Montag, 27. Juni 2016

Russlandversteher



Das war ja ein ordentlicher Wirbel, den das deutsche Parlament mit der Vokabel „Völkermord“ im Zusammenhang mit den Armeniern ausgelöst hatte.
Nur 101 Jahre nach dem Genozid wagten die Deutschen es das richtige Wort zu verwenden.
Vor einem Jahr noch hatte Steinmeier sogar aktiv gegen den Begriff „Völkermord“ argumentiert.
Schließlich wollte man andere Völkermorde, wie den an den Hereros 1904-1908, lieber noch verschweigen.


Der zahlenmäßig gewaltigste Völkermord wird lieber immer noch nicht allzu laut erwähnt.

Vor 75 Jahren begann die bis heute euphemistisch umschriebene „Unternehmen Barbarossa“, bei dem bis zu 25 Millionen Sowjetbürger bestialisch getötet wurden.
Bis 1995 Jan Philipp Reemtsmas „Wehrmachtsausstellung“ eine Beschäftigung mit dem Thema erzwang, glaubte man sogar das Märchen, die Wehrmacht hätte damit gar nichts zu tun gehabt, obwohl es a priori als klarer Vernichtungs- und Rassenkrieg geplant war. Das überlebende slawische Volk sollte versklavt werden.
Es leben immer noch russische Zeitzeugen des Grauens.
Wladimir Putins älterer Bruder starb bei der deutschen Belagerung Leningrads, Putins Mutter wäre um ein Haar verhungert, als die deutsche Heeresgruppe Nord verbrecherisch die Großstadt so von der Versorgung abschnitt, daß mindestens 1,1 Millionen Leningrader elend verhungerten.
Es grenzt an ein Wunder, daß Putins Mutter diesen Alptraum mehr tot als lebendig überlebte.

Dabei streckte er, wieder einmal, die Hand aus, warb um Versöhnung.


Es ist eine bittere Kontinuität der Geschichte, daß Russland in den letzten 200 Jahren immer wieder aus dem Westen mit Krieg überzogen wurde; 1812, 1914-1918, 1941-1945; nie aber selbst den Westen angriff.

Dennoch streckte Russland immer wieder die Hand aus, wollte sich mit Westeuropa versöhnen.
Insbesondere Deutschland schlug dabei immer wieder die Türen zu.

Wenn wir die deutsch-russische Geschichte betrachten, ist sie von einem Muster gekennzeichnet: Immer wieder versuchte Russland, sich Deutschland anzunähern. Und sehr oft hat es Zurückweisung erfahren. Schon der deutsche Kaiser Wilhelm II., ein Vetter des Zaren, hatte kein Problem damit, den Bolschewikenführer Lenin nach Russland zu schleusen, um dort die Revolution in Gang zu setzen. Das war ein kaltes Interesse [um den Krieg im Osten zu gewinnen.]
Der Frieden von Brest-Litowsk, den die Deutschen Sowjetrussland 1917 aufzwangen, war ja für die Russen demütigender als der Versailler Vertrag für Deutschland. 1922 wiederholte sich das Muster bei der Konferenz in Rapallo. Die Sowjetunion widerstand dem Werben der Westmächte und wandte sich Deutschland zu. Eine paradoxe Situation: Weil Russland mit Deutschland ein Abkommen schloss, konnte sich die Reichswehr heimlich in der Sowjetunion reorganisieren, sie übte dort mit Panzern und Flugzeugen. So wurde die Grundlage für eine Wehrmacht geschaffen, die 1941 den Vernichtungskrieg nach Russland trug. Daher müssen wir an diesem 75. Jahrestag nachdenken: Warum weisen wir Russland immer wieder zurück?
(Gerhard Schröder, 18.06.2016)

Der deutsche Bundeskanzler Schröder verlor seinen Vater „an der Ostfront“ bevor er ihn kennenlernen konnte.
In den 1970er Jahren begann er sich intensiv für Russland zu interessieren und war beschämt ob der Freundlichkeit, die ihm in der damaligen Sowjetunion widerfuhr.

