfe ist mehr als nur eine Provokation für die westliche Welt. Und mit dem Rekord-Raketentest vom Donnerstag hat Kim Jong-un mal wieder klargemacht, dass die Drohung mit Atomwaffen eine Säule seiner Politik ist. Trotzdem kann es sein, dass er sich noch einen großen Knall aufgehoben hat für diese US-Wahl. [….]

(Thomas Hahn, 31.10.2024)

Das dritte ukrainische Riesenproblem könnte am nächsten Dienstag auftauchen, wenn sich tatsächlich genügend intellektuell und moralisch Umnachtete finden, um Trump wieder zum US-Präsidenten zu wählen.

Nicht nur werden in dem Fall die Militärhilfen an die Ukraine eingestellt, sondern Putin und Kim bekommen einen weitere Alliierten. Trump liebt die beiden und hasst Selenskyj. Antirussische Sanktionen dürften bald der Vergangenheit angehören, der diplomatische Druck auf Moskau ist ohne die USA nicht aufrecht zu erhalten und insbesondere verschiebt sich die militärische Stärke massiv zu Gunsten Putins, wenn der Haupt-Waffenlieferant für Selenskyj ausfällt, während Moskau Myriaden frische Soldaten aus Pjöngjang bekommt.

Es gibt aber zu allem Übel noch einen vierten apokalyptischen Reiter gegen Kiew; und zwar in der Form der EU-Rechtspopulisten à la Putinella Wagenknecht und oder Viktor Orbán oder Robert Fico, die entweder schon an der Macht sind und innerhalb der EU für Putin arbeiten, oder aber, wie das prorussische BSW gerade anfängt, in Landesregierungen einzutreten, um dort maximal gegen die Ukraine zu agitieren.

Noch ist die Empörung groß über Sahra Sarrazin, es gibt gewichtige Warnungen auch nur an Koalitionen mit dem BSW zu denken. Aber CDU und SPD in Ostdeutschland knicken bereits ein und signalisieren dem Pöbel, gewillt zu sein, die Ukraine untergehen zu lassen.