Freitag, 17. November 2023

Die Moslems

Alle Zeitungen, die ich als Print-Abo beziehe, hatten heute das gleiche Titelthema; die Hamburger Blätter sowieso; aber auch die Süddeutsche, berichtet über die bundesweite Razzia gegen islamische Einrichtungen, von denen „die blaue Moschee an der Außenalster“ sicherlich das prominenteste Objekt war.

[…..] Allein in Hamburg waren 300 Polizistinnen und Polizisten im Einsatz. Zahlreiche Polizeikräfte durchsuchten die Blaue Moschee an der Alster, den Sitz des IZH. Schwer bewaffnete Polizistinnen und Polizisten sicherten die Zugänge. In der Hansestadt wurden zeitgleich 30 weitere Objekte mit Verbindungen zum IZH durchsucht. Darunter auch ein unscheinbares Bürogebäude in der Nähe des Flughafens, das offenbar Sitz einer islamischen Akademie ist.

Bei der Großrazzia wurden nach Angaben des Innenministeriums größere Bargeldmengen, Mobiltelefone und Laptops sowie Schriftstücke und Flugblätter sichergestellt. Es habe keine Zwischenfälle gegeben. Das beschlagnahmte Material soll nun durch die Sicherheitsbehörden des Bundes ausgewertet werden.

Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) bezeichnete die Razzia gegen das IZH als "harten Schlag". Die Zeit des IZH sei "erkennbar abgelaufen", sagte er. "Je schneller das IZH nun als Ganzes aus Hamburg verschwindet, umso besser. Mit dem heutigen Tag sind wir dem ein ganzes Stück näher."

Die Verdachtsmomente gegen das IZH wögen schwer, sagte Faeser. Die Aktivitäten des Zentrums seien darauf ausgerichtet, das Revolutionskonzept der obersten iranischen Führer zu verbreiten. Das Bundesamt für Verfassungsschutz gehe davon aus, dass das IZH auf bestimmte Moscheen und Vereine großen Einfluss bis hin zur vollständigen Kontrolle ausübt. Innerhalb dieser Kreise sei häufig eine antisemitische und antiisraelische Grundeinstellung feststellbar, hieß es in einer Mitteilung des Bundesinnenministeriums. Faeser sagte: "Gerade jetzt, in einer Zeit, in der sich viele Jüdinnen und Juden besonders bedroht fühlen, gilt: Wir dulden generell keine islamistische Propaganda und keine antisemitische und israelfeindliche Hetze."  [….]

(NDR, 17.11.2023)

Die Mopo titelt reißerisch „MULLAHDÄMMERUNG“ in großen Lettern.

Die Einschläge kommen näher. Ich wohne nur wenige hundert Meter entfernt von der Blauen Moschee. (Aber doch so weit, daß die Mieten erheblich niedriger sind!) Von mir aus gesehen, befindet sich 50m vor der wirklich wunderschönen, beeindruckenden Moschee auch noch das russische Generalkonsulat, welches seit Februar 2022 permanent von Peterwagen eingekreist ist. Das war mal eine der ruhigsten Wohngegenden überhaupt. Auf dem östlichen Außenalsterstreifen zwischen Ufer und Sierichstraße, gibt es keinerlei Geschäfte, keinen ÖPNV. Man geht dort in aller Ruhe spazieren; es ist die Understatement-Seite des großen Stadt-Sees. Die Immobilienpreise sind natürlich enorm, aber es gibt keine protzigen Villen oder riesige Grundstücke. Die meisten Bewohner könnten sich vermutlich Ferraris und Porsches leisten, aber man sieht kaum welche in den Straßen. Wer mit seinem Reichtum angeben will, zieht in andere Gegenden. Hier schätzt man die Unauffälligkeit. Und nun das: Auf Schritt und Tritt schwer bewaffnete Polizisten. Es erinnert ein bißchen an den Juli 2017, den berüchtigten G20, als ebenfalls nur 50 m von der Blauen Moschee entfernt, im Gästehaus des Hamburger Senats, Donald und Melania Trump untergebracht wurden und rund um die Uhr Hubschrauber über mir kreisten.

Natürlich bekamen die Anwohner alle den gewaltigen Einsatz gegen die Moschee mit und so hörte ich mir beim heutigen Freitagseinkauf eine Menge islamophober Meinungen an. Es wäre höchste Zeit, daß endlich gegen die Islamisten durchgegriffen werde.

Erstaunlich, denn in den letzten Jahrzehnten, insbesondere vor 2015, war man sich durchaus bewußt darüber, daß es sich nicht nur um ein architektonisches Juwel, sondern eben auch ein schiitisches Gotteshaus handelte, welches in der edlen Diaspora also nicht von türkischen, kurdischen oder arabischen „Gastarbeitern“ besucht wurde (da die weit überwiegend sunnitisch sind), sondern von Exil-Iranern.

Bei ihnen handelt es sich nach einem weit verbreiteten Klischee um liberale Akademiker-Exilanten, die 1979/1980 nach der islamischen Revolution des Ruhollah Musawi Chomeini den Iran verlassen mussten. Das sind typischerweise Ärzte, Architekten, Ingenieure, mit denen es nie Integrationsprobleme gab.

