Samstag, 3. Mai 2025

Was bringt was

Putin ist viel intelligenter als Trump, kann strategischer denken und kann auf professionellere Dienste zurückgreifen. Daher vermag er, als ökonomischer Zwerg auf Augenhöhe mit den Amerikanern zu agieren.

Allmächtig und allsichtig ist der Kreml-Diktator aber nicht.

Ich mutmaße sehr stark, daß er sich Anfang 2022 dachte, die Ukraine in wenigen Monaten niedergerungen zu haben, weil sie unfähig sein würde, sich Unterstützung zu organisieren. Der Tattergreis im Weißen Haus hätte nicht die Kraft sich zu engagieren, die notorisch zerstrittene EU, ohne die bellizistischen Briten, verfiele in einen Hühnerhaufen-Modus. Die größte europäische Wirtschaftsmacht Deutschland, neuerdings von die pazifistischen Grünen regiert, würde ohnehin auf Appeasement setzen, so daß Moskau schnell Fakten schaffen könne. Im östlichen Teil der Ukraine leben eh zur Hälfte Russen; die würden sich im Zweifelsfall eher wie die Krimtataren verhalten, statt ihre Heimat zu Klump schießen zu lassen.

Einige dieser Annahmen klingen für mich immer noch überzeugend. Allein, es kam bekanntlich anders. Biden warf sein gesamtes politisches Gewicht für Europa in die Waagschale, machte gewaltige Summen Militärhilfe locker. Die Grünen mutierten zu Oliv-Grünen. Scholz begann eine gewaltige Aufrüstung, die EU schnürte ein Sanktionspaket nach dem Nächsten. Man sah schon ein neues geeintes EU-Zeitalter aufziehen. Aber von der Leyen konnte sich letztlich nicht durchsetzen. Fico und Orbán tanzen ihr auf der Nase herum, die Versprechen zur Lieferung von Artillerie-Munition wurden nie eingehalten und die Sanktionen sind löchrig.

Zudem sprangen Indien, China und die Türkei nur zu gern ein, um die durch Sanktionen verursachten ökonomischen Probleme Russlands zu kompensieren. Die Weltmarkpreise für Gas und Öl verteuerten sich durch die Krise enorm und davon profitieren die großen Petro-Exporteure – zum Beispiel Russland!

Die Sanktionen erwiesen sich als kapitaler Flop: Die EU-Wirtschaft schwächelt, Deutschland befindet sich in einer Rezession und ausgerechnet die russische Wirtschaft wächst kräftig. So hatte sich von der Leyen das vermutlich nicht gedacht.

Sind Wirtschaftssanktionen also ein generell untaugliches Mittel? Haben die schon irgendwann mal etwas gebracht? Ist es etwa so, wie Wagenknecht und Weidel behaupten, daß Habeck damit gezielt Deutschland schade?

Sanktionen sind aber das schärfste Mittel gegenüber Kriegsverbrechern  - außer kriegerischen Methoden.

Wir wissen auch nur, diese Sanktionen schaden Russland ganz offensichtlich nicht hinreichend, um den Krieg einzustellen. Das heißt aber nicht, daß sie grundsätzlich untauglich sind. Sie sind aber definitiv zu schwach. Sie werden von den mächtigen Playern – BRICS! – unterlaufen und überkompensiert.

Vor allem aber werden sie schändlich von der EU selbst nicht eingehalten.

Russland hatte nämlich in den vergangenen 20 Jahren hervorragende Arbeit geleistet, indem es Europa in energiepolitische Abhängigkeit dirigierte, während die schwarzgelben teutonischen Taubnesseln ganz freiwillig die energiepolitische Unabhängigkeit in die Tonne traten, indem sie die von der Schröder/Fischer-Regierund initiierte Solar- und Windkraft-Wende abstellten, den Netzausbau stoppten. Typen, wie Seehofer und Söder reisten regelmäßig nach Moskau, um Putin den Hintern zu küssen und wetterten zu Hause in Bayern gegen die Windkraft, die sie mit allen Mitteln zu verhindern suchten und russisches Erdgas anpriesen.

[….] EU kauft wieder mehr russisches Gas

[….] Bis 2027 will das vereinte Europa völlig unabhängig sein von russischem Gas und Öl. Doch jetzt gibt es Zweifel, ob das Ziel erreichbar ist: Der Import von russischem Gas nimmt nicht ab, er nimmt wieder zu.

Experten schlagen Alarm, auch EU-Energiekommissar Dan Jörgensen ist verärgert: Dass EU-Staaten weiter fossile Brennstoffe aus Russland kaufen und so Wladimir Putins Kriegskasse füllen, sei „völlig inakzeptabel“ und auch sicherheitspolitisch ein Problem, sagt Jörgensen.

Im vorigen Jahr stieg der Gasimport aus Russland – durch Pipelines und als Flüssigerdgas (LNG) – um 18 Prozent, obwohl der europäische Gasbedarf insgesamt stabil blieb, rechnet die britische Energie-Denkfabrik Ember in einer neuen Analyse vor. 45 Milliarden Kubikmeter Gas lieferte Russland, das entspricht fast der früheren Jahreskapazität der stillgelegten Gaspipeline Nord Stream 1 . Besonders Italien, Tschechien und Frankreich haben mehr gekauft als im Jahr zuvor, Ungarn, Österreich und die Slowakei sind stabil gute Kunden.

Dieser Trend habe sich auch 2025 fortgesetzt, vor allem bei LNG, nachdem zur Jahreswende die Gaslieferungen durch die Ukraine eingestellt worden waren, so die Ember-Analyse. Den Energieexperten zufolge setzt Russland zunehmend auf „Schattenschiffe“ zum Transport der LNG-Lieferungen. Auch Deutschland profitiere, obwohl es den Direktimport von russischem Flüssiggas verboten habe. [….] Die Experten von Ember machen eine brisante Rechnung auf: Insgesamt beliefen sich die Importe russischer fossiler Brennstoffe in die EU 2024 auf 21,9 Milliarden Euro und überstiegen damit die Finanzhilfen für die Ukraine in Höhe von 18,7 Milliarden Euro. Ember-Analyst Pawel Czyzak sagt: „Es ist ein Skandal, dass die EU immer noch russisches Gas importiert“. Statt in erneuerbare Energien und mehr Effizienz zu investieren, „verbrennen die Mitgliedstaaten Geld mit teuren LNG-Kapazitäten“. [….]

(HH Abendblatt, 03.05.2025)

Mit den konservativen Tölpeln – Söder, Orban, Kretschmer – hat Putin natürlich leichtes Spiel.

Daß Russland sich bisher dennoch die Zähne an der Ukraine ausbiss, liegt an der Ukrainischen Armee, die Übermenschliches leistet. An der finanziellen Unterstützung, die hauptsächlich Washington und Berlin locker machen. An der Bereitschaft tatsächlich das ganze Land zerstören zu lassen, hunderttausende Tote hinzunehmen, bevor man sich ergibt.

Daß Russland noch im Spiel ist, liegt an der Unfähigkeit des Westens, die Rüstungs- und Munitionsproduktion anzukurbeln. Russland ist dabei deutlich effektiver und erfolgreicher, findet Verbündete in Nordkorea und dem Iran.

Es bewegte sich also auf ein politisches und militärisches Patt zu.

Bis vor 100 Tagen. Als Putins kleiner oranger Epigone im Weißen Haus installiert wurde, änderte sich alles. Er übernahm tumb-debil die Kreml-Argumentation und warf die Ukraine unter den Bus.