Ich gehörte zu einer Delegation der Jungsozialisten, wir reisten auf Einladung der staatlichen Jugendorganisation Komsomol. Dabei kam es zu einer Begegnung, die ich nie vergessen habe. Tief im Land besichtigten wir ein Kraftwerk an einem Stausee, dort gab es eine Ausstellung über den "Großen Vaterländischen Krieg". Der Verantwortliche, ein alter Mann, erzählte mir: Bei der Verteidigung dieses Kraftwerks gegen die deutschen Faschisten sei sein Sohn gefallen. Und doch hege er keinen Groll gegen die Deutschen, weil wir jetzt ja den Bundeskanzler Willy Brandt hätten. Diese Ausstellung zeigte, was in der Bundesrepublik damals kaum je zu sehen war: Bilder von deutschen Gräueltaten in Russland nach 1941, Terror, Massenerschießungen. Aber zu uns sagte der alte Herr: Ihr könnt ja nichts dafür, ihr seid jung. Und wir müssen jetzt gemeinsam dafür sorgen, dass so ein Krieg nie wieder passiert. Das sagte einer, der in diesem Krieg ein Kind verloren hatte.
Ja, und diese Haltung ist mir in Russland oft begegnet. Man muss sich das vor Augen halten: 1941 überfiel Hitlerdeutschland die Sowjetunion mit dem Ziel, sie auszulöschen, ihre Menschen zu versklaven und zu vernichten. Deutschland hat dort ein epochales Verbrechen begangen. Und es ist ein Wunder, dass die Völker der Sowjetunion trotzdem zur Versöhnung bereit waren. Das bewegt mich noch immer.
(Gerhard Schröder, 18.06.2016)

Es ist nicht nur bewundernswert, sondern das einzig Richtige, daß Schröder als Kanzler eine enge Kooperation mit Moskau anstrebte und erreichte.
Die Achse „Paris-Berlin-Moskau“, die er während seiner Kanzlerschaft installierte, war richtig und wichtig und effektiv.

Mit Merkels mutwilliger Zerschlagung dieses mächtigen Trios ab 2005 begannen die Probleme in Osteuropa.
Sie wandte sich demonstrativ dem Doppelkriegsverbrecher George W. Bush zu und erlaubte eine unmögliche Ukraine-Politik, in der die kulturell tief gespaltene Ex-Sowjetrepublik vor die unmögliche Wahl gestellt wurde sich an Russland zu binden oder sich an die EU zu assoziieren.
Eine Handels- oder Zoll-Assoziierung Russlands bot man nicht an und strafte Moskau zu Schröders und Clintons Entsetzen mit Nichtachtung.
Der Kreml konnte es nicht fassen; nur durch sein Wohlwollen war es zur deutschen Wiedervereinigung und der NATO-Ausdehnung auf Osteuropa gekommen und nun wollte die USA die ehemaligen Sowjetländer Ukraine und Georgien auch noch in die NATO aufnehmen, Kern-Russland also militärisch völlig einkreisen.

Ostentativ ließen Merkel und Gauck ihren russophoben Gefühlen freien Lauf.

Gaucks Kleingeistigkeit wird insbesondere in seiner unterschiedlichen Sicht auf Russland und Amerika deutlich. Der deutsche Bundespräsident ist völlig in seinen eigenen Vorurteilen gefangen und nicht in der Lage über seine kleinen Tellerrand hinaus zu sehen. Russland ist doof und Amerika das Freiheitsparadies. So glaubt Gauck und daran hält er ungeachtet der massiven und extremen amerikanischen Menschenrechtsverletzungen fest.
Zu Snowden, der NSA-Abhörerei, der massenhaft ausgeführten Todesstrafe, Guantanamo, Monsanto-Dominanz, Kriegsverbrechen amerikanischer Soldaten und illegalen  Drohnenangriffen fällt Gauck rein gar nichts ein. All das nimmt er achselzuckend hin.
Die Amis sind in Gaucks Cortex als „gut“ abgespeichert und haben daher generellen Persilschein.
(…..)
„Mut“ zeigt er nur auf ausgetretenen Pfaden, indem er beispielsweise gegen Russland agitiert. Denn Russland mochte er noch nie. Aus persönlichen Gründen. Und aus seiner Haut kann der geistige Zwerg eben nicht heraus.

