Mittwoch, 24. März 2021

Wenn nur noch Trübsal blasen bleibt

Heute ist die Häme über die Rolle rückwärts der MPK-Osterbeschlüsse natürlich groß.

Mühsam hatte die Runde aus 16 Ministerpräsidentin, Kanzlerin und drei Bundesministern gekreißt, um einen einzigen Ruhetag anzusetzen und wurde binnen 24 Stunden von einem Lobbyistenwind wieder zurück gepustet.

Eine Maßnahme, die ohnehin zu lasch und zu kurz angesetzt war, wird wieder eingesammelt von einer Kanzlerin, die immerhin heroisch ganz allein die Schuld auf sich nimmt, obwohl jeder weiß, daß es eher die unverantwortlichen MPs waren, die stingentere Strategien verhindern.

Der Ministerpräsident in Kiel, Daniel Günther, genau wie sein Kollege in Düsseldorf ein geradezu fanatisch frommer Katholik, brauchte nur wenige Stunden nach der dramatischen MPK-Nachtsitzung, um für Schleswig-Holstein wieder einen Sonderweg anzukündigen, auf daß die Pandemiepolitik zur Freude der Covidioten noch mehr chaotisiert wird.

Noch ärgerlicher war Bundesarbeitsverweigerungsminister Seehofer, der ein Jahr untergetaucht war, nicht einen sinnvollen Satz zur Pandemie beigetragen hatte, aber unmittelbar nach dem Gründonnerstags-Beschluss seiner eigenen Regierung in den Rücken fiel.

[…..] Seehofer kritisiert Osterbeschlüsse von Bund und Ländern scharf »Ausgerechnet Parteien, die das C im Namen führen«: Innenminister Seehofer will die Bitte zum Verzicht auf Gottesdienste an Ostern nicht hinnehmen. Die Hygienekonzepte für Kirchen funktionierten doch. […..]

(SPON, 24.03.2021)

So viel Verblödung in drei Sätzen erlebt man auch nicht oft, obwohl wir im Trump-Zeitalter einiges gewohnt sind.

Sagenhaft, ausgerechnet jetzt gehen die Top-Katholiban Seehofer, Laschet und Günther auf Woelki-Kurs.

Es sollte nicht um Crazy Horsts religiöse Gefühle gehen, sondern um eine Millionenfach tödliche Epidemie, die in Deutschland schon 76.000 Tote forderte. Deutlich über 3.000 Covid19-Patienten liegen genau jetzt auf den Intensivstationen und kämpfen um ihr Leben.

Was ist denn Seehofers Plan? Auf Gebete und Globuli vertrauen und sehenden Auges die Todeszahlen multiplizieren?

[….] Berliner Forscher warnen vor 2000er-Inzidenz im Mai. Einer neuen Studie zufolge können die Notbremse, Impfungen und wärmeres Wetter die dritte Welle nicht aufhalten. Was muss stattdessen passieren? […..]

(Jan Kixmüller, 24.03.2021)

Normalerweise würde ich mich jetzt damit quälen, zuvor verwendete Begrifflichkeiten wie „politisches Totalversagen“, „Debakel“ oder „sagenhafte Unfähigkeit“ im Zusammenhang mit Personen wie Laschet, Spahn, Karliczek, Scheuer oder Seehofer erneut verbal zu überbieten.

Aber nach den grandiosen Regierungsvorlagen, wurden wir heute in den sozialen Medien mit einer derartigen Flut von Karikaturen und Memes überschwemmt, daß ich mich emotional ausreichend austoben konnte.

Die Kritik ist so ätzend, daß ich auch nichts mehr drauflegen kann.

Schlimmer ist aber etwas anderes: Die Tölpelei der (vornehmlich) C-Politiker wird zur ganz großen Vitaminspritze für  Rechtsextreme, Aluhüte, Covidioten, Querdenker, Pegidioten, AfD, Nena-Attila-Xavier-Wendler.

Die braune Pest um David Berger spürt enormen Aufwind unter ihren Höckeflügeln.

[….] Kriminell oder unzurechnungsfähig?  Jetzt sollte auch der treueste und masochistischste deutsche Untertan erkennen: Entweder ist diese Frau im höchsten Maße kriminell oder nicht mehr zurechnungsfähig. Darüber zu rätseln ist müßig, denn beides können wir uns in dieser absolut desolaten Lage unseres Landes keinen Tag länger leisten.     Merkel muss weg, mit allen Mitteln, die das Recht dazu bietet. Und mit ihr die, die ihr den Rücken freigehalten haben, eunuchenhaft in ihrem Hofstaat abgenickt haben, was sie wollte. Und die genau dies weitertun:   Abschied von den Klatscheunuchen.   Dieselben 16 Länderchefs, die gestern mit ihrer Führerin beschlossen haben, uns über Ostern fast eine Woche lang einzusperren, klatschen nun Applaus, dass man alles wieder zurückzieht. Solche Waschlappen ohne Rückgrat haben in einer Demokratie keinen Platz als Politiker! Und: Nach der Bankrotterklärung des Merkel-Coronakabinetts müssen dessen Beschlüsse umgehend aufgehoben werden: Das Geschwätz von einer „neuen Pandemie“ ist unverzüglich zu beenden. Die Grundrechte müssen umgehend wieder hergestellt werden. […..]

