Nachdem
Köln sich bei der letzten Wahl verzählte und es verspätet geschafft hat
korrekte Wahlzettel zu drucken, findet morgen endlich die Bürgermeisterwahl
statt.
Ein bißchen
merkwürdig verlief schon die Kandidatenaufstellung. Köln, die Stadt des
legendären CDU-Bürgermeisters und CDU-Gründers Konrad Adenauer hat keinen
OB-Kandidaten der CDU zu bieten.
Der
amtierende SPD-Bürgermeister Jürgen Roters, der auch Kandidat der Grünen war,
tritt nicht erneut an. Die neuerdings so CDU-affinen Grünen unterstützen bei dieser
Wahl die (parteilose) CDU/FDP-Kandidatin Henriette Reker, während die SPD
allein auf ihren Oberbürgermeisterkandidaten Jochen Ott setzt.
Reker
wurde heute bei einem Attentat schwer, aber nicht lebensgefährlich verletzt.
Am Tatort spielten
sich dramatische Szenen ab. Ein Beamter der Bundespolizei, der in seiner
Freizeit auf dem Markt war, griff laut Polizei als erster ein und überwältigte
den Attentäter. Neben Reker wurden auch eine Kölner CDU-Politikerin, eine
FDP-Ratsfrau und zwei Bürger, die sich zufällig am Wahlkampfstand aufhielten,
verletzt. Reker und eine weitere schwer verletzte Frau wurden in ein
Krankenhaus gebracht.
Der festgenommene
Mann, deutscher Staatsangehöriger, hatte nach Angaben der Ermittler zwei Messer
bei sich und griff Reker gezielt an. Nach WDR-Informationen hatte er die
OB-Kandidatin um eine Rose gebeten, die sie am Wahlstand an Bürger verteilte.
Als Reker ihm die Rose überreichen wollte, habe er zugestochen. Augenzeugen
berichteten, der Täter habe nach seiner Tat gesagt: "Ich habe das für euch
alle getan".
Der Angreifer habe für
die Tat fremdenfeindliche Motive angegeben, sagte Norbert Wagner von der
Polizei Köln später bei einer Pressekonferenz. Der Mann war nach ersten
Erkenntnissen allein an der Tat beteiligt. Er werde auch auf seine psychische
Gesundheit untersucht. Nach eigenen Angaben war der Tatverdächtige seit
längeren Jahren arbeitslos, von Beruf Maler und Lackierer sowie Hartz
IV-Empfänger. Zuvor sei der in Köln lebende Mann polizeilich nicht ausgefallen.
In
diesem Fall sind die Hintergründe des Attentats erschreckend offensichtlich und
schnell aufgeklärt.
Frank S.,
44, war offenbar schon vor 25 Jahren Sympathisant der rechtsextremistischen
„Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei“ (FAP), nahm an Gedenkmärschen für den
Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß teil, lebt in einem schönen Altbau in Nippes. Er
gab ausdrücklich die Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin und eben der zuständigen
Kölner Sozialdezernentin Reker als Motiv an. Sie fluteten Köln mit Ausländern
und Flüchtlingen.
„Wir Politiker leben
ja davon, dass die Menschen zu uns kommen. Die Tat fällt in eine
besorgniserregende politische Atmosphäre, die sich offen gegen Politiker
richtet. Ich habe schon mit Sorge die Galgen bei Pegida gesehen. Es ist
unerträglich, dass es auch nach dem Attentat auf Henriette Reker höhnische Kommentare
im Internet gibt.“
(NRW-Ministerpräsidentin
Hannelore Kraft)
Die
rechtsradikalen Gewalttaten, der xenophobe Terrorismus, den wir täglich in
Deutschland erleben, der aber bisher fast ausschließlich gegen die sozial
Schwächsten gerichtet ist, trifft nun auch weiße, westdeutsche, etablierte
Mächtige.
Ich werde
nicht so zynisch sein Opfer erster und zweiter Klasse zu definieren. Jede Verurteilung
der Tat ist richtig.