Das ist das Schlimme an „Giganten“ (Obama über Mandela) – sie zeigen uns nur allzu deutlich was für erbärmliche Zwerge Merkel und Gauck sind.

Die Hürde ist hoch zwischen den beiden Männern, über Jahrzehnte hat sie sich aufgebaut und wuchs sogar noch weiter, nachdem die tatsächliche Mauer aus Stein und Stacheldraht schon längst gefallen war. Auf der einen Seite der DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck, der die Freiheit mit Leidenschaft zu seinem Lebensthema gemacht hat. Auf der anderen Seite der frühere Top-Agent des sowjetischen Geheimdienstes KGB, Wladimir Putin, der kühle Machtmensch. […] Gauck hat sich entschieden, Anfang nächsten Jahres nicht zu den Olympischen Winterspielen in die russische Schwarzmeerstadt Sotschi zu reisen. […] Gaucks Botschaft ist auch deshalb so unmissverständlich, weil sie sich aus seiner Lebensgeschichte erklärt. Denn spätestens seit seinem 13. Lebensjahr ist Russland, damals noch die Sowjetunion, für Gauck eine Schicksalsmacht.
In seiner Autobiografie beschreibt Gauck die dramatischen Umstände, unter denen sein Vater Wilhelm im Sommer 1951 im mecklenburgischen Wustrow beim Verwandtenbesuch spurlos verschwand. Gauck war da elf Jahre alt. Dass sein Vater vor einem sowjetischen Militärtribunal in Schwerin unter anderem wegen "antisowjetischer Hetze" zu einer jahrzehntelangen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, erfuhr der Sohn erst viel später. […] Das Verschwinden des Vaters, so erzählt es Gauck in seinem Buch, prägte nicht nur das Familienleben, sondern vor allem auch seine persönliche Haltung zum DDR-Regime und zur damaligen Sowjetunion. "Das Schicksal unseres Vaters wurde zur Erziehungskeule. Die Pflicht zur unbedingten Loyalität gegenüber der Familie schloss auch die kleinste Form der Fraternisierung mit dem System aus", schreibt Gauck. […] 1955 kam der Vater vorzeitig frei, abgemagert und äußerst geschwächt. Als Teenager erlebte Joachim, wie sein Vater erst langsam wieder zu Kräften kam und nach einem Jahr schließlich wieder als Schiffslotse seine Arbeit aufnehmen konnte. Wie sehr ihn diese Zeit bis heute noch beschäftigt, zeigte sich wieder vor einigen Wochen. Anfang Oktober besuchte Gauck in Berlin eine Ausstellung über russische Straflager wie das, in dem sein Vater vier Jahre zubringen musste. Als der Bundespräsident nach seinen Empfindungen beim Gang durch die Museumssäle gefragt wurde, musste der 73-Jährige merklich schlucken. "Sie werden verstehen, dass ich diese Ausstellung nicht wie andere erlebe", antwortete er. […]  Gauck ist nach 20 Monaten als Präsident noch nicht in Russland gewesen. […] Im Juli, auf einer Reise durch die baltischen Staaten, gab es wieder solche Momente: In Russland sei es noch "ein weiter Weg bis hin zur Rechtsstaatlichkeit, die wir in Europa wollen", sagte Gauck in Litauen. Und in Estland kam wieder die Geschichte seines Vaters zur Sprache: Ob er denjenigen Russen verzeihen könne, die den Vater jahrelang im Straflager interniert hätten, wurde Gauck dort gefragt. Er antwortete, dass Hass und Buße ihm fremd seien. Verzeihen könne er aber nur denjenigen, die sich zu ihren Taten bekannt hätten.

