Dienstag, 31. März 2015

Verwirrte Verbraucher.


Mein Gemüseladen existiert nun in der vierten Generation.
Die Seniorchefin erzählte mir einmal, wie sich die Kunden zu ihrer Anfangszeit gefreut hätten, daß sie mit Eisbergsalat und Kopfsalat zwei verschiedene Salate zur Auswahl hatten.
Heute hat allein der Lieferant auf dem Großmarkt, bei dem sie morgens Salat kaufen 84 Sorten im Angebot.
Da die Ladenfläche gleich geblieben ist und außerdem die gewaltige Konkurrenz durch die Discounter dazu gekommen ist, kann man sich vorstellen was das für ein kaufmännisches Problem ist.
Und tatsächlich beobachte ich genau das bei meinen Einkäufen dort; trotz einer schier überwältigenden Auswahl kommen immer wieder Kunden, die einen derart exotischen Pilz oder einen geräucherten LILA Knoblauch aus Frankreich wünschen, daß sie dann enttäuscht und ohne etwas zu kaufen wieder abziehen.
Einer der Verkäufer in meinem Gemüseladen hat lange als Koch gearbeitet und gibt dementsprechend detaillierte und raffinierte Zubereitungstipps zu jedem exotischen Gemüse.
Noch vor ein paar Wochen brachte er mir auch wieder etwas bei. Ich kaufe gerne Baby-Spinat und Rucola als Salat. Nun empfahl er mir aber zu einer Gorgonzola-Soße lieber den normalen frischen Spinat als Salat zu verwenden.
Tatsächlich ist der ausdrucksvoller, als die Babyblätter. Geht wunderbar auch mit Essig/Öl/Räucherknoblauch: Spinat ein bißchen, zerreißen, waschen, Salatschleuder. Ein paar Marindas dazu schneiden, Fertig.

Wenn man zu Hause die TV-Programmzeitschrift durchsieht, wird auch klar wieso sich meine armen Gemüseleute so abstrampeln:
Es gibt auf fast allen Sendern eine Kochsendung nach der Nächsten.
Fernsehköche gehören längst nicht mehr in die Reihe anderer Fernseh-„Experten“, die Gartentipps, Rechtsbeistand, politische Analysen oder Kinoneuheiten präsentieren. Fernsehköche sind echte Stars und können mit etwas Geschick eine ganze Industrie aufbauen: Kochbücher, Kolumnen, Restaurants und in den Supermärkten steht auch alles voll mit Jamie-Oliver-Relishs und Schubeck-TK-Gerichten.

Der Kochwahn spiegelt sich auch in den unendlich vielen kitchen-utensils wider, die man heute in Spezialgeschäften, aber auch in Kaufhäusern bekommt.

Luxus-Küchen spielen sogar eine bedeutende Rolle im Immobiliengeschäft. Wer seine Wohnung aufwerten will und sein Geld sinnvoll investieren möchte, gibt gerne mal fünf- bis sechsstellige Beträge für eine neue Küche aus. Die Küchen werden größer und zunehmend zu Wohnflächen, weil man das Kochen mehr zelebriert.
Küchen zu bauen wird dabei immer komplizierter, da die Bedürfnisse von Veganern und Fleischessern verschieden sind.
Die kleine schmale Einbauküche, in der gerade mal die Mutter reinpasste, hat endgültig ausgedient.

Grundsätzlich sind das alles begrüßenswerte Entwicklungen.
Auf die Ernährung zu achten, kulinarische Vielfalt einziehen zu lassen und das Kochen nicht mehr nur als lästige Pflicht, sondern auch als anspruchsvolles Hobby für die ganze Familie zu betrachten, kann nur gut sein.

Blöderweise ist alles was ich bis hierher beschrieben habe überhaupt nicht repräsentativ.
Der Eindruck, daß sich alle intensiv mit Kochkunst und vielfältigen Zutaten beschäftigen, täuscht.
Noch immer sind die Deutschen das lebensmittelknauserigste Volk Europas.
Nirgendwo wird ein geringer Prozentsatz des Monatseinkommen für Lebensmittel ausgegeben.
Deutsche wollen es vor allem BILLIG haben.
Der alte Witz stimmt:
Steht ein Ölwechsel bei Papas altem Golf an, kann es gar nicht exklusiv genug sein. Die Motoröle werden genau ausgesucht und können gerne mal über 100 Euro kosten. Und anschließend geht es zu Aldilidl, wo man erschreckt das 99-Cent Salatöl wegstellt, nachdem man unten im Regal die Plastikflasche für 79 Cent entdeckt hat.
Die spinnen, die Deutschen.