Bundesinnenminister
Thomas de Maizière zeigte sich angesichts der "abscheulichen
Messerattacke" besorgt über "die zunehmende Radikalisierung der
Flüchtlingsdebatte". Er sei schon "seit langem besorgt über die
hasserfüllte Sprache und gewalttätigen Aktionen". De Maizière rief alle
Bürger auf, sich sachlich an der Diskussion über die Aufnahme von Flüchtlingen
in Deutschland zu beteiligen. "Nicht nur der Rechtsstaat muss hier mit
voller Konsequenz reagieren, sondern die gesamte Gesellschaft ist aufgefordert,
ein klares Zeichen gegen jede Form der Gewalt zu setzen."
Daß sich
aber ausgerechnet der Minusmann de Maizière empört über die zunehmende Radikalisierung zeigt,
ist schwer erträglich.
Immerhin
ist es der Bundesinnenminister selbst, der seit Monaten bereitwillig Öl ins Feuer gießt.
De Maizière ist genau der Brandstifter, der mit seinen Halb- und
Unwahrheiten die Nazis erst ermutigt.
Der Innenminister schlug die Internierungslager für
Heimatvertriebene vor,
um damit dem rechten Pöbel den Eindruck zu vermitteln, die Syrer wären alle
kriminell.
Der
Bundesinnenminister steht einem Wahlkreis vor, in dem seine CDU offen undemokratisch und PEGIDA-freundlich
auftritt.
Wenn wir Dresden, bzw.
Sachsen als Heimat der Pegida-Bewegung betrachten, gibt es einen ganzen Strauß
von Gründen, die aber erst im Zusammenspiel diese Wirkung zeitigten. Kerstin
Köditz zum Beispiel benennt in ihrem Text die vielfache und dauerhafte
Vernetzung des sächsischen Regierungspersonals mit schlagenden Verbindungen und
Akteuren des rechten Randes. Dies führte über die Jahre dazu, dass rechte
Positionen auch an Universitäten und anderen Bildungsinstitutionen massiv
gefördert wurden, während andere Stimmen kein Gehör fanden.
Hinzu kommt die
unheilvolle Mixtur aus historisch gewachsener Provinzialität, gepaart mit dem
politisch oktroyierten Stolz darauf, offiziell das wirtschaftliche
erfolgreichste Land Ostdeutschlands zu sein, und der Umstand, dass Begriffe wie
Volk und Nation in der DDR nie kritisch hinterfragt wurden. Auch der extrem
geringe Anteil von Migranten an der Gesamtbevölkerung wirkt sich hier negativ
aus. Die rassistischen Ängste, die sich schon Anfang der Neunziger
beispielsweise in Hoyerswerda Bahn brachen, konnten so niemals positiv
konterkariert werden. All das spielt in Sachsen zusammen, aber es wäre dennoch
ein Fehler, das Problem zu regionalisieren.
Brandanschläge gegen
Asylunterkünfte gab es in diesem Jahr in ganz Deutschland, die AfD hat ihre
Fans in Ost und West, und schon öfter wurde ich in Schwaben oder im
Rhein-Main-Gebiet in privatem Rahmen mit Haltungen konfrontiert, die absolut
ins Pegida-Schema passen. Vielleicht hat das westdeutsche Kleinbürgertum
einfach noch nicht die zu ihm passende Protestform gefunden. Mit "Wir sind
das Volk!"-Gegröle durch Rüdesheim oder Ravensburg zu demonstrieren, käme
den meisten dort wohl derzeit noch eher albern vor. Nichtsdestotrotz wurde die
mediale Präsenz von Pegida auch von vielen Westdeutschen durchaus positiv
rezipiert.
Die
Parteifreunde de Maizières wie Lorenz Caffier zum Beispiel, der
CDU-Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, oder auch seine CSU-Kollegen streuen unterdessen Gerüchte über IS-Terroristen,
die sich unter die Flüchtlinge mischten. Das ist pure Panikmache – nicht ein
einziger Fall konnte bestätigt werden.
Ja,
Thomas de Maizière, wer so agiert, muß sich nicht wundern, wenn das bei dem braunen
Pegida-Mob auf fruchtbaren Boden fällt und in Gewalt umgesetzt wird.