Was für ein Wicht! 68 Jahre nach Kriegsende nimmt Gauck Putin immer noch persönlich über, daß sein Vater in Gefangenschaft geriet.
Dabei teilten das Schicksal Millionen andere auch. Und Russland ging mit den Gefangen noch wesentlich netter um, als die Deutschen mit russischen Gefangenen. Und das sage ich als jemand, der ein Familienmitglied hat, das zwar nachweislich noch 1955 in russischer Gefangenschaft lebte, aber nie zurückkehrte.
25 Millionen Russen wurden im zweiten Weltkrieg durch Deutsche gekillt, allein drei Millionen sowjetische Gefangene ließ Deutschland elendig verhungern.
Und Gauck, dessen persönliche Animositäten für sein Amt ohnehin irrelevant sein sollten, ist sieben Dekaden später immer noch pissed.
Was für ein unfassbar egomaischer und ungeeigneter Bundespräsident!

Gauck und Merkel handeln nicht nur kleingeistig und schädlich, sondern auch ahistorisch.
Sie haben Präsident Putin mutwillig von Westeuropa weggestoßen, ihn in die Isolation und den Nationalismus getrieben, russische Einkreisungsängste beflügelt.
Die vielen großherzigen Gesten des Kremls wollen Merkel und Gauck nicht sehen.
Kanzler Schröder ist darüber nachhaltig entsetzt.

Präsident Putin hat mich und meine Frau 2005 bei den Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag des Kriegsendes auf dem Roten Platz neben die Vertreter der Siegermächte platziert. Das war eine große historische Geste. In seiner Rede hieß er ein friedliches Deutschland willkommen. Und was geschieht jetzt? Obwohl die Nato-Russland-Akte keine dauerhafte Stationierung von Nato-Truppen an der russischen Grenze zulässt, sollen diese jetzt genau dort hin.
[…] Wir reden hier über 75 Jahre Ostfeldzug. Ich halte die Beteiligung der Bundeswehr vor dem Hintergrund unserer Geschichte für einen großen Fehler.
[…] Wir sollten jetzt darauf achten, nicht in einen neuen Rüstungswettlauf einzusteigen. Das trägt nicht dazu bei, Konflikte zu reduzieren und ein gutes Verhältnis mit Russland wiederherzustellen. Ich bezweifle, dass die Nato-Verbände in Osteuropa überhaupt nötig sind. Aber von der Nato hätte ich so viel Klugheit erwartet, nicht ausgerechnet Deutsche mit Führungsaufgaben zu betrauen. 75 Jahre nach dem Überfall auf die Sowjetunion sollen wieder deutsche Soldaten an der russischen Grenze stationiert werden. Welche Wirkung muss so etwas in Russland haben? Darüber macht man sich in der Nato anscheinend kaum Gedanken.
[…] Nur vor dem Hintergrund von 1941 lassen sich die Einkreisungsängste Russlands verstehen, auch wenn uns diese irrational erscheinen und die Welt sich verändert hat. Aber wenn man den Russen erklärt, Nato-Soldaten schauten sich an ihren Grenzen nur ein wenig um und das US-Raketensystem in Polen, Rumänien und Tschechien diente nur dazu, vor Mittelstreckenraketen des Iran zu schützen, dann unterschätzt man die Analysefähigkeit der russischen Seite ein bisschen, um es diplomatisch auszudrücken.
[…][…] Die Amerikaner [hatten] vor, Georgien und die Ukraine in die Nato zu führen, und das sind nicht nur zwei ehemalige Sowjetrepubliken, sondern unmittelbare Nachbarn Russlands. Man muss sich vorstellen, was das bedeutet hätte: Zum Beispiel wäre Sewastopol, das 1941 noch ein Jahr lang der deutschen Belagerung standhielt, ein Teil des Nato-Gebietes geworden. Damals gehörte die Krim ja noch zur Ukraine. . .
(Gerhard Schröder, 18.06.2016)