[…]  Die Deutschen sind Kochmuffel
[…] Nicht einmal fünfeinhalb Stunden pro Woche stehen die Verbraucher hierzulande am Herd, wie das Marktforschungsunternehmen GfK am Montag in Nürnberg mitteilte. Damit liegen sie auf dem viertletzten Platz unter 22 Nationen. Nur in Brasilien, der Türkei und Südkorea verbringen die Menschen demnach noch weniger Zeit mit Kochen.
Das größte Engagement in der Küche zeigen demnach Inder und Ukrainer mit mehr als 13 Stunden pro Woche. In Westeuropa liegt Italien mit gut sieben Stunden vorne, gefolgt von Spanien. […] Ältere [kochen] wesentlich mehr als Jüngere: Bei den unter 30-Jährigen sind es mehr als vier Stunden, bei den über 50-Jährigen hingegen mehr als sechs Stunden pro Woche. […]

Deutsche wissen also offenbar wie man sich wesentlich besser und gesünder ernähren KÖNNTE, aber sie sind zu tumb, um das umzusetzen. Wenn sie bei Kaufpennyland Tiefkühllasagne für € 1,09 das Kilo entdecken, greifen sie zu.

Diese phlegmatisch-schizophrene Methode deckt sich auch mit einer Meldung von vorgestern.
Demnach wissen Jugendliche durchaus über die brutalen und unmenschlichen Bedingungen bei der Herstellung von Billigklamotten Bescheid.
Aber vor die Wahl gestellt, ob sie dieses erbärmliche Ausbeutersystem unterstützen, oder durch ihr Kaufverhalten ein Zeichen setzen, entscheiden sie sich nur für BILLIGBILLIG.

Hauptsache viel, Hauptsache billig
[…] Links blinken, rechts abbiegen: Viele Jugendliche beklagen die Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie. Obwohl vielen klar ist, dass ihre Klamotten selten ethisch einwandfrei sind, kaufen sie einer Studie zufolge unverdrossen Massenware.
Jugendliche zwischen 12 und 19 Jahren sind erstaunlich gut über die Probleme bei der Herstellung von Textilien informiert. Ihr Konsumverhalten ändert das jedoch nicht, wie eine neue Studie der Umweltorganisation Greenpeace zeigt. So haben mit 96 Prozent der Befragten nahezu alle davon gehört, dass Arbeiter in der Modeindustrie oft unter unwürdigen Bedingungen arbeiten. […] Konsequenzen ziehen daraus allerdings die Wenigsten: Nur 13 Prozent der Befragten, also knapp jeder Achte, gab an, beim Kauf auf die Herstellungsbedingungen oder Textilsiegel zu achten. "Gerade junge Konsumenten haben zwar eine Vorstellung davon, wie Kleidung hergestellt wird und welches Elend im Namen der Mode angerichtet wird", sagt Kirsten Brodde, Textilexpertin bei Greenpeace. "Allerdings blenden sie das aus, wenn es um den konkreten Kauf eines Kleidungsstücks geht." […]