Ich war immer stolz auf das Hamburger Zeichen der Toleranz; einer auffälligen Moschee an so prominenter Stelle, direkt am Außenalsterufer.

Es gibt kein Problem mit „dem Islam“, wie die bestens integrierten und ökonomisch erfolgreichen Deutsch-Iraner beweisen, die (fast) alle Muslime sind.

Allerdings Muslime, die mit den Mullahs in Teheran nichts zu tun haben möchten.

Insbesondere nach 2015 kamen aber Schiiten aus Syrien und dem Irak nach Hamburg, die aus anderen sozialen Schichten stammen.

Das war in meiner Nachbarschaft immer deutlich zu sehen, weil die Blaue Moschee nicht mit Bus oder Bahn zu erreichen ist. Die freitäglichen Besucher bekam ich in früheren Jahrzehnten am Hofweg, der ersten Straße von der Moschee aus gesehen, an der es wieder Geschäfte und eine Buslinie gibt, nie zu sehen. Natürlich nicht, denn das sind sehr wohlhabende Menschen, die mit der eigenen Limousine bis zur Moschee fahren und die optisch auch nicht auffallen, weil Iranerinnen keine Kopftücher oder gar Schleier tragen. In den letzten acht Jahren veränderte sich das Straßenbild; nun sieht man am Freitagabend auch mal ganze Familien mit mehreren verschleierten Frauen von der weit entfernten nächsten U-Bahnstation Mundsburg, oder der Bushaltestelle Hofweg/Zimmerstraße zu Fuß in Richtung Moschee gehen.

Der extrem rechten Hamburger CDU ist das IZH schon lange ein Dorn im Auge; immer wieder forderte sie, die Moschee zu schließen, das IZH aus der Schura zu werfen; versuchte damit den rotgrünen Senat mit populistischen Tönen, wie beim Gender-Verbot, vor sich her zu treiben. Die Gegenargumente lauteten „mangelnde Zuständigkeit“, oder, durchaus plausibel: solange das IZH legal und Teil der Schura bliebe, könne man es wesentlich besser beobachten, einschätzen und beeinflussen.

Als Quasi-Anwohner hat sich für mich nichts geändert; ich habe nie irgendetwas Verdächtiges bemerkt oder gar politische Aktivitäten wahrgenommen. Ich sehe bloß ganz normale freundliche Leute, die zum Gottesdienst wandern. Einer Aktivität, die mir ganz genauso fremd und nicht nachvollziehbar erscheint, wie eine katholische Messe.

Innenministerin Faeser und Innensenator Grote haben selbstverständlich viel mehr Informationen als ich. Teherans Einfluss auf das IZH scheint demnach beträchtlich gewachsen zu sein. Imame predigen mutmaßlich gefährliche und antisemitische Inhalte.

Nach dem „Schwarzen Schabbat vom 07.10.2023“ gab es in mehreren deutschen Städten propalästinensische Demos, bei denen hunderte Muslime antisemitisches Gedankengut rausschrien.

Das „Tätervolk Deutschland“ reagiert richtigerweise sensibel auf Antisemitismus. Die Ampel geht richtigerweise gegen antisemitische Vereinigungen vor.

Nicht richtig ist es hingegen, von einigen Hundert auf der Straße grölenden Muslimen auf alle sechs Millionen Muslime in Deutschland zu schließen.

Genau das geschieht aber. Die meisten Deutschen mögen generell „den Islam“ nicht. "Allahu akbar"-Rufe, Moschee-Besuche, freie muslimische Glaubensausübung ist grundgesetzlich garantiert. Viele Deutsche möchten es dennoch gern verbieten.

Islam und Islamismus werden munter verquickt. Dabei gehören 99,5% der Muslime in Deutschland nicht zu einer extremistischen Strömung.

[….] Kürzlich fragte mich eine Journalistin, ob nun nicht auch Rufe wie "Allahu akbar" verboten werden sollten. Ich denke, das wäre verhängnisvoll. Damit würde man Islamisten in die Hände spielen. Sie hätten erreicht, was sie wollen - ihre islamistische, radikalpolitische Deutung religiöser Symbole durchzusetzen und einen Keil durch die Gesellschaft zu treiben. "Allahu akbar" ist einer der wichtigsten Glaubensaussprüche im Islam. Mit diesen Worten wird das Gebet eingeleitet. Es bedeutet so viel wie "Gott ist größer" und versteht sich als Ausdruck von Demut. Ein Verbot würde eine Glaubensgemeinschaft pauschal kriminalisieren und "Allahu akbar" zur Kampfformel degradieren - genau das, was die Islamisten daraus machen wollen. Damit würde man befördern, womit sich die muslimische Bevölkerung seit Jahren konfrontiert fühlt: die Gleichsetzung von Islam und Islamismus.