75 Jahre nach dem Beginn des Supervernichtungsfeldzuges gegen Russland, dem ungezählte Menschen, wahrscheinlich über 25 Millionen*, zum Opfer fielen, wollen die deutschen Staatsspitzen lieber nicht daran erinnern.

Die Erinnerung an die Gräuel des Rußlandfeldzugs durfte und darf man nicht Putin überlassen. Dieser Krieg zeigt die zerstörerische Kraft, die mit Abgrenzung beginnt und im Hass endet.
Wladimir Putin hat am 22. Juni gemacht, was man erahnen konnte. Er nutzte den 75. Jahrestag des Überfalls von Nazi-Deutschland auf die Sowjetunion, um seiner Politik historische Legitimation zu verschaffen. Er verglich den Angriff damals mit einer Bedrohung Russlands durch die Nato heute. Und er erklärte, dass er sein Land aufrüsten müsse, weil der Westen die historischen Herausforderungen nicht erkenne. […]
Putins Auftritt zeigt, wie falsch es ist, die Erinnerung ihm zu überlassen. Und deshalb ist es auch falsch gewesen, dass Bundespräsident, Bundesregierung und Bundestag diesem verheerenden Kapitel des Krieges nicht ein umfassenderes Gedenken gewidmet haben. Eine Rede hier, eine Ausstellungseröffnung dort, eine kurze Debatte im Bundestag - das ist zu wenig. Gedenken heißt gerade nicht, sich Putin zu ergeben. Gedenken heißt, sich mit Empathie für die Opfer der Geschichte dieses Krieges ausführlicher zuzuwenden.
[…] Was also wäre gewesen, wenn in einer Gedenkstunde im Bundestag Veteranen aus all diesen Ländern von ihren Erlebnissen, Ängsten, Schmerzen erzählt hätten? Was wäre geschehen, wenn vor dem Brandenburger Tor auf Einladung von Joachim Gauck Persönlichkeiten aus Polen, der Ukraine, Russland, dem Baltikum, auch Deutschland aus Walter Kempowskis "Echolot" gelesen hätten? Jener durch ihre Nüchternheit so schmerzhaften Komposition aus damaligen Tagebucheinträgen? Und was wäre passiert, wenn Schulen den Tag zu einem Gedenktag mit Ausstellungen und Vorträgen gemacht hätten? Es wäre richtig und wichtig gewesen, weil über diesen Feldzug bis heute viel weniger bekannt ist als über die meisten anderen Kapitel des Zweiten Weltkriegs. […]

Merkel und Gauck wollen Russland lieber demütigen, indem sie vor den russischen Grenzen das NATO-Manöver „Anaconda“ durchführen und das unfassbarerweise auch noch unter deutscher Führung geschehen lassen.
Von der Leyen und Merkel erklären sogar ausdrücklich die Bundeswehr aufrüsten zu wollen und Teile davon dauerhaft vor Russlands Haustür zu stationieren.