Montag, 30. März 2015

Strategien…


Was soll die arme Bundes-SPD jetzt eigentlich noch tun?
Die Wahlversprechen sind alle und es ist noch so viel Legislatur übrig.
Das ist nicht nur insofern suboptimal, weil die SPD-Bundesminister Opfer ihres eigenen Erfolges sind und nun einfach nichts mehr zu tun haben.
Schlimmer noch, nun gerät der grobe Unsinn aus den CSU-Ministerien mehr in den Fokus der Öffentlichkeit.
Bestimmen nun etwa die „ZERSTÖRERISCHEN EGOISTEN VON DER CSU“ das Bild der Bundesregierung?
Natürlich könnte man statt schwachsinniger Stammtisch-Politiksimulation auch die 80%-Mehrheit der GroKo nutzen, um einige überfällige Reformen durchpeitschen.
Wieso haben wir immer noch das komplizierteste Steuerrecht der Welt, wieso werden Einkünfte durch Nichtstun (Zinsen, etc) steuerlich viel besser gestellt als Arbeitseinkommen? Warum leisten wir uns immer noch ein zersplittertes Schulsystem, das jährlich 100.000 Jugendliche ohne Chancen und Abschluss produziert? Weshalb unternehmen wir nichts dagegen, daß in Deutschland zehn Prozent funktionale Analphabeten leben? Wieso haut nicht endlich mal jemand Herrn Schäuble so lange mit dem Nudelholz auf den Hinterkopf bis er seine Arbeitsverweigerung in der Steuerpolitik aufgibt?
Kann er nicht wenigstens mal diesen Ultraschwachsinn mit den für niemand mehr nachvollziehbaren unterschiedlichen Mehrwertsteuersätzen abschaffen?

Natürlich könnte sich die Koalition eine ehrliche Rentenreform überlegen, die darauf reagiert, dass große Teile der heutigen Arbeitnehmerschaft die Altersarmut droht. Oder eine engagierte Energiewende, die die Bundesrepublik weltweit als klimaschutzpolitische Avantgarde positioniert. Oder eine Pflegereform, die die Alterung der Gesellschaft auffängt. Auch Tatenlosigkeit hat Konsequenzen. CDU, CSU und SPD schauen Entwicklungen zu, die die ganze Gesellschaft bedrohen. Sie muten den Wählern die Wirklichkeit nicht zu, sie setzen auf Feel-good-Politik.

Aber das ist eben die Domäne der CDU:
Bloß nichts anfassen, das den garstigen Wähler erwecken könnte.
Der Urnenpöbel soll schon weiterschlummern. Wenn es soweit ist, daß die verschleppten Reformen Deutschland ins ökonomische Desaster treiben, sind Merkel und Schäuble ja nicht mehr im Amt.

Grundlegendes wird von dieser K.O.alition auf den St-Nimmerleinstag verschoben.
Nun kommt nur noch der Mist, der im Zweifelsfall die CDU gut- und die SPD schlecht aussehen lässt. Unglaublich; aber in diese strategisch komfortable Lage hat sich die CDU durch Arbeitsverweigerung gebracht. Sie hat nur nörgelnd zugesehen, wie die SPD ranklotzte.

[….]  Zum anderen steht jetzt die Umsetzung der Projekte an, die der SPD wehtun. Die Maut war nur der Anfang. Es folgen die Vorratsdatenspeicherung, das Freihandelsabkommen TTIP und die Senkung des Solidaritätszuschlags. Dabei können die vielen klammen SPD-regierten Bundesländer eigentlich auf keinen Euro verzichten. Auch bei der Energiewende sind die Sozialdemokraten in der Defensive. Gabriel ist als zuständiger Minister vom Wohlwollen der Union abhängig, um eine wenigstens einigermaßen akzeptable Lösung präsentieren zu können.
Selbst aus den Landtagswahlen wird die SPD in dieser Legislaturperiode keinen Honig mehr saugen können. Bei den wichtigsten Entscheidungen - in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen - kann die Partei eigentlich nur verlieren; sie sitzt ja bereits überall in der Regierung. Die Umfragen sagen einen knappen Ausgang voraus. Dass die FDP auf einmal wieder an der Fünf-Prozent-Hürde kratzt, erschwert die erhofften rot-grünen Mehrheiten - genauso wie der Erfolg der AfD.
Gleichzeitig gibt es in der Union ein großes Bedürfnis, es den Sozialdemokraten jetzt endlich mal heimzuzahlen. CDU und CSU sind nach einem Jahr voller SPD-Projekte genervt. Selbst in der Spitze der Unionsfraktion nennen sie die SPD offen den "Feind im Bett". Die Junge Union montiert die Ministerinnen Nahles und Schwesig in DDR-Plakate, um sie als Quasi-Kommunistinnen zu diskreditieren. Der Wirtschaftsflügel der Union hält die beiden Genossinnen sowieso für Beelzemädchen. [….]