(Phimose Paranoia-Blog, 24.03.2021)

In einem Superwahljahr die Hetzer und Antidemokraten so kräftig zu unterstützen, deprimiert mich derartig, daß ich noch nicht mal Lust habe Angela Merkel zu kritisieren.

Die Ideenlosigkeit ist schon gewaltig in der Runde der Entscheider. Dabei haben die doch alle Mitarbeiter, die Zeitungen lesen und Virologen zuhören.

Während einer Feiertagsballung, wenn durch den Ausfall der Einkaufstage am Freitag und Montag ohnehin schon großes Gedrängel in den Supermärkten herrscht – nämlich am Donnerstag und insbesondere Karsamstag – kann man aus Epidemiologischer Sicht zwei Dinge tun:

1.) Supermärkte für ein oder zwei Wochen ganz schließen, so daß es nicht zu Drängeleien kommt.

2.) Statt der eingeschränkten Einkaufszeiten, die zwangsläufig zu einer superspreaderigen Ballung führen, sollten die Öffnungszeiten auf 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche ausgedehnt werden, so daß die Kunden sich viel mehr verteilen können.

Die MPK tat stattdessen das einzige, das die Situation noch verschlimmert – sie wollte ein kleines Supermarkteinkaufsfenster am Samstagvormittag für alle schaffen.

Menschen sind nun einmal etwas blöd und ballen sich gern.*

Dem muss man entgegenwirken und politische Regelungen finden, die das verhindern.

Aber das erfordert kreatives Denken im Bundeskanzleramt.

Ist also ausgeschlossen.

Ich sehe schwarz, und zwar dunkelschwarz.

* Aus einem Brief vom November 2020:

Dieses Hamburg-Niendorf ist echt ein Spießerklischee!

Wenn man da spät abends längs fährt, also sagen wir mal nach 19.00 Uhr, ist es KOMPLETT ausgestorben. Da sieht man keinen einzigen Menschen auf der Straße. Noch nicht mal Autos fahren.

Aber eine halbe Stunde vor Eröffnung des Tibargcenters um 9.00 Uhr kommen ganze Kohorten von Frauen mit ihren Hackenporsches aus den Hauseingängen gequollen und rennen im Gänsemarsch zum Einkaufen.

Heute war ich, glaube ich, das erste mal an einem Samstag da. Da lassen sie die Omen und Open raus. Alle fünf Meter taperte auch in den ganz kleinen Straßen ein Weißkopp an seinem Rollator umher.

Um kurz vor 14.00 Uhr war ich fertig mit meinem Termin und wollte noch eben zu diesem großen EDEKA am Krähenweg, weil da ein gut sortierter Bäcker im Vorraum ist. Aber schon auf der Straße begann eine 100m-Gerontenschlange von akkurat maskierten +80-Niendorfern, die im 2m-Abstand mit ihren Einkaufswagen diszipliniert darauf warteten, den EDEKA zu entern.

Da habe ich natürlich gar nicht erst angehalten und bin auf dem Rückweg in Winterhude noch schnell zum Bäcker gegangen. Da war alles normal. Keine Schlangen vor den Geschäften.

Dort verteilt sich alles am Wochenende.

Aber die Niendorfer haben alle den gleichen Lerchen-Rhythmus und koordinieren offenbar ihren Tagesablauf, so daß sie alle immer in dichten Pulks unterwegs sind. WENN sie unterwegs sind. Normalerweise kommen sie nicht aus ihren Butzen raus. Ich mutmaße auch, daß die gar nichts machen. Sobald die nach dem Tibarg-Einkauf wieder zu Hause sind, verfallen die wie ein Android, dem man den Stecker zieht, in Starre. Dann harren sie 23 h aus und sobald der Morgen graut, macht sich der tausendfüßige graugesichtige Lindwurm wieder auf.

Ich weiß nicht, wie ich das mit einer möglichen Zukunft als Rentner in Niendorf vereinbaren soll. Mit 0,1 km/h geriatrisch am Rollator umhertappsend sehe ich mich durchaus auch bald. Aber dieses freiwillige Frühaufstehen?

Wieso sollte ich um 9.00 Uhr einkaufen gehen, wenn ich den ganzen Tag Zeit habe und die Läden um 20.00 Uhr schließen?
Normalerweise fläzt man sich dann doch bis 19.00 Uhr im Bett umher und denkt dann SCHEISSE SCHEISSE, jetzt muss ich mich beeilen, bevor der Laden zumacht.

Ich kann mir nicht vorstellen schon um 8.00 Uhr das Gebiss aus dem Kukident-Bad zu fischen und dann wie ein Hund mit gewaltigem Druck auf der Blase von innen an der Wohnungstür zu kratzen.

Unter „in Ruhe abrentnern“ stelle ich mir etwas ganz anderes vor. Aber ich bin eben auch kein Niendorfer.