Gestern
noch tat der Bundesrat dem Mob den Gefallen eine Peginesische Änderung des Asylrechts
vorzunehmen; tat einen Schritt zurück in der Flüchtlingspolitik.
Beschämenderweise
gab sich das Land, welches vor gut 70 Jahren bis zu 500.000 Sinti und Roma tötete diese Woche ein regelrechtes Anti-Roma-Gesetz, um
Petry, Höcke und Bachmann zu erfreuen.
Pfui Deutschland
und Pfui SPD.
Die
Rechtsextremen werden registriert haben woher der Wind weht.
Diesen
Leuten gibt man keinen Zucker!
[….]
Die Hass-Bewegung aus Dresden richtet
seit einem Jahr ein Zerstörungswerk an. [….] Pegida hat ein Klima der Verrohung, Aggressivität und des Hasses auf
Ausländer, Andersdenkende, Kirchen, Politiker, Medien geschaffen, das alles,
wirklich alles befürchten lässt. Pegida ruft seit einem Jahr zu nichts anderem
als Hass und Gewalt auf. Pegida setzt Hemmschwellen auf null. [….] „Wir werden von Wahnsinnigen regiert“,
brüllt Pegida-Anführer Bachmann gerne auf seinen Kundgebungen und spielt sich
als Retter des Abendlandes und der europäischen Kultur auf. Ein Mann, der im
Gefängnis saß, verurteilt wegen Drogenhandels und mehrerer Einbrüche, jemand,
der Unterhaltszahlungen für sein Kind schuldig geblieben war und auf Bewährung
frei ist. Bachmann hetzt seit einem Jahr ungehindert gegen Asylbewerber, die er
Verbrecher und Invasoren nennt, die „raubend, teilweise vergewaltigend und
stehlend unsere Städte“ bereicherten. Erst Hass säen, dann zum Losschlagen
ermuntern: „Auf die Straße, wehrt euch.“ Und wir wundern uns noch, wenn Steine,
Flaschen und Böller fliegen? Oder regen uns über den albernen Galgen auf?
Gewalt ist Alltag geworden in Sachsen. Und es wird immer schlimmer. Erst Worte,
dann Untaten. Pegida hat schon vor Monaten den Schalter umgelegt. In Sachsen
werden systematisch Politiker, ihre Büros, ihre Autos angegriffen. Es geht
gegen Flüchtlinge, Polizisten, THW-Helfer, DRK-Helfer, Feuerwehrleute,
Journalisten, Andersdenkende oder auch mal Kinder und Jugendliche aus ganz
Deutschland, die an einem Theaterfestival teilnehmen. [….]
Angesichts
des heutigen Kölner Attentats ist es hohe Zeit, daß sich Hetzer wie de
Maizière, Söder, Bosbach, Seehofer oder Scheuer endlich im Ton mäßigen und sich
ehrlich machen.
Viele Hoffnungen
hege ich allerdings nicht!
[….]
Dresden: Auf einer islamfeindlichen
Pegida-Demonstration droht ein Mann Bundeskanzlerin Angela Merkel und
Vizekanzler Sigmar Gabriel mit ihrer Hinrichtung. Er hat einen Galgen dabei und
lässt auf Schildern wissen, dieser sei für die Politiker
"reserviert". "Abschieben, Abschieben!", skandiert die
Menge der "Asylkritiker" währenddessen.
Köln, fünf Tage
später: Ein Mann attackiert die Oberbürgermeister-Kandidatin Henriette Reker
mit einem Messer, verletzt sie schwer am Hals. "Ich habe das wegen Rekers
Flüchtlingspolitik getan“, sagt er nach Angaben von Zeugen.
Völlig egal, ob der
Mann geistesgestört ist oder noch alle Sinne beisammen hat: Die Saat der Hetze
gegen Asylbewerber ist aufgegangen. Pegida hat mitgestochen.[….] "Volksverräter" ist NS-Jargon. Bereits 1933 führten die
Nationalsozialisten für "Hochverrat" die Todesstrafe ein.
"Lügenpresse auf die Fresse" ist ebenso als eine klare
Handlungsempfehlung zu verstehen. [….]