Was machen die Unions-Parlamentarier eigentlich den ganzen Tag außer die SPD zu ärgern?
Bis Herbst 2017, wenn die nächsten Bundestagswahlen anstehen ist ja noch etwas Zeit totzuschlagen.
Offensichtlich nutzen sie die viele Zeit, um schon mal die Wahlkampfkassen zu füllen.
Die CSU herrscht ohnehin quasiabsolutistisch und stopft sich die Partei-Taschen mit Steuerzahlergeldern voll.

Aber die CDU kann das auch richtig gut:

Unternehmen, Lobbyverbände und wohlhabende Privatpersonen haben nach abgeordnetenwatch.de-Recherchen im Wahljahr 2013 mehr als zwei Millionen Euro an Parteispenden verschleiert. Die Zuwendungen wurden in mehrere Teilzahlungen gestückelt, die unterhalb der Veröffentlichungsgrenze liegen. Allein die CDU erhielt 1,5 Millionen Euro an bislang unbekannten Großspenden – ein Drittel davon aus dem Umfeld eines einzigen Konzerns, der enge Beziehungen zur Union unterhält.
Am Freitag hatte der Bundestag die Rechenschaftsberichte der Parteien für das Wahljahr 2013 öffentlich gemacht, aus denen u.a. die Zuwendungen an CDU, CSU, SPD, Grüne und Linkspartei hervorgehen. Nach abgeordnetenwatch.de-Recherchen wurden im zeitlichen Umfeld der Bundestagswahl Parteispenden in Höhe von über zwei Millionen Euro vor der Öffentlichkeit verborgen.

Pünktlich zu Helmut Kohls 85sten Geburtstag hat die Partei, der die Deutschen am meisten vertrauen, gezeigt, daß sie nichts verlernt hat: Die kriminelle Energie der CDU ist bezüglich ihrer Spenden so stark wie eh und je.

[…] Dass es sich um kein kleines Problem handelt, zeigt schon die große Summe, um die es geht. Allein die im Bundestag vertretenen Parteien bekommen jährlich Spenden in Höhe von mehr als 60 Millionen Euro. Bei der CSU sind diese Gaben sogar die wichtigste Einnahmequelle, ihr Anteil liegt bei 30 Prozent des CSU-Gesamtetats. Spenden in dieser Größenordnung sind bestenfalls dann zu vertreten, wenn sie transparent gemacht werden. Umso ärgerlicher ist eine Lücke im Parteiengesetz, die jetzt wieder einmal offenbar wurde.
Das Gesetz schreibt zwar vor, dass alle Spenden von mehr als 50 000 Euro sofort beim Bundestagspräsidenten angezeigt und dann umgehend von diesem veröffentlicht werden müssen. In der Praxis kann diese Regel aber leicht umgangen werden. Ein Unternehmer muss seine Spende nur stückeln oder auf verschiedene Tochterfirmen verteilen. Wenn eine Firma beispielsweise jedes Quartal 15 000 statt einmal 60 000 Euro überweist, hat sie die sofortige Anzeigepflicht schon vermieden.
[…] Der wichtigste Fall betrifft die CDU und die Deutsche Vermögensberatung AG (DVAG). Die Aktiengesellschaft ist schon seit vielen Jahren eng mit der Union verwoben. Aufsichtsratschef ist der ehemalige Kanzleramtsminister Friedrich Bohl. Im Beirat sitzen Altkanzler Helmut Kohl, Ex-CSU-Chef Theo Waigel sowie Ex-Ministerpräsident Bernhard Vogel. CDU-Generalsekretär Peter Tauber war früher Pressesprecher des Unternehmens.
[…] Die CDU erhielt ausweislich ihres jetzt präsentierten Rechenschaftsberichts im Bundestagswahljahr 2013 über ein Firmengeflecht um den 2014 verstorbenen DVAG-Gründer Reinfried Pohl sowie aus dessen Privatkasse insgesamt Spenden in Höhe von 493 000 Euro. Hinzu kommt eine 40 000 Euro-Spende des Bundesverbandes Deutscher Vermögensberater, der von Pohl mitgegründet wurde. Das haben die Experten von abgeordnetenwatch.de ermittelt. Trotz dieser großen Summen hatte die CDU im Jahr 2013 aber keine einzige der Spenden sofort anzeigen müssen, da die einzelnen Gaben allesamt unter 50 000 Euro lagen. […]

CDU-Politik, das kontinuierliche Umverteilen von unten nach oben macht sich bezahlt.