Militärministerin von der Leyen hingegen scheint dem naiven Glauben anzuhängen, Putin ließe sich in seiner Ukraine-Politik beeindrucken, wenn Deutschland die klassischen Landverteidigungskräfte weniger stark abbaut, als vor Beginn des Konflikts geplant war. Mit dieser wenig überzeugenden Begründung hatte die Ministerin letzte Woche verkündet, dass weniger Leopard-Panzer verschrottet werden sollen als vorgesehen und dass ein bereits eingemottetes Panzerbataillon wieder in Dienst gestellt wird. […]

Trotz Warnungen vor einer Eskalation der angespannten Beziehungen zu Russland will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die deutschen Militärausgaben massiv erhöhen.
Die überraschende Ankündigung der Kanzlerin kommt einer Zeitenwende gleich - seit einem Vierteljahrhundert wurde bei der Bundeswehr nur gespart. Nur werden die Rüstungsausgaben wieder steigen.
[…] Keine Frage, wer mit dem Ausdruck "neue Bedrohungen" in erster Linie gemeint ist: das Russland Wladimir Putins.
[…] Die Bundesregierung will den Verteidigungsetat nach aktuellem Planungsstand bis 2020 von derzeit 34,3 auf 39,2 Milliarden Euro aufstocken. […] Der Russlandbeauftragte der Bundesregierung, Gernot Erler (SPD), kritisierte Merkels Ankündigung. Auch wenn diese Aussage an die osteuropäischen Staaten adressiert sei, "die sich bedroht und verunsichert fühlen", stelle sich hier die Frage, "ob das zu mehr Sicherheit führt oder zu weniger", sagte er in einem Gespräch mit der "Passauer […] "Eigentlich wäre es Zeit für eine Abrüstungsinitiative". Er warnte vor einer Eskalationsspirale zwischen NATO und Russland. Erler forderte, die Eskalation zu stoppen: "Genau aus solchen Entwicklungen heraus entstehen unkontrollierte Situationen bis hin zum Krieg."
[…] Es gehe in die falsche Richtung, sagte der stellvertretende Parteivorsitzende Ralf Stegner der Deutschen Presse-Agentur.
"Wir brauchen kein Nato-Säbelrasseln, sondern eine neue Initiative für eine Friedens- und Entspannungspolitik." […]

[…] Russland kündigt Reaktion auf Nato-Aufrüstung im Osten an
Verteidigung
[…] Die Nato treibt die Aufrüstung in den an Russland grenzenden Mitgliedstaaten weiter voran. […] Merkel bestätigte Nato-Überlegungen zu einer weiteren Truppenaufstockung in Polen und den baltischen Staaten. In Litauen soll eine Bundeswehrkompanie mit 150 bis 250 Soldaten ein Nato-Bataillon mit schätzungsweise 1000 Soldaten anführen. […] Lawrow reagierte in einem vom russischen Außenministerium verbreiteten Interview der schwedischen Zeitung "Dagens Nyheter" auf die Nato-Aktivitäten: "Wir haben immer gesagt, wenn sich militärische Infrastruktur der russischen Grenze nähert, dann werden wir selbstverständlich die notwendigen Maßnahmen ergreifen", sagte er. Das russische Militär werde seine Entscheidungen nicht auf der Basis von Nato-Erklärungen treffen, sondern anhand dessen, was es "mit den eigenen Augen" sehe. […]
 (SZ, 29.04.2016)


*

[….] Heute ist die Bundeswehr Teil der Nato-Übungen in den osteuropäischen Mitgliedstaaten; zur Abschreckung gegen Russland. Selbstredend verbietet sich jeder Vergleich zwischen damals und heute, die Deutschen sind nun Teil eines Bündnisses freier Nationen und auf Wunsch der osteuropäischen Partner dort, die sich vor dem neuen russischen Nationalismus fürchten. Und doch ist der Mangel an historischer Sensibilität erstaunlich, dass ausgerechnet das Land der Invasoren von einst, statt Soldaten zu schicken, seine Rolle nicht deutlicher als Mittler zwischen dem Westen und Moskau versteht.
Vielleicht hat das noch immer damit zu tun, dass der Krieg des Deutschen Reiches gegen die Sowjetunion 1941 hierzulande in seinen apokalyptischen Dimensionen bis heute vielfach nicht ganz begriffen wurde. Mindestens 27 Millionen Menschen wurden auf sowjetischer Seite Opfer dieses Krieges. […]