Wie verbreitet dieser Generalverdacht bereits ist, belegen die Zahlen einer bisher unveröffentlichten Auswertung des "Religionsmonitors 2023" der Bertelsmann-Stiftung. Demnach sind 54 Prozent der Nicht-Muslime in Deutschland der Meinung, der Islam sei "in erster Linie" eine politische Ideologie. 73 Prozent glauben, islamistische Terroristen fänden starken Rückhalt im Islam. 57 Prozent sind überzeugt, der Islam rufe zur Gewalt auf. Solche Zahlen sind für die große Mehrheit der deutschen Muslime überaus schmerzvoll. Sie verstärken ihr Gefühl, ausgegrenzt und "Opfer" zu sein. Wenn nun eine Kriminalisierung muslimischer Glaubensformeln diskutiert wird, befeuert das die islamistische Behauptung, Musliminnen, Muslime und ihr Glaube würden in den westlichen Gesellschaften nicht als gleichwertig behandelt. Die Einzigen, denen ein solches Verbot nutzt, wären die Islamisten und andere Extremisten.

Stattdessen muss man sich die Mühe machen, genauer hinzusehen, was legitime Äußerungen von Glauben und humanitären Überzeugungen sind, und wo Äußerungen gegen grundlegende Werte verstoßen. [….]

(Yasemin El-Menouar, "Senior Expert" der Bertelsmann-Stiftung, 16.11.2023)

Pauschalurteile sind immer falsch, ungerecht und perfide.

Es gehört zwar zum allgemeinen Sprachgebrauch zu pauschalisieren, indem man „die Schwaben“ als geizig oder „die Bayern“ als doof oder „die Amerikaner“ als ungebildete waffenfanatische Trumpisten bezeichnet. In geschriebener und offiziellerer Form sollte das nicht vorkommen, denn selbstverständlich sind weder alle Schwaben, noch alle Bayern oder alle Amis gleich. Bei Millionen Individuen ist ein breites Charakterspektrum so selbstverständlich, daß man von meiner US-amerikanischen Staatsbürgerschaft natürlich nicht darauf schließen kann, Trump-Fan zu sein.

Eine solche Unterstellung wäre bösartig und dumm.

Umso erbärmlicher, daß ausgerechnet der Mann des Wortes in Deutschland, der Bundespräsident genau das tut. Hardcore Religiot Steinmeiner geht sogar noch weiter.

[….] Der Bundespräsident ruft Arabischstämmige und Muslime auf, sich von der Hamas und dem Terror zu distanzieren. Hat Steinmeier je etwas von Sippenhaft gehört? [….] Ob Frank-Walter Steinmeier vorhat, eine neue Hotline einzurichten, ist noch nicht bekannt. Leserinnen und Leser, die nach der Lektüre dieses Textes den Drang verspüren, sich von Hass und Gewalt zu distanzieren, finden die bisherige Nummer der Telefonzentrale von Schloss Bellevue jedoch auf bundespraesident.de. [….] Wer zum Beispiel christlichen, hinduistischen oder gar keines Glaubens, italienischstämmig oder blütenweißer Hautfarbe ist, kann diese sachdienlichen Hinweise aber eigentlich getrost schon wieder vergessen. Denn für sich selbst zu sprechen, das hat Steinmeier bei einem "Runden Tisch zum friedlichen Zusammenleben" in dieser Woche nun von Muslimen und Arabern eingefordert, denn, herrje, soviel Differenzierung muss sein: Es gibt ja Muslime, die keine Araber sind und Araber, die keine Muslime sind.

[….] "Erteilen Sie dem Terror eine klare Absage!"

[….]  Von den in der Folge des 7. Oktobers so verdächtig stillen muslimischen Organisationen kann man Stellungnahmen erwarten und wenn sie ausbleiben: einfordern. Dazu sind Verbände da: dass sie für ihre Mitglieder als Gruppe sprechen, dass sie Positionen artikulieren, Ansprechpartner sind, nach innen wie nach außen.  Aber kann und sollte man solche Stellungnahmen auch von jedem einzelnen, tatsächlichen oder auch nur aufgrund irgendwelcher Merkmale vermuteten Mitglied einer eher diffus definierten Gruppe verlangen? Folgt man Steinmeiers Logik, sollen sich also die fünf Millionen in Deutschland lebenden Muslime und die 1,5 Millionen Arabischstämmigen von Verbrechern distanzieren - und das individuell. Sippenhaft nun nicht mehr nur wegen Clankriminalität: Ist das wirklich die Lehre aus den Bildern der gespenstischen Demonstrationen von Hamas-Freunden und Kalifats-Begeisterten auf der Sonnenallee, in Essen und Duisburg? [….]

(Moritz Baumstieger, SZ, 10.11.2023)

Der Mann ist wirklich schlimm!

Natürlich deckt es die Religionsfreiheit, ein Religiot zu sein. Das kann ich ihm nicht vorwerfen.

Aber Steinmeier ist auch Volljurist und ranghöchster Mann im Staate. Da sollte er doch die Verfassung kennen und achten.

Nein, nur weil ich Amerikaner bin, verpflichtet es mich nicht extra dazu, mich von Trump zu distanzieren.

Ich muss mich als Deutscher auch nicht von Steinmeier distanzieren. Ich möchte es aber.