Sonntag, 29. März 2015

Gottes erbärmliche Epigonen.



Das Konzept der Allmacht ist schwachsinnig.
Um das zu beweisen reicht schon der alte kleine Witz mit dem schweren Stein:

Kann Gott einen so schweren Stein erschaffen, daß er ihn selbst nicht mehr hochheben kann?

Und schon verloren – beide möglichen Antworten zeigen, daß Gott nicht allmächtig ist.

Ähnlich einfach kann man die Existenzfrage Gottes abhandeln.

Es gibt nur zwei Möglichkeiten:

Fall A) Ein allmächtiger Gott existiert nicht.

Fall B) Ein allmächtiger Gott existiert. Dann zeigen aber Auschwitz und die weiteren bekannten Genozide, daß er ein Arschloch sein muß und das ist per Definition eben nicht göttlich. Also existiert eben doch kein (lieber) Gott.

Was ich hier wieder einmal skizziere, ist das alte Theodizee-Problem.
Der Begriff wurde durch Gottfried Wilhelm Leibniz, dem letzten Universalgelehrten der Geschichte in seiner Abhandlung  „Essai de Théodicée“ (1710) geprägt.

Damit griff er aber eine Jahrtausende alten Gedankengang auf.

Die große Theodizee-Frage [teodiˈt͜seː] (frz. théodicée, v. altgriech. θεός theós Gott und δίκη díke Gerechtigkeit) wird immer wieder gestellt - seit Jahrtausenden, seit Epicur.

Sextus Empiricus, der Arzt und Philosoph des 2. Jahrhunderts, formulierte das Dilemma folgendermaßen:

Entweder will Gott die Übel beseitigen und kann es nicht:
Dann ist Gott schwach, was auf ihn nicht zutrifft,
Oder er kann es und will es nicht:
Dann ist Gott missgünstig, was ihm fremd ist,
Oder er will es nicht und kann es nicht:
ist er schwach und missgünstig zugleich, also nicht Gott,
Oder er will es und kann es, was allein für Gott ziemt:
Woher kommen dann die Übel und warum nimmt er sie nicht hinweg?

„In letzter Zeit war die Leistungsbilanz Gottes, was die Juden anbelangt nicht gerade überwältigend." Er könne nicht zugleich allmächtig und gerecht sein - denn wäre er es, hätte er Ausschwitz nicht zugelassen. Doch offensichtlich konnte er es nicht verhindern.
Und was ist wenn es einen Gott gibt, der Ausschwitz verhindern wollte, aber nicht konnte?

Auch dazu hat Bauer eine einfache Antwort: „Ein armer Kerl, der Unterstützung braucht, der sich seine Stärke von uns holen muß - einen solchen Gott brauche ich nicht!“

Interessanter als die große Theodizee-Frage an sich finde ich die Tatsache, daß professionelle Priester, Ordensleute und klerikaler Hochadel nach 2000 Jahren Kopfzerbrechen immer noch keine Alibi-Antwort gefunden haben.

All die vom Steuerzahler finanzierten Theologiestudiengänge, all die Jahren in den Priesterseminaren – es hat alles nichts genützt.
Die Kirchisten sind nicht einen Schritt weiter. Bei jedem Unglück fangen sie wieder an zu Stammeln und winden sich.

Nach dem Germanwings-Absturz über den französischen Alpen ging es wieder los mit den verstandesfeindlichen Plattitüden.
Martin Hein, 61, Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck und Mitglied des Ethikrates der Bundesregierung bekannte, der Glaube an Gott helfe den Hinterbliebenen.
Was für eine Frechheit.
Hein ist noch nicht mal die flapsige Gegenfrage, weshalb man nicht nach Gott frage, wenn etwas Gutes geschehe, zu peinlich. Er wagt es diesen Gedanken sogar mit einen unausgesprochenen Vorwurf zu vertiefen: Weshalb hätten die Angehörigen denn nicht frühzeitig Dank und Demut gelernt?

[….]  Und nur selten fragen wir, wenn es uns gut geht: Wie konnte Gott das zulassen?
[….] [Die Frage nach der Bedeutung Gottes] wird ja schon dadurch sichtbar, dass viele Menschen, zum Beispiel in Haltern, gleich nach Bekanntwerden des Absturzes in die Kirchen gegangen sind. Es ist ja nicht so, dass die Erfahrung solcher Katastrophen unbedingt von Gott wegführt. Sie kann auch zu ihm hinführen, weil wir merken: Unser Leben ist ausgeliefert, von Anfang bis Ende, wir haben es nicht in der Hand. Angesichts dieser Tatsache kann der Glaube an Gott sehr wohl Halt geben.
[….] Auf welche Weise Gott die Welt regiert, entzieht sich unserer Kenntnis. Wir können nur darauf vertrauen. Aber jetzt ist die Passionszeit, die auf Ostern hinführt. Sie sagt uns, dass Gott dem Leiden nicht ausweicht, dass er sogar in Jesus Christus den Tod ganz bewusst auf sich nimmt. Das Christentum ist die Religion, die aus dem Tod dieses einen Menschen heraus eine Antwort auf das Leben zu geben versucht.
[….] Das Schlimmste, was wir Kindern antun können, ist ihnen eine heile Welt vorzutäuschen. Auch Demut und Dank für das Gute kann man früh lernen.

Wieder einmal beeindruckt, daß in diesem von Tibor Pézsa geführten Interview die dämlichsten Plattitüden einfach so hingenommen werden.
Keine Nachfrage nirgends.

Heins Chef, der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm wird angesichts des Unglücks natürlich auch von der Presse hofiert und haut noch dümmlichere Phrasen raus. Natürlich. Bedford-Strom ist zwar nicht so bekannt und berüchtigt für seine Dummheiten wie seine Vorgänger Huber und Käßmann, aber er gibt sich große Mühe ähnlich Schwachsinniges zu formulieren.

Wie die mit Springers Hetzblatt BILD verbundene Kollegin Käßmann, nutzt auch HBS eine Springer-Boulevard-Zeitung, die B.Z. Bei ihm schwingt ein „die Angehörigen sollen sich mal nicht so aufregen – Gott ist doch bei ihnen!“ mit.
 Wieso Gott überhaupt erst die Katastrophe verursacht, bzw nicht stoppt (das ist moralisch einerlei) sagt der EKD-Boss nicht.

[…] Gott ist immer bei den Opfern, mittendrin. Im Kreuzestod Jesu hat Gott menschliches Leiden selbst erfahren. Deshalb können wir Christen auf jeden Fall sagen, dass Gott bei denen ist, die leiden und verzweifelt sind.
[…] Gott will uns trösten, er wird abwischen alle Tränen, heißt es in der Bibel. Am Ende der Zeiten wird alles Leid überwunden sein.
[…] Gott leidet mit uns. Er ist bei uns in unseren dunkelsten Stunden. Darauf vertrauen wir Christen.
[…] Ein solches Unglück konfrontiert uns mit der Endlichkeit in einer brutalen Weise. “Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden”, sagt der Psalm 90. Das kann heißen, sich darüber bewusst zu werden, welches Geschenk es ist, mit unseren Liebsten zu leben und ihnen dafür danke zu sagen.
[…] Ich glaube, dass der Karfreitag über religiöse Grenzen hinweg Orientierung geben kann. Dass sich die Menschen an einem Tag im Jahr das Leiden vergegenwärtigen, ist etwas ungeheuer Wichtiges. Deshalb bin ich dankbar, dass der Karfreitag als stiller Tag gesetzlich geschützt ist. […] 

Samstag, 28. März 2015

Franz outet sich – Teil XI



DPapst Franz in Wahrheit knochenkonservativer denkt, als er die Welt oberflächlich glauben lassen will, merken wir schon lange.

Papst Franz weiß wie man gute PR macht, wie man sich vor den Massen inszeniert.
In diesen Dingen ist er Ratzi mit seiner wenig heterosexuellen Stimme, der abstoßenden Physionomie und der demonstrativen Prachtentfaltung deutlich überlegen.
Ihn deswegen zum großen Erneuerer, oder gar Marxisten hochzustilisieren, ist aber vollkommen absurd.
Natürlich ist der Jesuit Franz ein konservativer Mann, der niemals einem minderen Weibsbild erlauben würde Priesterin zu sein und akzeptieren könnte, daß ein gleichgeschlechtliches Paar dieselben Rechte wie ein Gegengeschlechtliches erhalten dürfte.

Die Begeisterung der deutschen Medien für Ratzingers sympathischeren Nachfolger ist also ungebrochen groß.
Ich sehe das allerdings anders. Bergoglio ist auch nur ein konservativer Menschenrechtsantagonist.

Er läßt Ex-Staatssekretär Bertone in einer 700-Quadtrameterwohnung im Vatikan einziehen.


Mit den neuen Kardinälen Gerhard L. Müller und Ricardo Ezzati Andrello erhob Franz zwei in den zweithöchsten Stand, die dezidiert gegen die Aufklärung von sexuellem Kindesmissbrauch durch ihre Priester gearbeitet haben. Zwei Ex-Bischöfe, die vertuschten und die kinderfickenden Pädo-Priester protegierten.

Er beharrt auf homophober Politik.

Er läßt die schmutzigen Vatikanbanker weiter Geld waschen.

Franz ist ein moderner Papst und setzt Prioritäten.

Zuletzt plapperte der lustige einlungige Argentinier davon, er schlage denjenigen nieder, der seine Mutter beleidige und daß es im Übrigen „schön“ sei Kinder zu schlagen – solange man nicht ihre Würde verletze.

Noch immer wird Papst Franz in den Medien ausschließlich positiv betrachtet.
Immer wieder werden seine größten Fans in Talkshows eingeladen.
Zuletzt jubelte sein stets am Rande der Hysterie tanzende Privat-Herold Andreas Englisch in der Intellektuellen-Sendung „Markus Lanz“ so sehr, daß ich schon Valium an das ZDF schicken wollte. Nicht daß das überraschend wäre – Englisch war schon oft bei Lanz zu Gast, um seine Papst-Jubelarien abzulassen.

Ich bin aber anderer Meinung als Englisch.
Ein Papst, der Kinderfickerförderer befördert, Kinderschlagen befürwortet und gegen Schwule agitiert, ist kein erfrischender Aufklärer, sondern schlicht und ergreifend ein Arschloch.

Sein letzter Ausfall gegen Schwule wurde bezeichnenderweise so gut wie gar nicht bekannt und von ihm generell wohlgesonnenen Medien verschwiegen.
Da mußte man schon die kleinen säkularen Portale besuchen.

Franziskus: "Homosexuellen-Agenda" als Kolonialisierung durch westliche Ideologie
[…] Unter anderem sprach das katholische Oberhaupt davon, dass die "Homosexuellen-Agenda [des Westens] die Völker mit einer [ideologischen] Vorstellung kolonialisiert, mit der die Mentalität oder die Strukturen geändert werden sollen". Auf Nachfragen führte der Papst dazu aus, dass dies mit dem Vorgehen der "Diktatoren des letzten Jahrhunderts" zu vergleichen sei. Wörtlich sagte er: "Sie kamen mit ihrer eigenen Doktrin. Denken Sie etwa an die faschistische Jugend unter Mussolini oder die Hitlerjugend."
Der Sprecher der HABO, Dennis Riehle, sieht mit diesen Stellungnahmen eine Befürchtung bestätigt, die sich bereits rasch nach der Ernennung des Pontifex abgezeichnet habe: "Diese unerträgliche Meinung reiht sich in Standpunkte ein, die Franziskus noch zu Zeiten als Bischof in seiner Heimat kundgetan hatte. Er trägt offenbar eine immense Homophobie in sich. Daran ändert auch sein Bemühen nichts, die katholische Kirche reformieren zu wollen. Zwar hatte er öffentlichkeitswirksam versucht, in der Debatte mit den Kardinälen in Rom eine neue Barmherzigkeit gegenüber Homosexuellen zu bewerben. Diese war schon damals scheinheilig und Makulatur – und lediglich auf Mitleid, statt auf Respekt und Anerkennung ausgerichtet."
Zudem führt Riehle weiter aus: "Der ständige Versuch der katholischen Kirche, schwule und lesbische Menschen als wertvoll zu betrachten, gleichzeitig aber eine angebliche 'Ideologie der Homosexualisierung' mit völlig inakzeptablen Verweisen auf das Weltbild von Nationalsozialisten oder Faschisten zu brandmarken, ist ein perfides Spiel auf der Rasierklinge. […]